Borat 2: Borat Anschluss Moviefilm

14 Jahre nach dem Überraschungserfolg „Borat“, in dem Sacha Baron Cohen in die Rolle eines kasachischen Journalisten schlüpft, der den USA einen finsteren Spiegel vorhält, rafft sich der Komiker noch ein weiteres Mal auf und treibt sein Spiel in BORAT 2: BORAT ANSCHLUSS MOVIEFILM erneut – nur diesmal mit tatkräftiger Unterstützung. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

OT: Borat Subsequent Moviefilm: Delivery of Prodigious Bribe to American Regime for Make Benefit Once Glorious Nation of Kazakhstan (UK/USA 2020)
Der Plot
Aufgrund des weltweiten Erfolgs seiner Dokumentation „Borat – Kulturelle Lernung von Amerika, um Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen“ ist Reporter Borat Sagdiyev (Sacha Baron Cohen) in seiner Heimat Kasachstan in Ungnade gefallen: Weil sein Heimatland in dem Kassenschlager dumm dasteht, wurde beschlossen, ihn als Verantwortlichen dieser Dokumentation in den Gulag zu stecken. 14 Jahre später kommt die unerwartete Begnadigung: Borat soll in die US&A reisen, um dort Präsident Donald Trump Kasachstans berühmtesten Affen und Pornostar Johnny zu überreichen, so dass Kasachstans Führung in den engen Kreis der Vertrauten Trumps aufrückt. Ein Filmteam soll Borats Mission begleiten. Doch Borat muss feststellen, dass es ungeheuerlich schwer geworden ist, eine Dokumentation über die US&A zu drehen. Und als dann auch noch seine Tochter Tutar (Marija Bakalova) Anstalten macht, beginnt eine Odyssee, in deren Folge Borat nicht nur unentwegt den Arbeitstitel seines Films ändern muss, sondern auch erstaunliche Erkenntnisse über sich, sein Weltbild und Donald Trumps Anwalt des Vertrauens macht …
Kritik
Nach all den zum Teil vollkommen tumben Parodien und Imitationen von „Borat – Kulturelle Lernung von Amerika, um Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen“, fällt es zuweilen schwer, sich in Erinnerung zu rufen, welch (verdientes) Phänomen Larry Charles‘ Kassenschlager 2006 war. Die kühne Mischung aus platt-derber Komödie, satirischem Gesellschaftskommentar und Versteckte-Kamera-Stunt bietet immerhin ein Feuerwerk an zitierwürdigen Sprüchen und herrlich absurden Szenen – und eine Demaskierung der US-Gesellschaft wurde in der gleichermaßen schrillen wie beschämenden Form, die „Borat“ gewählt hat, nie zuvor in diesem Ausmaße getätigt. Und dann kam der Film auch noch im letzten Drittel der Bush-Junior-Präsidentschaft raus – genau der richtige Zeitpunkt für diese Rezeptur, um rund um den Globus zur Sensation zu werden.
Dass Sacha Baron Cohen nun Borat zurückholt, kommt überraschend: Nach dem ersten Teil hieß es, dass Cohen die ursprünglich für „Da Ali G Show“ erschaffene Figur einmottet, weil nun ja niemand mehr auf sie reinfallen würde. Statt eines zweiten „Borat“-Films folgte 2009 daher ein im selben Stil entstandener Film über den homosexuellen Reporter Brüno (ebenfalls bereits aus „Da Ali G Show“ bekannt), 2018 probierte Cohen zahlreiche neue Figuren in der Dokuserie „Who is America?“ aus. Als erste Aktionen Cohens, die nun in „Borat 2: Borat Anschluss Moviefilm“ zu sehen sind, öffentlich wurden, schlussfolgerten daher viele Medienportale, dass wohl eine zweite Staffel der schonungslosen HBO-Serie in Arbeit ist, in der Cohen seinen Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern ungeheuerliche Statements entlockte. Die „Wiederbelebung“ Borats macht „Borat 2“ natürlich zu einem sehr leicht vermarktbaren Film – Borat bleibt einfach Cohens bekannteste und wohl beliebteste Schöpfung. Die Versuchung, ihn zurückzuholen, ist also nachvollziehbar. Aber Borats Rückkehr bringt unvermeidlich einen Beigeschmack mit sich: Es gibt mehrere Passagen in „Borat 2: Borat Anschluss Moviefilm“, bei denen sich die Frage, ob das gerade wirklich passiert, völlig fiktional ist oder aber Borats Gegenüber die Nummer durchschaut, aber amüsiert mitspielt, sehr deutlich aufdrängt.
„Die „Wiederbelebung“ Borats macht „Borat 2“ natürlich zu einem sehr leicht vermarktbaren Film – Borat bleibt einfach Cohens bekannteste und wohl beliebteste Schöpfung.“
Das nimmt manchen Szenen den entlarvenden Biss. Allerdings muss man Regisseur Jason Woliner („The Last Man on Earth“), Sacha Baron Cohen und dem Heer an Autorinnen und Autoren, die „Borat 2“ kreiert haben, Folgendes lassen: Sie zäumen rund um Borat viele Szenen auf, in denen es von minderer Bedeutung ist, ob sie authentisch sind. Ja, es gibt auch Leerlauf und Sequenzen, in denen der „Ist das echt? Ich weiß ja nicht…“-Beigeschmack schadet. Oft gilt aber: Wenn Borat als er selbst in Erscheinung tritt, dann in vollauf fiktionalen Sketchen oder aber (zumeist) in Versteckte-Kamera-Momenten, die in erster Linie mit Borats schrägem Verhalten punkten wollen. Ob ein Fax-Dienst-Mitarbeiter beispielsweise Borats lächerliche Kommunikation mit seiner Regierung für voll nimmt oder die Nummer durchschaut und einfach mitspielt, ist zweit- oder drittrangig, da die Pointen dieser Szenen in den Faxen verborgen sind, die obendrein den roten Plotfaden des Films vorantreiben. In einem großen Teil des Films verkleidet sich Borat dagegen, was uns nicht nur das Sehvergnügen bereitet, Cohen zu sehen, wie er Borat spielt, der sich als andere Person ausgibt, während sein Umfeld getäuscht werden soll. Es mündet auch in einige denkwürdige Wortwechsel, manche einfach nur schräg (etwa, wenn eine Mitarbeiterin einer Schönheitsklinik mit Engelsgeduld sagt, welche Perversen in den OP-Saal dürften und welche nicht), andere enthüllend (Stichwort: Abtreibungsberatung).
Doch auch wenn „Borat 2“ mehrere solcher Momente bietet und sich für sie allein das Anschauen schon lohnt (zumindest für neugierige Amazon-Prime-Mitglieder), so liegt im Stichwort „enthüllend“ auch einer der Kritikpunkte an dieser 96-minütigen Komödie: „Borat Anschluss Moviefilm“ geht einfach ein nicht zu verachtendes Stück der Faszination verloren, die das Original vor 14 Jahren ausgemacht hat. Im Jahr 2020 ist es wesentlich schwieriger geworden, weiterhin mit einer Selbstdemaskierung der USA zu schocken. Das liegt sowohl daran, dass die unter der Oberfläche brodelnden Probleme mit Rassismus, Sexismus, Intoleranz und Ignoranz in den Vereinigten Staaten in den Trump-Jahren noch offensichtlicher wurden, als auch daran, dass wir im jetzigen Medienzeitalter quasi ununterbrochen mit der hässlichen Fratze Amerikas konfrontiert werden – und nicht etwa so sporadisch wie noch 2006. Für neue Erkenntnisse oder wenigstens unverbrauchte Schockmomente muss man schon (wie etwa in „Who is America?“) sehr tief bohren – und das erfolgt in „Borat 2“ bloß sporadisch.
„Doch auch wenn „Borat 2“ mehrere solcher Momente bietet und sich für sie allein das Anschauen schon lohnt, so liegt im Stichwort „enthüllend“ auch einer der Kritikpunkte an dieser Komödie.“
Doch auch wenn „Borat Anschluss Moviefilm“ nicht mehr die Knalligkeit und den Sensationsfaktor des Erstlings hat, so hat dieses Sequel etwas, das Teil eins nicht hatte: Marija Bakalowa (auch geschrieben: Maria Bakalova). Die bulgarische „Gomorrha“- und „Transgression“-Mimin ist die Szenendiebin schlechthin in dieser Fortsetzung. Sie hält absolut mühelos mit Cohen mit, sie ist ihm ebenbürtig in dieser hoch diffizilen Kunst des urkomischen Overactings in realen Täuschungsszenen. Egal, ob sie konservative Frauen zutextet, ihre Babysitterin rührt oder Rudy Giuliani dazu führt, seinen Ruf noch weiter zu ruinieren: Bakalova ist fast schon eine Naturgewalt in diesem Film und es bleibt nur zu hoffen, dass ihr noch eine glänzende Karriere beschert ist.
Fazit: „Borat 2: Borat Anschluss Moviefilm“ kann nicht mit seinem Vorgänger mithalten – dafür fehlt es schlicht am Überraschungsmoment. Doch eine gute Handvoll sehr schön zugespitzter Szenen und eine Marija Bakalowa, die mit Sacha Baron Cohen in Sachen Furchtlosigkeit Schritt hält, machen diese Fortsetzung dennoch zu einem fies-albernen Satirespaß.
„Borat 2: Borat Anschluss Moviefilm“ ist ab sofort auf Amazon Prime streambar.