Urlaubsreif

Adam Sandler und die internationale Presse sind sich nicht gerade grün. Man muss schon Fan sein, um an den infantilen Blödeleien des Comedians Gefallen zu finden. In seinem neusten Film URLAUBSREIF agiert er an der Seite von Everybody’s Darling Drew Barrymore und liefert nicht nur eine schauspielerisch starke Leistung ab, sondern ist endlich mal wieder Bestandteil eines gelungenen Familienfilms. Wo der Streifen dennoch seine Schwächen hat und wie das Fazit ausfällt, lest Ihr in meiner Kritik.

Der Plot

Nachdem ihr Blind Date katastrophal schiefgelaufen ist, sind sich die alleinerziehenden Eltern Lauren (Drew Barrymore) und Jim (Adam Sandler) zumindest in einem Punkt einig: Sie wollen einander nie wiedersehen. Doch zufällig melden sich beide unabhängig voneinander für denselben Familien-Traumurlaub an – und müssen schließlich zusammen mit all ihren Kindern eine ganze Woche in einer gemeinsamen Suite ihres luxuriösen afrikanischen Safari-Hotels durchhalten.

Kritik

Nationale wie internationale Kritiker und Adam Sandler stehen seit jeher auf Kriegsfuß. Der infantile Blödelhumor des 48-jährigen Schauspielers, Drehbuchautoren und Produzenten deckt sich allenfalls mit den Sehgewohnheiten des Publikums, nicht aber mit denen des professionellen Betrachters. Vor allem die letzten Produktionen, an denen er mitwirkte, fielen bei der Presse gnadenlos durch. Ob „Der Chaos-Dad“, „Jack & Jill“ oder zuletzt die Fortsetzung zu „Kindsköpfe“: Sie alle einte neben einer großen Menge halblustiger Kalauer unterhalb der Gürtellinie vor allem das Gespött seitens der Zuschauer. Darüber vergisst man gern einmal, dass der bereits elfmal für eine Goldene Himbeere nominierte Sandler nicht bloß für kindische Albernheiten bekannt ist. Sein Stelldichein in Filmen wie „Bedtime Stories“ oder „Big Daddy“ ist mit seinen Auftritten in besagten anderen Werken nicht zu vergleichen. „Urlaubsreif“-Regisseur Frank Coraci wählte Adam Sandler schon einmal für die Hauptrolle in einem seiner Filme aus. Im ebenfalls eher mau aufgenommenen „Klick“ schlüpfte er in die Rolle des Besitzers einer Universalfernbedienung, mit der sich ohne weiteres die Welt steuern ließ. Per se stehen die Chancen auf eine baldige Versöhnung zwischen Kritikerschaft und Sandler-Film also nicht allzu gut. Abgesehen vom Mitwirken Drew Barrymores, einer der an der Kinokasse profitabelsten Hollywood-Schauspielerinnen, hat „Urlaubsreif“ auf den ersten Blick keinerlei Potenzial, mehr zu bieten als einen erneuten, x-beliebigen Komödienknaller der Marke „Grown-Ups“. Da erstaunt es umso mehr, dass Frank Coracis achte Kino-Regiearbeit trotz obligatorischer Hollywoodkomödien-Schwächen einen erstaunlich starken Vertreter diverser Sandler-Komödien abgibt. Urlaubsfeeling inklusive.

Für die Drehbuchautoren Ivan Menchell und Clare Sera ist „Urlaubsreif“ das erste Kinoprojekt ihrer schon eine beachtliche Vita aufweisenden Karriere im Entertainment-Business. Menchell inszenierte unter anderem die hierzulande wenig beachteten Serien „Jonas“ und „Phil aus der Zukunft“, Clare Sera spielte kleine Rollen in Hollywoodstreifen und schrieb Drehbücher für TV- und Kurzfilme. Dass Menchell federführend die Arbeit am Skript übernahm, kehrt sich in „Urlaubsreif“ durchaus hervor. Die für eine Komödie äußerst üppig ausfallende Laufzeit von rund zwei Stunden bietet mancherorts das Potenzial für eine Serie; wenn auch für eine, mit einer vermutlich recht kurzen Halbwertszeit. Doch Frank Coraci nutzt die Prämisse recht geschickt und gibt sich, anders als in diversen seiner Vorwerke, Mühe, eine Geschichte mit erkennbarer Dramaturgie zu erzählen. Dabei nimmt sich „Urlaubsreif“ nicht davon aus, in diverse Komödien-Fettnäpfchen zu treten. Der Plot erweist sich von der ersten Szene an als stark vorhersehbar, manch ein Nebencharakter verkommt zum nervigen Comedy-Sidekick und es sitzt bei weitem nicht jede Pointe. Dennoch überwiegt die Überraschung darüber, dass es vor allem dem Protagonistenpaar gelingt, in den entscheidenden Momenten eine tolle Chemie untereinander an den Tag zu legen.

Es ist das große Los der Filme, von denen man vorab nichts erwartet. Vielerorts legt „Urlaubsreif“ regelrecht den Grundstein für brachiale Schenkelklopfer, die Sandler in anderen seiner Filme durchaus gebracht hätte, um hier mehr aus den einzelnen Prämissen herauszuholen. So spricht eine von Jims Töchtern immer wieder mit dem Geist ihrer toten Mutter. Wäre dies in Filmen wie „Kindsköpfe“ noch die Steilvorlage für jede Menge laute Gags gewesen, geht man hier behutsam mit dieser Gegebenheit um und nutzt sie symbolisch für das Gefühlsleben der durch den Tod der Mutter gekennzeichneten Familie. Das mag in Filmen eines anderen Schlages immer noch viel zu plakativ erscheinen, hier passt es jedoch, was auch auf die um emotionale Tiefe bemühten Szenerien zutrifft. Man möchte fast meinen, die durch „E.T.“ bekannt gewordene Drew Barrymore hätte den einstige Blödelbarden Adam Sandler gezähmt. Nicht nur, dass die Schlagzahl an Slapstick und infantilem Wortwitz verhältnismäßig gering ist, vor allem in den ruhigen Momenten, von denen es mehr gibt, als vorab erwartet, kann Sandler beweisen, dass in ihm mehr steckt als ein Comedian. Für die süße Drew Barrymore gilt dies sowieso, die in der Rolle der alleinerziehenden Mutter auf charmante Weise überzeugt. Als ebenfalls gelungen erweist sich der Part von „Brautalarm“-Star Wendi McLendon-Covey. Die temperamentvolle Darstellerin verbindet Diva-Attitüde mit einer herzlichen Bodenständigkeit und agiert vor allem im Zusammenspiel mit Barrymore hervorragend. Herrlich fies, wenn auch nicht ganz so stark wie seine Kollegen, spielt auch „Community“-Schönling John McHale die Rolle von Laurens schmierigem Ex-Freund. Hier stimmt die Chemie so gar nicht – und das ist auch gut so.

Gedreht wurde „Urlaubsreif“ zum Großteil an Originalschauplätzen in Südafrika. Dass es sich das Team vor und hinter der Kamera dennoch nicht nehmen lässt, ein Landesklischee an das andere zu reihen, ist ärgerlich und tut dem Film nicht immer gut. Auch mogelt sich vor allem in der in Afrika gedrehten Story-Passage manch ein typischer Sandler-Gag dazwischen, den es nicht braucht. Schlecht animierter CGI-Strauß inklusive. Gerade hier erweisen sich auch die Sidekick-artig eingestreuten Nebenfiguren als schrecklich nervig. Ob eine zu jeder Tages- und Nachtzeit aus dem Nichts aufkreuzende Afro-Band (die übrigens auch für einen miserablen Abschlussgag verantwortlich ist) oder Jessica Lowe („Wish it Inc.“) als strunzdoofe Blondine: Derartige Zugeständnisse an den Blödelhumor-Liebhaber unter den Kinogängern lassen die Stimmung in „Urlaubsreif“ ab und an kippen. Dafür gelingen Kameramann Julio Macat („Pitch Perfect“) tolle, schwelgerische Aufnahmen von Afrikas Flora und Fauna und Komponist Rupert Gregson-Williams („Winter‘s Tale“) kreiert einen afrikanisch angehauchten Score und spielt mehrmals gezielt mit Popsong-Klischees.

Beim gemeinsamen Frühstück im Hotel kommen sich Jim und Lauren zum ersten Mal näher.

Fazit: „Urlaubsreif“ hat mit sämtlichen Vorwerken Adam Sandlers nichts zu tun, sondern stellt stattdessen ein sehenswertes Familien-Abenteuer vor toller Kulisse sowie den vielleicht stärksten Film seiner Karriere. Die überraschungsarme Story, ein überkonstruiertes Finale und manch eine die Nerven überstrapazierende Nebenfigur trüben das Seherlebnis leider ab und zu.

„Urlaubsreif“ ist ab dem 22. Mai bundesweit in den Kinos zu sehen.