Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY. Diese Woche geht es um den 29. Juli 2021, der wie kaum ein anderer aufzeigen könnte, dass nicht nur die Zeiten des Lockdowns (zumindest vorerst), sondern auch die Fußball-Europameisterschaft vorbei ist. Die Masse an Neustarts spricht für sich. Und neben einem Indie-Geheimtipp wie „The Green Knight“ gibt’s in den kommenden Tagen nun eben auch großbudgetiertes Blockbusterkino à la „Jungle Cruise“ zu sehen; Neben dem neuen Guy Ritchie, dem neuen M. Night Shyamalan und – natürlich – „Ostwind 5“. Ihr habt also die Qual der Wahl!
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
THE GREEN KNIGHT | Regie: David Lowery | IE/CAN/USA/UK 2021
Wir befinden uns am Hofe des legendären König Artus (Sean Harris). Es ist Winter. Der junge Sir Gawain (Dev Patel), Neffe von König Artus, begibt sich am Weihnachtsabend auf den Weg nach Schloss Camelot, um an den Feierlichkeiten teilzuhaben. Doch diese nehmen ein jähes Ende, als plötzlich eine bedrohliche Gestalt hoch zu Ross den Thronsaal betritt. Ein gigantischer Grüner Ritter (Ralph Ineson) erweist dem König zunächst höflich seine Ehrerbietung, bevor er ihm ein schauriges Spiel vorschlägt: wer von seinen Rittern den Mut aufbringe, der dürfe an Ort und Stelle einen Schlag gegen ihn führen. Die einzige Bedingung: sollte er diesen überleben, dann müsse sich der tapfere Kämpfer genau ein Jahr später in der Grünen Kapelle einfinden, wo der Grüne Ritter seinerseits den Schlag erwidern dürfe. Sir Gawain ergreift die Gelegenheit und nimmt leichten Mutes die Herausforderung an. Ein Fehler…

David Lowerys allegorische Mittelaltersaga „The Green Knight“ ist nicht nur eine Veranschaulichung dessen, wie Lars von Trier einen Film wie „King Arthur“ bebildert hätte. Er ist darüber hinaus eine bissig-süffisante Abrechnung mit den Begriffen Ehre und Männlichkeit. Eben nicht im Gewand eines trockenen Aufklärungsfilms, sondern als mit Motiven des Horrorkinos angereichertes Fantasyspektakel, dem Dev Patel zu einer immensen Traurigkeit verhilft.
GENERATION BEZIEHUNGSUNFÄHIG | Regie: Helena Hufnagel | DE 2021
Tim (Frederick Lau) ist der Autor eines recht erfolgreichen Buches über das Leben zwischen Mann und Frau. Im Privatleben sieht es bei ihm allerdings alles andere als rosig aus. Denn wie die meisten Singles seiner Generation hat er ein „Problem“: Er ist angeblich beziehungsunfähig. Doch diesen Status benutzt er nur zur Rechtfertigung seines zwanglosen Lebensstils. Nach Dates meldet er sich nicht mehr und swipt lieber zur nächsten Frau, die hoffentlich auch so wie auf ihrem Profilfoto aussieht. Doch als er sich in sein weibliches Spiegelbild Ghost (Luise Heyer) verliebt, befindet er sich auf einmal auf der anderen Seite der Dating-Hölle, denn Ghost geht die Dating-Sache genauso locker an wie Tim, dabei könnte ausgerechnet der sich langsam mehr vorstellen. Und während Tim noch glaubt, er stelle sich mit seinen Annäherungsversuchen extrem smart an, ist er schon längst von ihr geghostet worden. Denn Ghost hat leider so gar keine Lust auf einen romantischen Tim.

Auf den ersten Blick passt vieles in „Generation Beziehungsunfähig“ nicht zusammen, doch interessanterweise ist das einer der großen Reizpunkte dieses ambitionierten Filmprojekts. Wenn Helena Hufnagels fantastische Beobachtungsgabe und intime Erzählweise auf großgedachtes, deutsches Mainstreamkino prallen, muss eine Seite zwangsläufig Abstriche machen. Gott sei Dank hat sich Hufnagel klar durchgesetzt und profitiert obendrein von zwei hervorragenden Hauptdarsteller:innen.
OLD | Regie: M. Night Shyamalan | DE 2021
Eigentlich sollte es ein paradiesischer Familienurlaub werden. Doch als das Elternpaar Guy und Prisca (Gael García Bernal, Vicky Krieps) mit seinen beiden Kindern Trent und Maddox sich auf Empfehlung des Hoteldirektors an einem einsamen Strand erholen will, geraten sie in den Bann eines schockierenden Phänomens: Sie werden rasend schnell alt. In wenigen Minuten altern sie mehrere Jahre. Und mit ihnen auch die zahlreichen anderen Besucherinnen und Besucher dieses abgeschiedenen Ortes. Während sich innerhalb der Gruppe langsam, aber sicher der Wahnsinn breit macht, bis es niemand mehr wagt, dem Anderen zu vertrauen, versuchen ein paar von ihnen dem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Dazu müssen sie erst einmal herausfinden, weshalb gerade sie ausgewählt wurden. Zufall? Schicksal? Mit der Zeit erkennen die Gefangenen Gemeinsamkeiten in ihrer Lebensgeschichte. Doch der Ursprung all dessen ist viel schockierender, als sie ahnen könnten… 
Der neue Shyamalan ist eine echte Herausforderung. Twist ja, aber mit einem völlig anderen Zweck als gewohnt. Ein Film, der straight und kompromisslos, aber auch zurückhaltend sein Ziel verfolgt – und im Kern doch ziemlich traurig ist. Herr-der-Fliegen-Vibes und einige ansehnliche Bodyhorror-Spitzen gibt’s on top.
CENSOR | Regie: Prano Bailey-Bond | UK 2021
Das Jahr 1985 in Großbritannien: Konservative Stimmen sind in Hysterie. Denn laut ihnen verdirbt eine neue Welle der mitunter direkt auf Video erscheinenden, ultrabrutalen (Billig-)Horrorfilme die Gesellschaft. Daher wird die Belegschaft des British Board Of Classification (BBFC) dazu angehalten, neu eingereichte Filme besonders streng zu beäugen und selbst für die höchste Altersfreigabe großzügige Zensurschnitte zu fordern. Für Enid Baines (Niamh Algar) ist das ein Leichtes: Sie schaut selbst die härtesten Filme gelangweilt runter und notiert sich dabei weitreichend Passagen, die sie als amoralisch und abscheulich einstuft und daher zensieren lässt. Doch als ihre Eltern ein noch nicht überkommenes Traum wachrütteln, indem sie Enid an das spurlose Verschwinden ihrer Schwester erinnern, gerät Enids Leben ins Schlingern. In den Horrorfilmen, die sie sichten muss, erkennt sie immer mehr von ihrem Leben wieder. Und ihr Leben erinnert sie immer mehr an Horrorfilme. 
„Censor“ ist ein Muss für Genrefans, die sich mit zeitlichem Abstand und kritischer Distanz, doch auch mit Empathievermögen, den Köpfen hinter der Video-Nasties-Hysterie nähern wollen. Doch sie sollten keine Gewaltorgie erwarten: Dies ist ein atmosphärischer Psychothriller, kein Tabubruch am laufenden Band. Was ja durchaus zum Thema passt.
OSTWIND – DER GROSSE ORKAN | Regie: Lea Schmidbauer | DE 2021

Ein heftiger Sommersturm treibt eine reisende Pferde-Zirkus-Show nach Kaltenbach. Ari (Luna Paiano), die sich mittlerweile gut auf dem Gestüt eingelebt hat, wird von der faszinierenden Welt des Kunstreitens magisch angezogen. Auch der Zirkusbetreiber Yiri (Gedeon Burkhard) erkennt das große Talent des wilden, ungezähmten Mädchens, hat allerdings ein Geheimnis. Den vierbeinigen Stars seiner Show geht es hinter den Kulissen alles andere als gut. Gemeinsam mit dem Zirkusjungen Carlo (Matteo Miska) und Ostwinds Hilfe will sie einem alten Showpferd helfen. Doch als der fanatische Zirkusdirektor ihren waghalsigen Plan enttarnt, gerät Ostwind in Gefahr. Im letzten Moment kehrt Mika (Hanna Binke) aus Kanada zurück, denn nur mit vereinten Kräften kann es Mika und Ari gelingen, ihren geliebten Ostwind zu retten… 
Die mittlerweile fünf Filme umfassende „Ostwind“-Reihe geht auf einem soliden Niveau zu Ende. Insbesondere der Tierschutzaspekt nimmt in dem Familienabenteuer einen angemessenen Raum ein und sensibilisiert schon die aller Kleinsten für das Thema artgerechte Tierhaltung. Doch auch der Abenteueraspekt kommt hier nicht zu kurz. Lediglich die Schauspielleistungen bleiben wie schon im vorherigen Teil bisweilen holprig.
CASH TRUCK | Regie: Guy Ritchie | USA 2021
Der verschlossene Einzelgänger „H” (Jason Statham) nimmt einen Job bei einer Geldtransporter-Firma an, die jede Woche hunderte von Millionen Dollar durch Los Angeles fährt. Ein knallharter Job, bei dem sich die Mitarbeiter regelmäßig gefährlichen Angriffen ausgesetzt sehen. Selbst seinen toughen Kollegen gegenüber, die eigentlich schon alles in ihrem Leben gesehen haben, kommt der Eigenbrötler H komisch vor. Und sie sollen Recht behalten. Gleich bei seinem ersten Einsatz wird der Geldtransport überfallen und zur Überraschung seiner Kollegen setzt H die Gangster im Alleingang außer Gefecht und wartet mit ungeahnten Präzisionsfähigkeiten auf. Ein Hinweis auf Hs Vorgeschichte? Da Hs (möglicherweise zwielichtigen) Absichten nicht zu durchschauen sind, setzt sein Boss im Geheimen Leute auf ihn an, um seiner Hintergrundgeschichte schrittweise näherzukommen. Doch wer ist dieser geheimnisvolle Neuzugang und vor allem: Auf wen hat er es wirklich abgesehen? 
Bei der Kombination aus Guy Ritchie und Jason Statham kommen sofort Erinnerungen an ihre fantastische Zusammenarbeit in „Snatch“ hoch. Doch leider erinnert in „Cash Truck“ so ziemlich gar nichts an das Mitwirken Ritchies, dessen Inszenierungsstil sich hier vollends der grimmigen Geschichte und vor allem der einfältigen Leistung Stathams unterordnet.
JUNGLE CRUISE | Regie: Jaume Collet-Serra | USA 2021
Einer alten Legende nach steht tief verborgen im Amazonas ein einzigartiger Baum mit wundersam heilenden Kräften, den kein Mensch jemals finden konnte und der einen unvorstellbaren medizinischen Fortschritt bedeuten könnte. Die abenteuerlustige Forscherin Lily Houghton (Emily Blunt) will diesem Mythos endlich auf den Grund gehen und reist mit Sack und Pack in den Dschungel. Nicht ahnend, dass es außer der Legende auch noch einen jahrhundertealten Fluch zu brechen gilt, heuert sie den ungehobelten Kapitän Frank (Dwayne Johnson) an. Unerschrocken nimmt die Forscherin Franks fragwürdige Dienste in Anspruch, sie auf seinem klapprigen aber charmanten Boot – La Quila – flussabwärts zu schippern. Eine halsbrecherische und epische Amazonas-Flussfahrt beginnt, auf der das ungleiche Duo unzählige Gefahren überwinden und sich übernatürlichen Kräften stellen muss, die in der trügerischen Schönheit des üppigen Regenwaldes auf sie lauern. Wie wird dieses Abenteuer wohl ausgehen?
WER WIR SIND UND WER WIR WAREN | Regie: William Nicholson | UK 2019
Was geschieht, wenn die Liebe eines Lebens zerbricht? Grace (Annette Bening) und Edward (Bill Nighy) sind seit bald 30 Jahren verheiratet und leben in einem malerischen Küstenort im Süden Englands. Völlig überraschend nutzt Edward den Besuch von Sohn Jamie (Josh O’Connor), um Grace zu verlassen – wegen einer Anderen. Grace ist am Boden zerstört. Doch die willensstarke Exzentrikerin gibt nicht so leicht auf. Sie beschließt, um ihren Mann zu kämpfen…
„Wer wir sind und wer wir waren“ ist ein sensibles, vielschichtiges Familiendrama über ungeahnte Schicksalsschläge, verblüffende Kehrtwendungen und die Macht der Hoffnung. In hypnotischen Bildern schildert der zweifach für den Oscar nominierte Autor und Regisseur William Nicholson („Shadowlands“) den Zerfall einer Familie, was auf gänzlich klischeefreie Weise zu einer neuen Ordnung führt. In den Hauptrollen glänzen Annette Bening, Bill Nighy und Josh O’Connor.
MATTHIAS & MAXIME | Regie: Xavier Dolan | CAN 2019
Matthias und Maxime sind schon seit ihrer Kindheit beste Freunde und können sich gar nicht vorstellen, plötzlich getrennte Wege zu gehen. Doch das Erwachsenwerden bedeutet Veränderung und so zieht es Maxime für längere Zeit nach Australien. In den Tagen vor seiner Abreise ziehen die beiden im Kreis ihrer Freunde von einer Party zur nächsten. Als eine ihrer Freundinnen, eine Filmstudentin, für ihren neuesten Kurzfilm noch zwei Schauspieler sucht, werden Matthias und Maxime kurzerhand und nicht ganz gegen ihren Willen engagiert. Der Knackpunkt des Ganzen? Die beiden Freunde müssen sich vor der Kamera küssen und dies bringt plötzlich alles ins Wanken. Ungeahnte und unterdrückte Gefühle erwachen, die die beiden vor Entscheidungen und Herausforderungen stellen, die unüberwindbar scheinen. Denn während Matthias sich krampfhaft gegen seine Gefühle zu wehren versucht, wächst in Maxime mehr und mehr der Wunsch, Matthias noch näher zu kommen, bevor sie der Ozean endgültig trennt.
Heimkinotipp: DIE KONKUBINE | Regie: Kim Dae-seung | KOR 2012
Wir schreiben das 15. Jahrhundert und befinden uns in den frühen Jahren der koreanischen Joseon-Dynastie: Hwa-yeon (Cho Yeo-jeong) erfährt, dass sie die Konkubine des Königs werden soll. Diese Neuigkeit nimmt sie nicht gut auf. Kurzerhand ergreift sie zusammen mit ihrem Geliebten Kwon-yoo (Jung-min Kim) die Flucht. Aber Hwa-yeons Vater überführt das Paar, woraufhin Kwon-yoo der Tod durch Hinrichtung droht. Um ihren Geliebten zu retten, willigt die junge Frau ein, sich dem Konkubinat im sündigen Palast anzuschließen und sämtliche Rechte an ihrem Körper abzutreten. Fünf Jahre später: Hwa-yeon ist nun Mutter eines Thronfolgers, der König liegt im Sterben. Und der leibliche Sohn der Königsmutter, Sung-won (Kim Dong-Wook), hat ein Auge auf Hwa-yeon geworfen. Der Frau droht ein zunehmend gefährlicherer Strudel aus Sex und Macht… 
„Die Konkubine“ ist ein Historiendrama über Machtspiele, Intrigen und (den Mangel an) Freiheit, vorangetrieben durch schauspielerisch denkwürdige Sexszenen und ausgebremst durch eine Vielzahl an nur mäßig reizvollen Subplots.