Das startet am 18. Oktober 2018

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, unserer wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht es um den Starttag des 18. Oktober, dem es nicht an Abwechslung mangelt. Der stärkste Beitrag kommt aus Dänemark, denn der dänische Oscar-Kandidat „The Guilty“ kommt ins Kino, wenn auch nur in kleiner Auflage. Die breite Masse wird sich vermutlich vor allem für zwei Filme interessieren: die sympathische Agentenkomödie „Johnny English 3“ und Sönke Wortmanns neuen Film „Der Vorname“, ein Remake des gleichnamigen französischen Kammerspiels. Völlig überraschend erscheint außerdem das Teeniedrama „Blame“, von dem vermutlich kaum einer Notiz nehmen wird. Dabei ist es wirklich einen Blick wert. Ganz im Gegensatz zu „Krystal“, von dem man nicht weiß, was er eigentlich soll.
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
THE GUILTY | Regie: Gustav Möller | DK 2018
Ganz klein und zitternd ist Ibens (Laura Bro) Stimme am Telefon. Unter Todesangst tut die junge Frau so, als würde sie mit ihrer Tochter telefonieren. Ihr Entführer (Jakob Ulrik Lohmann) sitzt neben ihr im Wagen und darf unter keinen Umständen bemerken, dass sie die Notrufnummer der dänischen Polizei gewählt hat. Dort nimmt der in die Einsatzzentrale sitzende, dorthin strafversetzte Asger Holm (Jakob Cedergren), der eigentlich nur noch die Stunden zählt, bis er am nächsten Tag vor Gericht aussagen muss, Ibens Anruf entgegen. Zunächst hält er ihn für einen dummen Scherz und will schon fast wieder auflegen, bis er die Ernsthaftigkeit erkennt. Er weckt alle totgeglaubten Polizisteninstinkte in ihm. Er will ihr unbedingt helfen! Sofort! Aber dafür hat er nur sein Telefon zur Verfügung – und keine Zeit zu verlieren…
Der dänische Thriller „The Guilty“ ist trotz seiner einfachen inszenatorischen Mittel der Genregeheimtipp des Jahres und einer der spannendsten Filme, die das Kinojahr 2018 zu bieten hat.
DER VORNAME | Regie: Sönke Wortmann | DE 2018
Es hätte ein wunderbares Abendessen werden können, zu dem Stephan (Christoph Maria Herbst) und seine Frau Elisabeth (Caroline Peters) in ihr Bonner Haus eingeladen haben. Doch als Thomas (Florian David Fitz) verkündet, dass er und seine schwangere Freundin Anna (Janina Uhse) ihren Sohn Adolf nennen wollen, bleibt den Gastgebern und dem Familienfreund René (Justus von Dohnányi) bereits die Vorspeise im Hals stecken. Man faucht einander Wahrheiten ins Gesicht, die zugunsten eines harmonischen Zusammenseins besser ungesagt geblieben wären. Starke Egos geraten aneinander, Eitelkeiten werden ausgespielt und der Abend eskaliert: Die Diskussion über falsche und richtige Vornamen geht in ein Psychospiel über, bei dem die schlimmsten Jugendsünden und die größten Geheimnisse aller Gäste lustvoll serviert werden.
In „Der Vorname“ fliegen die verbalen Fetzen, und das Ensemble hat ansteckende Freude daran: Filmreif ausgeleuchtet und flott erzählt macht Sönke Wortmann aus einem französischen Theaterstück eine sehr deutsche, dennoch sehr lustige Film-Angelegenheit.
BLAME – VERBOTENES VERLANGEN | Regie: Quinn Shephard | USA 2017
Nach langer Krankheit wagt sich die zurückhaltende Außenseiterin Abigail (Quinn Shephard) zum ersten Mal wieder in ihre Schule. Kaum angekommen, muss sie bereits die Provokationen ihrer manipulativen Mitschülerin Melissa (Nadia Alexander) ertragen, die es von Anfang an auf sie abgesehen zu haben scheint. Als Abigail auch noch von ihrem neuen, attraktiven Schauspiel-Aushilfslehrer Jeremy (Chris Messina) für die Hauptrolle des begehrten Schultheaterstücks ausgewählt wird, werden die beiden zu richtigen Rivalinnen. Die beginnenden Annäherungen zwischen Abigail und ihrem Lehrer spielen Melissa dabei in die Hände. Ihr ist mittlerweile jedes Mittel recht, um Abigail zu bekämpfen. Auch wenn dies dunkle Geheimnisse ans Licht bringt, die für alle Beteiligten Konsequenzen haben werden…
Für ihr Langfilmdebüt „Blame – Verbotenes Verlangen“ geht Quinn Shephard kein Risiko ein und inszeniert ein schmuck aussehendes und unaufgeregt erzähltes Schuldrama, das sie um die spannende Komponente Schüler-Lehrer-Liebe ergänzt.
JOHNNY ENGLISH – MAN LEBT NUR DREIMAL | Regie: David Kerr | UK/FR/USA 2018
Die digitale Welt besteht nur aus Nullen und Einsen – und Johnny English (Rowan Atkinson) ist definitiv keine Eins. Durch die Attacke eines mysteriösen Hackers (Jake Lacy) auf den Geheimdienst des vereinigten Königreiches werden sämtliche britischen Undercover-Agenten enttarnt. Einzig Johnny English, der sich der Digitalisierung aufgrund mangelnder Fähigkeiten bislang erfolgreich widersetzen konnte, bleibt übrig. Der britischen Prime Ministerin (Emma Thompson) bleibt keine andere Wahl, als ausgerechnet den Spion zu reaktivieren, der bisher jede seiner Missionen vermasselt hat. Sie selbst hält von dieser Idee am wenigsten. Mit seinen kompromisslos analogen Methoden werden Johnny English und seinem Kollegen Bough (Ben Miller) zur letzten Hoffnung des Geheimdienstes Ihrer Majestät und stürzen sich in ein wagemutiges Abenteuer.
Ein solider Spionage-Plot, ein gut aufgelegter Cast und stimmig inszenierter Slapstick, der niemals unter die Gürtellinie wandert – „Johnny English – Man lebt nur dreimal“ ist in seinem Humor derart harmlos und sympathisch, dass er im Comedy-Segment eine echte Ausnahmeerscheinung darstellt, auch wenn es ihm hier und da an Überraschung mangelt.
GIRL | Regie: Lukas Dhont | BEL/NED 2018
Lara (Victor Polster) ist 15 und hat einen Traum: Sie will Balletttänzerin werden. Als sie an einer renommierten Akademie unter Vorbehalt angenommen wird, zieht sie mit ihrem Vater und ihrem kleinen Bruder nach Brüssel. Währenddessen versucht Lara noch einen zweiten Kampf zu gewinnen: Sie will sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen. Äußerlich ist sie bereits ein Mädchen, doch ihr Körper ist noch der eines Jungen. Ihr Vater unterstützt sie bei ihrem Vorhaben, begleitet seine Tochter bei jedem Schritt und ist für sie da, genau wie Psychologen und Ärzte. Doch der Leistungsdruck auf die junge Ballerina ist enorm und nebenbei wird Lara durch ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ins heiß-kalte Wasser der Pubertät geworfen. Das kräftezehrende Training zwingt Lara schließlich zur Selbstkasteiung, mit der sie wiederum ihre Operation aufs Spiel setzt.
„Girl“ zerfällt in zwei Teile. Die erste Hälfte zeigt auf bemerkenswert authentische Weise und ohne abgegriffene Klischees den inneren Kampf einer jungen Frau, gefangen in einem männlichen Körper. Die zweite Hälfte kippt dann plötzlich in austauschbaren Betroffenheitskitsch, der in ein streitbares Finale mündet, das aber immerhin im Gedächtnis bleibt.
CHAMPAGNER & MACARONS – EIN UNVERGESSLICHES GARTENFEST | Regie: Agnès Jaoui | FR 2018
Nathalie, die vielbeschäftigte Fernsehproduzentin, lädt zur großen Einweihungsparty in ihre Villa vor den Toren Paris` – mit einer illustren Gästeliste: Ihr Schwager Castro hat seine besten Jahre als Star-Moderator im Fernsehen hinter sich. Castros Ex-Frau Hélène und Schwester von Nathalie macht wieder einmal nur Werbung für ihr neustes Flüchtlingsprojekt. Deren Tochter Nina ist kurz davor, ihren zweiten Roman zu veröffentlichen, in dem ihre Eltern nicht gerade gut wegkommen. Unaufhaltsam füllt sich der Garten mit Menschen aller Art, aus der Stadt und vom Land, Möchtegern-Stars, Hipstern und Lebenskünstlern, YouTubern und Influencern, Musikern und mittendrin die hoffnungslos verknallte Kellnerin Samantha, die nur Eines will – ein Selfie mit Castro. Man bewundert und verachtet sich, tanzt und singt, fühlt sich cool und lebendig – und vielleicht ein bisschen einsam auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten.
In der Tragikomödie „Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest“ sieht man dem Klischee der High Society eineinhalb Stunden beim Sinnieren über ihre First World Problems zu. Trotz kleinerer amüsanter Momente ist das vermutlich nur für die spannend, die selbst dazugehören.
PLOEY | Regie: Árni Ásgeirsson | ISL/BEL 2018
Um die rauen Wintermonate zu überleben, muss sich Ploey (Originalstimme: Jamie Oram), ein junger Goldregenpfeifer, ganz allein auf eine gefährliche Reise machen, um ein sagenumwobenes Tal zu finden, das im Herzen des Berglands liegt. Eigentlich wollte er gemeinsam mit seiner Mutter und dem Schwarm gemeinsam fliegen, doch die halten ihn für tot. Währenddessen versucht er, sich vor den stets wachsamen Augen eines heißhungrigen Falken zu verstecken, der seine Familie und Freunde seit Jahren terrorisiert und erst kürzlich seinen Vater getötet hat. Leider hat Ploey massive Schwierigkeiten mit dem Fliegenlernen! Doch glücklicherweise lernt er auf seiner Reise viele neue Freunde kennen, die ihn nicht bloß vor dem Räuber beschützen, sondern vielleicht sogar helfen können, an sich selbst zu glauben und damit auch daran, dass er fliegen kann…
„Ploey“ folgt über weite Strecken den Erzählkonventionen typischer Mutmach-Kinderfilme, stellt sich mit einer merkwürdigen Botschaft allerdings selbst ein Bein und irritiert zusätzlich durch eine sehr einfältige Zeichnung der Schurkenfigur. Und optisch macht der Film ebenfalls keine gute Figur.
KRYSTAL | Regie: William H. Macy | USA 2017
Taylor Ogburn (Nick Robinson) hat Angst, dass ihm seine Herzerkrankung zum Verhängnis wird, sollte er sein Leben wie andere in seinem Alter in vollen Zügen genießen. Seine Eltern (William H. Macy und Felicity Huffman) sind überfürsorglich und halten ihn davon ab, ins Kino zu gehen, Sport zu treiben und sich zu verlieben. Alles was Spaß macht, aber natürlich auch Stress bedeutet, ist tunlichst zu vermeiden. Er ist Zuschauer seines eigenen Lebens. Aber als Taylor Krystal (Rosario Dawson) zum ersten Mal sieht, ist es Liebe auf den ersten Blick und er beschließt, dass es sich lohnt, für diese Frau sein Leben zu opfern. Die Tatsache, dass Krystal zwanzig Jahre älter, ein ehemaliges Escort-Girl und noch eine Süchtige auf Entzug ist, hält Taylor von diesem Entschluss genauso wenig ab, wie, dass Krystal einen Sohn (Jacob Latimore) in seinem Alter hat.
William H. Macys Tragikomödie „Krystal“ als unausgegoren zu bezeichnen, wäre noch eine Untertreibung. Im Laufe der 100 Filmminuten wechselt der Regisseur so oft Tonart und Thema, dass man am Ende überhaupt nicht weiß, was der Film erzählen soll. Und das, was er erzählt, ist zum Großteil hanebüchen.
DOGMAN | Regie: Matteo Garrone | IT/FR 2018
Irgendwo in einer verfallenen italienischen Küstenstadt, wo das Gesetz des Stärkeren gilt, lebt der sanftmütige Hundefriseur Marcello (Marcello Fonte). Mit seinem Salon verdient der schmächtige Mann den bescheidenen Unterhalt für sich und seine kleine Tochter Alida, die er über alles liebt. Der ganze Ort wird allerdings von dem ehemaligen Boxer Simoncino (Edoardo Pesce) tyrannisiert. Nach und nach drängt sich der soeben aus dem Gefängnis entlassene Mafioso auch in Marcellos Leben und bedroht dessen Existenz. Fest entschlossen, seine Würde zurückzugewinnen, schmiedet Marcello einen furchtbaren Racheplan.
„Dogman“ ist eine düstere Parabel über die desolate Lage im heutigen Italien. Regisseur Matteo Garrone („Gomorrha“) erzählt die universelle Geschichte von einem guten Mann, der dem Bösen verfällt, zugleich fesselnd und sehr berührend vor einer faszinierenden süditalienischen Landschaft.
NANOUK | Regie: Milko Lazarov | BUL/DE/FR 2018
Jakutien beherbergt die Eiswüsten des sibirischen Nordens: ein unwirklicher, lebensfeindlicher Ort und gleichzeitig atemberaubend schön. Hier leben wie ihre indigenen Vorfahren Sedna und Nanouk, ein in die Jahre gekommenes Ehepaar. Ihre Jurte besteht aus Rentierfellen und sie versorgen sich mit Jagen und Fischen, in der Wildnis nur begleitet von ihrem Hund. Es ist ein schweigsamer und rauer Alltag, den beide ohne viele Worte verbringen. Und das Überleben wird schwieriger, denn die wenigen Tiere um sie herum verenden an einer mysteriösen Krankheit. Die immer früher einsetzende Schneeschmelze und Stürme bedrohen die schützende Behausung. Ein Besuch unterbricht ihre Routine. Chena, ein junger Mann, ist die einzige Verbindung zur Zivilisation und zu Tochter Ága. Vor langer Zeit hat sie das traditionelle Leben und die Familie verlassen. Nanouk möchte seine Tochter noch einmal wiedersehen.
BEING MARIO GÖTZE | Regie: Aljoscha Pause | DE 2018
Grimme-Preisträger Aljoscha Pause (2010 für „Tabubruch – Der neue Weg von Homosexualität im Fußball“ begleitete den Weltmeister Mario Götze sieben Monate lang mit der Kamera. Die Langzeit-Dokumentation zeigt dabei nicht nur Götzes sportlichen Alltag und seinen Kampf um ein WM-Ticket. Sie gibt auch weitreichende Einblicke in sein privates Leben. Mit zahlreichen prominenten Weggefährten und Angehörigen blickt der Film zurück auf die Anfänge, die großen Erfolge und die Krisen des Dortmunders und thematisiert erstmals auch ausführlich Götzes Krankheitsgeschichte.
Der fünfmalige Deutsche Meister schildert detailreich und offen wie nie zuvor seinen Blick auf den Fußball und das Leben und lässt den Zuschauer so erahnen, was es bedeutet, Mario Götze zu sein.
Heimkinotipp: ISLE OF DOGS – ATARIS REISE | Regie: Wes Anderson | USA/DE 2018
Atari (im Original gesprochen von Koyu Rankin) ist der 12-jährige Pflegesohn des korrupten Bürgermeisters Kobayashi. Als die Hundepopulation explodiert und sich eine gefährliche Seuche ausbreitet, ergeht der Regierungserlass, alle Hunde der japanischen Stadt Megasaki City auf eine riesige Mülldeponie zu verbannen. Als Atari seinen Bodyguard-Hund Spots (Liev Schreiber) vermisst, macht er sich allein in einem Miniatur-Junior-Turboprop auf den Weg und fliegt nach Trash Island, in der Hoffnung, ihn dort wiederzufinden. Auf der Insel angekommen, freundet er sich mit einem Rudel Mischlingshunde an: Boss (Bill Murray), Chief (Bryan Cranston), Duke (Jeff Goldblum), King (Bob Balaban) und Rex (Edward Norton) wollen ihm helfen und gemeinsam brechen sie auf zu einer epischen Reise, die das Schicksal und die Zukunft der ganzen Präfektur entscheiden wird.
Wes Andersons „Isle of Dogs – Ataris Reise“ ist nicht bloß ein exzellent designter, sondern auch smarter Film. Doch mehr als Staunen lässt sich kaum, denn in den hervorragend animierten Figuren steckt wenig Leben. Am Ende hat man das Gefühl, eher einem Hörspiel gelauscht, als einem aufregenden Abenteuer zugesehen zu haben.