Liebe zu Besuch

Reese Witherspoon meldet sich mit der romantischen Komödie LIEBE ZU BESUCH wieder zurück auf der Leinwand und liefert sich smarte Scharmützel mit einem Trio angehender Drehbuchautoren. Wie der Film geworden ist, das verrate ich in meiner Kritik.

Der Plot

Alice (Reese Witherspoon) hat sich nach der Trennung von ihrem Mann (Michael Sheen) zu einem Neuanfang entschlossen und ist mit ihren beiden Töchtern nach Los Angeles gezogen. Während der Party zu ihrem 40. Geburtstag lernt sie drei gutaussehende, junge Filmemacher kennen, die auf der Suche nach einer neuen Bleibe sind und am Tag danach in ihrem Gästehaus einziehen. Was als vorübergehende Notlösung gedacht war, entwickelt sich zu einer ungewöhnlichen Patchwork-Familie. Allerdings stehen die neue Familie und zauberhafte Romantik auf dem Spiel, als Alice Ex-Mann auftaucht und sie ihr Leben erneut in Frage stellen muss.

Kritik

„Was Frauen wollen“, „Was das Herz begehrt“ und „Liebe braucht keine Ferien“ gehören zu den bekanntesten, modernen Romantic Comedies. Inszeniert wurden sie allesamt von ein und derselben Frau: Nancy Meyers, ihres Zeichen Drehbuchautorin und Regisseurin, die mittlerweile 67 Jahre alt ist.  Ihre Tochter Hallie Meyers-Shyer hatte also genug Möglichkeiten, sich ein wenig vom Handwerk ihrer erfolgreichen Mutter abzuschauen. So wundert es überhaupt nicht, dass das Regie- und Drehbuchdebüt der ab und an als Schauspielerin („Ein Zwilling kommt selten allein“) tätigen Neu-Filmemacherin ebenfalls im Segment der RomCom angesiedelt ist. Mit „Liebe zu Besuch“, der im Original den nicht ganz so seichten Titel „Home Again“ trägt, inszeniert sie unter dem wachsamen Auge ihrer hier als Produzentin und Beraterin tätigen Mutter eine süffisante (Liebes-)Geschichte über eine Frau in den Vierzigern, die nach der Trennung von ihrem Mann und der Geburt von zwei Kindern auf der Suche nach einem Neuanfang ist. Eigenen Angaben zufolge ging es Meyers-Shyer dabei vornehmlich darum, davon zu erzählen, wie emanzipierte, mitten im Leben stehende Frauen mit Themen wie Scheidung umgehen. Das ist ihr gelungen: Auch wenn ihre Geschichte im Mittelteil in allzu formelhaften Bahnen verläuft, zeigt sich hinten raus, dass Hallie Meyers-Shyer, anders als ihre Mutter, nicht den ungeschriebenen Gesetzen von RomCom-Drehbüchern folgen will. Ein klassisches Lovestory-Happy-End strebt sie nämlich ebenso wenig an, wie eine konventionelle Hauptfigur.

Alice (Reese Witherspoon) frühstückt gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Austen (Michael Sheen) und ihrer Tochter Rosie (Eden Grace Redfield).

In vielen modernen Liebeskomödien laufen die Frauenfiguren schnell Gefahr, aufgrund einer Trennung von Ehemann oder Freund direkt in eine Opferrolle gedrängt zu werden. Der hier sehr charmant aufspielenden Oscar-Preisträgerin Reese Witherspoon („Der große Trip – Wild“) passiert das nicht. Nicht bloß die Trennung sowie die darauf folgende Wunsch nach einer Scheidung gehen und gingen einzig und allein von ihr aus, für Hallie Meyers-Shyer ist es außerdem ganz selbstverständlich, dass ihre Hauptfigur gerade ohne Mann sehr gut zurecht kommt. Trotzdem stellt die Regisseurin und Autorin ihre Alice vor nachvollziehbare Probleme, denn wenn eine Person – ganz gleich welchen Geschlechts – von heute auf morgen alles alleine wuppen muss, ist an der Erkenntnis, dass das mit ziemlich viel Aufwand verbunden ist, überhaupt nichts Verwerfliches. Das Alice entgegengebrachte „Wohnraum gegen Mithilfe“-Angebot ihrer eines Abends zufällig in einer Bar kennengelernten Freunde Harry (Pico Alexander), Teddy (Nat Wolff) und George (Ron Rudnitsky) stößt bei ihr daher schnell auf Gegenliebe, wenngleich es zunächst vor allem ihre Mutter Lilian (Candice Bergen) ist, die sich für diese Idee stark macht. Doch die Begeisterungsfähigkeit der Jungs für das Haus ist ansteckend – schließlich ist Alice die Tochter eines berühmten Hollywoodregisseurs und die Freunde verstehen sich selbst als aufstrebende Filmstars. So schlagen alle Beteiligten zwei Fliegen mit einer Klappe: Alice hat bei Bedarf Gesellschaft und profitiert außerdem von den Haushaltshelfer- sowie Heimwerkerfähigkeiten ihrer Untermieter und kann sich endlich um ihre Karriere als selbstständige Inneneinrichterin kümmern, während die Kumpels kein Wohnproblem mehr haben.

Trotzdem ergibt sich aus dieser neuen Wohnsituation alsbald eine süße Lovestory zwischen Alice und dem selbstbewussten Harry, der sich bereits in der Bar auf den ersten Blick in die redegewandte Blondine verliebt. Während seine Kollegen Nat Wolff („Margos Spuren“) und „Saturday Night Live“-Star Jon Rudnitsky kaum Charaktertiefe in ihre holzschnittartigen Figuren legen können, dem Zuschauer aber immerhin einen karikierenden Einblick hinter die Kulissen Hollywoods gewähren, legt Pico Alexander („A Most Violent Year“) eine starke Performance hin, mit der er die emotionale Instabilität seiner verknallten Figur glaubhaft macht. Neben der abgeklärten Alice wirkt der Mittzwanziger mit seinen aufkeimenden Gefühlen nämlich ganz schön überfordert damit, seiner Angebeteten den Hof zu machen. Das ändert sich nicht, als im letzten Drittel Michael Sheen („Nocturnal Animals“) aufs Parkett tritt, dessen Figur des auf einmal wieder Gefühle für seine Ex hegenden Ehemannes leider viel zu klischeehaft bleibt, um Spannung aus der Frage zu generieren, ob sich Alice nun für Harry, oder doch für den plötzlich in ihrem Leben auftauchenden Austen entscheidet. Passend zur von Beginn an verfolgten Botschaft, dass diese toughe Frau aber ohnehin nicht zwingend einen Mann braucht, um glücklich zu sein, geht Hallie Meyers-Shyer dann auch im Schlussakt einen konsequenten, wenngleich äußerst harmonischen Weg, der aufzeigt, dass ein Happy End auch funktioniert, ohne dass sich Zwei gefunden haben müssen.


Alice glücklich beim Essen mit ihren drei Mitbewohnern (Nat Wolff, Pico Alexander, Jon Rudnitsky), ihren Töchtern (Lola Flanery, Eden Grace Redfield), ihrem Ex-Mann und ihrer Mutter (Candice Bergen).

Inszenatorisch geht Nancy Meyers-Shyer dagegen ebenjenen Weg, den auch schon ihre Mutter mehrmals beging – überdurchschnittlich schöne Menschen geben sich vor überdurchschnittlich schönen Kulissen ihren letztlich gar nicht so schlimmen Problemen hin; und das immer die Sonne scheint, während im Hintergrund der eine oder andere gefällige Popsong läuft, verhilft „Liebe zu Besuch“ nun nicht unbedingt dazu, aus dem hollywood’schen RomCom-Einerlei auszubrechen. Gleichwohl sorgt es auch nicht für negative Überraschungen. Und gerade der Subplot rund um die drei Drehbuchautoren, die ihr Drehbuch für einen anspruchsvollen Kunstfilm an die Traumfabrik bringen wollen, offenbart dann doch, dass Meyers-Shyer durchaus mit Selbstironie an ihr Projekt herangeht. In einer der lustigsten Szenen überhaupt müssen sich Harry, Teddy und George die vermeintlich gut gemeinten Ratschläge eines interessierten Investors anhören, der nicht bloß eine arg unkonventionelle Idee hat, wer ihr Skript inszenieren könnte. Amüsant auf die Spitze getrieben, kommt hier auch zum Vorschein, wie akribisch Drehbücher von Ecken und Kanten befreit werden, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Dass „Liebe zu Besuch“ diesen Eindruck selbst auch erweckt, obwohl die Regisseurin immerhin erzählerisch manch angenehmen Haken schlägt, lässt sich also durchaus als Meta-Kommentar auf die Entstehungsgeschichte ihres Films verstehen, denn wer weiß schon, we die ursprüngliche Fassung ihrer Story aussah?

Fazit: Hallie Meyers-Shyers Regiedebüt „Liebe zu Besuch“ nimmt die von Reese Witherspoon zuckersüß gespielte Protagonistin Alice deutlich ernster, als es viele vergleichbare Hollywoodromanzen mit ihren Frauenfiguren tun. Anstatt ganz klassisch das Aufkeimen einer neuen Liebe zu betrachten, geht es ihr am Ende vielmehr um innere Zufriedenheit, die nicht zwangsläufig darauf hinauslaufen muss, dass Mann und Frau bis in alle Ewigkeit zusammenleben.

„Liebe zu Besuch“ ist ab dem 23. November in den deutschen Kinos zu sehen.

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