Ein Fest fürs Leben

TV-Regisseur Richard Huber adaptiert einen französischen Megahit von den „Ziemlich beste Freunde“-Machern und trifft dabei genau die richtigen Töne. Seine Slice-of-Hochzeit-Komödie EIN FEST FÜRS LEBEN lässt jede einzelne Figur gut wegkommen und stößt dabei aufs Leben selbst an.

OT: Ein Fest fürs Leben (DE 2023)

Darum geht’s

Wenn es um den schönsten Tag im Leben eines Paares geht, sind die Wünsche oftmals größer als das Budget. Hochzeitsplaner Dieter (Christoph Maria Herbst) hat die widersprüchlichen Vorstellungen seiner Kundinnen und Kunden satt und möchte am liebsten alles hinschmeißen. Ein letzter Auftrag soll den krönenden Abschluss bilden: die Traumhochzeit von Leonie (Mira Benser) und Lasse (Ulrich Brandhoff) in einem malerischen Schloss. Wie immer hat Dieter alles bis ins kleinste Detail durchgeplant. Alles ist bereit für das perfekte Hochzeitsfest. Doch bevor Freudentränen und Champagner bei den Gästen fließen, laufen die Vorbereitungen schon vollkommen aus dem Ruder: Der sturköpfige Ersatz-Sänger Steve (Marc Hosemann) treibt Dieters Assistentin Jella (Cynthia Micas) zur Weißglut, Fotograf Marcel (Jörg Schüttauf) ist mehr am Buffet interessiert als an seinem Job und Aushilfskellner Florian (Johannes Allmayer) ist unglücklich in die Braut verliebt. Händeringend versucht Dieter mit allen Mitteln, die Katastrophen von der Hochzeitsgesellschaft fernzuhalten und sein bedingt harmonisches Team ist plötzlich zur Improvisation gezwungen, die das Hochzeitsfest ins perfekte Chaos stürzt…

Kritik

Nachdem sich 2012 die französische Wohlfühl-Komödie „Ziemlich beste Freunde“ als Überraschungs-Megahit entpuppt hatte (mit über 9 Millionen gelösten Kinotickets ist der Film hierzulande bis heute der erfolgreichste der Zehnerjahre), enterten zahlreiche weitere Feelgood-Comedys unserer französischen Nachbarn die deutschen Lichtspielhäuser. Keine davon konnte dem Ergebnis von „Ziemlich beste Freunde“ auch nur annährend das Wasser reichen. Selbst jene Filme nicht, die man mit „von den Machern von ‘Ziemlich beste Freunde‘“ bewerben konnte. Die beiden Regisseure und Drehbuchautoren Olivier Nakache und Éric Toledano verantworteten zwischen 2012 und heute drei weitere Arbeiten, die in ihrem Produktionsland ein großer Erfolg waren und daraufhin ihren Weg nach Deutschland fanden. Plus das US-Remake von „Ziemlich beste Freunde“, das unter dem Titel „Mein Bester & ich“ 2017 einen hiesigen Kinostart erhielt. Doch irgendwie scheint die Geschichte rund um die Freundschaft zwischen einem querschnittsgelähmten Snob und seine bauernschlaue Pflegekraft eine Eintagsfliege zu sein. Ein Umstand, der sich nun indirekt ändern könnte, sofern sich „Ein Fest fürs Leben“ als Hit erweisen sollte. Der bislang vorwiegend für TV-Arbeiten bekannte Filmemacher Richard Huber hat Toledanos und Nakaches Slice-of-Hochzeit-Komödie „Das Leben ist ein Fest“ treffsicher besetzt für das deutsche Publikum adaptiert. Und da er sich dabei trotzdem der großen Stärken des Originals bewusst ist, behält sein etwas anderer Partyfilm den Charme der Vorlage bei.

Für Dieter Salzmann (Christoph Maria Herbst) stehen ganz die Wünsche des Bräutigams Lasse (Ulrich Brandhoff) im Mittelpunkt.

Eine anarchisch-unterhaltsame Ensemblekomödie mit einem allzu versöhnlichen Ende – das Original „Das Leben ist ein Fest“ gefiel insbesondere durch seine Herangehensweise an eine Hochzeitszeremonie als Feier des Lebens selbst. Genau diesen Ansatz wählte Richard Huber nun auch für seine Variation der bekannten Geschichte und nutzt die Party der frisch Vermählten Leonie und Lasse als Herd für zahlreiche Konflikte; Aber eben auch für ebenso viele Momente der Glückseligkeit und Harmonie. Im Zentrum steht dabei einmal mehr der leidenschaftliche Chef eines Partyservices. Im Vorfeld kündigte der Trailer an, die Besetzung von Christoph Maria Herbst („Contra“) als Protagonist Dieter könnte „Ein Fest fürs Leben“ zu einem Zynismus verhelfen, dessen Fehlen ja gerade das Original so außergewöhnlich und erfrischend macht. Und tatsächlich gerät ausgerechnet die aller erste Szene tonal wankelmütig, wenn sich der eigentlich hochengagierte Dieter plötzlich durch private Belange mitten aus einem Kundengespräch herausreißen lässt. Das wirkt im Kontext des Rests fast wie eine Out of Character-Handlung. Denn all das, was danach folgt, unterliegt der zwar stets aufbrausenden, sein Team mitunter sehr deutlich anfeuernden, dabei aber immer hochkompetenten Art dieses Mannes, der sich dadurch der Sympathien des Publikums gewiss ist. Christoph Maria Herbst besinnt sich dabei zwar auf seinen gewohnt trockenen Humor und kombiniert ihn mit einer amüsanten Prise Boomer-Attitüde; Einer der Running Gags, dass Dieters SMS‘ aufgrund der Autokorrektur immer zwielichtig-doppeldeutige Aussagen treffen, ist zwar vorhersehbar, aber tatsächlich lustig. Den ich-bezogenen, sarkastischen, im Zwischenmenschlichen absolut inkompetenten Stromberg lässt Herbst dieses Mal jedoch zuhause. Es wäre zwar ohnehin zu kurz gedacht, den Serienstar immer wieder nur auf seine Paraderolle des Ekelbosses zu reduzieren, doch insbesondere in einer Position wie hier hätte sich eine solche Auslegung seiner Figur durchaus angeboten.

„Richard Huber nutzt die Party der frisch Vermählten Leonie und Lasse als Herd für zahlreiche Konflikte; Aber eben auch für ebenso viele Momente der Glückseligkeit und Harmonie.“

In „Ein Fest fürs Leben“ ist Christoph Maria Herbst nicht die Quelle zahlreicher Fremdscham-Momente. Stattdessen bewegt er sich als eine Art Bindeglied zwischen den diversen Nebenhandlungssträngen eines noch diverseren Ensembles hin und her. Wenngleich die einen mit mehr, die anderen mit weniger Pointen gespickt und in ihrer Entwicklung auch durchaus vorhersehbar sind, wissen sämtliche Subplots auf ihre Art und Weise zu gefallen. Sie alle repräsentieren unterschiedliche emotionale Ausnahmesituationen einer solchen Feierlichkeit – oder im übertragenen Sinne des Lebens selbst. Während sich in der einen Ecke des prachtvollen Schlossgeländes Dieters leitende Assistentin Jella und der exzentrische Partysänger Steve einen erbitterten Kleinkrieg um die Kompetenzen eines solchen Abends liefern, versucht sich an anderer Ecke der sich maßlos selbst überschätzende Hochzeitsfotograf Marcel vor seinem Azubi zu profilieren und gleichzeitig noch eine attraktive Singlefrau flachzulegen. Auch die mit einer Mischung aus Nervosität und Egozentrik dargebotenen Vorbereitungen des allzu überambitionierten Bräutigams sind Bestandteil des brodelnden Hexenkessels. Genauso wie die mit charismatisch-spleenigen Nebencharakteren gespickten Vorbereitungen des Küchenpersonals oder das Wiedersehen zwischen der Braut und einem ehemaligen Verehrer. Jeder einzelne Handlungsstrang liefe für sich genommen Gefahr, zu überdrehen, in Klischees zu versinken, oder im Anbetracht der leicht überspitzt geschriebenen Figuren schlicht zu nerven. In dieser Konstellation jedoch bringt jeder von ihnen genau die richtige Würze in „Ein Fest fürs Leben“, der gerade aufgrund seiner tonalen Mannigfaltigkeit so hervorragend funktioniert.

Das Brautpaar und der Fotograf…

Dabei hinterlassen neben den (zumindest an einem solchen Tag) großen Katastrophen wie ein verdorbener Hauptgang oder ein unkontrolliert losgehendes Feuerwerk vor allem die kleinen Beobachtungen einen bleibenden Eindruck. Die Selbstsicherheit, mit der etwa die Küchenchefin (Jasmin Shakeri) hier die Gefahr der leeren Mägen abwendet, profitiert von der tollen Beobachtungsgabe, die „Ein Fest fürs Leben“ auch insgesamt so sehenswert macht. So begreift man die Feier eben längst nicht nur als an allen Ecken und Enden fragiles Konstrukt einer minutiösen Vorausplanung, sondern als Möglichkeit, mithilfe von Improvisation etwas noch viel Besseres aus den Gegebenheiten zu machen. Einen Nebenplot rund um Dieters sukzessive abflauenden Enthusiasmus für seinen Job hätte es da gar nicht zwingend gebraucht, um die Schwierigkeiten, die eine solche Feier mit sich bringen, und die Glückseligkeit über das Endergebnis abzuwägen. Immerhin fungiert dieser in Teilen sogar als Auseinandersetzung mit den mitunter prekären Arbeitsverhältnissen in der Branche, über die „Ein Fest fürs Leben“, dem Genre geschuldet, dann aber doch eher hinweglächelt. Es ist eben einfach viel unterhaltsamer, im Rahmen des sich hier entspinnenden Chaos dabei zuzusehen, wie Menschen über ihre Schatten springen, aufeinander zugehen, in den entscheidenden Momenten über sich hinauswachsen oder eben auch einfach mal Fünfe gerade sein lassen, wenn es der allgemeinen Harmonie dient. Und so kommt es, dass am Ende von „Ein Fest fürs Leben“ jede einzelne Figur gut wegkommt. Manchmal reicht dafür ein Handschlag, ein anderes Mal ein Stück Kuchen, damit sich niemand von ihnen mit Groll aus dem Film verabschieden muss.

„Man begreift die Feier eben längst nicht nur als an allen Ecken und Enden fragiles Konstrukt einer minutiösen Vorausplanung, sondern als Möglichkeit, mithilfe von Improvisation etwas noch viel Besseres aus den Gegebenheiten zu machen.“

Fazit: Das ansehnlich gefilmte und perfekt besetzte Remake des französischen Erfolgsfilms „Das Leben ist ein Fest“ besticht durch seine unaufgeregt dargebotene Eskalation einer Hochzeitsfeier, deren kleinere und größere Brandherde als Allegorie auf das Leben selbst funktionieren.

„Ein Fest fürs Leben“ ist ab dem 19. Oktober 2023 in den deutschen Kinos zu sehen.

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