Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn

Nach ihrem ersten Auftritt in DCs „Suicide Squad“ erhält Margot Robbies Harley Quinn mit BIRDS OF PREY: THE EMANCIPATION OF HARLEY QUINN nun deutlich mehr Zeit, um sich innerhalb des DCEUs zu positionieren. Und das macht nach einer sperrigen ersten Hälfte dann auch richtig Laune. Warum, das verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Für Harley Quinn (Margot Robbie) war es die ganz große Liebe. Doch als Superschurke Joker mit ihr Schluss macht, braucht sie eine ganze Weile, um ihr Leben zu sortieren. Ein paar in die Luft gesprengte Fabriken und jede Menge Junk Food später, kann sich die exzentrische Lady endlich den wirklich wichtigen Dingen widmen: der Erkenntnis, dass es ganz schön viele Leute auf sie abgesehen haben. Als Gothams bösartigster, narzisstischer Verbrecher Roman Sionis alias „The Mask“ (Ewan McGregor) und seine umtriebige rechte Hand Zsasz (Chris Messina) ein junges Mädchen namens Cass (Ella Jay Basco) zur Zielscheibe machen, steht die Stadt auf der Suche nach ihr auf dem Kopf. Die Wege von Harley sowie ihren neu gewonnenen „Freundinnen“ Huntress (Mary Elizabeth Winstead), Black Canary (Jurnee Smollett-Bell) und Renee Montoya (Rosie Perez) kreuzen sich, und das ungewöhnliche Quartett hat keine andere Wahl, als sich zusammenzuschließen, um Roman zu Fall zu bringen.

Kritik

Es war Margot Robbie („Bombshell – Das Ende des Schweigens“) selbst, die den Geldgebern bei Warner Bros. und DC kurz nach dem Start von „Suicide Squad“ die Idee für einen Harley-Quinn-Solofilm pitchte und sich sogleich als Produzentin mit ihrer Firma LuckyChap zur Verfügung stellte. Ein Großteil der Verantwortung des mit 75 Millionen US-Dollar bislang kostengünstigsten Projekts innerhalb des DC Extended Universe lag somit in ihren Händen. Und mit ihrer Vision von einem R-Rated-Comicfilm („Frauenzentrische PG-Filme werden schnell als Chic-Flick wahrgenommen!“) ging damit auch ein hohes Risiko einher. Nun hat man ja mit „Wonder Woman“ und „Captain Marvel“ bereits gesehen, dass man mit Comicfilmen, in deren Fokus weibliche Heldinnen stehen, zumindest am Box-Office keine Bange haben braucht. Beide Filme spielten mit über 800 Millionen respektive sogar über einer Milliarde Dollar mühelos das Vielfache ihrer Produktionskosten wieder ein. Gleichzeitig gilt „Suicide Squad“, in dessen Rahmen die von Margot Robbie selbst verkörperte Figur der Harley Quinn zum ersten Mal auftauchte, unter Fans nicht gerade als der stärkste DCEU-Vertreter. Und nach großen Studioflops wie „Doctor Sleeps Erwachen“, „Godzilla II: King of the Monsters“, „The Kitchen“ oder „Der Distelfink“ kann Warner einen großen Hit dringend gebrauchen. Ob „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ ein solcher wird, lässt sich natürlich schwer vorhersagen. Verdient hätte er es aber allein schon deshalb, um ein weiteres Mal nach „Joker“ zu zeigen, dass auch Filme innerhalb des Comic-Kosmos gern hart und nicht immer so unangenehm glattgebügelt sein dürfen; daraus ergäben sich so viele neue Möglichkeiten. Nicht nur für eine „Birds of Prey“-Fortsetzung.

Margot Robbie spielt nicht nur Harley Quinn, sondern produzierte „Birds of Prey“ außerdem. 

Ob es ein Sequel zu „Birds of Prey“ überhaupt geben wird, hängt natürlich davon ab, wie dieser ankommt. Und um den Kinosaal am Ende möglichst ohne böse Überraschungen zu verlassen, hilft es, sich direkt von dem Gedanken zu verabschieden, dass es sich bei „Birds of Prey“ – dessen weiterführenden Titels „The Emancipation of Harley Quinn“ zum Trotz – nur bedingt um einen Harley-Quinn-Solofilm handelt. Zwar wurde in Trailern und Plakaten zum Film von Anfang an die exzentrische Ex-Loverin vom Joker in den Fokus gerückt. Darüber hinaus fungiert sie innerhalb der Comicverfilmung von Anfang an als Erzählerin und wir erleben die Geschichte die meiste Zeit über aus ihrer Sicht. Doch die Drehbuchautorin Christina Hodson wendet („Bumblebee“) wendet ähnlich viel Zeit für ihre späteren drei Mitstreiterinnen Huntress, Black Canary und Renee Montoya auf, mit denen sich Harley Quinn im Finale zu den titelgebenden Birds of Prey formiert. Das birgt aber auch direkt eine Handvoll Probleme. Insbesondere die Tatsache, dass der Film in der ersten Hälfte um jede Heldin einen eigenen Handlungsstrang eröffnet, der zudem jeweils eine Rückblende erhält, lässt es an allen Ecken und Enden holpern. Es dauert, bis man über die Filmereignisse überhaupt so etwas wie Übersicht erhält und die Dramaturgie anfängt, Sinn zu ergeben. Denn hinter diesem Aufbau steckt System, der nicht nur den Hintergründen sämtlicher Mitglieder innerhalb der Frauencombo gerecht wird, sondern dem Ganzen auch noch eine angenehme, an „Deadpool“ erinnernde Dynamik verleiht. Doch eh man dahinter gestiegen ist, wirkt „Birds of Prey“ in seiner mutmaßlich willkürlichen Aneinanderreihung großer Actionsetpieces eher wie ein filmischer Comicstrip denn eine stringent erzählte Handlung.

Apropos „Deadpool“: Tatsächlich ließe sich „Birds of Prey“ innerhalb des DCEU wohl am ehesten mit den metahumoristischen Quatschfilmen der „Deadpool“-Reihe vergleichen. Auch hier spielt eine sich den hanebüchenen Ereignissen des Films bewusste Erzählerin die Hauptrolle, die die Geschehnisse immer wieder für das Publikum einordnet. Und sogar inhaltlich schließt der Film im Mittelteil wieder an eine Actionszene zu Beginn des Films an; kennen wir aus den Ryan-Reynolds-Vehikeln ja genauso. Doch anders als der entstellte Latexträger verwendet Harley nicht alle zehn Sekunden irgendwelche Schimpfwörter – dabei hätte sie Dank des R-Ratings ja durchaus die Möglichkeit dazu. Doch anders als in „Deadpool“ legt es die wahnwitzige Heldin in „Birds of Prey“ nicht permanent darauf an, die Regeln des Comicfilms ironisch zu brechen. Genau genommen ist die erst zweite Regiearbeit von „Dead Pigs“-Macherin Cathy Yan auch nur der Vorlage wegen überhaupt in diesem Genre zu verorten. In seinem fast schon intimen Aufbau (Wir erinnern uns: In sämtlichen anderen DCEU-Filmen stand ja direkt immer die Zukunft der Welt und ihrer Bevölkerung auf dem Spiel) über Frauen, die es mit einem einzigen Schurken aufnehmen, der es auf ein kleines Mädchen und damit einhergehend einen Diamanten abgesehen hat, ist „Birds of Prey“ vielmehr Gangfilm als klassisches Superheldenabenteuer. Dazu passen auch die vorwiegend aus Frau-gegen-Schurke-Choreographien bestehenden Kämpfe, in denen nichts explodiert oder anderweitig großspurige Computereffekte zum Einsatz kommen. Nur ganz am Anfang geht eine Chemiefabrik in die Luft, weil Harley Quinn im Liebeskummerrausch einen Tanklaster dort hineinsteuert. Ansonsten bleibt die Action in „Birds of Prey“ angenehm bodenständig und verlässt sich mehr auf spektakuläre Zeitlupen denn großes CGI-Spektakel.

Renee Montoya (Rosie Perez) stößt alsbald zu den Birds of Prey hinzu.

Generell sieht in „Birds of Prey“ alles eine Nummer kleiner aus als in DCs bisherigen Superhelden-Epen. Doch insbesondere beim bislang abwechslungsreichsten Showdown in der Geschichte des DC Extended Universe zahlt sich dieses inszenatorische Kleinhalten in Sachen Setting und Action sogar aus. Nachdem selbst eigentlich gelungene Vertreter wie „Shazam!“ oder „Man of Steel“ spätestens im effektüberlagenden Bombast-Schlussakt jedwedes zuvor aufgebautes Herzblut verloren, gefällt es hier, dass das eigentliche Finale zwischen Harley und dem Bösewicht nur wenige Sekunden dauert und zuvor ganz stilecht mit Waffen, Kampfkunst und Rollschuhen (!) gegen die Bösen gefightet wurde. Als visueller Ausgleich für den Mangel an Bildgewalt – sofern der denn überhaupt nötig ist, schließlich sieht das alles ja dennoch richtig gut aus – kann Kameramann Matthew Libatique („Black Swan“) mit einer äußerst satten, farbenfrohen, hin und wieder etwas wuseligen Kameraarbeit entschädigen. Insbesondere jene Szenen, in denen er die Hauptfiguren vor dunklem Hintergrund in ihren knallbunten Kostümen in Szene setzt (ein gutes Beispiel ist etwa eine Szene auf einer Polizeistation), sehen hochelegant aus und profitieren zudem von den stimmig gewählten Musikstücken aus teilweise bekannten, teilweise neu eingesungenen Popsongs und Evergreens. Anders als etwa in „Suicide Squad“ wirkt die Auswahl der Lieder hier wie aus einem Guss. Der Soundtrack zum Film dürfte für reißenden Absatz sorgen, ganz im Gegensatz zum von Daniel Pemberton („Codename U.N.C.L.E.“) komponierten Score. Seine eigentlich so prägnanten Beats scheinen unter dem Wust an Archivmusik nur sehr vereinzelt durch und können kaum eigene Akzente setzen. Ganz im Gegensatz zu den Darstellerinnen und Darstellern. Wo sich Ewan McGregor („Christopher Robin“) an einer eher bodenständigen Schurkenperformance versucht und dadurch erst recht bedrohlich wirkt, drehen Margot Robbie und ihre Kolleginnen voll auf. Das wirkt zwar zu Beginn befremdlich – in „Suicide Squad“ bekam man von Robbies Harley Quinn nur vereinzelte Szenen zu sehen und fühlte sich von denen schon mitunter leicht überfordert. Lässt man sich hingegen auf die Überpräsenz der Oscar-Nominierten ein, dauert es nicht lange und man ist verdammt mitgerissen.

Fazit: Nach einer holprigen ersten Hälfte ergibt der sprunghafte Aufbau mehr und mehr Sinn und mit „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ entfaltet sich ein elegant gefilmter Gangfilm ohne viel CGI-Schnickschnack und dem wohl besten Finale eins DCEU-Films, den man so bisher im Kino sah. Und auch wenn Margot Robbie als Harley Quinn zunächst anstrengt, dauert es nicht lange bis sich ihre Performance optimal in diesen knallbunten Film fügt.

„Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ ist ab dem 6. Februar bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Ich hab den Film so gar nicht als ‚Gangfilm‘ gesehen, da die titelgebende Truppe ja eigentlich nur in den finalen Minuten so wirklich zur Geltung kommt, um dann aber auch gleich wieder von der alle überragenden Harley Quinn alias Margot Robbie in einzelne Bestandteile zerlegt zu werden.

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