Catweazle

Die Zusammenarbeit zwischen Komiker Otto Waalkes und Regisseur Sven Unterwaldt Jr. geht in die nächste Runde. Doch die filmische Neuauflage der CATWEAZLE-Serie hebt sich auf angenehm geerdete Weise von den bisherigen Blödelfilmen des Duos ab. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

OT: Catweazle (DE 2021)

Der Plot

Der 12-jährige Benny (Julius Weckauf) entdeckt in seinem Keller den kauzigen Magier Catweazle, (Otto Waalkes) der sich versehentlich aus dem 11. Jahrhundert in die Jetztzeit katapultiert hat. Gemeinsam stürzen sich die beiden in ein Abenteuer, um Catweazles Zauberstab zurück zu erobern, bevor ihn die raffgierige Kunstexpertin Dr. Metzler (Katja Riemann) gewinnbringend versteigern kann. Denn nur mit diesem Stab kann Catweazle wieder in seine Zeit zurückkehren…

Kritik

Regisseur Sven Unterwaldt Jr. und Komiker Otto Waalkes verantworten gemeinsam eine filmische (und noch dazu deutsche) Neuauflage der britischen Fantasyserie „Catweazle“ aus den Siebzigerjahren. Sagen wir es so: Als wir das erste Mal von diesen Plänen hörten, kam uns diese Konstellation nur bedingt nachvollziehbar vor. Gewiss: Das 26 Folgen in zwei Staffeln umfassende, auf einem Theaterstück von Serienschöpfer Richard Carpenter basierende Format kam damals mit einer gewissen Schrulligkeit einher, die Catweazle-Darsteller Geoffrey Bayldon maßgeblich prägte. Der ziegenbärtige Hexenmeister, der sich versehentlich aus dem Mittelalter in die Siebzigerjahre zaubert, ist damit tendenziell gar nicht so weit von der spleenigen Attitüde eines Otto Waalkes entfernt – aber hat eben doch seinen ganz eigenen Reiz. Auch Otto kann groß gestikulierend, exzentrisch, mimisch vielfältig und noch dazu urkomisch aufspielen. Aber letztlich bleibt Otto eben Otto, seine Art der Figurendarstellung ähnlich und längst nicht so variantenreich wie es für eine Verkörperung der Kultfigur Catweazle von Nöten ist. Mittlerweile haben wir den aufgrund der Corona-Pandemie vielfach verschobenen „Catweazle“-Film von 2021 gesehen und müssen unsere ersten Befürchtungen – zumindest teilweise – revidieren. Denn tatsächlich gelingt es Regisseur Sven Unterwaldt Jr. („Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft“), seinen markanten Hauptdarsteller weniger zum Blödeln denn vielmehr zum Spielen zu animieren, sodass seine typische Otto-Attitüde hinter der Spleenigkeit der Figur zurückbleibt. Für Leute, die gerade aufgrund des typischen Otto-Humors ein Kinoticket lösen, könnte das indes eine glatte Enttäuschung sein.

Otto Waalkes ist Catweazle.

Die Vorab-Skepsis dem „Catweazle“-Remake gegenüber ist gar nicht so sehr der Besetzung von Otto Waalkes geschuldet, sondern eher seiner wiederholten Kollaboration mit Sven Unterwaldt Jr. Der hat in den vergangenen Jahren nämlich mehrfach mit Otto zusammengearbeitet und mit ihm unter anderem die beiden „Sieben Zwerge“-Filme und „Ottos Eleven“ gedreht. Drei Produktionen, die nach demselben Erfolgsschema funktionierten – nämlich dem, dass Otto Waalkes eben Otto Waalkes sein durfte und in Filmform das abliefert, was er seit zig Jahren als Comedian auf der Bühne präsentiert. Oder anders ausgedrückt: Otto Waalkes ist nur bedingt für seine variantenreiche Darstellung herkömmlicher Filmfiguren bekannt – und Sven Unterwaldt Jr. nicht zwingend dafür, seinen auf den schnellen Gag ausgelegten, inszenatorisch nicht gerade feingliederigen Filmstil, den er auch in „Siegfried“, „U-900“ oder zuletzt „Vier zauberhafte Schwestern“ unter Beweis gestellt hat, abzulegen. In visuellen Belangen bleibt Unterwaldt Jr., der zuletzt immerhin ein paar mehr Kulissen nutze, um seine Filme zu inszenieren, auf seinen Spuren von „Sieben Zwerge“. Diesmal wirkt der sich auf wenige Setpieces beschränkende Bühnenlook allerdings ziemlich charmant und verleiht „Catweazle“ bisweilen das Flair eines (Weihnachts-)Märchens, das man sich ebenso gut auf dem Theaterparkett vorstellen könnte. Dazu passen auch die ausgefallenen, mittelalterlichen Gewänder und Kutten des Protagonisten sowie einiger im kurzen Mittelalter-Prolog vorkommenden Nebencharaktere. Das wirkt nicht groß, längst nicht von internationalem Format. Gleichwohl wandelt Unterwaldt Jr. damit nicht nur auf den Spuren der Vorlage, sondern hält seine Geschichte auch in einem angenehm kleinen Rahmen; Ganz so, als würde er eben das Beste daraus machen, dass allzu viel Budget hier nicht zur Verfügung stand.

„Diesmal wirkt der sich auf wenige Setpieces beschränkende Bühnenlook allerdings ziemlich charmant und verleiht ‚Catweazle‘ bisweilen das Flair eines (Weihnachts-)Märchens, das man sich ebenso gut auf dem Theaterparkett vorstellen könnte.“

Bleiben wir bei den positiven Beobachtungen. Und die liegen neben der hier deutlich zu Tage tretenden Fähigkeit Ottos, eben sehr wohl eine eigene Interpretation von Catweazle zu verkörpern, vor allem in der Figurenkonstellation. Doch erst einmal zum Naheliegenden: Natürlich kommen nach wie vor die Manierismen des mittlerweile Über-70-jährigen (!) Ostfriesen durch, doch wer ein Kinoticket für einen „Otto-Film“ löst, der dürfte schließlich schon enttäuscht sein, Otto nicht einmal ulkig auf Zehenspitzen davonschleichen zu sehen, oder seinen typisch verzerrten Sprachduktus zu hören. All das gibt es auch in „Catweazle“ – nur ordnet sich der Film diesmal nicht Ottos Attitüde unter, sondern Otto dem Film. Das macht den Film in dieser Hinsicht auch für Nicht-Otto-Fans (oder Kinder, die mit dem Komiker bislang nicht in Berührung kamen) gut anschaubar. Schade ist nur, dass dem Film dadurch etwas fehlt, was man in Zeiten des „Catweazle“-Originals wohl als „Schmackes“ bezeichnet hätte und heute unter dem Begriff „Pacing“ zusammenfassen würde. Denn gerade im Mittelteil plätschert der Film arg vor sich hin. Denn der hier aufgegriffene Konflikt ist einfach einen Tick zu harmlos.

Julius Weckauf, Gloria Terzic und Otto Waalkes haben eine hervorragende Chemie untereinander.

Vor allem das erste Aufeinandertreffen zwischen dem sich in der Moderne nicht zurechtfindenden Catweazle und dem klugen, aber seit dem Tod seiner Mutter sehr zurückhaltenden Jungen Benny macht mächtig Laune. Der Hape-Kerkeling-Darsteller (2016 in „Der Junge muss an die frische Luft“) Julius Weckauf und Otto haben ein zuckersüße Chemie. Manchmal wirkt es so, als würde Weckauf durch seine ruhig-besonnene, gleichermaßen abenteuerlustige Performance das „Gegentück Otto“ ein Stückweit erden, Otto seinen jungen Kollegen derweil ein wenig mehr aus der Reserve locken, um neben seiner Affektion nicht unterzugehen. Und so gefällt die Weckauf-Waalkes-Kombi sehr. Und es ist umso bedauerlicher, dass die beiden nicht nur im Laufe des Films für eine kurze Zeit getrennt werden, sondern auch ihr Abenteuer, das einzig und allein darin besteht, Catweazle seinen abhandengekommenen Zauberstab wiederzubeschaffen, nur bedingt mitreißt. Das liegt vor allem an einer Darstellerin, von der wir – insbesondere im Anbetracht dessen, mit wie viel Freude am Wahnsinn diese bereits in vergangenen Rollen agiert hat – uns in einer weiteren Bösewicht-Rolle deutlich mehr erhofft hätten: Katja Riemann. Ihre grandiose Darbietung der Schulleiterin in der „Fack ju Göhte“-Trilogie einmal beiseitegelassen, hat sogar schon Sven Unterwaldt Jr. selbst Riemann weitaus stärker inszeniert: In „Vier zauberhafte Schwestern“ war sie in ihrer Schurkenrolle der Lichtblick des Films. Hier spielt sie ihre Rolle der diebischen Katharina Metzler dagegen wie Nicole Kidman in „Paddington“ mit durchgehend angezogener Handbremse, was dazu führt, dass „Catweazle“ gefühlt überhaupt keinen Antagonisten beziehungsweise keine Antagonistin hat. Und das wiederum sorgt hier weder für eine emotionale noch für eine aufregende Fallhöhe. Catweazle, Benny und Bennys Schulfreundin Lisa (Gloria Terzic) können ganz einfach ohne viel Gegenwind – und dadurch ohne jedwede spannende Szenerien – durch den „Wir suchen und finden Catweazles Zauberstab“-Plot schlendern. Das dürfte insbesondere dem jungen Publikum zu wenig Reize bieten, um bis zum Schluss dranzubleiben.

„Catweazle, Benny und Bennys Schulfreundin Lisa (Gloria Terzic) können ganz einfach ohne viel Gegenwind – und dadurch ohne jedwede spannende Szenerien – durch den „Wir suchen und finden Catweazles Zauberstab“-Plot schlendern. Das dürfte insbesondere dem jungen Publikum zu wenig Reize bieten, um bis zum Schluss dranzubleiben.“

Doch apropos Emotionen: Für diese sorgt ausgerechnet ein eigentlich nach altbekannten Mustern funktionierender, und hier dennoch verdammt rührend aufbereiteter Subplot rund um Benny und seinen entfremdeten Vater, der seit dem Tod seiner Frau alleinerziehend – und damit vollkommen überfordert – ist. Henning Baum („Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer“) steht die Rolle des distanzierten Vaters, der seine Unsicherheit mit Grummeligkeit und Strenge zu übertünchen versucht, hervorragend zu Gesicht. Die Szenen zwischen ihm und seinem Filmsohn sind nicht nur von großer schauspielerischer Stärke, sondern machen vor allem aus der Figur des Benny deutlich mehr als einen Charakter von der Stange, den es nun mal braucht, da Catweazle seinen Film schließlich nicht alleine bestreiten kann. Wenn gen Ende dann alle Figuren gemeinsam aufs Parkett treten dürfen, findet der Film endlich wieder zu seiner Stärke vom Anfang zurück. Und ist dadurch solides Familienkino, das mit einem abenteuerlustigeren Skript noch ein gutes Stück besser hätte werden können.

Fazit: Obwohl die Zutaten nicht unbedingt dafürsprechen, ist die deutsche Verfilmung der britischen Kultserie „Catweazle“ ein sympathisch-solider Film geworden, der jedoch im Mittelteil deutlich mehr Schmackes vertragen hätte. Otto-Puristen dürfte der zurückgefahrene Otto-Humor enttäuschen. Alle anderen profitieren derweil davon, dass sich Waalkes hier ganz in den Dienst einer (ja immer noch arg schrulligen) Figur stellt.

„Catweazle“ ist ab dem 1. Juli 2021 in den deutschen Kinos zu sehen.

Und was sagst Du dazu?