1. Juli 2021: Die deutschen Kinostarts

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, die insgesamt mit 24 (!!) Neustarts aufwartet. Eine derart unübersehbare Anzahl an Filmen kann kaum einer in einer Woche schauen. Und deshalb haben wir uns der Übersicht halber – mal wieder – auf die vermutlich wichtigsten Neuerscheinungen beschränkt. Neben dem Oscarabräumer „Nomadland“, der unter anderem die Trophäe als „Bester Film“ gewann, freuen sich vor allem Genrefans seit Monaten auf Brandon Cronenbergs zweiten Film „Possessor“. Auch der dritte Teil der „Conjuring“-Reihe befriedigt die Lust nach kurzweiligem Horror. Während „100% Wolf“, „Catweazle“ und „Peter Hase 2“ sich hervorragend für die ganze Familie eignen.
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
PETER HASE 2: EIN HASE MACHT SICH VOM ACKER | Regie: Will Gluck | AUS/IND/USA/UK/CAN 2021
Nach den nervenaufreibenden Ereignissen der Vergangenheit haben Bea (Rose Byrne), Thomas (Domhnall Gleeson) und die Hasenbande, angeführt von dem frechen aber liebenswerten Peter Hase (in der deutschen Fassung gesprochen von Christoph Maria Herbst) als Familie ihren Frieden geschlossen. Aber auch wenn er sich redlich bemüht, gelingt es Peter einfach nicht, seinen Ruf als kleiner Schlawiner loszuwerden. Etwas, was Thomas sehr entgegenkommt, denn so ganz überzeugt von der ungewöhnlichen Familienkonstellation ist er immer noch nicht. Als er sich gemeinsam mit seinem neuen Kumpel Barnabas, einem alten Freund von Peters verstorbenem Vater, auf ein aufregendes Abenteuer außerhalb des Gartens einlässt, findet er sich auf den Straßen der Großstadt in einer Umgebung wieder, wo seine spitzbübische Art gut ankommt. Aber als seine vierbeinigen Freunde in Gefahr geraten, muss Peter sich selbst fragen, was für ein Hase er sein will.
Anarchischer Spaß, großes Gefühlskino und jede Menge Meta-Schabernack: „Peter Hase 2 – Ein Hase macht sich vom Acker“ steht dem fantastischen Vorgänger in Nichts nach und ist einmal mehr ein herrlich chaotisches Familienabenteuer, das für die Großen im Publikum diesmal ganz besonders viel zu bieten hat.
POSSESSOR | Regie: Brandon Cronenberg | CAN/UK 2020
Der Firmenagentin Tasya Vos (Andrea Riseborough) ist es dank einer neuartigen Technologie möglich, mithilfe von Hirnimplantaten in die Körper anderer Menschen einzudringen. Ihre Opfer bekommen im Idealfall nichts davon mit. Sie führen lediglich das aus, was Tasya von ihnen verlangt. Im Auftrag ihrer Chefin Girder (Jennifer Jason Leigh) arbeitete sie auf diese Weise als Serienkillerin, indem sie auf diese Weise fremde Menschen dazu bewegt, Morde zum Wohle des Konzerns zu begehen, für den die beiden Frauen tätig sind. Doch bei einem dieser längst zur Routine gewordenen Aufträge geht etwas schief und plötzlich findet sich Vos im Körper eines fremden Mannes (Christopher Abbott) wieder, dessen Identität ihre eigene auszulöschen droht. Denn dieser Mann ist sich seiner selbst bewusster als sämtliche anderen, von Tasya eingenommenen Personen zuvor…
„Possessor“ ist ein visuell starker und akustisch überragender Science-Fiction-Horrorfilm, der mit Ausnahme einiger heftiger Gewaltspitzen voll und ganz über seine unterkühlt-unberechenbare Atmosphäre funktioniert. Andrea Riseborough lässt sich in ihrer Performance ebenso wenig in die Karten schauen wie der Film selbst, der inhaltlich wie ein verquerer Hybrid aus Pixars „Soul“ und Jonathan Glazers „Under the Skin“ daherkommt. Nur eben in der FSK-18-Version.
NOMADLAND | Regie: Chloé Zhao | USA/DE 2020
Wie viele ihrer Landsleute hat auch Fern (Frances McDormand) nach der großen Rezession im Jahr 2008 alles verloren was ihr lieb war. Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch einer Industriestadt im ländlichen Nevada packt sie ihre Sachen und bricht in ihrem Van auf, ein Leben außerhalb der konventionellen Regeln als moderne Nomadin zu erkunden. Dort, wo sie einen (Aushilfs-)Job findet, lässt sich Fern eine Weile nieder. Ist ihre Arbeit vorbei, zieht sie weiter. Dabei macht sie die Bekanntschaft mit vielen Gleichgesinnten, muss aber auch feststellen, dass das auf den ersten Blick so verwegene Leben auch seine Tücken mit sich bringt. Insbesondere die permanenten Geldsorgen bereiten der engagierten Frau Kopfzerbrechen. Eine Sorge, die Menschen, denen sie auf ihrer Reise begegnet, teilen. Doch Fern ist fest davon überzeugt, der Zivilisation ein für alle Mal den Rücken zu kehren…
„Nomadland“ hätte sehr leicht ein Problemfilm werden können. Doch Chloé Zhao arbeitet in ihrem modernen Nomad:innenporträt die Faszination für das nicht-sesshafte Leben heraus, ist dabei weder romantisch verklärend noch analytisch nüchtern, sondern im besten Sinne lebensecht.
JUDAS AND THE BLACK MESSIAH | Regie: Shaka King | USA 2021
NOBODY | Regie: Ilya Naishuller | USA/JPN 2021
Hutch Mansell (Bob Odenkirk) ist ein typischer Niemand, den keiner so richtig wahrnimmt. Wortlos erträgt der Ehemann und Vater die Demütigungen seines Alltags, ohne sich dagegen zu wehren. Selbst als eines Nachts zwei Unbekannte in sein Vorstadtzuhause einbrechen, weigert er sich, seine Familie zu verteidigen, um eine Eskalation zu verhindern. Davon ist sein jugendlicher Sohn Blake (Gage Munroe) schwer enttäuscht, und auch seine Frau Becca (Connie Nielsen) entfernt sich in der Folge nur noch mehr von ihm. Doch tatsächlich ist dieser Vorfall der Tropfen, der das Fass mit Hutchs lange brütender Wut zum Überlaufen bringt – dunkle Geheimnisse kommen zum Vorschein und wecken seine tödlichen Instinkte. Plötzlich begibt sich der unscheinbare Hutch auf einen brutalen Feldzug, um seine Familie vor einem gefährlichen Gegenspieler zu retten (Aleksey Serebryakov) – unterschätze niemals einen Nobody!
CONJURING 3 – IM BANN DES TEUFELS | Regie: Michael Chaves | CAN/USA 2021
Es ist eine erschütternde Geschichte, in die die Dämonenjäger Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga) Anfang der Achtzigerjahre verwickelt werden. Bei einem Exorzismus an dem achtjährigen David Glatzel (Julian Hilliard) bietet sich im Rausch der Austreibung der junge Mann Arne Cheyenne Johnson (Ruairi O’Connor) dem Dämon als Gefäß an. Das Wesen, was auch immer es für eines sein mag, lässt tatsächlich von David ab und besitzt nun Arne, der im Zuge dessen im Blutrausch einen Nachbarn tötet. Er wird daraufhin verhaftet und wartet hinter Gittern auf seine Gefängnisstrafe. Doch Ed und Lorraine Warren ahnen, dass hinter der verstörenden Tat der Dämon stecken muss. Kurzentschlossen setzt das Ehepaar alles daran, vor Gericht die Existenz des Übernatürlichen zu beweisen. Doch die Zeit drängt, denn das Wesen befindet sich immer noch in Arnes Körper und ist unberechenbar…
„Conjuring 3: Im Bann des Teufels“ ist trotz vieler starker Einzelszenen und einem erneut überragenden Geisterjäger-Ehepaar der schwächste Teil der Reihe. Und das liegt weniger daran, dass das letzte Drittel arg reißerisch daherkommt und das Potenzial der Prämisse nicht ausgekostet wird. Sondern daran, dass Regisseur Michael Chaves einfach (noch) nicht über die Skills verfügt, mit denen James Wan die Reihe einst auf den Weg brachte.
GODZILLA VS. KONG | Regie: Adam Wingard | DE/USA 2020
Seit den Ereignissen von San Francisco und Skull Island weiß die Menschheit, dass sie auf der Erde nicht alleine ist. Gigantische Kreaturen verweilen unter ihnen – darunter auch der in einem Reservat fernab der Zivilisation gehaltene Riesenaffe Kong. Die Wissenschaftlerin Ilene Andrews hatte sich einst des riesigen Monsters angenommen und fühlt sich für Kong verantwortlich. Genauso wie ihr Schützling Jia, ein junges Waisenmädchen, das mit dem Menschenaffen kommunizieren kann. Vielleicht ist sie sogar der Schlüssel zum Erfolg über Godzilla. Denn als eines Tages ein Angriff der vermeintlich besiegten Riesenechse bevorsteht, sieht sich Ilene mit der Bitte konfrontiert, „ihren“ Kong einigen fMenschen als Super-Waffe zur Verfügung zu stellen. Die scheinen vor allem sich selbst und die Erdbevölkerung retten zu wollen. Doch der Kampf zwischen den Giganten nimmt ungeahnte Ausmaße an…
CATWEAZLE | Regie: Sven Unterwaldt Jr. | DE 2021
Der 12-jährige Benny (Julius Weckauf) hat sich nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter in sich zurückgezogen. Vor allem die Beziehung zu seinem Vater (Henning Baum) hat durch den Schicksalsschlag gelitten. Doch Bennys Leben ändert sich schlagartig, als er in seinem Keller den kauzigen Magier Catweazle (Otto Waalkes) findet, der sich versehentlich aus dem 11. Jahrhundert in die Jetztzeit katapultiert hat. So viele Jahre später findet sich dieser nicht nur kaum allein in der Moderne zurecht und braucht daher dringend einen Begleiter. Als ihm auch noch sein Zauberstab abhandenkommt, stürzen sich die beiden in ein Abenteuer, um Catweazles Zauberstab zurück zu erobern, bevor ihn die raffgierige Kunstexpertin Dr. Metzler (Katja Riemann) gewinnbringend versteigern kann. Denn nur mit diesem Stab kann Catweazle wieder in seine Zeit zurückkehren…
Obwohl die Zutaten nicht unbedingt dafürsprechen, ist die deutsche Verfilmung der britischen Kultserie „Catweazle“ ein sympathisch-solider Film geworden, der jedoch im Mittelteil deutlich mehr Schmackes vertragen hätte. Otto-Puristen dürfte der zurückgefahrene Otto-Humor enttäuschen. Alle anderen profitieren derweil davon, dass sich Waalkes hier ganz in den Dienst einer (ja immer noch arg schrulligen) Figur stellt.
100% WOLF | Regie: Alexs Stadermann | AUS/BEL 2020
Freddy Lupin ist kein gewöhnlicher Junge, sondern stammt aus einer Familie stolzer Werwölfe. Er kann es kaum erwarten, dass er sich zum ersten Mal verwandelt – wie zuvor auch sein berühmter Vater, der ehemalige Anführer des Werwolfrudels. Doch in der Nacht seines 14. Geburtstags, als es endlich soweit sein soll, passiert etwas Schreckliches: Freddy verwandelt sich nicht in einen starken und furchterregenden Wolf, sondern in einen winzigen… Pudel! Was für ein Drama. Freddy wird von seinem Onkel auf die Straße gejagt und lernt in seiner größten Not die clevere Straßenhündin Batty kennen. Gemeinsam mit ihr stürzt er sich in ein turbulentes Abenteuer und landet in einem Hundezwinger. Doch er wird beweisen, dass er trotz seines flauschigen Äußeren innen drin 100% Wolf ist.
Normalerweise ist es ja eher andersrum, doch der sich bevorzugt an ein junges Publikum richtende 3D-Animationsfilm „100% Wolf“ überzeugt ausgerechnet mit seiner klaren, zeitgemäßen Moral, die allerdings weit hinter der anstrengend-lieblosen Inszenierung regelrecht verschwindet.
DER SPION | Regie: Dominic Cooke | UK/USA 2020
Die Sowjetunion fährt beim nuklearen Wettrüsten während des Kalten Krieges einen immer aggressiveren Kurs. Der russische Oberst Penkovsky nimmt daher mit amerikanischen Behörden Kontakt auf. Er ist willens, Informationen in Hinblick auf das nukleare Potenzial seiner Heimat zu teilen. Jedoch erweist sich der Informationsaustausch, wenig überraschend, als überaus heikel: Über die üblichen Kanäle läuft Penkovsky große Gefahr, vom KGB enttarnt zu werden. Erst eine Zusammenarbeit zwischen der CIA und dem MI6 verspricht Hoffnung: Sie wollen den unauffälligen Geschäftsmann Greville Wynne in ihre Mission einspannen. Er hat schon in Osteuropa Geschäfte gemacht, ohne dass es Komplikationen gab. Eine Expansion nach Moskau würde da keinen Verdacht aufkommen lassen – und ihm die Option geben, als heimlicher Kurier zu dienen, der den Westmächten das Wissen Penkovsky beschafft.
„Der Spion“ ist solides, doch auch unscheinbares, geradezu austauschbares Agentenkino der ruhigen Art. Große Fans von „Bridge of Spies“, „Dame, König, As, Spion“ und Co. bekommen hier einen kompetent, wenngleich wenig einprägsamen Fix von dem geboten, das sie mögen. Alle Anderen schauen nur rein, wenn sie Cumberbatch-Komplettist:innen sind.
MONSTER HUNTER | Regie: Paul W.S. Anderson | FR/DE 2019
Hinter unserer Welt verbirgt sich noch eine weitere, eine Welt voll gefährlicher und mächtiger Monster, die ihr Territorium mit tödlicher Grausamkeit regieren. Als ein unerwarteter Sandsturm Captain Artemis und ihre Einheit in eine neue Welt katapultiert, müssen die Soldaten schockiert feststellen, dass in diesem feindlichen und unbekannten Land gigantische und schreckliche Monster leben, die gegen ihre Feuerkraft immun sind. In ihrem verzweifelten Kampf ums Überleben trifft die Einheit auf den mysteriösen Hunter, dessen einzigartige Fähigkeiten es ihm ermöglichen, den mächtigen Kreaturen immer einen Schritt voraus zu sein. Als Artemis und Hunter langsam Vertrauen zueinander aufbauen, entdeckt sie, dass er Teil eines Teams ist, das vom Admiral angeführt wird. Angesichts der Gefahr schließen sie sich mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten zusammen, um Seite an Seite zu kämpfen.
Die audiovisuell zwischen durchwachsen und hundsmiserabel changierende Verfilmung der „Monster Hunter“-Spielereihe ist zwar zu weiten Teilen eine solch hemmungslose Materialschlacht geworden, wie man es im Anbetracht der Vorlage erwarten durfte. Doch jenen Momenten, in denen Paul W.S. Anderson mächtig auf den Putz haut, stehen ausufernde Szenen gegenüber, in denen man sich für die desinteressiert vorgetragenen, zwischenmenschlichen Probleme der Hauptfiguren interessieren soll. Das bremst den Film in den falschen Momenten aus und gibt Gelegenheit dazu, über das hanebüchene Storykonstrukt nachzudenken.
Neue Abenteuer warten auf den einst als Waisenkind auf die Insel Lummerland gekommenen Jim Knopf (Solomon Gordon) und seinen besten Freund und Mentor Lukas, den Lokomotivführer (Henning Baum), die erst vor Kurzem den Drachen Frau Malzahn (gesprochen von Judy Winter) gemeinsam zur Strecke gebracht haben. Nachdem die beiden Freunde diesen besiegt haben, sinnt ausgerechnet die Piratenbande „Die Wilde 13“ (Rick Kavanian in einer 12-fachen Doppelrolle) auf Rache. Mit ihren Dampfloks Emma und Molly begeben sich die Lummerländer auf eine gefährliche Reise, von Lummerland über Mandala bis hin zum Land der Tausend Vulkane. Dabei hofft Jim auch, dass endlich sein sehnlichster Erfüllung gehen könnte: Er will endlich die Wahrheit über seine mysteriöse Herkunft ans Licht bringen und erfahren, wer er wirklich ist.
„Jim Knopf und die Wilde 13“ steht seinem Vorgänger in Sachen Opulenz und Warmherzigkeit in Nichts nach – im Gegenteil. Mit seinen unzähligen Setpieces, den wunderbar schrulligen, sympathischen Figuren und einer Botschaft, die wie kaum eine andere in die heutige Zeit passt, setzt Regisseur Dennis Gansel sogar noch eine Schippe drauf und liefert einen der Familienfilme des Jahres ab.