2013 – Die Plätze 20 bis 11

Vor einigen Tagen eröffnete ich an dieser Stelle meine Jahrescharts 2013. Was sich auf den Plätzen 30 bis 21 findet, könnt ihr hier nachlesen. Um Euch nicht weiter auf die Folter zu spannen, geht es nun mit den nächsten zehn Platzierungen weiter. Vorab jedoch ein bisschen Statistik: Ich habe vom 01. Januar bis zum 31. 12. 2013 exakt 119 Kinovorstellungen besucht. Dabei habe ich 108 verschiedene Filme gesehen. 104 mal besuchte ich reguläre Vorführungen, 15 mal waren diese ausschließlich für die Presse. Und 32 Filme habe ich im Kino verpasst und mussten von mir schließlich auf DVD nachgeholt werden. Abgesehen von 6 Filmen – bei denen handelte es sich um welche, die ausschließlich im Ausland oder auf Festivals im Kino liefen, hierzulande jedoch nur auf DVD erschienen. 

20

Das nach einem Roman von „Trainspotting“-Autor Irvine Welsh inszenierte Crime-Drama DRECKSAU macht seinem Namen alle Ehre. Dieser kleine Bastard von Film nimmt den Zuschauer mit auf einen irren Trip durch Schottland, immer auf den Fersen des korrupten und widerwärtigen Cops Bruce, der Drogen und Alkohol am laufenden Band konsumiert. Der teils arg surrealistische Streifen wirkt schnell wie ein berauschender Drogentrip. Die schräg-überzeichneten Figuren, das rasende Tempo und die mit skandalträchtigem Inhalt spielende Handlung lässt „Drecksau“ zu schwer verdaulichem Stoff werden. Jedoch auch zu einem Höllenritt an Kinoerlebnis, auf dessen Überstehen man anschließend mehr als stolz sein kann.

 

19

Der twistreiche Thriller SIDE EFFECTS von Steven Soderbergh kommt ganz im Hitchcock-Gewand daher und liefert ein starbesetztes Machtspiel, bei dem das Publikum sich der Pro- und Antagonisten bis zum Schluss nicht sicher sein kann. Die Grenzen von Gut und Böse verwischen in diesem Verwirrspiel zu einer bedrohlichen Atmosphäre, wie sie auch der Meister des Suspense nicht besser hinbekommen hätte und lässt den Cast aus Catherine Zeta-Jones, Channing Tatum, Jude Law und Rooney Mara vor allem in den hitzigen Dialogen zur Hochform auflaufen. Inszenatorisch verzichtete Soderbergh auf zu viel Tamtam und lässt die Dialoge und ruhigen Bilder für sich sprechen. Das nimmt „Side Effects“ jedoch nicht das Prädikat, einer der nervenaufreibendsten und inzensivsten Thriller des Jahres zu sein.

 

18

Ob es das gefühlte Déja-Vu war, welches die Schulkomödie FACK JU GÖHTE so weit oben in meiner Gunst landen ließ? Vermutlich auch, denn mit welcher Treffsicherheit „Türkisch für Anfänger“-Regisseur Bora Dagtekin die Idiotie des aktuellen Schulsystems veralbert, ist genial. Dabei führt er die Gesamtschulklasse aus strunzdoofen Schülern selten vor, sondern ergötzt sich lieber am Slapstick und Wortwitz, den Schüler und Lehrer im Zusammenspiel provozieren. Vor allem M’Barek und Herfurth stellen herrliche Karikaturen gängiger Lehrertypen dar und erhalten mit Uschi Glas als Vollblutlehrerin und Katja Riemann als Direktorin prominente Unterstützung. Ein One-Liner jagt den nächsten und es ist eine Kunst, seine Figuren dabei nicht der Lächerlichkeit preiszugeben.

 

17

„Eine der besten deutschen Filme des Jahres!“ prangt es auf dem Plakat von DAS LEBEN IST NICHTS FÜR FEIGLINE. Und ausnahmsweise ist dieser Spruch kein bloßes Werbeversprechen. Die schwierige Mischung aus melancholischer Familientragödie und mal heiterer, mal tiefschwarzer Komödie ist der authentische Blick auf eine Familie, in der Vater und Tochter nach dem Tod der Mutter ab sofort auf sich gestellt sind. Wotan Wilke Möhring mimt intensiv die zwischen Zusammenbruch und Hoffnung schwankende Hauptfigur und ergänzt sich optimal mit der beeindruckenden Neuentdeckung Helen Woigk als seine Tochter. Wenn einem das Lachen im Halse stecken bleibt oder man vor Freude weint, präsentiert sich die Regiearbeit von André Erkau in Höchstform – und tatsächlich als einer der besten deutschen Filme des Jahres.

 

16

Verbinskis LONE RANGER musste in den USA eine Kritikerschelte nach der anderen einstecken. Zu unausgegoren und zu wenig ineinander verschlungen seien die einzelnen Abschnitte, zu unentschlossen die Ausrichtung und zu sehr spiele Johnny Depp einfach nur einmal mehr seine Rolle des Captain Jack Sparrow. Ziemlicher Blödsinn: Das fand man auch in Europa. Wenngleich „Lone Ranger“ insgesamt ein Misserfolg blieb, so hat man doch immerhin hier erkannt, dass in dem spektakulären Action-Western ein launiges Abenteuer steckt, das mit tollen Charakteren und einer extremen Kurzweil besticht. Johnny Depp und Armie Hammer ergänzen sich vortrefflich und haben mit Filmpferd Silver einen großartigen Sidekick erhalten. Wer an dieser ausgeklügelten Western-Hommage keinen Spaß hat, ist selbst Schuld.

 

15

So richtig konnte man sich bei DIE UNFASSBAREN nie sicher sein, wie viel Realismus oder Fantasy in dem magischen Heist-Movie steckt. Das hochkarätige Ensemble stellte in diesem Jahr eines der sympathischsten und ließ das Publikum in eine Welt voller Magie abtauchen. Die lockere Inszenierung von Louis Leterrier gleicht einer amüsanten Achterbahnfahrt und erzählt dabei eine leicht zu verfolgende Story, die zum Miträtseln einlädt. Dazu wird das Publikum von Beginn an sogar regelrecht angehalten. Denn wer sich erst einmal in die Hände der Unfassbaren begibt, wird bereits zu Beginn mit einem tollen, echten Zaubertrick belohnt, den Jesse Eisenberg dem Publikum vorführt. Genauso heiter, leichtfüßig und dabei stets nachvollziehbar vergehen die anschließenden zwei Stunden wie im Flug.

 

14

Mit der niedlichen Comichelden-Demaskierung aus Teil 1 hat KICK-ASS 2 kaum mehr etwas gemein. Die unbedarfte Tollpatschigkeit und augenzwinkernde Ironie mussten urkomischer, aber absolut schamloser und jederzeit frecher Action weichen. Dabei mimt Chloe Grace Moretz das kompromisslose Hit Girl mit derart trockener Selbstverständlichkeit, dass es eine Freude ist, ihr beim Massakrieren böser Buben zuzusehen. Die Storyline um eine Gruppe selbsternannter Superhelden ist gespickt mit Anspielungen auf das Nerdtum, macht sich über seine Zielgruppe jedoch nie lustig. Richtig zur Sache geht es, wenn der herrlich überzeichnete Bösewicht ins Spiel kommt. Der mit einem Mutterkomplex ausgestattete Perversling ist ein Gegenspieler, den man nicht mal seinem ärgsten Feind wünscht.

 

13

Das Thrillerdrama PRISONERS ist kein Film, der Spaß macht. Die mit seinen knappen drei Stunden äußerst großzügig angelegte Suche nach zwei vermissten Mädchen präsentiert sich ganz im ausgeklügelten Stil eines „Zodiac“ und kann in der Besetzungsliste ausschließlich Hollywoods Hochkaräter vorweisen. Hugh Jackman, der hier eine der besten Leistungen seiner Karriere zeigt, liefert sich ein emotional packendes Psychoduell mit Jake Gyllenhaal, den man derart intensiv noch nie hat spielen sehen. Das äußerst anspruchsvolle Drehbuch hat aufgrund seiner Bodenständigkeit den kühlen Charme eines skandinavischen Thrillers, dessen Bilder vom erneut preisverdächtigen Roger Deakins eingefangen werden. Vor allem hier sowie unter den Hauptdarstellern könnte die Academy bei der Oscar-Verleihung 2014 ihre Gewinner finden.

 

12

Ein Film über die Formel 1? Das hätte auch böse ins Auge gehen und sich ausschließlich einem fachidiotischen Publikum erschließen können. Doch Ron Howard erzählt nicht nur die Geschichte über die Karriere der beiden ewigen Kontrahenten Niki Lauda und James Hunt, sondern beleuchtet vor allem den Background beider Figuren und kreiert hieraus ein mitreißendes Sportlerdrama, das tief in die Seele der beiden Ausnahmeathleten blickt. Darüber hinaus gelingt es Anthony Dod Mantle, die Rennsportszenen derart energisch und direkt am Geschehen einzufangen, dass man sich dem Charme des Rennzirkus‘ auch als Formel-1-Gegner nicht entziehen kann. Zusammen ergibt diese elektrisierende Mischung ein Popcorndrama mit Starbesetzung.

 

11

Nach „Side Effects“ befindet sich mit dem bildgewaltigen Psychodrama STOKER eine weitere Hitchcock-Hommage in meinen Jahrescharts. Das an der Kinokasse unbeachtet gebliebene Coming-of-Age-Filmchen besticht durch die Verschmelzung von Bild, Ton und Musik. Die jederzeit symbolträchtigen Aufnahmen entfalten mit dem verspielten Soundtrack ihre volle Wirkung und werden von einer nachhallenden Geschichte zusammengehalten, die gespickt ist mit kreativen Ideen und spannungsprovozierenden Wendungen. Das hypnotische Tempo macht den Suspenseaufbau umso intensiver und lässt das konsequente Ende sowie sämtliche Auflösungen umso stärker hervorstechen. Das Ensemble hat es schließlich leicht, all seine Stärken auszuspielen und bildet die perfekte Besetzung für dieses meisterhafte Werk.

 

In den nächsten Tagen veröffentliche ich an dieser Stelle die Top 10 meiner Jahrescharts 2013.