Bo und der Weihnachtsstern

Eine abenteuerliche Weihnachtsgeschichte aus der Sicht der Tiere – das ist die Grundidee von BO UND DER WEIHNACHTSSTERN, doch so ganz mag dieser unkonventionelle Gedanke nicht zünden. Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.

Der Plot

Der kleine, aber tapfere Esel Bo wünscht sich nichts sehnlicher als seinen Alltagstrott und die nicht enden wollende Schufterei an der Dorfmühle für immer hinter sich zu lassen. Für das Abenteuer seiner Träume nimmt er eines Tages all seinen Mut zusammen und reißt kurzerhand aus. Endlich in Freiheit, trifft Bo auf das liebenswerte Schaf Ruth, das seine Herde verloren hat, sowie auf Dave, eine weiße Taube mit äußerst ambitionierten Plänen. Zusammen mit drei albernen Kamelen und einem Haufen exzentrischer Stalltiere folgen die ungleichen Freunde einem großen Stern am Horizont. Doch noch ahnen sie nicht, dass sie die unwahrscheinlichen Helden der wohl großartigsten Geschichte aller Zeiten werden sollen: dem allerersten Weihnachten…

Kritik

Die Weihnachtsgeschichte ist eine der ältesten Erzählungen der Menschheitshistorie. In 18 Zeilen schildert die Bibel die Geburt Jesu, woraufhin wir bis heute nicht bloß das Weihnachtsfest feiern, sondern auf deren Basis auch Aberdutzende Filme entstanden sind. Einer davon nähert sich der Story in diesem Jahr aus der Sicht der Tiere: „Bo und der Weihnachtsstern“ ist ein Animationsabenteuer, in dessen Mittelpunkt nicht etwa Maria und Josef stehen, sondern der titelgebende Bo, ein Esel. Regisseur Timothy Reckart (war unter Anderem für die Animation von Charlie Kaufmans „Anomalisa“ zuständig) gibt damit sein Langfilmdebüt und orientiert sich bei seiner Arbeit stark am aktuellen Kinderfilmstandard. „Bo und der Weihnachtsstern“ setzt auf jede Menge Slapstick, niedliche Vierbeiner und auf einen klassischen Gut-gegen-Böse-Kampf. Damit mag er die Standardanforderungen an kurzweiliges Familienentertainment erfüllen, doch je länger die unkonventionelle Weihnachtsgeschichte voranschreitet, desto weniger hat sie mit ihrer Vorlage zu tun. Ein blutrünstiger Schurke hatte es im „Original“ zumindest nicht auf Maria und Josef abgesehen.

Bo und sein bester Freund Dave haben große Pläne…

Dass „Bo und der Weihnachtsstern“ in erster Linie dazu da ist, um einem besonders jungen Publikum die Weihnachtsgeschichte näherzubringen, zeigt sich bereits in der aller ersten Szene: In dieser beobachten wir eine Wüstenspringmaus dabei, wie diese der Gottesbegegnung Marias beiwohnt, als dieser ihr von seinen Plänen erzählt, sie möge seinen Sohn austragen. Ihre Reaktion darauf ist menschlich („Danke – ich meine, kann man sich dafür bedanken?“) und all das, was Maria und Josef in den folgenden eineinhalb Stunden tun, zeigt dieses ganz besondere Paar immer wieder von einer vollkommen normalen Seite. Von Ehrfurcht oder emotionalen Distanz ist hier nichts zu spüren; mit anderen Namen und in einem anderen Umfeld würde kaum noch etwas an die Vorlage der Geschichte erinnern. Im Mittelpunkt stehen nämlich ohnehin nicht die Zwei-, sondern die Vierbeiner. Allen voran Esel Bo lässt das Publikum an seinem Weg nach Bethlehem teilhaben. Die Umstände seiner Reise dorthin sind allerdings durchaus befremdlich: Drehbuchautor Carlos Kotkin („Rio 2 – Dschungelfieber“) dichtet der ohnehin aufregenden Geschichte nämlich einen überraschend furchteinflößenden Schurken an, der mit zwei zähnefletschenden Hunden und einem scharfen Säbel alles unternimmt, um die Geburt des zukünftigen Königs zu verhindern. Mit der Weihnachtsgeschichte hat das natürlich nichts mehr zu tun.

Die zwischendurch eingeschobenen Verweise in Richtung der biblischen Geschichte wirken alsbald befremdlich in der ansonsten völlig für sich stehenden Interpretation. Das war auch bei der Pressevorstellung in Hamburg deutlich zu spüren, in der die Kinder während der Szenen mit Bezugnahme auf die Vorlage deutlich unruhiger wurden, als in den Momenten puren Abenteuers. „Bo und der Weihnachtsstern“ hat abseits dieser unausgewogenen Tonalität nämlich durchaus witzige Szenen zu bieten: Das erste Zusammentreffen zwischen Bo und dem immer wieder ganz plötzlich auftauchenden Schaf Ruth ist eine davon, genauso wie die Momente rund um die drei Kamele, die zu den Heiligen drei Königen gehören. Ihr Auftreten wird nicht bloß mit einem ironischen Hip-Hop-Beat untermalt, die vollkommen gegensätzlich gezeichneten Höckertiere haben außerdem immer einen kessen Spruch auf den Lippen und obendrein den einen oder anderen One-Liner in petto. Trotzdem nehmen der Vorlage derartig freimütig hinzugedichtete Elemente ihr auch die Tragweite; Es ist fraglich, ob das zu Beginn eröffnete Vorgaben, einem jungen Publikum die Weihnachtsgeschichte näher zu bringen, da überhaupt noch Erfolg hat. Es wäre kein Wunder, wenn sich an „Bo und der Weihnachtsstern“ die Geister ordentlich scheiden werden.

„Bo und der Weihnachtsstern“ sieht nett aus, kann mit Pixar und Co. aber nicht mithalten.

Aus technischer Sicht gibt es an der Animationskomödie wenig auszusetzen. Nicht nur das Design der Kamele gehört zu den Highlights des Films, es sind sämtliche Charaktere, die in ihrer Optik überzeugen können. Nicht ganz so detailliert wie die führenden Animationsfilmkonzerne, sondern eher auf dem Niveau eines „Robinson Crusoe“ (allerdings ohne diesen Film zu so einem überragenden Erlebnis machenden 3D-Effekt!), fallen die Landschaften und Hintergründe dagegen wesentlich unspektakulärer und detailärmer aus. Völlig außer Frage steht dafür die Qualität der Synchronsprecher, denn entgegen des aktuellen Trends, vorwiegend bekannte Leute für die Sprachrollen einzusetzen, kommt „Bo und der Weihnachtsstern“ in Gänze ohne Prominamen aus. In der deutschen Fassung setzen die Macher lieber auf alteingesessene Namen wie Oliver Rohrbeck (deutsche Stimme von Ben Stiller), Florian Halm (deutsche Stimme von Jude Law) oder Giuliana Jakobeit, die normalerweise unter Anderem als Amy Adams zu hören ist. Damit wird „Bo und der Weihnachtsstern“ immerhin akustisch zu einer absolut runden Sache, auch wenn es natürlich zu bezweifeln ist, dass die anvisierte, sehr junge Zielgruppe derartige technische Finessen bereits zu würdigen weiß.

Fazit: Technisch überzeugt „Bo und der Weihnachtsstern“ mehr als auf inhaltlicher Ebene, denn auch, wenn der Film als lustiges Abenteuer mit niedlichen Tieren punkten kann, verwirrt der halbherzige Umgang mit der biblischen Vorlage ebenso wie das Andichten eines blutrünstigen Schurken.

„Bo und der Weihnachtsstern“ ist ab dem 7. Dezember in den deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Im Neuen Testament ist sehr wohl die Rede vom mordlustigen Herodes, jedoch wäre den Filmemachern sicherlich unangenehm gewesen einen Kinderfilm abzudrehen, in dem ein Kindermord in Betlehem stattfindet. Es gibt vier Evangelien, und in zweien ist die Geburtsgeschichte Jesu abgefasst, nicht nur im Lukas-Evangelium.

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