Die Blüte des Einklangs

Die Bilder von DIE BLÜTE DES EINKLANGS sind berauschend schön, der Sound ist sensationell und Juliette Binoche ist zum Niederknien – warum dieses Fantasy-Liebesdrama dennoch längst nicht für jedermann geeignet sein dürfte, verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Nur einmal alle 997 Jahre blüht die Heilpflanze Vision. Und das auch nur in einem entlegenen Wald in der weiteren Umgebung der Stadt Nara, einer der ältesten Siedlungen Japans. Kein Wunder, dass sich jede Menge Mythen um die seltene Blume ranken. Fasziniert von der Geschichte macht sich die Reisejournalistin Jeanne (Juliette Binoche) auf den Weg um die halbe Welt in diese Gegend. In der nahezu menschenleeren Wildnis treffen sie und ihre junge Übersetzerin Hana (Minami) auf den dort seit Jahren als eine Art Förster und Wildhüter lebenden Tomo (Masatoshi Nagase). Zunächst noch etwas widerwillig gewährt er den beiden Frauen Unterkunft in seiner erstaunlich großen Hütte. Sie beginnen nach der Pflanze zu suchen und die Französin kommt dabei nicht nur dem schweigsamen Mann schnell näher. Sie lernt durch ihn außerdem die blinde, alte Einsiedlerin Aki (Mari Natsuki) kennen, die einiges mehr über diesen Wald und seine Geheimnisse zu wissen scheint…

Kritik

Die 1969 geborene Naomi Kawase, die in der Präfektur Nara aufwuchs, ist die derzeit international bekannteste Regisseurin aus Fernost. „Die Blüte des Einklangs“ ist bereits der 20. Spielfilm der Künstlerin, deren Markenzeichen ihre poetische Erzählweise, gekleidet in wunderschöne, naturalistische Bilder ist. Speziell „Immer wieder das Meer“ von 2014 sowie „Kirschblüten und rote Bohnen“, der ein Jahr später erschien, kamen gleichermaßen gut bei Kritikern als auch dem hiesigen Arthouse-Publikum an. Visuell steht Kawases neues Werk diesen beiden Highlights in nichts nach. Die satten, erdigen Farben sowie das meisterhafte Spiel mit Licht und Schatten zwischen den riesigen Bäumen, dem dichten, von allerlei Getier bevölkerten Unterholz oder an einem idyllisch gelegenen See ergeben einmal mehr einen sehr attraktiven Film. Die atemberaubenden Aufnahmen von Flora und Fauna werden klanglich illustriert durch das exzellente, preiswürdige Sound-Editing der beiden Franzosen Boris Chapelle („Ein Augenblick Liebe“) und Roman Dymny („Willkommen bei den Sch’tis“). Zudem sind die Liebes- und Sexszenen zwischen Jeanne und Tomo, die sich verbal kaum verständigen können, aber doch sofort auf einer Wellenlänge funken, absolut geschmackvoll, dabei hocherotisch umgesetzt.

Jeanne (Juliette Binoche) und Tomo (Masatoshi Nagase) teilen eine gemeinsame, unbestimmte Sehnsucht

Die Geschichte beginnt mit für Kawases Verhältnisse erstaunlichem, narrativen Zug und Tempo. Damit ist es allerdings vorbei, als sich die von Oscar-Preisträgerin Juliette Binoche („Wie die Mutter, so die Tochter“) sehr emotional gespielte Jeanne, nach anfänglichen Staunen, Zweifeln und Sträuben, dem Zauber des Waldes, ihrem Liebhaber und den obskuren Weissagungen der alten Aki hingibt. Aus der Suche nach einer Pflanze namens Vision (so auch der Originaltitel des Films), etwas Greifbaren, wird alsbald eine philosophische Sinnsuche. Ab diesem Moment kippt auch die eben noch stringente und nachvollziehbare Handlung mehr und mehr ins Surreale. Auf der Leinwand scheint die Zeit streckenweise stillzustehen. Zumindest folgt sie keinem linearen Ablauf mehr. Darauf muss sich der Zuschauer einlassen können und wollen. Ansonsten ist er im wasserfallartigen Schwall der hier kaum sezierbaren, weil im Film nie schlüssig erklärten Rückblicke, Flashforwards, Abschweifungen und Einschübe schnell verloren. Tiere sterben, kommen zurück ins Leben; geheimnisvolle Figuren tauchen auf, bevor sie ebenso schnell wieder verschwinden. Dazu gibt es pathosschwangere Gesprächsfetzen, extreme Close-Ups, textliche Metaphern und bildnerische Symbolik in einem fast meditativen Rausch.

All das will und soll vom Publikum interpretiert werden. Besonders die letzte halbe Stunde dürfte ein wahres Fest für Filmfans mit ausgeprägter Vorliebe für Esoterik sein. Für alle anderen kann der Kinobesuch eigentlich nur frustrierend oder sogar ärgerlich ausgehen. Selbst wenn zumindest Jeanne am Ende glücklich, zufrieden und beseelt sowie in sich ruhend zu sein scheint…

Die Bilder in „Die Blüte des Einklangs“ sind von atemberaubender Schönheit.

Fazit: Esoterik-Fans können hier nach Herzenslust interpretieren und in wunderschönen Bildern schwelgen. Wer etwas bodenständiger gepolt ist, sollte trotz einer einmal mehr hinreißend aufspielenden Juliette Binoche besser die Finger von diesem an Symbolik überbordenden Mix aus Drama, Romanze und Fantasy lassen.

„Die Blüte des Einklangs“ ist ab dem 14. Februar in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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