Megan is Missing

Ein 2006 gedrehter, 2011 veröffentlichter Film erlangt auf der Kurzvideo-Plattform TikTok Ruhm – sowie immense Berüchtigkeit, weil sich erwachsene Kritiker empört zeigen. Aber was steckt hinter MEGAN IS MISSING? Unsere Kritik verrät es euch.

OT: Megan is Missing (USA 2011)

Der Plot

Die 14-jährige Megan Stewart (Rachel Quinn) ist an ihrer Schule sehr beliebt, während die ein Jahr jüngere Amy Herman (Amber Perkins) eher zurückhaltend, schüchtern und daher unpopulär ist. Dennoch sind sie beste Freundinnen: Wenn sie sich nicht sehen, dann chatten sie via Text oder über Webcam miteinander. Auf einer Party kommt es zu sehr unterschiedlichen Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht und zu kleinen Sticheleien zwischen Megan und Amy. Aber die Zwei kitten diesen Riss zwischen ihnen sehr schnell. Bald darauf lernt Megan im Internet einen Typen kennen, für den sie Gefühle entwickelt. Amy ist misstrauisch – und auf sehr tragische Weise sollte sich zeigen, dass sie das richtige Gespür hat…

Kritik

2006, während des Hochs des Found-Footage-Horrorgenres, drehte Regisseur und Autor Michael Goi „Megan is Missing“. Zunächst fand das 35.000 Dollar teure, innerhalb nur achteinhalb Tagen gefilmte Projekt keinen Verleih. 2011 nahm sich dann das kleine US-Label Anchor Bay des Titels an und spendierte ihm einen limitierten Kinostart sowie eine DVD-Veröffentlichung. In Kritiken wurde er zumeist als krude produzierter, nicht weiter denkwürdiger Film für den Grabbeltisch verrissen, wobei es auch vereinzelte, verhalten-positive Kritiken gab. Nennenswerte Publikumsaufmerksamkeit war dem Titel nicht vergönnt – selbst ein Verbot des Films in Neuseeland lenkte kaum Augen auf „Megan is Missing“.

Megan Stewart (Rachel Quinn) und Amy Herman (Amber Perkins) sind beste Freundinnen.

Neun Jahre später: Auf der Kurzvideo-Plattform TikTok wird „Megan is Missing“ zu einem Phänomen. Es fing mit ein paar Leuten an, die den Film entdeckt haben – und deren aufgewühlten Reaktionen regten weitere User:innen dazu an, sich den Film anzuschauen und ihre eigenen Reaktionen zu filmen. Auf einmal verbreitete sich dieser Film wie ein Lauffeuer – zunächst allein in einer primär jungen, weiblichen TikTok-Echokammer. Doch dann eroberte „Megan is Missing“ die iTunes-Downloadcharts in den USA (was bedeutet, dass sich viele der TikTok-User:innen den Film legal besorgt haben – löblich, lieber Filmfan-Nachwuchs!), was die Neugier von Leuten außerhalb dieser Blase weckte. Und dann wurde aus diesem beachteten Kuriosum eine viel beachtete Kontroverse: Zahlreiche (primär männliche, in ihren 30ern bis 40ern befindliche) Kritiker schmissen mit Superlativen um sich. „Megan is Missing“ wurde als menschenverachtend beschimpft, als ekelhaft und widerlich, als unverzeihlicher, verantwortungsloser Schund – und niemand, niemand sollte ihn sich anschauen. Dumm gelaufen: Wie könnte man mehr Interesse an einem Film entfachen, wenn man in Großbuchstaben und Absoluten darüber referiert, dass man ihn nicht gucken dürfte und sich alle schämen sollten, die diesem Film Aufmerksamkeit verschaffen? Und wenn diese Kollegen sich erst einmal in Rage geschrieben haben, haben sie zugleich noch die TikTok-Teenies abgewatscht, die sich schämen sollten, sich solch einen voyeuristischen Film anzuschauen und maßlos übertriebene, effekthascherische Reaction Videos zu machen.

„Wie könnte man mehr Interesse an einem Film entfachen, wenn man in Großbuchstaben und Absoluten darüber referiert, dass man ihn nicht gucken dürfte und sich alle schämen sollten, die diesem Film Aufmerksamkeit verschaffen?“

Nun gut, nun gut, genug Polemik mit Polemik bekämpft. Worauf ich hinaus will: Der Weg, den „Megan is Missing“ bisher hingelegt hat, ist faszinierend. Und es ist dem vorherigen Absatz wohl anzumerken, dass ich bei manchen Stimmen über „Megan is Missing“ nur die Augen rollen kann. Weshalb ich derweil die Faszination nachvollziehen kann, die „Megan is Missing“ auf Jugendliche ausübt, und der Film trotzdem auch kritisiert werden kann, möchte ich nun näher erläutern.

Unbewusst auf TikTok-Teens abgezielt

„Megan is Missing“ ist ein (insbesondere für das dieses Subgenre ungewohnte Auge) überzeugend wirkender Found-Footage-Film, der seine Prämisse einer amateuerhaften Zusammenstellung rohen Bildmaterials konsequent verfolgt. Da es um einen Entführungsfall geht und die Gefahr, die fremde Internetbekannte auf Teenager ausüben, und nicht etwa um ein übernatürliches Grauen, zielt „Megan is Missing“ haargenau auf die unterschwellig brodelnden Ängste der TikTok-Teenie-Kernzielgruppe ab. Goi zieht den Film als waschechten Slowburner auf, und auch wenn er zuweilen zu sehr auf der Stelle tritt, ist es effektiv, wie er in Ruhe die beiden Hauptfiguren Megan und Amy einführt, bevor er die Spurensuche im titelgebenden Vermisstenfall illustriert – und dies grausig eskalieren lässt. So ermöglicht Goi eine Bindung mit den plausibel skizzierten Pubertierenden, die gerade dabei sind, Grenzen auszuprobieren, die aber trotzdem noch mit kindlicher Naivität und unschuldiger Erwartung an Dinge herantreten.

Dass im Internet Gefahren lauern, ist nichts Neues. „Megan is Missing“ macht es zum Hauptthema.

Sobald die Extremsituationen eintreten, kann deren Schmerzlichkeit umso effizienter ihre Klauen in das metaphorische Fleisch des Publikums graben – vor allem des Publikumsteils, der sich weder mit der seit 2011 wieder abgeflauten Welt des Found-Footage-Horrors, der Tabubrecherei des Horrorkinos der späten 2000er- und frühen 2010er-Jahre, noch mit den potentiellen Gefahren des Internets auseinander gesetzt hat. Oder anders gesagt: „Megan is Missing“ ist (ungeplant!) wie dafür gemacht, die Knöpfe von Teenagern im Jahr 2020 zu drücken, die erstens (wenn überhaupt) andere Horror-Stilrichtungen miterleben und zweitens im heutigen Social-Media-Überfluss selbstverständlich mit dem Web umgehen. Goi intendierte nämlich nach eigenen Aussagen einen Film, der Eltern wachrüttelt, und gab früher, wenn er den Film einem jugendlichen Publikum vorführte, Warnungen, worauf es sich einstellen sollte. Als der Regisseur und Autor davon Wind bekam, dass „Megan is Missing“ nun aufgrund des TikTok-Hypes im Übermaß von einem unvorbereiteten Teeniepublikum konsumiert wird, betonte er, dass er nichts für Kinder oder frühe Teenies sei. Und er wiederholte seine „Content Warnings“ öffentlich noch einmal mit Nachdruck – und das, so gut möglich, auf nicht werbend klingende Weise. Sondern eher nach dem Motto: „Wenn euch bis Punkt X schon mulmig ist, brecht lieber ab.“

„‚Megan is Missing‘ ist (ungeplant!) wie dafür gemacht, die Knöpfe von Teenagern im Jahr 2020 zu drücken, die erstens (wenn überhaupt) andere Horror-Stilrichtungen miterleben und zweitens im heutigen Social-Media-Überfluss selbstverständlich mit dem Web umgehen.“

Dass „Megan is Missing“ derart packen kann, liegt auch am sehr unaffektierten, authentisch wirkenden Spiel von Rachel Quinn als Megan und der manchmal leicht aufgesetzt erscheinenden, alles in allem trotzdem glaubhaften Amber Perkins. Quinn hinterlässt als traumatisierte Jugendliche, die sich durch überbetont signalisiertes Selbstbewusstsein zu validieren versucht, und die im Webcam-Flirt zwischen lolitaesk und kindlich-ungelenk-schüchtern schwankt, bleibenden Eindruck. Perkins wiederum macht Amys Unsicherheit und Bodenständigkeit greifbar – und meistert vor allem die schwierigen Stellen des Films, indem sie Amys Qualen wirklichkeitsnah und somit überaus unangenehm ausdrückt. Dass sie zuvor in manchen Monologen etwas gestelzt wirkt, ist vor diesem Hintergrund ein eher lapidarer Kritikpunkt. Wenn Amy in der zweiten Filmhälfte um ihre Freundin bangt, und Goi beiläufige Suspense-Momente erschafft (entweder durch das Streuen erzählerischer Verdächtigungen, was passiert sein könnte, oder dadurch, dass sich im Bildhintergrund potentielles Unheil androht), dann macht er dies, ohne das Publikum inszenatorisch mit der Nase drauf zu stoßen. „Megan is Missing“ verzichtet auf einen Score und auf abrupte Soundeffekte, womit sich der Film simpel gestrickten Jump Scares verweigert. Dass er Jugendliche schon aufschrecken lässt, weil sich stumm und kaum erkenntlich eine Kleinigkeit tut, ist allen etwaigen Makeln des Films zum Trotz durchaus ein Testament für seine einnehmende erzählerische Konsequenz.

Die Kontroverse

Ist „Megan is Missing“ ein Film, den ich für Zwölfjährige empfehlen würde? Nein, keineswegs! Schauen ihn sich (insbesondere in den USA) aktuell aufgrund des TikTok-Hypes Zwölfjährige an? Ja, tun sie. Aber mir sind bisher keine schockierten Stimmen untergekommen, die sich aus diesem Anlass über das kaputte Jugendschutzsystem der Vereinigten Staaten auslassen, wo sich Achtjährige theoretisch „Saw 3D“ anschauen dürften – stattdessen wird explizit „Megan is Missing“ skandalisiert. Da der Film nie eine deutsche Veröffentlichung hatte, lässt sich aktuell nur mutmaßen, was der deutsche Jugendschutz von ihm halten würde – aber ich würde darauf tippen, dass er hierzulande eine FSK ab 16 Jahren bekäme. Obwohl das im ersten Augenblick weit hergeholt wirkt (schließlich ist er in Neuseeland als „objectionable“ eingestuft – genauso wie etwa „Alexandre Ajas Maniac“, „A Serbian Film“, „Hostel 2“ und „The Human Centipede II (Full Sequence)“), greife ich diese Einschätzung nicht aus der Luft: In Australien ist „Morgan is Missing“ ab 15 Jahren freigegeben, genauso wie unter anderem „Borat Anschluss Moviefilm“, „The Wolf of Wall Street“, „Hangover“, „Whiplash“, „Ted“ und die Primetime-Ärzteserie „Grey’s Anatomy“. Und auch in Mexiko mutet man den Film schon 15-Jährigen zu – und stellt ihn somit auf eine Stufe mit „Terminator 2: Tag der Abrechnung“, „Mad Max: Fury Road“, „Snowpiercer“, „Rain Man“, „Der Frühstücksclub“ und der Romantikkomödie „Für immer Single?“

Die Teeniezimmer dürften im Jahr 2020 ähnlich aussehen wie vor über zehn Jahren.

Meine Freigaben-Referenz für „Megan is Missing“ wären indes beide Verfilmungen von Stieg Larssons „Verblendung“. Denn sowohl in den beiden Bestselleradaptionen als auch im Found-Footage-Film des späteren „American Horror Story“- und „Chilling Adventures of Sabrina“-Regisseurs ist der ärgste Moment leicht auszumachen: Es ist die jeweils minutenlange Vergewaltigungsszene. Alle drei Filme haben zudem gemeinsam, dass sich die Regisseure bemühen, diesen verabscheuungswürdigen Akt sexueller Gewalt unangenehm aussehen zu lassen, ohne dabei aber auf grafische Gewalt zurückzugreifen, die als makaberes Spektakel ja auch den gegenteiligen Effekt haben könnte. Jedoch ist Michael Goi konsequenter als seine Kollegen Niels Arden Oplev und David Fincher, deren Herangehensweisen Diskussionen darüber losgetreten haben, ob die Szenen notwendig wären und womöglich noch immer zu ästhetisch, daher potentiell verharmlosend aussehen würden. Gois Regieführung ist derweil trocken und bewusst unspektakulär: Er hält mit wenig Distanz auf das schmerzverzerrte Gesicht des Opfers drauf, dessen Geschrei und Gewimmer jegliche Lustgeräusche des Täters übertönen. Anders als in „Verblendung“, „Das letzte Haus links“, „Evil Dead“, „The Hills Have Eyes“ oder dem Mainstream-Megaerfolg „Game of Thrones“ gibt es nicht einen einzigen noch so flüchtigen Blick auf den die Tat genießenden Täter oder den entblößten Körper der Frau. All das, was der Masse bei solch einer Szene (gegebenenfalls aus dem Kontext gelöst) Sinnlichkeit mitgeben könnte, fehlt. Gleichwohl ist es nicht derart dramatisiert (es ist immerhin eine schlecht ausgeleuchtete, unattraktive Einstellung), dass es einen geifernd-voyeuristischen Charakter entwickeln würde.

„Gois Regieführung ist trocken und bewusst unspektakulär: Er hält mit wenig Distanz auf das schmerzverzerrte Gesicht des Opfers drauf, dessen Geschrei und Gewimmer jegliche Lustgeräusche des Täters übertönen.“

Stattdessen geht die erbarmungslose Szene bis ins Mark – und nach ihr ist der Terror nicht etwa vorbei. Die Angst der Protagonistin setzt sich fort, nun aber wird das Geschehen aus einer Distanz verfolgt, die Fragen aufwirft, was nun los ist und so Sorge um das Opfer weckt. Ist das abstoßend? Ja. Aber genau das sollte es sein: Wenn man schon meint, eine Vergewaltigungsszene machen zu müssen (und darüber, ob man das mit „Ja“ beantworten sollte, gibt es seit Jahren eine angeregte, berechtigte Debatte), ist eine durch und durch erschütternde Szene, die gleichwohl nicht explizit ist, wenigstens unmissverständlich. Anders als etwa die vielen „Game of Thrones“-Szenen, in denen die Kamera über die entblößten, schmeichelnd beleuchteten Körper normschöner Frauen gleitet, auf dass diese Szenen alsbald unproblematisch in Fernsehforen geteilt und begafft werden können. Verharmlosend und einladend ist an der „Megan is Missing“-Sequenz gar nichts – ein Urteil, das sich zahlreiche Genreklassiker nicht anheften können, in denen dieses unverzeihliche Verbrechen mitunter „krass!“ oder filmhandwerklich beeindruckend („Wie haben die das nur gemacht?!“) wirken kann, so dass man(n) noch unerschüttert sein Popcorn mampfen darf.

Die Schwächen

Wo ich dagegen Makel an „Megan is Missing“ sehe, sind die Dialoge: Gois Versuch, die Sprache von Teenagern (in den späten 2000er-Jahren) einzufangen, wirkt vor allem in den Partyszenen sowie während Neckereien und Konflikten verkrampft – und das hölzerne Spiel der Nebendarsteller:innen hilft ganz und gar nicht, dies zu kaschieren. Und dass Goi Megan als sexuell sehr offen, forsch und abenteuerlustig darstellt, und ihr gleichzeitig eine Vorgeschichte als Opfer sexueller Gewalt anheftet, wird in dieser küchenpsychologischen Umsetzung so manche Leute auf dem falschen Fuß erwischen. Und ich könnte es ihnen nicht verübeln. Es besteht zwar die Interpretationsmöglichkeit, dass Megans voller Genuss erzählte, erschreckende Sommercamp-Anekdote, dass sie von einem wie Kevin Spacey aussehenden Betreuer im Alter von zehn Jahren zu ihrer angeblichen Freude verführt wurde, eine Lüge ist. Um ihre Freundin zu beeindrucken. Oder um von ihrer kurz darauf dennoch offengelegten, traumatischen Vorgeschichte abzulenken. Allerdings lassen sowohl Gois Skript als auch Quinns Spiel dahingehend Fragezeichen übrig – und diese Unklarheit kann einen irritierenden, exploitativen Beigeschmack hinterlassen.

„Gois Versuch, die Sprache von Teenagern (in den späten 2000er-Jahren) einzufangen, wirkt vor allem in den Partyszenen sowie während Neckereien und Konflikten verkrampft – und das hölzerne Spiel der Nebendarsteller:innen hilft ganz und gar nicht, dies zu kaschieren.“

Ähnlich zwiespältig stehe ich den eingestreuten Nachrichtenbeiträgen gegenüber. Darin persifliert Goi tendenziöse Medienberichterstattung, etwa, indem er eine Moderatorin mehrmals betonen lässt, wie hübsch und beliebt Megan doch war, ehe sie nach einem langen Bericht kaltschnäuzig anmerkt, dass außerdem ein kleiner Junge vermisst wird. Diese Szenen sind mit Biss geschrieben und werden dennoch so geradlinig rüber gebracht, dass man sie für echte (Lokal-)Nachrichten halten könnte. Das verleiht dem Film vorübergehend satirischen Pep und unterstreicht seine mahnende Moral, allerdings wirken sie durch ihre sarkastisch-trockene Komik wie ein Fremdkörper.

„Megan is Missing“ – ein Hype made by TikTok.

Darüber hinaus überdehnt Goi seinen Film etwas, indem er beispielsweise nichtssagendes Überwachungskamera-Material viermal nacheinander zeigt oder die Partyszene länger laufen lässt als für das Storytelling und Figurenzeichnung nötig, sodass sie zum Selbstzweck verkommt. Und wie bei vielen Found-Footage-Filmen stellt sich gelegentlich die Frage nach innerer Authentizität: Hätte diese Person diesen Moment mit einem Camcorder festgehalten? Einige Szenen (vor allem Webcam-Chats) sind darüber hinaus (Achtung, festhalten!) zu hochwertig für die Standards im Jahr 2007. Und im unter die Haut gehenden finalen, rund 20 Minuten langen Akt ist der Sound eine dezente Spur zu klar und zu laut, will man ihn als komplett unbearbeitetes Material abkaufen – was ein zweischneidiges Schwert ist. Einerseits machen die Klarheit und akustische Wucht des Wimmerns, Schreiens und Leidens der Protagonisten diese Szenen beklemmender und aufwühlender. Andererseits lässt sich Goi somit vorwerfen, für den Schockeffekt akustisch dicker aufzutragen, als bei der Bildkomposition. Das ist jedoch schon Haarspalterei, da der bedrückende, belastende Effekt dieser Szenen deutlich obsiegt.

Fazit: „Megan is Missing“ ist ein ungeschliffener Found-Footage-Horror der seine Prämisse ziemlich konsequent verfolgt und dessen Finale inhaltlich keine Zurückhaltung zeigt. Jedoch bemüht sich Regisseur und Autor Michael Goi (so weit bei diesem Thema möglich) um eine verantwortungsbewusste inszenatorische Umsetzung: Abscheuliche Gräueltaten werden hier nicht mit Schauwert, sondern unangenehm visualisiert. Wie jeder Horrorfilm begibt sich „Megan is Missing“ also in Untiefen, die sich längst nicht für alle eignen – niemand sollte mit dem Film konfrontiert werden, wenn er Wunden aufreißen könnte. Weshalb aber ein Film, der grauenhafte Verbrechen auch abstoßend behandelt, nun ältere Horrorfans dazu bringt, sich so aufzuregen wie sich einst Kulturwächter:innen jahrelang über ungehemmte Gewaltdarstellungen mit dem Extrafaktor Coolness erhoben haben, bleibt ein Rätsel.

„Megan is Missing“ ist auf diversen VOD-Plattformen als Download erhältlich und bei YouTube in voller Länge anschaubar.

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