Hypnotic

Der Mystery-Thriller HYPNOTIC verhalf Regisseur Robert Rodriguez und seinem Hauptdarsteller Ben Affleck zum schlechtesten Filmstart ihrer Karrieren. Daran dürfte längst nicht (nur) das fehlende Marketing Schuld sein. Der Film ist obendrein ein absolutes Desaster.

OT: Hypnotic (USA 2023)

Darum geht’s

Seit der Entführung seiner Tochter flüchtet sich der verzweifelte Detective Danny Rourke (Ben Affleck) in seine Arbeit als Detective. Gemeinsam mit seinem Partner Randy Nicks (JD Pardo) wird er eines Tages zu einem Banküberfall gerufen. Doch plötzlich offenbart sich der vermeintliche Täter (William Fichtner) auch an der Entführung von Rourkes Tochter beteiligt, was vor den Augen des Vaters in eine gewaltige Verschwörung gipfelt. Gemeinsam mit der geheimnisvollen Diana Cruz (Alice Braga) macht er sich auf die Suche nach Hinweisen auf den Aufenthaltsort des vermissten Mädchens, muss aber bald erkennen, dass er ins Visier einer Gruppe geraten ist, die sich Hypnotics nennen. Diese sind in der Lage, die Wahrnehmung der Menschen zu manipulieren. Und schon bald kann Danny Rourke seiner eigenen nicht mehr trauen…

Kritik

Nach seiner Weltpremiere auf dem South by Southwest-Filmfestival startete der Mysterythriller „Hypnotic“ im Mai dieses Jahres regulär in den US-amerikanischen Kinos. Der Kollaboration von Regisseur und Drehbuchautor Robert Rodriguez („Alita: Battle Angel“) sowie seinem Leading Star Ben Affleck („Gone Girl – Das perfekte Opfer“) hätte man durchaus ein solides erstes Wochenende zugetraut. Doch selbst mit dem einzig halbwegs großen Parallelstart – „Book Club 2: Ein neues Kapitel“ – konnte „Hypnotic“ nicht mithalten. Mit gerade einmal 940.000 US-Dollar aus über 2100 Kinos entwickelte sich der Film zum schwächsten Start in den Karrieren von Rodriguez und Affleck, der in ein Einspiel von gerade einmal 8,7 Millionen US-Dollar mündete; bei Produktionskosten von über 65 Millionen! Nun ist „Hypnotic“ in einigen größeren Filmnationen wie Frankreich oder Spanien noch nicht erschienen und die hundsmiserable Bilanz bisheriger Release-Länder schob das Studio vor allem auf das fehlende Marketing. Doch auch die vorwiegend negative Berichterstattung und nicht zuletzt der Mangel an guter Mundpropaganda dürften ihren Teil zum Kassendesaster beigetragen haben. Das letztlich aber auch nur widerspiegelt, dass „Hypnotic“ selbst ein nicht weniger großes Desaster ist.

William Fichtner als Ober-Hypnotic und Bösewicht Lev Dellrayne.

Das Drehbuch zu „Hypnotic“ existiert bereits seit 2002. Robert Rodriguez selbst bezeichnete es mehrfach als eines seiner Favourites. Trotzdem entschied er sich, den unter anderem an „Godzilla“ beteiligten Max Borenstein als Co-Autor mit ins Boot zu holen. Nun lässt sich rückblickend wohl kaum beurteilen, ob genau das das Problem des fertigen Films ist, oder ob das Skript zu „Hypnotic“ ohnehin von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Das Endergebnis wirkt jedenfalls derart wirr, dass sich dem Film final kaum mehr attestieren lässt als ein Gescheitert sein. Dabei fängt „Hypnotic“ eigentlich vielversprechend sowie in bester (Psycho-)Thriller-Manier an und etabliert die von Ben Affleck gespielte Hauptfigur Danny Bourne als nach der Entführung seiner Tochter emotional instabilen Vater. Sein einziger wirklicher Lebensinhalt: sie wiederzufinden – und sich in seinem Ermittlerjob davon abzulenken. Dieser bringt ihn auf der Spur eines scheinbaren Bankräubers, der außerdem am Kidnapping seiner Tochter beteiligt gewesen sein muss. Dass dieser darüber hinaus übersinnliche Fähigkeiten zu haben scheint und sich Danny bei den Ermittlungen in dieser unübersichtlichen Angelegenheit eine nicht minder geheimnisvolle Frau begegnet, offenbart: Rodriguez und Borenstein denken überaus ambitioniert. Denn wer von Beginn an derart viele Erzählstränge und Handlungsebenen aufmacht, benötigt umso mehr Versiertheit, diese am Ende auch alle einigermaßen plausibel zusammenzuführen.

„Dabei fängt ‚Hypnotic‘ eigentlich vielversprechend sowie in bester (Psycho-)Thriller-Manier an und etabliert die von Ben Affleck gespielte Hauptfigur Danny Bourne als nach der Entführung seiner Tochter emotional instabilen Vater.“

Überraschenderweise ist genau das auch gar nicht das Kernproblem von „Hypnotic“. Wenn im Finale sämtliche Mysterien aufgelöst werden und vermeintlich unwichtige Details rückblickend doch noch an Bedeutung gewinnen, findet der Film – an den Umständen gemessen – zu einem runden Kreisschluss. Die Problematik liegt vielmehr darin, dass alles zwischen Exposition und Ende zahlreiche grobe, hanebüchene und in der innerfilmischen Logik bisweilen widersprüchliche Haken schlägt. Abgesehen von dem einen großen Twist im zweiten Drittel des Films, besitzt „Hypnotik“ eine solche Menge willkürlicher, an den Haaren herbeigezogener Wendungen, dass es ab einem bestimmten Moment kaum noch möglich ist, eine Szene neugierig und aufgeschlossen zu betrachten. Immer wieder führen die Autoren ein gerade erst aufgebautes Konstrukt ad absurdum. Ein vollkommen überstrapaziertes Motiv. Nun lädt schon die Prämisse dazu ein, „Hypnotic“ auf ein möglichst wackeliges Fundament zu stellen. Schließlich sind die titelgebenden Hypnotics in der Lage, die Wahrnehmung ihrer Menschen nach ihrem eigenen Belieben zu verändern. Doch Robert Rodriguez forciert durch seine Machart nicht bloß einen durchgehenden „Vielleicht ist all das hier ja gar nicht real?“-Gedanken, sondern vielmehr die Befürchtung, dass in der nächsten Szene schon wieder ganz andere Filmregeln gelten als zuvor. Wer wann wem gegenüber wie mächtig auftritt respektive auftreten kann, variiert willkürlich. Je nachdem, was diese oder jene Szene aus Suspense-Gründen gerade benötigt. Die Motivationen sämtlicher Charaktere, insbesondere der Schurkenfiguren, wird so oft durch den Wolf gedreht, bis sie gar an Bedrohung verlieren; letztlich geht’s halt um Gut gegen Böse, einfach weil Gut Gut und Böse eben Böse ist. Immerhin auf der (überdeutlich mit „X-Men“-Anleihen versehenen) Zielgeraden lassen sich dann doch noch so etwas wie Beweggründe einer der Figuren erkennen, doch bis dahin vergehen eben so einige Minuten…

Ben Affleck bekleckert sich in der Hauptrolle als Detective Danny Rourke nicht mit Ruhm.

… die ausgerechnet jener Schauspieler auf seinen Schultern tragen muss, der sich mit dem Engagement in „Hypnotic“ wohl am wenigsten einen Gefallen getan hat. Ben Affleck schien nach Filmen wie „Gone Girl“, „The Last Duel“ und zuletzt „Air – Der große Wurf“ (den er sogar als Regisseur verantwortete) längst rehabilitiert; frühere und nur allzu bekannte Schauspielsünden schienen vergessen. „Hypnotic“ dürfte sich nun zu einem Film entwickeln, der sich rückblickend neben Totalausfällen wie „Gigli“ platzieren lässt, um Affleck den Status eines guten Akteurs abzusprechen. Selten schlafwandelte sich der „Batman“-Darsteller derart unambitioniert durch einen Film. Dabei bietet seine Rolle eigentlich genügend Möglichkeiten der emotionalen Unterfütterung. Doch ganz gleich ob sein Danny gerade realisiert, dass seine Tochter verschwunden ist, er von der Existenz der Hypnotics erfährt oder mitansehen muss, wie sein Partner niedergeschossen wird: Affleck verweigert sich jedweder mimischen Regung. Auch den Actionszenen fehlt es ohne einen Hauch von Leidenschaft an Dynamik. Für die einen Großteil der Laufzeit an Afflecks Seite verbringende Alice Braga („The Suicide Squad“) wäre es ein Leichtes gewesen, das Geschehen an sich zu reißen. Leider lässt sie sich viel eher von der Lethargie ihres Kollegen anstecken. Der Einzige, der den Quatsch um sich herum verstanden zu haben scheint, ist William Fichtner („Operation: 12 Strongs“) als Oberbösewicht Lev Dellrayne. Zwar hätte seine Rolle gar noch mehr Exzentrik vertragen können, doch trotz der noch zu sehr angezogenen Handbremse stiehlt er in seinen wenigen Auftritten allen anderen die Show, bleibt aber kurz vor der Schurkenparodie stehen.

Visuell standen „Hypnotic“ vor allem jüngere Christopher-Nolan-Filme Pate. Thematisch passt das sogar. Spielt doch auch der aktuell mit „Oppenheimer“ erfolgreiche Regisseur häufig mit verschiedenen Wahrnehmungs- und primär Zeiteben. Rodriguez zitiert ungeniert „Inception“ und „Tenet“, reicht dabei aber – auch budgetbedingt – nie an die technische Klasse seines Vorbilds heran. Der von Kameramann Pablo Berron („Happier than Ever“) und Robert Rodriguez selbst heraufbeschworene, blass-matschige Einheitsbrei gewinnt auch durch „Häuser verschieben sich plötzlich“- oder „die Straße klappt sich um“-Sperenzchen nicht an Ästhetik. „Hypnotic“ sieht schlicht und ergreifend lieblos aus; auch das Zig-Millionen-Budget sieht man dem fertigen Ergebnis nicht an. Der Versuch, stattdessen im Kleinen einprägsame Momente zu kreieren, schlägt ebenfalls fehl. Etwa wenn uns der Film suggerieren soll, eine Person habe Monate, wenn nicht gar Jahre inmitten einer aufgebauten Dominosteinkette darauf gewartet, gerettet zu werden – nur damit die rettende Person diese Kette im Moment des Wiedersehens dramatisch zum Einsturz bringen kann. In solchen Szenen zeigt sich ein Style over Substance-Gedanke, den „Hypnotic“ aufgrund der beschränkten Mittel nicht einlösen kann. Dadurch funktioniert der Film letztlich auf keiner der zahlreichen angestrebten Wahrnehmungsebenen. Dabei hätte er so viel mehr Potenzial gehabt, hätte Rodriguez den Film nicht derart vollgestopft.

„‚Hypnotic‘ sieht schlicht und ergreifend lieblos aus; auch das Zig-Millionen-Budget sieht man dem fertigen Ergebnis nicht an. Der Versuch, stattdessen im Kleinen einprägsame Momente zu kreieren, schlägt ebenfalls fehl.“

Fazit: „Hypnotic“ beginnt ambitioniert, doch Robert Rodriguez verstrickt sich in seinem übernatürlich angehauchten Mystery-Thriller in seinen zahlreichen Ansätzen, die sich nach allzu vielen bemühten Twists schließlich vollends verknoten. Um als unterhaltsames Trash-Spektakel durchzugehen, fehlt es dem Film an Tempo und Wahnwitz. Stattdessen sieht man eineinhalb Stunden lang Ben Affleck beim Schlafwandeln durch hässlich ausgeleuchtete Settings zu.

„Hypnotic“ ist ab dem 10. August in den deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Auweia, ist der wirklich so schlimm?? Eigentlich wollte ich ja dieser Tage rein gehen, da ich auch Alice Braga (ihre Serie „Queen of the South“ war Echt genial!!!).und auch Ben Affleck Fan bin.. Nun, ich könnte aber, da ich noch so viel Frei Karten habe, mir mL selbst eine Meinung bilden 😎😎mal gucken.

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