Mrs. Taylor’s Singing Club

Was machen eigentlich die Frauen der vielen Soldaten, die es Tag für Tag an die Front zieht? Peter Cattaneos MRS. TAYLOR’S SINGING CLUB gibt die tragikomische Antwort darauf – sie singen! Wie der Film geworden ist, das verraten wir in unserer Kritik.

OT: Military Wives (UK 2019)

Der Plot

Kate Taylor (Kristin Scott Thomas) ist eine scheinbar perfekte britische Offiziersgattin. Die Ungewissheit, die sie während des Auslandseinsatzes ihres Mannes empfindet, überspielt sie in der Öffentlichkeit mit einem strahlenden Lächeln. Eine Freizeitgruppe soll sie und die anderen Ehefrauen der Militärbasis auf andere Gedanken bringen, doch Teetrinken und Stricken sind so gar nicht nach Kates Geschmack. Warum nicht lieber einen Chor gründen? Die rebellische Lisa (Sharon Horgan), bisher tonangebend in der Gruppe, kann mit Kates Art und den amateurhaften Gesangsversuchen nicht viel anfangen. Mit der Zeit lässt sich aber auch Lisa von der Lebensfreude der Frauen anstecken – und so rauft sich das ungleiche Frauenduo zusammen und leitet den Chor gemeinsam. Und schon bald hat die bunte Truppe eine erste Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen…

Kritik

Im Original trägt Peter Cattaneos musikalische Tragikomödie „Mrs. Taylor’s Singing Club“ den vereinfachten Titel „Military Wives“. Damit sticht der „Ganz oder gar nicht“-Regisseur in ein Wespennest, denn auch wenn im Film tatsächlich die Ehefrauen an der Front kämpfender Soldaten im Mittelpunkt stehen, so müht sich Hauptfigur Kate Taylor doch sichtlich ab, nicht bloß als „die Ehefrau“ wahrgenommen zu werden, sondern als eigenständige Persönlichkeit, die eben einfach einen Gatten hat, der im Krieg dient. „Mrs. Taylor’s Singing Club“ erzählt davon, wie sie sich aus der öffentlichen Wahrnehmung als schmuckes Soldaten-Anhängsel freischwimmt, um sich selbst einen Namen zu machen – der Originaltitel „Military Wives“ ist da maximal unglücklich gewählt, da sich die Frauen mitnichten auf ihren Status als Soldatengattin reduzieren lassen wollen. Auch der Film selbst kommt nicht vollständig ohne schicksalhafte Ereignisse an der Front aus; über allem kreist das Damoklesschwert namens „Einsatz“ – keine der Frauen weiß, ob ihr Mann heil aus dem Kriegstreiben zurückkehren wird. Eine der Damen formuliert es einmal treffend: „Bei jedem Anruf rutscht mir das Herz in die Hose!“. Es ist ein schmaler Grat, die immerwährende Unsicherheit aufrechtzuerhalten und den Protagonistinnen trotzdem ihre ganz eigene Feel-Good-Geschichte zuzugestehen.

Der Chor trifft letzte Vorbereitungen.

„Mrs. Taylor’s Singing Club“ beginnt mit Szenen, in denen sich diverse Soldaten-Ehemänner (und eine Ehefrau!) von ihren Ehefrauen und Kindern verabschieden, um in den nächsten Einsatz zu ziehen. Die Abschiedszeremonien sind gleichermaßen routiniert wie liebevoll; vor allem aber durchtränkt dieser emotionale Akt den Film von Anfang an mit einer gehörigen Portion Pathos. „Mrs. Taylor’s Singing Club“ ist geprägt von einer unbändigen Sehnsucht der Frauen, hin zu ihren Männern (oder Frauen) – und es ist allein Kristin Scott Thomas („Die dunkelste Stunde“) zu verdanken, dass sich der Film mit der Zeit aus dieser Opferhaltung herausbewegt. Die beiden Autorinnen Rachel Tunnard („Emotional Fusebox“) und Rosanne Flynn („The Labyrinth“) greifen sich mit ihrer Kate eine Figur heraus, deren tough-abgeklärte Attitüde im krassen Gegensatz zu den ansonsten eher zurückhaltenden jungen Frauen steht, die zum Teil noch nicht viele Auslandseinsätze ihrer Ehemänner miterlebt haben, unsicher oder schlicht und ergreifend in Sorge darum sind, ihren Gatten unversehrt wieder in die Arme schließen zu können. Mit Scott Thomas‘ Figur muss man zwar erst einmal zusammenfinden; insbesondere in der Anfangsphase verkörpert die Mimin ihre Figur noch auf eine Art und Weise unnahbar, die sich leicht mit arrogant oder überheblich verwechseln ließe. Doch mit der Zeit kann sie die anderen Frauen genau so mitreißen, wie es für ihr Vorhaben notwendig ist – zumindest der Feel-Good-Part nimmt ab hier entspannt seinen Gang.

„‚Mrs. Taylor’s Singing Club‘ ist geprägt von einer unbändigen Sehnsucht der Frauen, hin zu ihren Männern (oder Frauen) – und es ist allein Kristin Scott Thomas zu verdanken, dass sich der Film mit der Zeit aus dieser Opferhaltung herausbewegt.

„Mrs. Taylor’s Singing Club“ erinnert an dieser Stelle eher an einen Sport-, denn an einen Musikfilm. Die Art und Weise, wie sich hier mehrere (zunächst teils unmusikalische) Personen zusammenraufen, immer länger und ausgiebiger üben, um am Ende ein tolles Ergebnis – ergo: eine starke Gesangsperformance – abzuliefern, wirkt wie eine ausformulierte Trainingsmontage. Das kann langweilen; erst recht, weil die Macher auf ihrem Weg von der unharmonischen Gesangstruppe hin zum harmonischen Chor wirklich jede noch so kleine Möglichkeit etwaiger Überraschung aussparen. Dass eine der Frauen im Laufe des Films mit der Todesnachricht ihres Mannes konfrontiert wird, ist zwar ebenfalls durch und durch vorhersehbar, aber immerhin bringt es die twist- und spannungsarme Geschichte einmal kurz aus dem Takt. Doch wo wenig Höhen und Tiefen, da lässt sich inszenatorisch auch nicht allzu viel brachial falsch machen. „Mrs. Taylor’s Singing Club“ ist durch und durch ein Wohlfühlfilm – und als solcher darf es hie und da auch mal an Ecken und Kanten mangeln. Allzu viel substanziellen Mehrwert hat die Geschichte indes nicht, was aber auch daran liegt, dass man nicht so recht weiß, wie nett es Peter Cattaneo nun eigentlich wirklich mit seinen Hauptfiguren meint.

Kate (Kristin Scott Thomas) und Lisa (Sharon Horgan).

Im Presseheft zu „Mrs. Taylor’s Singing Club“ gab der Filmemacher zu Protokoll, dass er Frauen eine Stimme geben wolle, die sonst eher nicht gehört werden. Eine ehrenwerte Intention, denn tatsächlich fallen uns auf Anhieb kaum Filme darüber ein, wie es eigentlich den Frauen ergeht, während ihre Männer gerade im Krieg verweilen. So gesehen stimmt es: In „Mrs. Taylor’s Singing Club“ dürfen erstmals diejenigen einen Film völlig allein bestreiten – zumindest fast! – die sonst nur Staffage in bevorzugt mit männlichen Hauptfiguren ausgestatteten Kriegsfilmen sein dürfen. Irritierend wirkt in diesem Fall allerdings, wie sorgsam das Skript jedwede Form des Aufbegehrens ausspart. Kate, Lisa und all die anderen Frauen aus dem Military-Wives-Chor singen politisch neutrale Achtzigerjahre-Pop-Evergreens, äußern sich nie dazu, wie sie eigentlich generell zum Thema Krieg stehen (einfach weil sie es auch überhaupt nicht dürfen), obwohl es mehrmals im Film die Gelegenheit dazu gäbe und machen auch sonst immer genau das, wodurch sie gerade nicht negativ auffallen – oder überhaupt auffallen. Und damit führt Peter Cattaneo seine ursprüngliche Intention ad absurdum, indem er den Frauen zwar eine Stimme schenkt, aber selbst bestimmt, wie viel und vor allem was sie sagen dürfen. Dabei hätte insbesondere das tatsächlich zu Tränen rührende Finale, in dem die Frauen einen Song aus Brieffetzen an ihre Ehemänner zusammenschreiben, einen insgesamt deutlich besseren Film verdient.

„Irritierend wirkt, wie sorgsam das Skript jedwede Form des Aufbegehrens ausspart.“

Fazit: „Mrs. Taylor’s Singing Club“ ist eine durch und durch harmlose Musik-Tragikomödie nach Sportfilmdramaturgie, die das Versprechen, ungehörten Frauen eine Stimme zu geben, jedoch nicht vollständig einlöst.

„Mrs. Taylor’s Singing Club“ ist ab dem 15. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Das liesr sich sehr gut!! Sharon Horgan ist ja bestens bekannt aus der britischen Erfolgs Serie „Catastrophe“!!

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