Army of the Dead

17 (!) Jahre nachdem Zack Snyder erstmals seine Pläne für ARMY OF THE DEAD offenlegte, erreicht das Zombie-Action-Spektakel dieser Tage den Streamingdienst Netflix. Und das Warten hat sich gelohnt. Auch ohne allzu viele bekannte Untoten-Tropes zu bedienen, überzeugt die 90-Millionen-Dollar-Produktion auf ganzer Linie. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

OT: Army of the Dead (USA 2021)

Der Plot

Vor noch gar nicht allzu langer Zeit brach in der Nähe von Las Vegas eine Zombieepidemie aus. Schnell wurde aus dem Poker-Mekka eine Zombiehölle und Las Vegas von den US-amerikanischen Behörden aufgegeben. Der Plan des US-Präsidenten sieht vor, die Stadt in wenigen Tagen mithilfe einer Atomrakete für immer auszulöschen und den Untoten damit ein für alle Mal den Garaus zu machen. Doch bis dahin lagern unter der Erde von Las Vegas noch Milliarden von Dollar in den Tresoren der Hotels und Casinos. Sie sind das Ziel einer Gruppe von Söldnern, angeführt von Scott Ward (Dave Bautista), der durch die Zombieplage unter anderem seine Frau verlor. Im Auftrag von Casino-Boss Bly Tanaka (Hiroyuki Sanada) kämpft der durchtrainierte Hüne an der Seite seiner selbst zusammengestellten Truppe aus Gefolgsleuten, darunter die toughe Helikopterpilotin Marianne (Tig Notaro), der ängstliche Safe-Knacker Dieter (Matthias Schweighöfer) und Scotts eigene Tochter Kate (Ella Purnell), die sich gegen den Willen ihres Vaters der Gruppe angeschlossen hat. Unter der Führung der die Zombies und ihre Strukturen in- und auswendig kennenden Kriegerin Coyote (Nora Arnezeder) nehmen es die bis an die Zähne bewaffneten Kämpferinnen und Kämpfer mit den Untoten auf. Doch die Uhr tickt: Schon bald wird die Bombe in die Stadt einschlagen…

Kritik

Es gibt Filmprojekte, an deren Fertigstellung man irgendwann einfach nicht mehr glaubt. Zack Snyders „Army of the Dead“ gehört dazu. Seit 2004, damals hatte Snyder gerade sein „Dawn of the Dead“-Remake fertiggestellt, befindet sich der Film – mal mehr, mal weniger aktiv – in Produktion und hat in den 17 Jahren bis heute so gut wie jede Station der Entwicklungshölle durchlaufen. Damals schon wurde Snyder die Regie für einen Zombiefilm à la „Army of the Dead“ angeboten, die er aufgrund anderer Projekte jedoch ablehnte. Bei Warner Bros. legte man die Idee vorerst auf Eis, nur um sie sowohl 2007 als auch 2010 noch einmal hervorzukramen. 2010 bestätigte man mit dem „The Thing“-Macher Matthijs van Heijningen Jr. sogar bereits einen Mann auf dem Regiestuhl und kündigte Herbst 2013 als Starttermin an. Doch daraus wurde wieder nichts. Genauso wenig wie aus dem Plan, als Drehbuchautor für „Army of the Dead“ jenen Mann zu verpflichten, der 2004 bereits Zack Snyders „Dawn of the Dead“ geschrieben hatte – doch James Gunn war mit seinem „Suicide Squad“ einfach zu beschäftigt. Also wurden die Karten ein weiteres Mal neu gemischt – diesmal allerdings von Netflix. Der Streamingdienst sicherte sich die Rechte im Frühjahr 2019 und brachte endlich Schwung in die stockenden Planungen. Man verpflichtete Snyder erneut; diesmal für die Regie, das Drehbuch und die Kameraarbeit und stellte einen mannigfaltigen Cast zusammen. Auch Letzteres brachte ungeahnte Probleme mit sich, als der ursprünglich für das Projekt eingeplante Chris D’Elia nach den abgeschlossenen Dreharbeiten mit Vorwürfen sexueller Belästigung in Verbindung gebracht wurde. So ersetzte man seine Person mit Schauspielerin Tig Notaro („Plötzlich Familie“) neu und drehte D’Elias Szenen mithilfe von Greenscreens und Body Doubles neu. Nein, „Army of the Dead“ stand weiß Gott unter keinem guten Stern.

Scott Ward (Dave Bautista) führt eine Gruppe aus Söldnern an.

Wann immer man bei der Betrachtung einer schwierigen Produktionsgeschichte zu diesem Ergebnis kommt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man dem fertigen Film seine Startschwierigkeiten ansieht. Gerade erst bestätigte etwa Joe Wrights ebenfalls bei Netflix erschienener Thriller „The Woman in the Window“ diesen Eindruck. Auch der sich sukzessive zum Horror-Geheimtipp entwickelnde „The Empty Man“ wäre eigentlich noch ein gutes Stück kürzer geworden, hätte man in der Entstehungsphase des Films nicht versäumt, den Regisseur von gewissen Deadlines zu unterrichten. Aber auch Zack Snyder selbst kann davon ein Lied singen. Sorgte das Tohuwabohu rund um die Entstehung von „Justice League“ doch erst kürzlich dafür, dass mit dem „Snyder Cut“ eine eigene Director’s-Cut-Fassung veröffentlicht wurde, ganze vier Jahre nachdem der eigentliche Film längst aus den Kinos verschwunden war. Das Wichtigste gleich vorweg: „Army of the Dead“ bildet in dieser illustren Reihe an mit unguten Vorzeichen veröffentlichten Filmen eine erwähnenswerte Ausnahme. Noch nicht einmal so offensichtliche Faux Pas wie etwa die Nachdrehs mit Tig Notaro sind dem Film anzusehen. Und auch sonst überzeugt Zack Snyder hier nicht nur mit Struktur und Übersicht, sondern schafft es auch, die Lauflänge von satten zweieinhalb Stunden mit massig Inhalt zu füllen, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, wahlweise nichts zu erzählen zu haben, oder aber zu viel, um allen Handlungssträngen Herr zu werden. „Army of the Dead“ ist insgesamt ein pickepacke voller Film, angefangen bei den Charakteren. Angeführt von Dave Bautista („Blade Runner 2049“) gehören zum illustren Rund an Haupt- und wichtigen Nebendarstellern ein knappes Dutzend Männer und Frauen. Bei so vielen Figuren liegt es nah, sie mit möglichst eindeutigen Spleens auszustatten, um sich die in einem Film wie „Army of the Dead“ ohnehin nur zweitrangige Charakterisierung zu sparen. Doch, Überraschung: Zwar lassen sich alle Figuren (auch) auf nur wenige Charakteristika herunterbrechen, doch das Skript gönnt jedem/jeder von ihnen – egal wie wichtig ihr Dasein noch für die nächsten Stunden sein wird – mindestens einen Moment, in dem wir sie/ihn näher kennenlernen können. Das macht „Army of the Dead“ immer noch nicht zu einem Charakterdrama, verhilft dem Cast und damit auch dem Film allerdings zu enormen Sympathiewerten.

„Bei so vielen Figuren liegt es nah, sie mit möglichst eindeutigen Spleens auszustatten, um sich die Charakterisierung zu sparen. Doch, Überraschung: Zwar lassen sich alle Figuren (auch) auf nur wenige Charakteristika herunterbrechen, doch das Skript gönnt jedem/jeder von ihnen mindestens einen Moment, in dem wir sie/ihn näher kennenlernen können.“

Kurzum: Es ist einem schlichtweg nicht egal, wer hier durch einen auf den ersten Blick ziemlich banalen Plot stapft, was mit der Zeit auch die Geschichte selbst „entbanalisiert“. Letztlich geht es zwar „nur“ darum, sich möglichst schnell und effektiv durch ein von Untoten besiedeltes Gebiet zu arbeiten und vor dem Einschlag einer Atombombe mit richtig viel Geld „gen Sonnenuntergang“, wie es im Film heißt, aus der Zombiehölle zu verabschieden. Doch die Dynamik innerhalb der Gruppe, die von viel Humor geprägte Interaktion unter den Figuren, zusammen mit den heraufbeschworenen Gegensätzen und Gemeinsamkeiten halten das Interesse an diesem Selbstmordkommando von Anfang an aufrecht. Darüber hinaus befeuert Zack Snyder dieses Gefühl, in dem er früh deutlich macht: In „Army of the Dead“ ist keine/r davor gefeit, Opfer einer tödlichen Zombieattacke zu werden. Ohne Rücksicht auf Verluste arbeitet sich die Untotenmeute im Laufe des Films durch diverse Haupt- und Nebenfiguren, was eine im Mainstreamkino ungeahnte Unberechenbarkeit entstehen lässt und für diverse Überraschungen gut ist. In „Army of the Dead“ kann man sich nie sicher sein, dass hier am Ende auch wirklich alle Guten überleben werden. Und immer wenn man gerade glaubt, den Rhythmus des Films durchschaut zu haben, entledigt sich Snyder einer weiteren Figur, bei der man felsenfest davon ausging, dass sie tatsächlich in Richtung Sonnenuntergang einem Happy End entgegenfliegen wird. Das muss man sich heutzutage – ergo: im sequelsüchtigen Hollywood – auch erst einmal trauen…

Tig Notaro als Marianne Peters ist die Herrin über den Helikopter.

Neben Dave Bautista als Hüne mit harter Schale und weichem Kern – einem zwar abgegriffenen, hier jedoch nicht minder überzeugendem Charakterprofil – überzeugen vor allem Tig Notaro als ultra-toughe, mit einem betont trockenen Humor ausgestattete Helikopterpilotin, Nora Arnezeder („Alexandre Ajas Maniac“) als Badass-Kämpferin und Zombie-Expertin, von der wir insgesamt gern ein wenig mehr gesehen hätten, und Matthias Schweighöfer („100 Dinge“) im Duo mit Omari Hardwick („Sorry to Bother You“). Die Verpflichtung des hierzulande vor allem für seine seichten Komödien bekannten Schauspielers und Filmemachers dürfte für deutsche Filmfans im Vorfeld wohl für die größte Irritation gesorgt haben; Sagt sich ein Engagement in einem Zombieschocker doch arg von seinen bisherigen Rollenvorlieben los. Doch Schweighöfer überzeugte zuletzt nicht bloß in Thomas Vinterbergs U-Boot-Drama „Kursk“ oder als Nazi-Offizier im ansonsten unterdurchschnittlichen „Resistance – Widerstand“, sondern versuchte sich auch als Inszenator im Genre: nämlich an der bei Amazon Prime ausgestrahlten Thrillerserie „You Are Wanted“. In „Army of the Dead“ fallen ihm und Hardwick die Rollen der Comic Reliefs zu, die ihren Humor vor allem aus den konträren Charakterzügen heraus entwickeln. Zeigt sich Schweighöfers „Vorzeige-Deutscher“ Dieter zunächst (und als Einziger der Truppe, als wäre ein solcher Einsatz das Normalste auf der Welt!) äußerst skeptisch gegenüber dem Vorhaben, entwickelt er nicht bloß mit der Zeit Fingerfertigkeiten im Schießen und versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Er ist vor allem auch derjenige, der in den entscheidenden Momenten immer genau das ausspricht, was das Publikum zuhause gerade denken dürfte. Während der deutliche abgeklärtere Hardwick das Ganze eher mit einem Schulterzucken hinnimmt, mit der Zeit jedoch auch die Fähigkeiten seines Kompagnons zu schätzen lernt. Böse Zungen könnten behaupten, mit Schweighöfers beabsichtigt ulkiger Performance müsste er ein düsteres Zombiehorrorsetting tonal aus dem Gleichgewicht bringen. Doch da Zack Snyder (und auch die anderen Figuren) die Prämisse ohnehin nie ernster nehmen als es sein müsste, passt eine Figur wie Schweighöfers Dieter ganz hervorragend zum Cast. Und wäre nicht Schweighöfer gecastet worden, hätte diesen Part ohnehin jemand Anders verkörpert. Die Pläne für eine derartige Figurenkonstellation bestanden von Beginn an.

„In „Army of the Dead“ kann man sich nicht sicher sein, dass hier am Ende auch wirklich die Guten überleben werden. Und immer wenn man gerade glaubt, den Rhythmus des Films durchschaut zu haben, entledigt sich Znyder einer weiteren Figur, von der man felsenfest davon ausging, dass sie tatsächlich in Richtung Sonnenuntergang einem Happy End entgegensegeln wird.“

Apropos „von Beginn an“: Einen Vorgeschmack darauf, mit was für einer Wucht an audiovisuellen Reizen Zack Snyder sein „Army of the Dead“ ausstattet, liefert der bislang beste Vorspann des diesjährigen Filmjahres. In einer minutenlangen Bildmontage lässt Znyder den Untergang Las Vegas‘ an seinem Publikum vorbeirauschen und entfesselt ein wahres Zombie- und Actionfeuerwerk, an dem man sich nicht nur aufgrund seiner schieren Gigantomanie nicht sattsehen kann. Zwischen den Zombiepanoramen lässt Snyder direkt den mal lauteren, mal leiseren Humor anklingen, wenn er den Wahnsinn einer Untotenapokalypse den halbgaren Versuchen, ebendieser Herr zu werden, gegenüberstellt. Das ist mal in seiner Banalität urkomisch (dass etwa ein ehemals zu Siegfried und Roy gehörender Tiger durchs verfallene Las Vegas stapft, verhilft dem Film zu einer süffisanten Trash-Note), ein anderes Mal eröffnet sich allerdings schon hier, mit welcher Akribie Snyder seine Zombiewelt in „Army of the Dead“ kreiert hat. Und auch, wie er den Terminus „Zombie“ darin definiert. Mit den klassisch vor sich hinschleichenden, willenlosen Kreaturen haben die Zombies in „Army of the Dead“ nämlich – ihren durch herausragendes Effekt-Make-Up in Untote verwandelten, angsteinflößenden Visagen zum Trotz – nichts mehr gemein. Stattdessen lassen sie Anflüge eines freien Willens erkennen, wenn sie hier mitunter Überlebensdeals („Wir lassen euch in Ruhe, dafür lasst ihr uns in Ruhe!“) mit den Menschen abschließen, sich strukturell organisieren oder sogar eine Art Liebesbeziehung mit Mitzombies eingehen. Inwiefern eine derartige Neuausrichtung des „Urzombies“ überhaupt noch den Begriff „Zombie“ tragen darf, oder dadurch vielleicht sogar zu einem austauschbaren Filmmonster wird, muss jede/r für sich selbst entscheiden. „Army of the Dead“ hat mit Ausnahme seiner gleichermaßen saftigen als auch arg überhöhten Splatter-Einlagen nunmehr kaum noch was mit gängigem Zombiehorror zu tun. Letztlich stört das aber wohl eher auf einer prinzipiellen Seite. Schließlich überzeugt der Film insgesamt auf so vielen Ebenen, dass die Diskussion, Zombie oder nicht, kaum noch ins Gewicht fällt.

Zack Snyder führte bei „Army of the Dead“ selbst die Kamera und sorgt für spektakuläre Bilder.

Fazit: Nein, ein klassischer Zombiefilm ist Zack Snyders „Army of the Dead“ nicht geworden. An der sehr freien Interpretation des Wortes „Zombie“ könnten sich Puristen des Genres stören. Doch wer damit leben kann, dass sich die Untoten hier organisieren und untereinander Liebesbeziehungen eingehen können, erlebt einen verdammt unterhaltsamen Mix aus Heist-Movie und Action-Abenteuer mit einer ordentlichen Portion Splatterhorror obendrauf. Immer die richtige Balance zwischen „ernst genug, um es ernst zu nehmen“ und „nie zu ernst, dass es lächerlich wird“ findend, präsentiert uns Snyder eine divers zusammengestellte Truppe aus Söldnerinnen und Söldnern, die einem überraschend schnell ans Herz wächst und einen Film vorantreibt, dem man seine zweieinhalb Stunden nie anmerkt. Viva Las Vegas!

„Army of the Dead“ ist ab dem 21. Mai bei Netflix streambar.

Ein Kommentar

  • Für mich ,nach Mortal Kombat, der Rohrkrepierer schlechthin!
    Hier stimmt ,meiner Meinung nach, rein gar nichts. Der Film ist mindestens 30 – 45 Min. zu lang, die Story ist mehr Seifen Oper als Horror, die Charaktere sind einem fast alle egal (Schweighöfer ist für mich überraschend gut), Atmosphärisch ist der Film fast ein kompletter Totalausfall, die „Splatterszenen“ sind zu ca.90% nur Kopfschüsse,die Effekte teils miserabel (am Anfang fühlte ich mich an einen Hulk Film erinnert). Dazu Zombies und Infizierte die eher aus einem Superheldenfilm stammen könnten und über ein kleines bisschen Logik, brauchen wir hier erst gar nicht anfangen.
    Auch wenn der Film wohl eher für das schnelllebige Popcornkino Publikum gemacht wurde, so krempeln sich hier selbst einem 5 jährigen die Fußnägel um.
    Der Film ist ein Totalausfall und scheinbar gibt es hierbei nur 2 Möglichkeiten. Die einen lieben ihn und die anderen, bereuen die verschwendete Lebenszeit !

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