Still Here

Das Thrillerdrama STILL HERE, in dem „Deadpool 2“-Star Zazie Beetz eine Nebenrolle spielt, behandelt einen wahren Vermisstenfall. Welchen genau und ob die filmische Aufarbeitung den fesselt, das verraten wir in unserer Kritik.

OT: Still Here (USA 2020)

Der Plot

Als in New York City die 10-Jährige Monique Watson spurlos verschwindet, unternimmt die Polizei nicht viel. Ihr Vater Michael (Maurice McRae) ist verzweifelt. Ist die Polizei vielleicht so desinteressiert, weil „nur eine Schwarze“ verschollen ist? Aus der Not heraus tut sich der besorgte Vater mit Christian Baker (Johnny Whitworth) zusammen, einem bissigen Journalisten, der über Moniques Fall berichten soll. Da das öffentliche Interesse schwindet, begeben sich Michael und Christian mit ihrer Spurensuche jedoch in einen Wettlauf mit der Zeit …

Kritik

Das Kino hat schon einige dramatische Vermisstenfälle erzählt – einer der emotionalsten und spannendsten kam in Form von „Gone Baby Gone“ her. Das Thrillerdrama aus dem Jahr 2007 markierte den Anfang von Ben Afflecks Regiekarriere, die fünf Jahre später mit dem als bester Film Oscar-gekrönten „Argo“ ihren bisherigen Höhepunkt erreichte. Der mit Casey Affleck, Michelle Monaghan, Morgan Freeman, Amy Ryan und Ed Harris besetzte „Gone Baby Gone“ ist natürlich eine erdrückende Messgröße für einen Film wie „Still Here“. Auch hierbei handelt es sich um einen Vermissten-Thrillerdrama, das zugleich ein Langfilm-Regiedebüt ist. Und, um eines vorweg zu nehmen: Der rumänisch-US-amerikanische Regisseur Vlad Feier kann sich nicht mit Afflecks Brett messen lassen.

Ein unbeschwerter Tag zwischen Vater und Tochter.

Das liegt einerseits am Skript: Inspiriert von einer wahren Begebenheit, spinnen Feier und Ko-Autor Peter Gutter eine Erzählung, die zwischen dem Plotfaden rund um den weißen Journalisten und um Moniques Eltern hin und her gerissen ist. So geht dem Film der Schwerpunkt verloren: Für eine Geschichte über den systematischen Rassismus in den USA, in denen ein schwarzes Leben für den Staatsapparat weniger wiegt als ein weißes, drängt sich der von Johnny Whitworth („Ohne Limit“) gespielte Christian Baker zu sehr nach vorne. Gleichzeitig ist er zu beliebig skizziert, als dass seine Recherchearbeiten „Spotlight“-esk selber Spannung und Dramatik erzeugen könnten. Dabei ist der von Maurice McRae verköprtere Vater eine nahegehende Figur: Ehrlich gebrochen und verzweifelt, sich an jeder Hoffnung klammernd und dann doch resignierend, auch im Gedanken, damit wenigstens endlich Ruhe zu haben – und sich dann dafür verurteilend. Vor allem die Szenen, in denen McRaes Figur in der Selbsthilfegruppe um Ruhe ringt, sind bemerkenswert, genauso wie eine Passage, in der die Polizei einen völlig überforderten, schwarzen Mann gewaltig durch die Mangel nimmt, weil ja wohl klar sei, dass er schuldig sei. Dieses Kreuzverhör, das dem Mann die Sprache raubt und zu Tränen bringt, fasst die Essenz dieses Films und vieler Debatten der vergangenen Wochen und Monate eindringlich zusammen.

„Für eine Geschichte über den systematischen Rassismus in den USA, in denen ein schwarzes Leben für den Staatsapparat weniger wiegt als ein weißes, drängt sich der von Johnny Whitworth gespielte Christian Baker zu sehr nach vorne.“

Doch mit einem behäbigen Erzähltempo, einigen Leerlaufszenen und einer seichten Bildsprache bleibt „Still Here“ hinter seinen Möglichkeiten zurück – da hilft auch eine herausstechende Szene mit Zazie Beetz nicht viel.

Fazit: „Still Here“ ist ein von wahren Begebenheiten beeinflusstes Vermisstendrama, das in einzelnen Szenen zündet, insgesamt aber aufgrund einer unfokussierten Erzählweise enttäuscht.

„Still Here“ ist ab dem 27. August in den Kinos zu sehen.

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