Black Butterfly – Der Mörder in mir

Der Weg in die deutschen Kinos blieb Brian Goodmans Kammerspielthriller BLACK BUTTERFLY – DER MÖRDER IN MIR verwehrt. Dafür gibt’s den packenden Kampf zwischen zwei ungleichen Männern nun für Zuhause und sollte dort unbedingt eine Chance erhalten. Warum, das verrate ich in meiner Kritik.

Der Plot

Paul (Antonio Banderas), ein vom Glück verlassener, trinkender Schriftsteller, lernt – vermeintlich durch Zufall – den mysteriösen Vagabunden Jack (Jonathan Rhys Meyers) kennen, der ihn aus einer misslichen Lage befreit. Daraufhin gewährt er dem Landstreicher Unterschlupf, ahnt jedoch noch nicht, wen er da bei sich aufgenommen hat. Kurz darauf zeigt Jack nämlich sein wahres Gesicht und die Machtverhältnisse verändern sich: Paul wird zum Gefangenen in seinem eigenen Haus, der gezwungen wird, ein mörderisches Drehbuch mit tödlichem Ende zu schreiben, dessen Opfer realer sind, als die Geschichten seiner bisherigen Romane…

Kritik

Brian Goodman ist in Hollywood kein unbeschriebenes Blatt: Zu seiner Vita gehören Blockbuster wie „Catch Me If You Can“, „The Fast & The Furious: Tokyo Drift“ sowie diverse erfolgreiche Serien. So richtig wahrgenommen wird er indes von Niemandem, denn Goodman ist zwar ein gern gesehener Darsteller in kleinen Neben- und Episodenrollen, doch der ganz große Durchbruch blieb ihm, zumindest im Schauspielfach, bislang verwehrt. So verzweifelt, sich als Regisseur ein zweites Standbein aufbauen zu wollen, scheint der 54-jährige US-Amerikaner dann aber doch nicht zu sein, denn seit er 2011 mit dem starbesetzten Crime-Noir-Thriller „What Doesn’t Kill You“ sein Debüt gab, nahm er sich ganze sechs Jahre Zeit, um 2017 mit dem Kammerspiel „Black Butterfly – Der Mörder in mir“ nachzulegen. Obwohl er mit namhaften Schauspielgrößen wie Antonio Banderas („69 Tage Hoffnung“) oder Jonathan Rhys Meyers („Stonewall“) gar nicht mal so unbekannte Stars für seine Arbeit gewinnen konnte und sein „Black Butterfly“ auf internationalen Filmfestivals nicht leer ausging (Banderas gewann für seine Performance sowohl den Preis als „Bester Schauspieler“ beim Ischia Global Film & Music Festival, als auch bei der Awardverleihung in Madrid), startete er in den USA nur äußerst limitiert in den Kinos und wanderte sofort darauf zu Online-Streamingplattformen. Hierzulande erhält der Zuschauer die Möglichkeit, das fiese kleine Suspensestück über den Heimkinoweg zu entdecken; nicht bloß das hochspannende Katz-und-Maus-Spiel zwischen Banderas und Meyers ist diese Zeitinvestition wert, sondern auch die Auflösung: „Black Butterfly“ ist nämlich einer dieser Filme, die am Ende mit einem furiosen Twist aufwarten und vorab ordentlich zum Mitknobeln einladen.

Jack (Jonathan Rhys Meyers) und Paul (Antonio Banderas) klären ihre Zuständigkeiten.

Unter Abergläubischen gilt der schwarze Schmetterling bisweilen als Vorbote für den Tod einer nahestehenden Person, Unglück oder sogar dem eigenen Ableben. In „Black Butterfly“ trägt der undurchsichtige Jack ein solches Insekt als Tätowierung zwischen seinen Schulterblättern spazieren und weist dem Publikum dadurch sofort die erzählerische Richtung: Ganz klar, dieser unheimliche Kerl führt nichts Gutes im Schilde – und wer sich dann noch an die ganz ähnliche Prämisse aus Stephen Kings Klassiker „Misery“ erinnert, in welchem ein gefeierter Romanautor in die Fänge eines manischen Fans gerät, für den sind die Machtverhältnisse in „Black Butterfly“ sofort verteilt. Schriftsteller Paul ist zwar beileibe kein Zeitgenosse, mit dem man selbst gern die Zeit verbringen würde (er trinkt, versinkt in Selbstmitleid, ist unzufrieden und trauert ganz offensichtlich der schönen Zeit mit seiner Ehefrau hinterher), doch gegen Jack scheint er noch das weitaus geringere Übel. Dabei lässt sich zunächst gar nicht genau erklären, wo diese Antipathie herrührt: Eigentlich ist Jack nämlich zuvorkommend, bietet seinem Gastgeber handwerkliche Hilfe an und betätigt sich sogar als Ratgeber in schriftstellerischen Belangen, um Paul intellektuell wieder auf die Beine zu helfen. Gleichzeitig driftet diese Hilfsbereitschaft schnell in Selbstverständlichkeit ab: Jack erwartet, dass seine Ratschläge sofort in die Tat umgesetzt werden und greift irgendwann zu äußerst rabiaten Methoden, um dafür zu sorgen, dass Paul die Muse küsst; etwa wenn er ihm mitten in der Nacht ein Gewehr an die Schläfe hält, um ihm ausladende Emotionen zu entlocken, die er später in die Arbeit an seinem Buch mit einfließen lassen soll.

So absurd selbst die letztgenannte Tat auf den ersten Blick klingt, so betont ruhig und bodenständig inszeniert Brian Goodman das Skript von Autorendebütant Mark Frydman (produzierte unter anderem die TV-Serie „Welcome Mrs. President“) und Justin Stanley („Creatures“). Nimmt er sich am Anfang noch (zu) viel Zeit, das Szenario zu etablieren und die Charaktere näher zu beschreiben – was so in der Form nicht nötig wäre, da man in der ersten halben Stunde zum Einen nur wenig über sie erfährt, zum Anderen reicht das Verhalten von Paul und Jack später aus, um sukzessive zu erkennen, wie die beiden ticken – wird von Seiten der Macher auch später konsequent auf Effekthascherei und Hysterie verzichtet. Trotz der durchaus mutigen, da ziemlich konstruierten und trotzdem plausiblen Auflösung, bleibt in „Black Butterfly“ durchgehend ein Gefühl des Möglichen bestehen; vermutlich würden zwei Menschen in dieser Situation genau so reagieren, wie sie es hier tun, denn gerade in Extremsituationen erweist sich im Nachhinein nicht jede Entscheidung als eine gute. Aus dieser Hilflosigkeit heraus resultiert im Hinblick auf Paul sogar eine gewisse Sympathie: Macht er es dem Betrachter zunächst schwer, mit seinem nahezu unausstehlichen Charakter mitzuleiden, begibt er sich mit jedem Faux Pas und jeder unüberlegten Handlung näher an den Zuschauer heran, denn je weiter er von Jack in die Enge gedrängt wird, umso willkürlicher handelt er und klammert sich schließlich an jeden Strohhalm, der ihm zur Flucht verhelfen könnte. Zwar wird „Black Butterfly“ bis zum alles auflösenden Twist nach und nach austauschbarer (am stärksten bleibt bis zuletzt nämlich das verbale Kräftemessen und nicht etwa das körperliche), doch die Grundspannung ist hoch.

Was führt der Fremde im Schilde?

Dies liegt nicht zuletzt an dem Hauptdarstellerduo, das sich auf beiden Seiten Mühe gibt, die Ambivalenz ihrer Figuren hervorzukehren. Jonathan Rhys Meyers umgibt eine Aura des Undurchsichtigen; sein Schwanken zwischen einem bedrohlichen Aufdrängen und einer überambitionierten Hilfsbereitschaft schaukelt sich hoch, bis seine Anwesenheit nur noch beklemmt. Antonio Banderas hingegen gefällt sich sichtbar in seiner zwar zurückhaltenden, aber doch respekteinflößenden Rolle des ehemaligen Charmeurs, dessen emotionaler Verfall in Rückblenden erläutert wird. Die beiden ergänzen einander hervorragend und lassen sich nicht in die Karten gucken. Das gefällt, denn dass einer von beiden irgendetwas im Schilde führt, erkennt man auch, wenn einem nicht sofort sämtliche Informationen zugänglich gemacht werden. Münden tut „Black Butterfly – Der Mörder in mir“ schließlich in zwei Twists, von denen der eine nachvollziehbar vorbereitet wird und der Geschichte trotz seines fehlenden Realismus zu einem starken Ende verhilft. Der andere wirkt daneben wie ein billiger Nachklapp, auch wenn er dem Szenario rückwirkend zu einer zusätzlichen Dimension verhilft. Notwendig wäre er nicht und es wird Geschmackssache sein, wie das Publikum darauf reagiert. Nichts desto Trotz gehört „Black Butterfly“ zu den Heimkino-Entdeckungen 2017, dem auch so ein überambitioniertes Finale nicht viel anhaben kann.

Fazit: „Black Butterfly – Der Mörder in mir“ ist ein über weite Strecken hochspannender Kammerspiel-Thriller, der seine Stärken im verbalen Schlagabtausch zwischen Opfer und Täter hat. Das Ende ist zwiespältig, denn mit seinen zwei direkt aufeinander folgenden Twists wollen die Autoren zu viel, doch der Atmosphäre tut das letztlich keinen Abbruch.

„Black Butterfly – Der Mörder in mir“ ist seit dem 17. August auf DVD und Blu-ray Disc erhältlich.

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