Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest

In der Tragikomödie CHAMPAGNER & MACARONS – EIN UNVERGESSLICHES GARTENFEST trifft die geballte französische Medienwelt an einem Abend aufeinander. Das ist leider weniger amüsant, als es sich anhört. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik zum Film.

Der Plot

Nathalie (Léa Drucker), die vielbeschäftigte Fernsehproduzentin, lädt zur großen Einweihungsparty in ihre Villa vor den Toren Paris` – mit einer illustren Gästeliste: Ihr Schwager Castro (Jean-Pierre Bacri) hat seine besten Jahre als Star-Moderator im Fernsehen hinter sich. Castros Ex-Frau Hélène (Agnès Jaoui) und Schwester von Nathalie macht wieder einmal nur Werbung für ihr neustes Flüchtlingsprojekt. Deren Tochter Nina ist kurz davor, ihren zweiten Roman zu veröffentlichen, in dem ihre Eltern nicht gerade gut wegkommen. Unaufhaltsam füllt sich der Garten mit Menschen aller Art, aus der Stadt und vom Land, Möchtegern-Stars, Hipstern und Lebenskünstlern, YouTubern und Influencern, Musikern und mittendrin die hoffnungslos verknallte Kellnerin Samantha, die nur Eines will – ein Selfie mit Castro. Man bewundert und verachtet sich, tanzt und singt, fühlt sich cool und lebendig – und vielleicht ein bisschen einsam auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten. Als die Champagner-Korken knallen und die Party in vollem Gange ist, fallen unaufhaltsam die zivilisierten Masken und geben den Blick frei auf ein unberechenbares Pulverfass der Emotionen…

Kritik

Die Flut an französischen Wohlfühlkomödien fand ihren Anfang 2012 mit dem Dauerbrenner „Ziemlich beste Freunde“. Sechs Jahre später gehört der Film, der Omar Sy international zum Durchbruch verhalf, hierzulande immer noch zu den erfolgreichsten Filmen jüngerer Kinogeschichte und auch das Remake ist mittlerweile fertiggestellt. Trotzdem gab es seit „Monsieur Claude und seine Töchter“ nicht noch ein weiteres Mal den Fall eines französischen Übererfolgs. So nach und nach lichtet sich das Feld, auf dem früher fast wöchentlich neuer Feelgood-Stoff unserer südwestlichen Nachbarn aufblühte, doch ab und zu erreichen sie immer noch die hiesigen Kinogefilde und laufen sogar auf renommierten deutschen Festivals; so wie „Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest“, der an einen Film vom Anfang dieses Jahres erinnert. In „Das Leben ist ein Fest“ handelte Regisseur Jean-Pierre Bacri die Geschehnisse hinter den Kulissen einer Hochzeitsgesellschaft ab und erzählte dabei aus der Sicht eines Partyservices. Offenbar hat Bacri Gefallen daran gefunden, Festivitäten auf Herz und Nieren zu prüfen, denn in seinem neuen Film (er schrieb das Drehbuch und spielt die Hauptrolle) geht es letztlich um nichts Anderes, nur stehen diesmal nicht die fiktiven Angehörigen eines Cateringdienstes im Mittelpunkt, sondern vor allem die Veranstalter und Gäste. Passend zum auf den ersten Blick ein wenig widersprüchlich anmutenden Titel „Place Publique“ (zu Deutsch: öffentlicher Platz) bestehen diese vorwiegend aus Prominenz; aufstrebende Influencer, abgehalfterte Entertainer und Möchtegern-Schauspielerinnen, um nur drei VIP-Kategorien zu benennen, die hier präsentiert werden. Immer wieder deutet sich an, was aus „Champagner & Macarons“ hätte werden können: ein herrlich-selbstironischer Blick auf das Geltungsbedürfnis jedes einzelnen Gasts. Doch Bacri hält sich so krampfhaft an seinen stereotypen Figuren fest, dass es seinem Film an Leben fehlt.

Selbst seine schöne Freundin Vanessa (Héléna Noguerra) kann Castro (Jean-Pierre Bacri) nicht aus seiner Midlife-Crisis herausholen.

Ist „Champagner & Macarons“ nun eine Komödie oder ein Drama? Für das eine fehlt es dem Film an Witz, für das andere an Tiefgang – und selbst, wenn der Film als Mischung aus beidem durchginge, mangelt es dem Film von Agnès Jaoui („Madame Aurora und der Duft von Frühling“) einfach an Dynamik und Drive. Dieses könnte allein schon aus dem Zündstoff entstehen, den ein solches Zusammentreffen von Egozentrikern und eitlen Pfauen nun einmal mit sich bringt; schließlich will sich selbst in seiner Freizeit jeder von seiner besten Seite präsentieren (einer von wenigen gelungen (Running) Gags ist beispielsweise der ständige Versuch der Gastgeberin, ihr bereitgestelltes Anwesen in die direkte Nähe der Metropole Paris zu rücken, indem sie auf die Luftlinie als Entfernung zurückgreift, obwohl es für jeden Normalsterblichen natürlich viel länger dauert, von der französischen Hauptstadt auf das Gut außerhalb des Landes zu reisen). Doch dass wir die Charaktere im ersten Absatz auf ihre Berufsstände reduziert haben, kam nicht von ungefähr; viel mehr erfährt man über die vielen prominenten Gäste auf der Party einfach nicht und für die wenigen Bruchstücke zu Background und Privatleben bedienen sich die Macher an Klischees, die man von der jeweiligen Klientel nun mal erwarten würde. Der alternde Star-Moderator hadert mit seinem Alter, die aufstrebende Internetberühmtheit hält sich für den Mittelpunkt der Welt und der frisch immigrierte Freund der Gastgeberin – natürlich eine überspannte Businesslady mit Bleistiftrock und hautenger Bluse – spricht kaum ein Wort Französisch, weshalb es natürlich umso lustiger ist (oder besser: sein soll), wenn er sich naiv dreinblickend um Kopf und Kragen redet.

Natürlich kann unter kundiger Aufsicht auch das geballte Aufeinandertreffen von Klischees lustig sein. Häufig ergibt sich ja gerade hieraus die Möglichkeit, ebenjene Vorurteile später zu unterwandern, mit ihnen zu spielen und sie so früher oder später komplett außer Kraft zu setzen. Daran scheinen Jean-Pierre Bacri und Agnès Jaoui allerdings genauso wenig interessiert zu sein, wie ihre allesamt ziemlich gelangweilt aufspielenden Darstellerinnen und Darsteller. Am meisten zu tun bekommt da noch Bacri selbst, der mit dem eitlen Lebemann Castro gewissermaßen die Hauptrolle spielt. Im Laufe der 98 Minuten durchläuft seine Figur, die einfach nicht wahrhaben will, dass seine große Zeit vorbei ist, einmal das gesamte Scheitern mitsamt versuchtem Comeback. Dabei geht Bacri leider so sehr in seiner Rolle auf, dass einem der nahbare Kern des einstigen Megastars komplett verborgen bleibt. Castro bleibt über die gesamte Laufzeit ein unausstehliches Arschloch. Und ob dieses nun endgültig in der Versenkung verschwindet, oder am Ende doch nochmal eine Chance bekommt, ist völlig irrelevant. Schade ist an diesem erzählerischen Fokus, dass die Schicksale der anderen Charaktere nur mitgeschleift werden. Dabei wären diese – immerhin zum Teil – weitaus interessanter, als ein sich permanent in Selbstmitleid suhlender Egomane.

Die Kellnerin Samantha (Sarah Suco) ist so begeistert von der Prominenz, dass sie glatt ihren Job vergisst.

Ausgerechnet bei jenen Eskapaden, die sich lediglich am äußersten Rand des Gartenfestes abspielen (und damit kaum die Screentime erhalten, die sie verdient hätten), finden sich immerhin kleine Highlights. Allen voran die umwerfende Sarah Suco („La belle saison – Eine Sommerliebe“) überzeugt als aufgekratzte Servicekraft, die von den vielen VIPs um sich herum so beeindruckt ist, dass sie völlig vergisst, dass sie eigentlich zum Arbeiten da ist und stattdessen lieber auf Selfie-Safari geht. Und auch wenn sich auf Gefühlsseite mal ein kleiner Lichtblick auftut und das große hysterische Getöse Platz für die leisen Töne macht, etwa als sich der soeben gefeuerte Chauffeur Manu (Kévin Azaïs) und die aufstrebende Autorin Nina (Nina Meurisse) zusammentun und ihren Gefühlen freien Lauf lassen, gewinnt „Champagner & Macarons“ ein wenig an emotionaler Tiefe. Doch symptomatisch für den gesamten Film steht im Grunde, dass es dann ausgerechnet diese beiden sind, die die Party als erstes wieder verlassen. So bleibt am Ende doch nur wieder der Blick auf die eindimensionalen Charaktere die noch übrigbleiben. Das ist vielleicht konsequent gedacht und soll aussagen, dass sich berühmte Menschen früher oder später alle auf ihren Status als Promi reduzieren lassen müssen. Doch wer nicht dazu gehört, schaut eben bloß eineinhalb Stunden dabei zu, wie über First World Problems philosophiert wird. Und so chic das Ganze auch ausschaut, so inhaltsleer und uninteressant ist es doch.

Fazit: In der Tragikomödie „Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest“ sieht man dem Klischee der High Society eineinhalb Stunden beim Sinnieren über ihre First World Problems zu. Trotz kleinerer amüsanter Momente ist das vermutlich nur für die spannend, die selbst dazugehören.

„Champagner & Macarons“ ist ab dem 18. Oktober in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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