Halloween Kills

Nachdem David Gordon Green 2018 zum vierzigjährigen Jubiläum von John Carpenters Horrorklassiker den Maskenmann Michael Meyers zu neuem Leben erweckte, entkommt er in der direkten Fortsetzung HALLOWEEN KILLS ein weiteres Mal knapp dem Tod und eröffnet eine blutige Jagd auf neue Opfer. Diesmal leider längst nicht so stilsicher wie noch drei Jahre zuvor. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

OT: Halloween Kills (USA 2021)

Der Plot

Zusammen mit ihrer Tochter Karen (Judy Greer) und Enkelin Allyson (Andi Matichak) hat Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) den maskierten Killer Michael Meyers vermeintlich endgültig besiegt.  Aber während sie mit lebensbedrohlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wird, geschieht das Undenkbare: Das Monster, das ihr das Leben zur Hölle gemacht hat, befreit sich aus dem brennenden Haus. Doch Myers flieht nicht – er macht da weiter, wo er aufgehört hat:  Nichts und niemand scheint den brutalen Killer in seinem Blutrausch aufhalten zu können, und so muss auch Laurie gegen ihren Schmerz ankämpfen und sich erneut Myers entgegenstellen. Aber sie ist nicht allein. Von Laurie inspiriert, erheben sich die Bürger von Haddonfield, um sich ein für alle Mal von diesem wiederkehrenden Albtraum zu befreien. Zusammen mit anderen Überlebenden von seinem ersten mörderischen Amoklauf machen sich die Strode-Frauen mit nur einem Ziel auf in den Kampf – egal wie lang die Nacht wird, egal wie hoch der Preis ist: „Das Böse stirbt heute Nacht“…

Kritik

Im Jahr 2018 hatte Regisseur und Drehbuchautor David Gordon Green („Stronger“) mächtig Dusel: Sein rebootendes Sequel „Halloween“, das außer das Original von John Carpenter aus dem Jahr 1978 sämtliche Fortsetzungen ignorierte, wurde zu einem solchen Erfolg, dass Blumhouse Productions und Universal überhaupt nicht überlegen mussten, ob sie für die bereits vor Veröffentlichung des ersten Teils selbstbewusst angekündigten Fortführungen „Halloween Kills“ und „Halloween Ends“ – beide in einem Rutsch gedreht – grünes Licht geben sollten. Bei Herstellungskosten von gerade einmal 10 bis 15 Millionen US-Dollar spielte Greens Neuinterpretation sage und schreibe 256 Millionen wieder ein. Da legten die Produktionsstudios direkt nochmal fünf Millionen für die Inszenierung von „Halloween Kills“ obendrauf. Ob sich das rentiert, steht (noch) infrage, denn in den USA wird der Film parallel zu seinem Kinorelease direkt als Premiumtitel für 60 Tage auf dem Streamingdienst Peacock veröffentlicht, um die Plattform direkt mit einem Knaller seinem potenziellen Publikum schmackhaft zu machen. Fakt ist aber, dass der maskierte Killer Michael Meyers seine Faszination auch noch 40 Jahre nach seinem ersten Leinwandauftritt verströmt hat, sodass passend zum Halloween-Fest kaum ein Zweifel bestehen dürfte, dass hier ein neuer Kassenschlager in den Startlöchern steht. Allerdings steht nach dem Film zu befürchten, dass die Lust am dritten Teil wiederum massiv in den Keller sinkt, denn „Halloween Kills“ macht alles andere als Bock auf noch einen Film.

Jamie Lee Curtis kehrt als Laurie Strode zurück.

Schon mit „Halloween“ ging David Gordon Green bemerkenswert ambitioniert vor. Neben der Selbstsicherheit, direkt an den Siebzigerjahre-Kultslasher anschließen zu wollen und sich damit bewusst von allen bisherigen, bisweilen arg trashigen bis vollkommen lieblosen Sequels zwischen 1981 und 1998 abzugrenzen, gelang dem Filmemacher ein interessanter Spagat zwischen Hommage, Neuauflage und Fanservice; sich direkt an ein Horrorfilmpublikum der Gegenwart richtend und trotzdem nostalgisch rückblickend auf eine das Genre besonders prägende Ära. Den Zeitgeist trafen Green sowie sein Co-Autoren Danny McBride („Your Highness“) und Jeff Fradley („Vice Principals“) vor allem mit ihrer Hochglanz-Stilistik, mit ihrem im Vergleich zum Original massiv hochgeschraubten Bodycount sowie einigen erzählerischen Details. Zum Beispiel dass die ersten Myers-Opfer im Film ausgerechnet ein True-Crime-Podcast produzierendes Pärchen war. Nostalgisch wurde es dann bei der Verpflichtung von Jamie Lee Curtis („Knives Out“) als Laurie Strode und bei einigen inszenatorischen Entscheidungen, die eine direkte, stilistische Rückbesinnung auf das Original darstellten; den unverwechselbaren Sound des Original-„Halloween“-Motivs mit einbezogen. Beide Elemente des ersten Teils weist nun auch der zweite vor. Doch schon in den ersten Filmminuten von „Halloween Kills“ wird deutlich: Das wirkt alles deutlich angestrengter als noch vor drei Jahren. Um erneut einen Bezug zu den Ereignissen in Haddonfield 1978 herzustellen, wenden Green und sein Team diesmal nicht bloß deutliche Zitate an, sondern zaubern – neben einigen tatsächlich aus dem Original wiederkehrenden Figuren – zwei Charaktere aus dem Hut, für die ein Zusammenhang mit dem Carpenter-Original lediglich Behauptung ist. Das auch durch die Inszenierung spürbar beabsichtigte Nostalgie-Gefühl kann sich da zwangsläufig nicht einstellen. Denn eine Verbindung zu den hier zum ersten Mal auftauchenden Figuren existiert überhaupt nicht.

„Um erneut einen Bezug zu den Ereignissen in Haddonfield 1978 herzustellen, wenden Green und sein Team diesmal nicht bloß deutliche Zitate an, sondern zaubern – neben einigen tatsächlich aus dem Original wiederkehrenden Figuren – zwei Charaktere aus dem Hut, für die ein Zusammenhang mit dem Carpenter-Original lediglich Behauptung ist.“

So reihen sich in den zugegebenermaßen sehr ästhetisch den Stil des Originals reproduzierenden Rückblenden der von Thomas Mann („Kong: Skull Island“) verkörperte Detective Hawkins sowie der einst nur knapp aus den Fängen Myers‘ entflohene Leigh Brackett (Charlie Cyphers) in eine Reihe von Kanonenfutter-Figuren ein, die vor allem dadurch auffallen, dass sie ätzend sind. Passte es in den Teenieslashern der Neunzigerjahre noch zum wesentlich weniger rau-ruppigen Grundton, dass man es dem ein oder anderen nervigen Heranwachsenden auch ein Stückweit gönnte, endlich von einem maskierten Killer abgemurkst zu werden, ist „Halloween Kills“ ein derart düster-nihilistisches Unterfangen, dass ein (und wenn auch nur oberflächliches) Sympathisieren mit dem Killer – wie einst etwa bei „Scream“ oder „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ – hier ebenso wenig stattfinden kann wie ein Mitfiebern, geschweige denn -Fühlen, mit den Gejagten in „Halloween Kills“. Das hat gewiss auch Methode. Denn das Drehbuch zielt im Laufe der 106 Filmminuten unter anderem darauf ab, die von Angst durchtränkte Atmosphäre aufzubrechen und auf sehr plumpe Weise in eine Stimmung der Rache umschlagen zu lassen. Die bisweilen hanebüchen platten Dialoge, die einem den Subtext des Films permanent ins Gesicht plärren („Jetzt hat er uns zu Monstern gemacht!“), lassen gegen „Halloween Kills“ selbst die „The Purge“-Reihe in ihrer Gesellschaftskritik subtil aussehen. Und durch die fehlende Initialzündung für einen derartigen Stimmungswechsel in der Haddonfield-Gemeinschaft wirkt diese Entwicklung zudem komplett aus der Luft gegriffen.

Michael Myers mordet weiter…

Während man dabei zusieht, wie ein aufgewühlter Mob mit der Absicht, Michael Myers selbst zur Strecke zu bringen, Haddonfield durchkämmt (und dabei immer genau das tut, was vermutlich im Lehrbuch eines „Wie inszeniere ich eine Gesellschaftskritik darüber, dass nicht das Monster das Monster ist, sondern die Gesellschaft selbst?“ stehen würde), mordet sich der Boogeyman noch wesentlich blutrünstiger als sonst durch die Straßen. Hierzulande erhielt „Halloween Kills“ berechtigterweise eine FSK-Freigabe ab 18 und sagt sich damit endgültig von seinen Wurzeln des seinen Schrecken primär aus Myers Unberechenbarkeit ziehenden Vorbilds los. Aus den gerade einmal fünf Leichen im Original werden hier unzählige; Und beim Schlitzen soll es nicht bleiben. Da werden etwa eine Axt oder auch eine abgeschlagene Neonröhre zweckentfremdet. Immerhin: Am auffälligen Drapieren seiner Leichen hält Myers fest, was einige schön schaurige Einzelbilder zur Folge hat. Überhaupt kann „Halloween Kills“ visuell einmal mehr punkten. Insbesondere das Wiederaufleben Lassen der Siebzigerjahre-Atmosphäre gelingt den Verantwortlichen hervorragend. Und auch wenn Green das Stilmittel der Zeitlupe in der Gegenwart arg überstrapaziert, so kann sich Michael Simmonds‘ („Nerve“) Kameraarbeit in seiner Kombination aus abgrundtief nihilistischen Details und einer hochelegant eingefangenen Grundstimmung doch absolut sehen lassen.

„Während man dabei zusieht, wie ein aufgewühlter Mob mit der Absicht, Michael Meyers selbst zur Strecke zu bringen, Haddonfield durchkämmt, mordet sich der Boogeyman noch wesentlich blutrünstiger als sonst durch die Straßen.“

Doch apropos Überstrapazieren: Wie schon im „Halloween“-Film von 2018 geht Green erneut den Weg der Demaskierung – und wieder geht er ihn nicht konsequent. Während ein Rob Zombie in seinem umstrittenen „Halloween II“ einst ein riesiges Statement setzte, Meyers erstmals die Maske abnahm und ihm damit jedwede Faszination – buchstäblich – vom Gesicht riss, fehlt es ebenjenem Motiv in „Halloween Kills“ an Aussage und Schlagkraft. Einmal mehr weigert sich Green, den Blick auf das, was Meyers unter seiner Maske in Wirklichkeit ist (ein mordender Drecksack, der ohne kultiger Gesichtsbekleidung per se gar keinen Anlass gibt, ihn zu einer Horrorikone zu erklären) freizugeben. Kurzum: Diese Szenen sind völlig egal. Und damit letztlich auch der gesamte Film in einer insgesamt aus drei Teilen bestehenden Reihe, von der sich nur erhoffen lässt, dass das Finale an die Qualitäten des Auftakts anschließen kann. „Halloween Kills“ jedenfalls hat in der hier dargebrachten Ausführung keinerlei Mehrwert. Egal, auf welche streitbare Tendenz dieser Film letztlich noch hinausläuft…

Fazit: In dem angestrengt um Nostalgie bemühten Slasher-Sequel „Halloween Kills“ gelingt es David Gordon Green nach seinem insgesamt gelungenen Reboot-/Sequel-Auftakt von 2018 immerhin noch hier und da, die Stimmung des Carpenter-Originals zu reproduzieren. Davon abgesehen dominieren hier plumpe Gesellschaftskritik, ätzende Figuren und ein extremer Bodycount, durch den die Figur Michael Meyers konsequent an Reiz verliert.

„Halloween Kills“ ist ab dem 21. Oktober 2021 in den deutschen Kinos zu sehen.

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