Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick

Die neue RomCom mit Owen Wilson und Jennifer Lopez denkt das „Notting Hill“-Konzept weiter. Herausgekommen ist mit MARRY ME – VERHEIRATET AUF DEN ERSTEN BLICK ein schnuckeliger Valentinstagsdatefilm, der auf allen Ebenen funktioniert, über die er funktionieren soll – mit ganz vielen Sympathiesternchen obendrauf. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik. 

OT: Marry Me (USA 2022)

Der Plot

Popdiva Kat Valdez (Jennifer Lopez) und Newcomer Bastian (Maluma) sind das heißeste VIP-Paar der Welt und haben mit ihrer gemeinsamen Hitsingle „Marry Me” gerade die Spitze der Charts im Sturm erobert. Da ist es nur logisch, dass sie ihre Traumhochzeit möglichst öffentlichkeitswirksam und live vor einem Millionenpublikum feiern. Auch der geschiedene Mathelehrer Charlie Gilbert (Owen Wilson) wird von seiner Tochter Lou (Chloe Coleman) und seiner besten Freundin Parker (Sarah Silverman) zu diesem Megaevent gezerrt. Doch als Kat unmittelbar vor der Trauung erfährt, dass ihr Verlobter sie mit ihrer Assistentin betrogen hat, sieht sie sich gezwungen, eine spontane Entscheidung zu treffen. Als ihr Blick auf den ahnungslosen Charlie in der Menge fällt, entscheidet sie aus einem Impuls heraus, ihn zu heiraten. Was wirklich niemand, allen voran Kats bemühtes PR-Team, hätte ahnen können: Der öffentlichkeitswirksame Superstar und der liebenswerte Durchschnittstyp kommen sich tatsächlich näher. Doch können zwei Menschen aus so unterschiedlichen Welten miteinander glücklich werden?

Kritik

Immer wieder fällt auf, dass die Themen Logik und Glaubwürdigkeit bei der Wahrnehmung von Filmqualität große Rollen spielen. In gewisser Weise ist das auch nachvollziehbar: Je mehr erzählerische Konflikte auf eine Realitätsnähe pochen, in „unserer Welt“, im Hier und Jetzt verwurzelt sind, desto höher liegen die Maßstäbe daran, dass man sich die dargebotenen Ereignisse auch tatsächlich als „so könnte es sein“ vorstellen kann. Dann gibt es allerdings auch Genres, in denen der Bruch hiermit quasi zum guten Ton gehört und die Konstruktion von Storywendungen und Plotüberraschungen oft mit einer gewissen Konstruktion einhergeht. Doch während sich bei Actionfilmen kaum mehr darüber beschwert wird, wenn Familienväter oder -Mütter plötzlich zu Rachemaschinen mutieren, obwohl sie zuvor noch nie eine Waffe in der Hand hatten, wohnt dem Prädikat „weit hergeholt“ in anderen Genres häufig noch immer etwas Abwertendes inne. Und so wundert es auch nicht, dass sich in manch einer Kritik zu Kat Coiros Musik-RomCom „Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick“ lesen lässt, dass die Prämisse – nun ja – irgendwie nur bedingt realitätsnah ist: Nach einer gescheiterten Live-Hochzeit vor einem Millionenpublikum heiratet ein Weltstar einfach einen „Normalo“. Egal ob nun aus Trotz, Abenteuerlust oder Resignation, so entwickelt sich doch alsbald tatsächlich eine zarte Romanze aus diesem Schnellschuss – und damit reiht sich die Story perfekt ein in einen Themenkanon, wie ihn etwa schon Romanzenklassiker wie „Pretty Woman“, „Notting Hill“ oder zuletzt „Long Shot“ bedient haben. Und Letzterer trägt ja sogar den deutschen Untertitel „Unwahrscheinlich aber nicht unmöglich“…

Für andere ein intimer Moment, für Superstar Kat Valdez (Jennifer Lopez) und Charlie (Owen Wilson) eine einzige Show: die Hochzeit

Am Ende zählt bei einer Liebesgeschichte doch vor allem, dass man dem im Zentrum stehenden Vielleicht-vielleicht-auch-nicht-Pärchen die Daumen drückt, sich ein Happy End für die beiden wünscht. Und genau dies ist bei „Marry Me“ der Fall. Regisseurin Kat Coiro (wurde kürzlich mit der Inszenierung der „She-Hulk“-Serie betraut), deren weiblicher Blick auf das Szenario noch sehr wichtig für die Tonalität des Films sein wird – aber dazu später mehr – sowie ihr Autor:innenteam aus Harper Dill („The Mick“), John Rogers („The Core – Der innere Kern“) und Tami Sagher („Inside Amy Schumer“) übertragen Bobby Crosbys gleichnamige Graphic Novel (!) kongenial auf die Leinwand. Dies geschieht, indem sie einerseits die immer schon funktionierenden Mechanismen großer Hollywood-Liebesgeschichten anwenden, sie gleichsam an die (Social Media-)Gegebenheiten der Gegenwart anpassen und dadurch eine Filmrealität erschaffen, die trotz ihrer riesigen Entfernung von der Lebensrealität ihres Publikums glaubhaft und nahbar ist. Im Zeitalter von Beziehungs-PR-Stunts und dem zunehmenden Interesse der Öffentlichkeit am Privatleben von Superstars ist es nämlich eigentlich doch ziemlich realistisch, was „Marry Me“-Superstar Kat Valdez hier treibt. Und zwar sowohl ihre Entscheidung, im Rahmen eines Konzerts die öffentliche Heirat mit einem ebenso erfolgreichen Musiker zu zelebrieren und im Anbetracht ihrer Charakterisierung einfach spontan einen anderen zu heiraten.

„Regisseurin Kat Coiro, deren weiblicher Blick auf das Szenario noch sehr wichtig für die Tonalität des Films sein wird, sowie ihr Autorenteam aus Harper Dill und John Rogers übertragen Bobby Crosbys gleichnamige Graphic Novel (!) kongenial auf die Leinwand.“

Das Skript etabliert Kat Valdez nämlich als auf der Bühne vollkommen selbstsichere, sich ihres Könnens und ihrer Attraktivität bewusste Künstlerin, die abseits ihrer Bühnenkarriere allerdings auch unter ihrem bislang wenig erfolgreichen Privatleben leidet. Sich darüber selbst schon lustig macht und im Moment der jüngsten Enttäuschung – vollkommen menschlich – an Fassung und Souveränität verliert. Gleichwohl greift die veraltete Romanzenidee von der Frau, die entweder super erfolgreich ist oder ein harmonisches Liebesleben hat hier nicht; im Gegenteil. Kat war schon mehrmals verheiratet, doch die Ehen mündeten stets in eine emotionale Katastrophe. Nicht umsonst erinnert ihr Nachname Valdez an die Exxon-Valdez-Naturkatastrophe aus dem Jahr Ende der Achtzigerjahre. Und wo wir gerade bei der Analyse ihres Namens sind: Darauf, dass sie ab jenem Moment ihrer jüngsten Heirat mit einem „Niemand“ beginnt, ihr Privatleben nicht mehr derart stark öffentlich zu zelebrieren, sondern sanfter und zurückhaltender durch ihren Alltag zu schreiten, lässt die Ähnlichkeit zwischen „Kat“ und „Cat“, zu Deutsch: Katze, schließen – die zudem immer wieder auf den Pfoten landet. Darüber hinaus passt es auch zur Schauspielerin selbst: Seit ihrer wieder aufgeflammten Beziehung mit Ben Affleck zieht es die „Jenny from the Block“-Interpretin abseits ihrer Musik nicht mehr derart in die Öffentlichkeit wie früher – erst recht im Vergleich zur medienwirksam ausgeschlachteten Liebelei mit Affleck Anfang der Nullerjahre.

Kat mischt Charlies Mathekurs auf…

Kat Coiro macht in „Marry Me“ immer wieder deutlich, dass ihr neben der zuckersüßen, von Jennifer Lopez („The Boy Next Door“) und Owen Wilson („The French Dispatch“) dargebotenen Liebelei auch der Blick hinter die Showbusinesskulissen wichtig ist. Ihr Film ist gewiss keine bissige Mediensatire geworden, doch insbesondere durch die punktgenaue Besetzung gelingt es ihr, ein Gefühl dafür zu schaffen, dass auch (die meisten) Superstars einfach nur Menschen sind. Das ist selbst für eine Romantic Comedy keine allzu tiefgreifende Erkenntnis, aber auch sie schafft Nähe zu einer vermeintlich unerreichbaren Figur, die Lopez obendrein mit nahezu gottgleicher Präsenz verkörpert. Dazu passt auch, dass die Kreativen darauf verzichten, die ideale Wellenlänge der beiden anzustreben: Während sie der für viele unantastbare Superstar bleibt, ist er bis zum Schluss als unauffälliger Mathelehrer mit sich im Reinen und trotzdem sprühen zwischen den Schauspielenden glaubhaft die Funken. Darüber hinaus geht von Coiros Inszenierung eine sympathische Intimität aus; Und vielleicht ist es auch ein Stückweit ihrem weiblichen Blick auf die Ereignisse, aber auch ihrem Verständnis für das schlechte Altern manch älterer Filmromanze geschuldet, dass sie ausgenommen der nun mal vorhandenen Präsenz ihrer Hauptdarstellerin alles unternimmt, um sie als „Menschen wie du und ich“ darzustellen. Etwa wenn Lopez in einer Szene Yoga-Übungen macht, ihr Bauch, obwohl perfekt durchtrainiert, ein wenig über den Hosenbund quillen darf und Kameramann Florian Ballhaus („Der Hauptmann“) diese Szene nicht ausnutzt, um ihren Körper voyeuristisch-geiernd in Szene zu setzen. Ein wenig irritierender sind da indes die hin und wieder leicht verzerrten Fischaugen-Bildränder bei Panoramaaufnahmen, deren Kunstgriff sich nicht erschließt.

„Kat Coiros Film ist gewiss keine bissige Mediensatire geworden, doch insbesondere durch die punktgenaue Besetzung gelingt es ihr, ein Gefühl dafür zu schaffen, dass auch (die meisten) Superstars einfach nur Menschen sind.“

Dass „Marry Me“ neben einer Liebesgeschichte und einem Blick hinter die Showbizkulissen vor allem ein überlanger Werbespot für die hier performte Musik ist, erschließt sich da – insbesondere wirtschaftlich – schon eher. Und zugegeben: Nicht jeder hier performte Song ist von inhaltlicher Relevanz, sondern diente sichtbar dazu, aus dem dazugehörigen Soundtrack ein außer der Reihe veröffentlichtes JLo-Album zu machen. Als ein solches funktioniert die Songansammlung, wenngleich sich die Songs allesamt ähneln. Es ist (gut produzierter) Radiopop – mit hervorstechenden Nummern wie dem Titelsong „Marry Me“, der in der Balladenversion sogar noch besser funktioniert oder auch ihrer (inhaltlich sehr wohl relevanten) Komposition „On My Way“. Und der ironisch-provokante „Church“ wird in seiner hier dargebotenen Show-Performance ebenfalls zum Highlight.

Fazit: Die Hochglanz-RomCom „Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick“ erzählt eine zuckersüße Liebesgeschichte im Angesicht des Showbiz-Scheinwerferlichts, gespickt mit einem Paar von hinreißender Chemie und zahlreichen JLo-Songs, die so punktgenau auf den Film hin produziert wurden, dass sie zumindest im Kino ordentlich mitreißen. Eine gewisse Affinität zu Geschichten der Marke „Notting Hill“ sollte man allerdings besitzen. Dann wird ein Kinobesuch zu einem perfekten Valentinstagsdate.

„Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick“ ist ab dem 10. Februar 2022 in den deutschen Kinos zu sehen.

Und was sagst Du dazu?