Saw

Von vielen geliebt, von ebenso vielen verhasst: SAW! Das zweite Werk von Regisseur James Wan („Dead Silence“, „Insidious“) läutete eine neue Ära der Gewaltfilme ein: das der „Torture-Porn-Movies“. Doch besonders die negativ gestimmten Kritiker erkennen unter all der Gewalt oftmals nicht, dass vor allem der erste Teil der mittlerweile siebenteiligen Reihe neben derben Folter-Szenen auch mit einer komplexen Story auftrumpfen kann, sie sich hinter Werken wie „Sieben“ oder „Das Schweigen der Lämmer“ nicht zu verstecken braucht.
Der Plot
Der erfolgreiche Arzt Dr. Laurence Gordon (Cary Elwes) erwacht angekettet in einem alten, versifften Waschkeller. Mit ihm im Raum: der junge Fotograph Adam Stanheight (Leigh Whannell). Beiden fehlt die Erinnerung, wie sie in diese missliche Lage geraten konnten, doch eins ist schnell klar: ein Entkommen gibt es nur, wenn sich beide dazu durchringen können, sich mit einer im Raum befindlichen Säge den Fuß abzutrennen und so der Eisenkette, mit der beide oberhalb des Knöchels an die Wand gefesselt sind, zu entkommen. Ebenfalls mit den beiden eingesperrt ist ein toter Mann, der sich augenscheinlich erschossen hat und laut eines Tonbandes, welches sich die beiden anhören, große Mengen an Gift im Blut hat. Zudem klärt das Tonmaterial die beiden Gefangenen darüber auf, dass es die Aufgabe von Dr. Gordon ist, Adam umzubringen, da er sonst seine Familie nicht wiedersehen werde. Somit ist die Stimmung gereizt und beide versuchen sich mit den wenigen, ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu retten.
Parallel zur Handlung im Waschraum ermitteln die Polizisten Steven Sing (Ken Leung) und David Tapp (Danny Glover) in mehreren Mordfällen, in denen Menschen lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt wurden, denen sie nur entkommen konnten, indem sie sich oder andere auf’s Äußerste quälten. Und genau in solch einer Situation befinden sich nun auch Gordon und Stanheight, deren Umstände sich immer weiter zuspitzen. Was hat der krebskranke John Kramer (Tobin Bell), der zu den Patienten Gordons gehört, mit der Angelegenheit zu tun? Und werden die Polizisten es schaffen, den irren Psychopathen, der als Jigsaw – zu Deutsch: Stichsäge – bekannt ist, zu fassen, bevor seine gefährlichen Fallen weitere Todesopfer fordern?
„Ich möchte ein Spiel spielen.“
Kritik
Als 2004 der erste Teil der „Saw“-Reihe in die Kinos kam, wurde die vergangene und längst für tot erklärte Ära des blutigen Splatter-Kinos wiederbelebt. In modernen Hochglanzbildern mit aufwändigen Effekten schossen von nun an zahlreiche Nachzügler aus dem Boden, vornehmlich Remakes alter Klassiker („The Hills Have Eyes“, „Texas Chainsaw Massacre“), aber auch Reihen wie „Wrong Turn“ oder „Hostel“ wurden zu wahren Publikumsmagneten. Doch was qualifizierte ausgerechnet „Saw“, bislang ganze sechs Fortsetzungen nach sich zu ziehen?
Es sind weniger die überwiegend unscheinbaren Charaktere aus Teil eins, die kaum eine konkrete Charakterisierung erhielten, als vielmehr grob oberflächlich gezeichnet zu Opfern gemacht wurden, in deren Lage man sich zwar nicht wiederfinden möchte, mit denen man sich aber kaum identifizieren kann. Dr. Laurence Gordon erfahren lediglich zum Filmende hin gewisse Anzeichen von Verzweiflung, die meiste Zeit über stellt er sich allerdings als langweiliger, teils arroganter Durchschnittsmann in der Opferrolle dar. Ein Mitgefühl seitens des Publikums kommt nicht auf. Ebenso verhält es sich bei Adam, der zwar weitaus weniger unsympathisch gezeichnet wurde, dem aber die gewisse Prise an Überraschung und Nettigkeit fehlt. Dies führt beim Betrachten dazu, dass man aufgrund der äußerst derben und ausweglosen Situation zwar mitfiebert, allerdings weniger um die Charaktere als vielmehr um die Körper selbst. Man möchte nicht, dass die Protagonisten Schmerzen erleiden, einfach um sich selbst den mitfühlenden Schmerzen nicht aussetzen zu müssen. Für tiefergehende Gefühle bleibt ist bei „Saw“ kein Platz, weswegen die großartige Reihe bei Kritikern oftmals durchfällt und als sinnlose Gewaltorgie verstanden wird. Einen interessanten Charakter erhielt hingegen ausgerechnet der Antagonist. Zwar ist es unmöglich, sich mit dem Fallensteller zu sympathisieren, da hinter der Idee, Menschen in lebensgefährliche Situationen zu bringen, damit selbige ihr Leben wieder schätzen lernen, allerdings ein für Splatter-Filme tiefgehendes Mordmotiv steckt, erscheint die Frage „Leben oder sterben“ im Anbetracht der Umstände fast philosophisch. Wann kommt es schon mal vor, dass man die Beweggründe eines Mörders nachvollziehen kann? Zumal es sich ja im Grunde nicht um einen Mörder, sondern eigentlich nur um einen Fallensteller handelt, welcher seine Opfer nicht umbringt, sondern ihnen grundsätzlich die Möglichkeit zum Überlegen gibt. Die Darstellung der Detectives ist gewohnt unspektakulär. Sie spielen ordentlich, sind aber austauschbar.
Die Story ist, wie bereits in Ansätzen erwähnt, eine spannende Mischung aus konsequentem Handlungsstrang im Waschkeller und einer in Rückblenden erzählten Geschichte, die die Beweggründe des Fallenstellers erklärt, gleichzeitig aber auch die Ermittlungen der Polizei darstellt und in einem dritten Erzählstrang zusätzlich anhand von Flashbacks die Erinnerungslücken der beiden Gefangenen füllt. Zusammen ergibt dies also eine spannende Mischung aus Mitfiebern mit den Opfern, Schock über die kranke Seele des Psychopathen, aber natürlich auch Ekel durch die Darstellungen der Ermittlungen, bei denen bei den Tatorten nicht an Blut gespart wird. So komme ich auch schon zu dem wohl wichtigsten Punkt von „Saw“, der von den Kritikern die meiste Ablehnung erhält: die detaillierte Darstellung der Gewaltszenen und ansatzweisen Folterungen. Man spart nicht gerade an Schweineblut (!), wenn auch die blutigen Darstellungen erst ab dem dritten Teil rasant zunehmen. Im ersten Teil liegt der Blickpunkt noch hauptsächlich auf der Story, wenn auch auf Gewalt nicht verzichtet wird. Ähnlich wie aber schon in David Finchers Meisterwerk „Sieben“ dient die Gewalt auch hier mehr der Unterstreichung der Qualen, als dem Spaß an möglichst viel Gemetzel. Doch je jünger der Film, desto höher der Gewaltgrad, sodass mein Lob über die wohlige Dosierung der blutigen Darstellungen in Teil eins und zwei sich nicht auf die gesamte „Saw“-Reihe bezieht. Ab Teil drei geht es schon wesentlich härter zu und so zieht sich die Entwicklung weiter fort. Da aber auch der Handlungsstrang sich konsequent entwickelt und eben nicht der vermehrten Folterungen weichen muss (diese werden einfach nur detaillierter ausgeführt als in den ersten zwei Teilen), verdient die „Saw“-Reihe meiner Meinung nach größeren Respekt von den Kritikern und Ablehnern. Sicherlich sind sämtliche FSK-Freigaben gerechtfertigt, über Beschlagnahmungen und Schnitte seitens der FSK hingegen kann ich nur den Kopf schütteln. Gott sei Dank ist der erste Teil der „Saw“-Reihe, um den es in dieser Kritik auch hauptsächlich geht, in Deutschland ungeschnitten erhältlich.
Die Farbgebung und Bildgestaltung von „Saw“ ist schwer zu beschreiben. Sie spart eigentlich an großartigen Farben und legt ihren Schwerpunkt auf die Bilder an sich, nicht auf die Verwendung besonderer Farbgebung. Die Morde jedoch zeigen sich kunstvoll inszeniert in grün-ausgeleuchteten Kellern und kennzeichnen sich durch viele Detailaufnahmen und Close-Ups. Demnach unterteilt „Saw“ ganz klar in die aktuelle Situation, die dargestellt wird, und die vergangene. Szenen, deren Auflösung noch nicht bekannt ist, bleiben nüchtern realistisch. In musikalischer Hinsicht hat der Soundtrack der Horrorreihe mittlerweile Kultstatus erreicht. Sogar Info-Magazine und Dokusoaps unterlegen ihre Berichte gerne mit der „Saw“-Titelmelodie.
Mein Abschlussfazit schaut demnach wie folgt aus: „Saw“ ist weitaus mehr, als ein Horrorfilm, der nur durch blutige Effekthascherei auf sich aufmerksam machen will. Der rote Faden der Handlung, der sich auch in den Teilen zwei bis sieben durchgehend fortsetzt, ist gespickt mit Wendungen, Überraschungen aber auch tiefergehenden Subplots. Natürlich wertet das die teils drastischen Folterdarstellungen nicht ab, doch entgegen vieler Kritikermeinungen rückt die Handlung nicht in den Hintergrund, sondern wird lediglich durch blutige Darstellungen aufgepeppt. Trotzdem sollte man als Zuschauer wirklich einen starken Magen haben und sich darüber bewusst sein, dass „Saw“ nicht umsonst eine Welle an „Torture-Porn-Movies“ ausgelöst hat. Wenn auch die Mutter dieser Welle die mit Abstand beeindruckendste Handlung hat.
BluRay oder DVD?
Wieder einmal frage ich mich, wie die BluRay-Disc ihr Dasein rechtfertigen will, wenn die DVD, wie in diesem Falle, ebenfalls mit einem hochauflösenden Bild auftrumpfen kann. Die Schärfen und Kontraste sind perfekt und reichen an HD-Qualität heran. Auch der Ton ist hervorragend, daher spreche ich von mir aus eine klare DVD-Empfehlung aus und verweise ausdrücklich darauf, dass man bei dem Kauf des Films auf die Uncut-Fassung zurückgreifen sollte. Momentan rate ich zudem noch von dem Kauf einer Komplett-Box ab, da sämtliche Boxen in Deutschland nicht (!) die ungekürzten Fassungen enthalten. Für alle Interessierten schiele ich aber mal unauffällig in Richtung Österreich…