Résistance – Widerstand

Marcel Marceau war zu Lebzeiten ein von seinem Publikum hochgeschätzter Pantomime. Autor und Regisseur Jonathan Jakubowicz macht ihn in seinem bewegenden Drama RÉSISTANCE – WIDERSTAND zum Dreh- und Angelpunkt einer aufsehenerregenden Befreiungsaktion und lässt dabei nicht nur Jesse Eisenberg in der Hauptrolle triumphieren, sondern überraschenderweise auch Matthias Schweighöfer. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

OT: Resistance (UK/FR/DE/USA 2020)

Der Plot

Marcel Marceau (Jesse Eisenberg) ist ein hochbegabter Pantomime und hat sein Leben der Kunst verschrieben. Tagsüber arbeitet er in der Schlachterei seines Vaters, abends tingelt er durch die Kleinkunsttheater seiner Stadt, um seinem Traum von der großen Karriere Stück für Stück näherzukommen. Seit einiger Zeit hängt sein Herz außerdem an der politisch engagierte Emma (Clémence Poésy), mit der er gern zusammen wäre. Sie ist es auch, die ihn von einer lebensgefährlichen Mission überzeugt: 123 jüdische Waisenkinder müssen vor den deutschen Nazis unter der Aufsicht des brutalen Obersturmführer Klaus Barbie (Matthias Schweighöfer) gerettet und außer Landes gebracht werden. Gemeinsam mit Emma tritt Marcel dem französischen Widerstand bei, um sich, einzig mit seiner Kunst bewaffnet, dem Schrecken des Krieges entgegenzustellen.

Kritik

Marcel Marceau, dem Publikum auch unter dem Namen „Bip“ bekannt, war ein von 1923 bis 2007 lebender Pantomime, der seine umjubelten Bühnenshows stets im Ringelhemd, mit weißgeschminktem Gesicht und einem zerbeulten Seidenhut bestritt. Er prägte das öffentliche Bild des tragikomischen Clowns massiv – und mit seiner Kunst zahlreiche Künstler aller Genres. Selbst im hohen Alter trat er noch unter seinem Alter Ego auf, bis er mit 84 Jahren im Kreis seiner Familie starb. Für sein True-Events-Kriegsdrama „Resistance – Widerstand“ rückt der als Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion verantwortliche Jonathan Jakubowicz („Hands of Stone“) primär ein bestimmtes Ereignis in Marceaus Leben in den Fokus und weniger seine Bedeutung für die Kunst selbst. Das ist schade, denn denn im Laufe der sich zeitweise ziehenden 120 Minuten stellt sich heraus, dass die Persona Marcel Marceau die deutlich spannendere Triebfeder für die Geschichte wäre.

Clémence Poésy mimt die engagierte, um Bip bemühte Emma.

Als Marcel Marceau während des Zweiten Weltkrieges an einer Befreiungsaktion jüdischer Waisenkinder beteiligt war, war er noch nicht einmal 20 Jahre alt. Trotzdem schlüpft in die Hauptrolle des introvertierten Pantomimen nicht etwa ein talentierter Nachwuchsschauspieler, sondern „The Social Network“-Star Jesse Eisenberg, der sich in Filmen wie zuletzt etwa „Zombieland 1 und 2“ oder „Vivarium“ nicht unbedingt durch seine Zurückhaltung auszeichnete. In seiner Rolle als Marcel Marceau funktioniert Eisenberg trotzdem ganz ausgezeichnet – es gelingt ihm kongenial, seine von Natur aus eher stille Attitüde mit einem rebellierenden Funkeln zu versehen. Als Zuschauer merkt man auch ohne große Gesten oder ausschweifende Monologe jederzeit, wie wichtig Eisenbergs Figur die Befreiungsaktion ist. Das passt auf einer Metaebene sogar zu Eisenberg als Privatperson, der seit Jahren Aufklärungsarbeit für die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen betreibt und sich in Interviews immer wieder selbst als sehr introvertierte Person darstelle. Dass ihm die Verkörperung einer Figur wie Bip eine ist daher besonders liegt, beweist er nun in „Résistance“. Das Aufblühen als der Bühne, wo er sein Handwerk auch wie ein Schutzschild nutzt und aus den Reaktionen aus dem Publikum Selbstsicherheit und Antrieb zieht, bringt Eisenberg gleichermaßen glaubhaft zum Ausdruck. Da ist es schade, dass die Clownerie selbst im Film eher eine untergeordnete Rolle spielt. In erster Linie ist „Résistance – Widerstand“ ein Kriegsdrama. Nur eben mit einem Clown als Hauptfigur.

„In seiner Rolle als Marcel Marceau funktioniert Jesse Eisenberg ganz ausgezeichnet – es gelingt ihm kongenial, seine von Natur aus eher stille Attitüde mit einem rebellierenden Funkeln zu versehen.“

Einen weiteren Handlungsstrang nimmt die Beziehung zwischen Marceau und der charmanten Emma ein, angemessen gefühlvoll verkörpert von Clémence Poésy („Tenet“). Jonathan Jakubowicz macht aus der aufkeimenden Liebschaft eine Triebfeder, die auf dem Papier nie ins Plump-Rührselige kippt. Die Inszenierung dagegen steht der Aufrichtigkeit des Dramas dagegen hin und wieder im Weg. Kameramann Miguel I. Littin-Menz („Die Weite der Nacht“) nimmt sich für „Résistance“ ein Historienkino zum Vorbild, wie man es normalerweise eher aus Deutschland (hier Koproduktionsland) kennt. Aufgeräumte, ausstaffierte Aufnahmen dominieren das Erscheinungsbild. Das passt einerseits zu den Theaterwurzeln des Protagonisten, beißt sich allerdings mit dem dreckigen Umfeld des Krieges, in dem der Film vorwiegend spielt. Hinzu kommt ein Score, mit dessen orchestraler Opulenz Komponist Angelo Milli („Sieben Leben“) die emotionalen Knöpfe intensiver (= aufdringlicher) drückt, als es eigentlich nötig wäre. Diese fehlende, tonale Einheit auf Inszenierungsebene findet sich auch auf erzählerischer wieder. Einige reißerische Kriegsactionszenen bringen die ansonsten so melancholische Dramastimmung spürbar aus dem Takt. Dafür überrascht Matthias Schweighöfer („Army of the Dead“) als diabolischer Obersturmführer Klaus Barbie – eine Ansprache an seine Gefolgsleute in einer Kneipe sorgt dafür, dass sich dem Publikum die Kehle mit jedem seiner Worte enger zusammenschnürt.

In der Rolle des Obersturmführers Klaus Barbie überrascht Matthias Schweighöfer.

Fazit: Der Faszination der in „Résistance – Widerstand“ im Mittelpunkt stehenden Hauptfigur des tragischen Clowns Marcel Marceau wird der Film nicht gerecht, wenngleich Jesse Eisenberg diesen hervorragend spielt. Dasselbe gilt auch für Matthias Schweighöfer in einer dramatischen Nebenrolle. Beide stechen in einem tonal unausgegoren inszenierten Kriegsdrama hervor.

„Résistance – Widerstand“ ist ab dem 14. Oktober 2021 in den deutschen Kinos zu sehen.

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