The Batman

Erneut schwingt sich DCs Fledermausmann für ein Soloabenteuer empor. Diesmal getreu dem Motto „Die Masken werden fallen“. Ab sie das tatsächlich tun, sei an dieser Stelle nicht verraten. Wohl aber, dass es Regisseur und Co-Autor Matt Reeves mit THE BATMAN gelungen ist, eine Seite des Helden hervorzukehren, die es im Kino so bislang noch nicht zu sehen gab. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Seit zwei Jahren schon durchstreift Bruce Wayne als Batman (Robert Pattinson) die dunklen Straßen von Gotham City und versetzt die Kriminellen der Stadt in Angst und Schrecken. Mit Alfred Pennyworth (Andy Serkis) und Lieutenant James Gordon (Jeffrey Wright) als einzigem Vertrauten inmitten eines korrupten Netzwerks von Beamten und hochrangigen Persönlichkeiten hat sich der einsame Rächer unter seinen Mitbürgern als alleinige Instanz der Vergeltung etabliert. Als ein Killer die Elite Gothams mit einer Reihe sadistischer Anschläge ins Visier nimmt, führt eine Spur kryptischer Hinweise den besten Detektiv der Welt tief in den Untergrund, wo er auf Figuren wie Selina Kyle alias Catwoman (Zoë Kravitz), Oswald Cobblepot alias Pinguin (Colin Farrell), Carmine Falcone (John Turturro) und Edward Nashton alias Riddler (Paul Dano) trifft. Während seine Ermittlungen ihn immer näher ans Ziel führen und das Ausmaß der Pläne des Täters deutlich wird, muss Batman neue Beziehungen knüpfen, um den Schuldigen zu entlarven und dem Machtmissbrauch und der Korruption, die Gotham City schon lange plagen, ein Ende zu bereiten.
Kritik
Unter David-Fincher-Fans kursiert schon seit Jahren die Theorie, dass der längst zum Genreklassiker avancierte Serienkillerthriller „Sieben“ in Wirklichkeit in Gotham spielt. Die ästhetischen sowie tonalen Überschneidungen des Films und der „The Dark Knight“-Trilogie sind aber auch einfach nicht von der Hand zu weisen; Auch wenn man natürlich festhalten muss: Diese Theorie ginge nur dann auf, hätte David Fincher bereits Ende der Neunzigerjahre einen Blick in die Zukunft werfen und Christopher Nolan bei der Konzeption seiner „Batman“-Saga über die Schulter schauen können. Das Gerücht hält sich daher zwar hartnäckig, ist aber mehr als amüsant-augenzwinkernde „Was wäre, wenn?“-Annahme zu verstehen und weniger als das ernst zu nehmende Ergebnis einer vermeintlich filmübergreifenden Verschwörung. Die Gegenthese zu dieser Theorie stellt nun Regisseur und Autor Matt Reeves („Planet der Affen: Survival“) auf und verortet einen stark an „Sieben“ und „Zodiac“ erinnernden Thrillerplot in Gotham, sodass sich Fincher-Liebhaber:innen nun nicht länger die Frage stellen müssen, wie wohl ein „Batman“ von Fincher ausschauen würde. Genau so: Düstere, gedeckte Farben, Dauerregen überall, zwei verzweifelte Ermittler (oder besser: ein Good Cop und ein „Bat Cop“), die in einer desillusionierten Großstadt den perversen Hinweisen eines festentschlossenen Massenmörders folgen, der seiner eigenen Agenda nach hohe Tiere Gothams foltert und tötet. Und mittendrin der Fledermausmann alias Bruce Wayne, der nie weiter weg vom Figurentypus des klassischen Helden war.
„The Batman“ beginnt mit einer Szene, in der wir aus der Ego-Perspektive eine bis dato unbekannten Person beim Observieren einer Familie beobachten. Kurze Zeit später – der erste Mordfall hat sich da bereits ereignet – sehen wir die vermeintlich selbe Person, verdeckt unter einem Motorradhelm. Und aus dem Off ertönen Worte, die sich später als die Zeilen eines Tagebuchs erweisen. Das Spannende an diesem Auftakt ist weniger die Frage, wem wir hier eigentlich zuschauen. Das erschließt sich bereits nach wenigen Minuten. Nein, es ist vielmehr die Vieldeutigkeit des Voice-Overs, die eines sofort klarmacht: Wer in diesem Film gut und wer böse ist, ist längst nicht mehr so eindeutig zu lesen wie in sämtlichen anderen „Batman“-Interpretationen zuvor. Erst spät realisieren wir nämlich, von wem die bedeutungsschwangeren Sätze eigentlich stammen, die man zuvor sowohl einem Schurken als auch einem Helden hätte zuordnen können. Die Drehbuchautoren Matt Reeves und Peter Craig („Operation: 12 Strong“) entfernen sich mit ihrer Variante des geflügelten Rächers so weit irgend möglich von der einfältigen Darstellung eines Heldencharakters. Ihr Batman ist ein gewalt(tät)iger Berserker, der selbst auf auf dem Boden liegende Schurken noch mit voller Wucht einschlägt. Der sich zwar das Credo gesetzt hat, keine (Schuss-)Waffen zu benutzen, seine Fäuste aber so zielsicher als ebendiese einsetzt, dass er seinen eigenen Grundsatz mit jedem Moment seines Auftritts – im wahrsten Sinne des Wortes – mit Füßen tritt. Mit dem Batman aus „The Batman“ zu sympathisieren, fällt von Anfang an schwer – und ist vermutlich auch gar nicht beabsichtigt. Vielmehr bauen die Kreativen hier eine Welt auf, die in ihrer Tristesse und Hoffnungslosigkeit kaum näher am aktuellen Zeitgeschehen dran sein könnte. Selbst ein Rächer in Kostüm und Maske könnte hier nicht für einen Silberstreif am Horizont sorgen…
„Ihr Batman ist ein gewalt(tät)iger Berserker, der selbst auf auf dem Boden liegende Schurken noch mit voller Wucht einschlägt. Der sich zwar das Credo gesetzt hat, keine (Schuss-)Waffen zu benutzen, seine Fäuste aber so zielsicher als ebendiese einsetzt, dass er seinen eigenen Grundsatz mit jedem Moment seines Auftritts – im wahrsten Sinne des Wortes – mit Füßen tritt.“
Gotham als Moloch aus Angst, Gewalt, Hass und Korruption darzustellen, ist bereits Christopher Nolan hervorragend gelungen. Matt Reeves und „Dune“-Kameramann Greig Fraser verleihen ihrem Anliegen aber noch einmal eine ganz eigene Dringlichkeit: „The Batman“ besticht mit der Opulenz eines klassisch groß gedachten Blockbusters. Vor allem die sich bemerkenswert haptisch anfühlenden Actionszenen, von denen es übrigens nur eine Handvoll gibt, entfalten eine Wucht, die sich von der Leinwand direkt in den Kinosaal überträgt. Doch nicht nur das minimalistische Farbspektrum konterkariert den Gedanken von der opulenten Comic-Actionverfilmung. Anstatt sich an den berauschenden Kulissen dieses Gotham zu ergötzen, gibt Fraser seinem Publikum nur wenig Gelegenheit zum Staunen. Stattdessen ist er immer ganz nah dran an seinen Figuren, allen voran Bruce Wayne. Zieht sein Bild doch mal auf, etwa um im zweiten Filmdrittel eine spektakuläre Autoverfolgungsjagd über rund 15 Minuten einzufangen, dominiert das depressiv-triste Bild einer Stadt, deren Bewohnerinnen und Bewohner sich und ihren Glauben an das Gute längst verloren haben. Das Gotham in „The Batman“ besitzt nicht den bös-verbotenen Reiz wie aus der „Dark Knight“-Trilogie und auch nicht die wahnwitzige Sympathie früherer Verfilmungen. Das Gotham hier fühlt sich an wie ein Ghetto, aus dem man sofort wieder verschwinden will, das einen klar davon abhält, noch weiter in seine hintersten Ecken vorzudringen – und in dem es einfach ununterbrochen regnet.
Geprägt von dieser Trostlosigkeit durchschreiten Batman, der hier nur in sehr wenigen Szenen als Bruce Wayne auftritt, sowie Lieutenant James Gordon einen Krimiplot, dessen Parallelen zu „Sieben“ – ein Killer hinterlässt Hinweise an brutalen Mordschauplätzen, denen die Ermittler folgen müssen – und „Zodiac“ – was die Ausgestaltung ebendieser Hinweise sowie das gemächliche Tempo betrifft – unübersehbar sind. Doch nicht nur diese beiden Vorbilder kommen einem sofort in den Sinn; „The Batman“ weist bisweilen gar leichte „Saw“-Vibes auf (die Methoden, die der Riddler zur Folter seiner Opfer auswählt, würden den Jigsaw-Killer stolz machen!) und greift obendrein Motive des „Joker“-Solofilms auf, der die Faszination der Gesellschaft für einen Bösewicht im Finale kongenial auf die Spitze trieb. In „The Batman“ spielen neben der klassischen Funktionalität einer Untergrund-Gruppierung à la „Fight Club“ auch die sozialen Netzwerke sowie der Wert ihrer medialen Verbreitung eine große Rolle. Trotzdem bleibt das Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Batman und dem Riddler stets das Zentrum der Geschichte, das dem Film im ersten Drittel zu einem hohen Tempo verhilft. Doch die knapp drei Stunden Laufzeit hinterlassen auch ihre Spuren. Offenbaren sich im Mittelteil die Ausmaße der hier existierenden Figurenverwicklungen, rückt der eigentliche Crime-Plot zeitweise in den Hintergrund. Das sorgt für unnötige Längen, denn auch ohne diese Verschwörungsansätze, die obendrein nicht alle konsequent zu Ende gedacht werden, hätte die Geschichte ebenso gut funktioniert. So scheint stellenweise der Eindruck durch, „The Batman“ setze erste Impulse für weitere Filme – obwohl der Film im Gesamten gar nicht so sehr zu einer Fortsetzung einlädt.
„Offenbaren sich im Mittelteil die Ausmaße der hier existierenden Figurenverwicklungen, rückt der eigentliche Crime-Plot zeitweise in den Hintergrund. Das sorgt für unnötige Längen, denn auch ohne diese Verschwörungsansätze, die obendrein nicht alle konsequent zu Ende gedacht werden, hätte die Geschichte ebenso gut funktioniert.“
Im Hinblick auf das Potenzial, was ein weiteres Ausloten des hier dargebotenen Batman-Charakters noch so zutage fördern könnte, erscheint uns ein Sequel dann aber doch nicht als das Schlimmste, was „The Batman“ passieren könnte; im Gegenteil. Robert Pattinson („Der Leuchtturm“) spielt seinen Fledermausmann als physisch jederzeit präsenten Kämpfer, als desillusionierten Rächer und stoischen Einzelgänger, dessen minimalistische Mimik perfekt widerspiegelt, dass dieser seinen Platz in Gotham selbst noch nicht gefunden hat. Taugt er in „The Batman“ doch weder als Hoffnung spendende Leitfigur noch als gesetzesloser Rächer, vor dem die Schurken ausnahmslos erstarren. Pattinsons Batman ist gebrochen und traurig. Sein Emporschwingen zu (Anti-)Heldentaten eine Art Aufbäumen unter dem Druck der Machtlosigkeit. Erst die Bekanntschaft mit Serena Kyle entlockt ihm manch kurze emotionale Regung. Auch in Anwesenheit seines Onkels Alfred kann er kurz Luft holen, eh er sich schon im nächsten Moment in einem atemberaubenden Nahkampf, einer Verfolgungsjagd oder anderweitigen Actionszene befindet, die in diesem eher ruhigen, dialoglastigen „Batman“ wie unverhoffte Donnerschläge auf das Publikum einprasseln.
Fazit: „The Batman“ ist ein groß gedachter Thriller von unbändiger Kälte und emotionaler Härte. Eine Hommage an „Sieben“ und „Zodiac“ mit subtiler Comicfilm-DANN und trotzdem durch und durch ein „Batman“-Film. Die Titelfigur war nie weiter von einem Helden entfernt, eine „Batman“-Story in ihrer Trostlosigkeit selten zeitgeistiger. Zusammen mit der Wucht der vereinzelt eingestreuten Actionszenen ergibt sich hier ein „Artbuster“ der Extraklasse, der zwar Sitzfleisch fordert, aber damit belohnt, eine „Batman“-Interpretation darzubieten, die es auf der Leinwand so bislang noch nicht zu sehen gab.
„The Batman“ ist ab dem 3. März 2022 in den deutschen Kinos zu sehen. Einige Kinos veranstalten bereits am 2. März Vorpremieren.
Eine sehr schöne Kritik und ich kann diese Ansichten durchaus nachvollziehen. Mir hat der Film leider gar nicht gefallen und ich habe mit 5,5/10 Punkten ein geht so bis ganz gut vergeben. Insbesondere die ewige Laufzeit und die alten Motive machten mir zu schaffen. Ich hatte das Gefühl alles schon mal so oder besser in alten Batman-Verfilmungen gesehen zu haben. „The Batman“ hat mich total mürbe gemacht und stellenweise wirklich gelangweilt. Ich hatte gehofft, dass mal etwas völlig anderes, erfrischendes gezeigt wird, im Stil von „Joker“. Etwas was sich total von der Masse an Comicverfilmungen abhebt. Und auch wenn er natürlich anders ist, als die bisherigen Batman Verfilmungen, war er mir doch immer zu nah dran. Lag es an mir und meiner Erwartungshaltung? Die Kritiken und Bewertungen scheinen aktuell euphorisch zu sein.