Why Don’t You Just Die!

Ein Typ will den Vater seiner Freundin ermorden, doch der ist deutlich zäher als erwartet. Aus dieser Prämisse schafft WHY DON’T YOU JUST DIE! sehr blutigen Spaß. Ob der Gag trotzdem irgendwann alt wird, verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Einmal kurz durchatmen, vielleicht noch ein rasches Stoßgebet, dann folgt der Sprung ins kalte Wasser. Beziehungsweise: Das Klingeln an der Tür. Der schmächtige Matvey (Aleksandr Kuznetsov) besucht, heimlich mit einem Hammer bewaffnet, die spießig eingerichtete Hochhauswohnung von Andrey (Vitaliy Khaev), seines Zeichens brutal aussehender Polizist und Vater von Matveys Freundin Olya (Evgeniya Kregzhde). Eigentlich sollte es schnell gehen: Schädel zertrümmern, abhauen. Doch zunächst bittet Andrey den eingeschüchterten Matvey mit grober, aber entwaffnend-zielstrebiger Gastfreundlichkeit herein, dann kommt noch seine Gattin dazu und es wird Tee angeboten. Matvey lässt sich allerdings nicht einlullen, und so wird die piefige Moskauer Vorstadtwohnung innerhalb kürzester Zeit zu einem Schlachtfeld, auf dem sich die Kontrahenten einen gnadenlosen, unbarmherzigen Kampf auf Leben und Tod liefern …

Kritik

Wann immer ein sehenswerter Film aus einem hierzulande wenig beachteten Kinomarkt für Furore sorgt und noch dazu der Regisseur ein bis dahin unbeschriebenes Blatt ist, behilft sich unsereins von der Filmpresse mit Vergleichen. Als etwa das Auftragskiller-Kammerspiel „Killing Time – Zeit zu sterben“ seinen Weg nach Deutschland gebahnt hat, wurde die pechschwarze Thrillerkomödie von Florin Piersic Jr. in positiven Kritiken bevorzugt mit Quentin Tarantinos Frühwerk verglichen. Der Vergleich lag auf der Hand, ist die rumänische Produktion doch ein mit von Popkultur durchtränkten Dialogen bespicktes Werk, in dem sich zwei Auftragskiller in einer Verbalschlacht üben, während sie darauf warten, ihrer Arbeit nachgehen zu können. Auch das Debüt des russischen Regisseurs, Autors und Cutters Kirill Sokolov wird wiederholt mit Tarantinos Anfängen verglichen. Spielt doch auch „Why Don’t You Just Die“ primär an einem einzelnen Schauplatz und setzt auf boshaft-spaßige Gewaltschübe. Wo aber „Killing Time“ aufgrund der Hauptfiguren und der Dialoge an Tarantino erinnert, weckt „Why Don’t You Just Die“ durch seine Erzählweise diese Assoziationen: Sokolov zelebriert seine Gewaltspitzen tarantinoesk, in der einen Sekunde packt er mit einem kurzen, brachialen Kampf, in der anderen setzt er auf Ekel, indem er Schmerz und Leid detailliert zeigt, in der nächsten macht die Gewalteskalation dagegen einfach nur Spaß.

Matveys (Aleksandr Kuznetsov) Plan droht schief zu gehen…

Und noch etwas hat Sokolov mit Tarantino gemeinsam, will man diesen Vergleich forcieren: Der russische Filmdebütant scheint sehr genau zu wissen, wie sein Zielpublikum tickt, und spielt daher mit den Erwartungen. Mal suggeriert er sehr ausführlich und mit fieser Freude, wo eine Szene hingehen könnte, schürt so Spannung und lässt uns auf den ebenso kathartischen wie leidvollen „Ha! Ich wusste, dass das jetzt kommt! Oh scheiße, der Arme!“-Moment herbeisehnen. Und andere Male zieht er uns mit einer Rückblende, einem viel sagenden Satz oder einem unerwarteten Anblick den Teppich unter den Füßen weg. Auch vereinzelte Vergleiche mit Danny Boyles „Trainspotting“ lassen sich finden, nicht zuletzt, da „Why Don’t You Just Die“ die Messlatte für das ekelhafteste Film-Badezimmer 2020 sehr hoch legt. Aber auch der trotz geringer filmischer Mittel sehr kinetische Stil dieser blutdurchtränkten Gewaltkomödie hat etwas boyle-eskes. Schlussendlich aber tut man Filmschaffenden wie Sokolv nur einen kleinen Gefallen, wenn man sie stets sofort mit Tarantino vergleicht, sobald sie einen coolen, brutalen, süffisanten Gewaltfilm drehen. Klar, man erschafft dem Publikum, das Neugier und Interesse für einen gelungenen Film gewinnen soll, dem es an Starpower und anderen Anhaltspunkten mangelt. Aber es zeichnet ungewollt auch ein Bild kleiner Filmemacher, die eh nur bei den Großen aus dem Westen abgucken. Und das stimmt einfach nicht.

„Why Don’t You Just Die“ ist nämlich sehr wohl sein eigenes Biest. Was anfängt, als hätte da jemand einen brachialen, gewitzten Kurzfilm gedreht, findet dank Sokolovs Ideenreichtum immer und immer wieder eine Energiereserve. Denkt man nach 15 Minuten „Ja, das war lustig, aber das wird doch jetzt nicht noch über 80 weitere Minuten tragen“, mischt Sokolov die Karten neu, während er heimlich eine neue Kettenreaktion an Missgeschicken, improvisierten Fallen und bewusst halb-vorhersehbaren Waffen vorbereitet, die einige Minuten später zelebriert werden will. Gepaart mit trefflich-gewitzten Musikeinsätzen und ein paar coolen Onelinern ist „Why Don’t You Just Die“ ein echtes Fest für alle Fans pointierter Gewalteskapaden und ausgeklügelter, alberner Achterbahnfahrten voller Missgeschicke und Täuschungen. Ein idealer Film, um ihn in einer großen Gruppe und mit vielen Knabbereien zu schauen.

Was ist hier eigentlich los?

Fazit: „Why Don’t You Just Die“ ist ein ausgeklügeltes, blutiges Filmvergnügen aus Russland, das immer wieder mit neuen, bösen Einfällen überrascht.

„Why Don’t You Just Die!“ ist ab dem 16. Januar in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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