The Silence

Die Prämisse des Endzeitthrillers THE SILENCE kommt einem bekannt vor, doch wie schlägt sich der Film über eine Welt, in der man keinen Muchs von sich geben darf, damit einen blutrünstige Monster nicht finden? Das verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Als eine archäologische Expedition in einem unzugänglichen Höhlensystem in Nordamerika eine bislang unbekannte Parasitenart entdeckt, ahnt noch niemand, wie gefährlich diese „Wespe“ genannte Spezies tatsächlich ist. Doch einmal freigesetzt, mutieren und vermehren sich diese Urzeitmonster nicht nur, sondern greifen bald auch Menschen an. Ihre Opfer finden sie dank ihres feinen Gehörs: Schon das kleinste Geräusch lockt eine Unzahl von ihnen an. Die einst so laute Welt verstummt. Die gehörlose Ally (Kiernan Shipka) und ihre Familie ziehen sich in die Wälder zurück, denn überleben lässt sich nur noch in völliger Stille. Gefahr geht aber auch von anderen Menschen aus, wie die Familie bald erfahren muss: Im rücksichtslosen Überlebenskampf ist jedes Geräusch ein potentielles Todesurteil. Und dann kreuzt eine bedrohliche Sekte ihren Weg, die es ausgerechnet auf Ally abgesehen hat…

Kritik

Man könnte fast schon von einem Trend sprechen, doch die Entstehungsgeschichten zu „A Quiet Place“, „Bird Box“ und „The Silence“ überschneiden sich zeitlich zu sehr, als dass einer von ihnen „nur“ ein Trittbrettfahrer wäre. Gewiss war John Krasinskis Film über eine von Aliens heimgesuchte Welt, in der Menschen nur überleben, wenn sie keinen Laut von sich geben, zuerst da – und ein solcher Erfolg, dass mittlerweile sogar eine Fortsetzung geplant ist. Gleichzeitig beruhen die nach diesem Megahit entstandenen „Bird Box“ und „The Silence“ auf Romanen, die bereits vor „A Quiet Place“ geschrieben wurden; und im Falle von „The Silence“ fanden die Produktionsplanungen sogar schon statt, als man noch gar nicht wusste, dass „Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen“ eine publikumswirksame Prämisse in Genrefilmen darstellt. Irgendwie scheinen hier also mehrere Menschen kurz hintereinander ähnliche Ideen gehabt zu haben. So oder so: Mit „The Silence“ kommt nun ziemlich überraschend der stärkste Vertreter der drei in die Kinos, obwohl auch dieser so seine Probleme mit sich bringt. Nun gehören wir aber auch zu den wenigen, die „A Quiet Place“ nur wenig abgewinnen konnten und „Bird Box“ – nun ja, lassen wir das…

Die unheimliche Sekte „Die Verstummten“.

Wie der Name schon sagt, geht es auch in „The Silence“ darum, möglichst keinen Muchs zu machen, damit einen den Tod bringende Wesen in Form von blutrünstigen Urzeitvögeln nicht den Garaus machen. Damit hätten wir auch direkt eines der Kernprobleme an „The Silence“: Gut getrickst ist an den Vögelviechern nämlich gar nichts und wenn sie nicht gerade in Schwärmen auf Hochspannungsmasten sitzen (Hitchcocks Vögel lassen grüßen!) und mit ihren übernatürlich gut ausgebildeten Lauschern darauf warten, auf welches Ziel sie sich als nächstes zu stürzen haben, dann wirken sie aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu den explodierenden Vogelmonstern aus dem Trash-Klassiker „Birdemic“ nämlich ganz schön scheußlich (und zwar nicht im positiven Sinn). Gruselig sind sie in Nahaufnahme jedenfalls nicht. Dafür versprühen sie gerade in den besagten Schwärmen – auch gern in riesigen Formationen am Himmel kreisend – eine ganz eigene, beunruhigende Atmosphäre, sodass sie von Weitem immerhin einen durchaus ernst zu nehmenden Antagonisten darstellen. Weitaus überzeugender als die Bösewichter sind in „The Silence“ aber ohnehin die Protagonisten, denn überraschenderweise agieren die – zumindest an Horrorfilmstandards gemessen – smart und weitsichtig, weshalb es tatsächlich mal wieder richtig schade ist, wenn szenenweise trotz aller getroffener Vorkehrungen doch das Böse siegt.

Angeführt von Stanley Tucci, dessen Rollenauswahl mittlerweile von Charakterdramen à la „Kindeswohl“ über pompöse Blockbusterunterhaltung der Marke „Transformers“ bis hin zu B-Heimkinoware wie „Patient Zero“ reicht, fungiert als Oberhaupt einer Familie, die in dem apokalyptischen Chaos irgendwie versucht, alles richtig zu machen und der dies dank Geschick und Übersicht auch die meiste Zeit über gelingt. Das geht sogar so weit, dass sich das Skript von Carey und Shane van Dyke („Chernobyl Diaries“) einige humoristische Spitzen erlauben kann, ohne dass die beklemmende Atmosphäre dadurch direkt einzustürzen droht. Hier ergeben sich augenzwinkernde Momente vor allem aus den Umständen und nie durch gezielt geschriebene Gags – Ironie des Schicksals sozusagen; Und die Darsteller sind dank ihrer überzeugenden Performance dazu in der Lage, das Erzählkonstrukt zusammenzuhalten. Dabei schöpft das Drehbuch das volle Potenzial der Figuren allerdings nicht immer aus: So wird am Anfang des Films beispielsweise etabliert dass die funktionierenden Sinne der taubstummen Ally besonders geschärft sind, was allerdings nur in zwei Szenen so richtig zum Tragen kommt: Einmal erkennt sie anhand des Fells, wie angespannt der Familienhund gerade ist und ein anderes Mal kommt sie als erstes auf die Idee, wie man sich aus einem von Vogelmonstern befallenen Supermarkt befreien könnte. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen, denn so versteht man nicht so ganz, weshalb die Figur überhaupt taubstumm ist.

Ally (Kiernan Shipka) und Hugh (Stanley Tucci) erkunden eine verlassene Stadt auf der Suche nach Medikamenten und Nahrung.

Genauso wenig erschließt sich einem übrigens auch, was sich die Macher bei den Entwicklungen der zweiten Hälfte gedacht haben. Wenn hier nämlich aus dem Nichts ein fanatisch-religiöser Kult auftaucht, der sich das Szenario zunutze macht, um seine krude Philosophie unter die Menschen zu bringen, verliert „The Silence“ seinen Fokus vollkommen. Es ist zwar schon eine nette Botschaft, dass aus der „Mensch-gegen-Natur-Prämisse“ schließlich ein „Mensch-gegen-Mensch“-Film wird. Trotzdem wirkt der Part rund um den angsteinflößenden Sektenführer wie mit der Brechstange in den Film gehämmert und bringt – anders als etwa die bereits erwähnten Humoreinschübe – das zuvor aufgebaute Flair des Films nahezu vollständig zum Einsturz (auch wenn es ohne ihn eine der stärksten Szenen im Film, Stichwort: Smartphones, gar nicht gäbe). Das ist schade, denn Regisseur John R. Leonetti legt ansonsten ein bereits in den „Conjuring“-Filmen, für die er die Kamera führte, und seiner Regiearbeit „Annabelle“ bewiesenes Gespür für Spannung und Stimmung hin. „The Silence“ sieht gut aus und hört sich gut an. Schade, dass die sprunghafte Geschichte da nicht immer mithalten kann und die clever agierenden Figuren die wesentlich weniger smarten Entwicklungen nicht vollständig ausgleichen können.

Fazit: „The Silence“ ist klüger als „A Quiet Place“, spannender als „Bird Box“, dafür weitaus weniger gut getrickst und fällt gegen Ende hin deutlich ab. Von den drei hier genannten Filmen allerdings mit Abstand der stärkste – vor allem dank Stanley Tucci in der Hauptrolle.

„The Silence“ ist ab dem 16. Mai in den deutschen Kinos zu sehen.

Und was sagst Du dazu?