Lightyear

Pixar bringt mit LIGHTYEAR den Film heraus, dessen Hauptfigur als Vorlage für den Space-Ranger Captain Buzz Lightyear diente. Eine charmante Idee ohne allzu große Meisterwerke-Ambitionen. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Der erfahrene Space-Ranger Buzz Lightyear, seine Kommandantin Alisha Hawthorne sowie einer Mannschaft von mehr als tausend Wissenschaftler:innen und TechnikerInnen, sind nach ihrer jüngsten Mission auf dem Weg nach Hause. Etwa 4,2 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, werden sie vom Signal eines Sensors darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich in der Nähe eines unerforschten Planeten befinden, der möglicherweise über eine Fülle an wichtigen Grundstoffen verfügen könnte. Buzz trifft die Entscheidung, das Erkundungsraumschiff Richtung T’Kani Prime zu lenken – ein sumpfiger Planet, der voller aggressiver Schlingpflanzen und riesiger Käfer ist. Als ein panischer Versuch, auf schnellstem Wege wieder zu verschwinden, auf schreckliche Weise scheitert und zu einem Crash führt, bei dem ihre Energiezelle zerstört wird, stecken Buzz, Alisha und die gesamte Mannschaft auf dem nicht allzu gastfreundlichen Planeten fest. Die Crew richtet sich bereits darauf ein, dass es eine Weile dauern könnte, bis man wieder fortkommt. Doch dies geschieht schneller als man denkt und in Buzz erwächst der Wunsch nach etwas Größerem, dass sein Verständnis von Raum und Zeit für immer verändern wird…
Kritik
Eines gleich vorweg: Eine Connection zwischen „Lightyear“ und der „Toy Story“-Trilogie mitsamt deren Nachfolger „Alles hört auf kein Kommando“ hätte es nicht gebraucht. Dass im Mittelpunkt der Geschichte rund um einen ambitionierten Space-Ranger namens Captain Buzz Lightyear jene Figur steht, die nach den geschilderten Ereignissen zu einer Spielzeugfigur wurde, ist lediglich ein nettes Gimmick. „Lightyear“ ist Andys Lieblingsfilm. Andy war in den ersten drei „Toy Story“-Filmen die menschliche Hauptfigur und so kam schließlich auch dessen Vorliebe für Weltraumspielzeug, insbesondere für seinen Buzz, zustande. Die Abenteuer, die dieser anschließend mit seinem anfänglichen Rivalen Woody bestreitet, sind nunmehr Filmgeschichte. Der Astronaut hätte also auch irgendjemand anders sein können, doch mit der Verbindung zur Spielzeugabenteuerreihe lässt sich „Lightyear“ natürlich deutlich simpler vermarkten. Trotzdem sollte man seine eventuell durch die Auslegung von „Toy Story“ aufgebauten Erwartungen an Fanservice und Co. zurückschrauben, denn der Film ist in erster Linie eine liebevolle Verbeugung respektive Aneinanderreihung von Hommagen – je nachdem, wie positiv oder negativ man dies auslegen möchte. Verneigt wird sich nämlich vor zahlreichen Weltraum- und Science-Fiction-Epen. Und wüsste man nicht, dass „Lightyear“ nur kurze Zeit später nach „Top Gun: Maverick“ erscheint, müsste man wohl auch diesen als Inspirationsquelle für die erzählerische Klammer heranziehen.
Doch erst einmal zitiert sich Pixar selbst. Kurz nach Beginn des Films erinnert ein hervorragend konzipierter Prolog an das Zeitraffer-Leben der beiden „Oben“-Hauptfiguren, wenn Captain Buzz Lightyear auf seiner Mission durch Zeit und Raum reißt und dabei innerhalb von wenigen Weltraumminuten ganze vier Erdjahre verliert. Alle um ihn herum altern, gründen Familien und leben ihre Leben. Erst als Lightyears größte Bezugsperson plötzlich nicht mehr da ist, werden Buzz die Ausmaße seiner Taten bewusst und der thematische Grundstein ist gelegt. Dass dieser, einhergehend mit seiner finalen Botschaft – anders als von Pixar zuletzt gewohnt – hier deutlich simpler ausfällt, ist schade. Gleichwohl steht dadurch der Abenteuerplot im Fokus. Und als Weltraumactionkomödie funktioniert „Lightyear“ auch ziemlich gut. Die Story verläuft dabei in weitgehend generischen Bahnen. Schon zu Beginn der Mission ist der Endpunkt der Geschichte klar (und damit auch das, was der Film aussagen will). Selbst die Running Gags kündigen sich oft schon weit im Voraus an. Doch ausgerechnet dem Humor, der ja zu großen Teilen auch über seinen Überraschungseffekt funktioniert, schadet dies nur wenig. Dafür sitzt er in seiner Ausführung dann doch zu genau und wird von Figuren vorgetragen, die in ihrer Warmherzigkeit und Kauzigkeit allesamt charmant und liebenswert sind.
„Die Story verläuft in weitgehend generischen Bahnen. Schon zu Beginn der Mission ist der Endpunkt der Geschichte klar (und damit auch das, was der Film aussagen will). Selbst die Running Gags kündigen sich oft schon weit im Voraus an.“
Die Figurentruppe, auf die sich „Lightyear“ ab dem zweiten Drittel konzentriert, ist ein bunt zusammengewürfelter, diverser Cast aus Männern und Frauen verschiedener Altersgruppen, die die Geschichte mal mehr und mal weniger intensiv bereichern. Den Plot treiben längst nicht alle voran, aber jeder von ihnen hat eine Handvoll Momente, in denen Einzelszenen von ihnen und dem von ihnen ausgehenden Humor profitieren. Als der Szenendieb schlechthin erweist sich allerdings einmal mehr ein nicht-menschliches Wesen: Sox, eine Roboterkatze, die sich kaum treffender beschreiben ließe, denn als Mischung aus Baymax und einem Schweizer Taschenmesser. Während beim Design dieses unglaublich niedlichen Sidekicks vor allem die Disney-Merchandise-Abteilung frohlocken dürfte, beschränkt sich Sox‘ Funktion nicht bloß auf das Süßsein. Anders als manch andere felligen Disney-Weggefährten ist er am positiven Ausgang der Story maßgeblich mitverantwortlich. Die Funktion seiner Rolle dürfte daher weit vor der Ausarbeitung des Katzendesigns festgestanden haben. Und ein TARS-ähnliches Gefährt verkauft sich eben einfach nicht so gut…
Apropos TARS: Der Wegbereiter der „Interstellar“-Crew fällt hier nicht umsonst als Beispiel, denn in seiner Veranschaulichung von Raum und Zeit erinnert „Lightyear“ hin und wieder an das Christopher-Nolan-Meisterwerk. Genauso an „Star Wars“ und sogar „Battlestar Galactica“. Bei den Designs der Roboter und Alienwesen bediente man sich munter am weitreichenden Science-Fiction-Potpourri. Für die Handlung mag das zwar zweckdienlich sein („Lightyear“ ist keiner dieser Filme, die mit einer umwerfenden Welt betören wollen), doch besonders abwechslungsreich und kreativ sieht der Film dadurch nicht aus. Der Grund dafür ist keineswegs die Qualität der Animation selbst – schon das lebensechte Design der Katze ist atemberaubend. Stattdessen ist das Spektrum an Farben und Hintergründen zu einfältig und monoton, um ähnlich staunende Blicke hervorzurufen wie zuletzt „Alles steht Kopf“, „Soul“ oder auch „Luca“. Doch insbesondere aus der Perspektive, zu der uns die Texttafel zu Beginn des Films animiert, machen all die Stärken und Schwächen schon wieder Sinn. „Lightyear“ ist ein kurzweiliges, actiongeladenes und mit liebevollen Figuren plus Heldenanführer bestücktes Weltraumabenteuer, das insbesondere den jüngeren Zuschauer:innen die ein oder andere kleine Lektion mit auf den Weg gibt und im Anbetracht der geringeren Seherfahrung wohlmöglich doch von manch einer Entwicklung erstaunt sein könnte. „Lightyear“ ist somit ein absolut glaubwürdiger Andy-Lieblingsfilm.
„Bei den Designs der Roboter und Alienwesen bediente man sich munter am weitreichenden Science-Fiction-Potpourri. Für die Handlung mag das zwar zweckdienlich sein , doch besonders abwechslungsreich und kreativ sieht der Film dadurch nicht aus.“
Fazit: „Lightyear“ ist ein energiegeladenes, nettes Weltraumabenteuer, das vor allem mit seinem Humor und den sympathischen Figuren punktet, dabei aber weder an die großen Glanzstücke jüngerer Pixar-Geschichte heranreicht noch das vorab suggerierte Versprechen einlöst, die „Toy Story“-Reihe gezielt zu ergänzen.
„Lightyear“ ist ab dem 16. Juni 2022 in den deutschen Kinos zu sehen.