Eddie the Eagle: Alles ist möglich

Die Geschichte um den wohl berühmtesten Skispringer der Welt hat Regisseur Dexter Fletcher mit EDDIE THE EAGLE: ALLES IST MÖGLICH in eine abendfüllende Feelgood-Komödie verpackt, die erstaunlich viele Parallelen zum Überraschungserfolg „Kingsman“ aufweist. Ist das nun gut oder schlecht? Das verrate ich in meiner Kritik!Eddie the Eagle: Alles ist möglich

Der Plot

Schon als Kind träumt Michael „Eddie“ Edwards (Taron Edgerton) davon, einmal bei den Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen. Er wird ein erfolgreicher Skiläufer, doch als es ans Eingemachte geht, bleibt ihm die Aufnahme in den Kader verwehrt. Eddie will die Skier schon fast an den Nagel hängen, als er sich in den Kopf setzt, als erster britischer Skispringer seit fast 100 Jahren ins kanadische Calgary zu fahren, wo im Jahr 1988 die Olympischen Winterspiele ausgetragen werden. Mit Hilfe des rebellischen, aber nicht minder charismatischen Trainers Bronson Peary (Hugh Jackman) und unter den motivierenden Worten der liebevollen Bar-Inhaberin Petra (Iris Berben) nimmt er es im Bayerischen Garmisch-Patenkirchen mit dem gesamten (Sport-)Establishment auf, die das olympische Credo „Dabeisein ist alles!“ nicht so sehr verinnerlich zu haben scheinen, wie der über alle Maße motivierte Eddie. Bei diversen Wettkämpfen springt der nämlich plötzlich immer weiter, sodass er seinem Ziel einer Olympia-Teilnahme immer dichter auf die Fersen rückt.

Kritik

„Das Wichtigste an den Olympischen Spielen ist nicht das Siegen, sondern die Teilnahme!“ – So lautet der olympische Grundgedanke, den wohl kaum ein Athlet jemals so sehr zu verinnerlichen wusste wie der bei seiner Teilnahme gerade einmal 24 Jahre alte, britische Skispringer Michael „Eddie“ Edwards. Mit kaum zu bändigendem Enthusiasmus und einer für gleich zehn Olympioniken ausreichenden Motivation trainierte sich der optisch nicht gerade an einen Sportler erinnernde Edwards bis nach Calgary, wo er trotz (oder gerade wegen) seines Mangels an tatsächlichen Erfolgen zum Sieger der Herzen avancierte. Nun kommt diese unglaubliche Geschichte als cineastische Variation des klassischen „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Motivs unter der Aufsicht von Dexter Fletcher („Wild Bill“) in die Kinos, der sich bei seiner Arbeit auf nichts Geringeres verlässt, als das halbe Team der Spy-Groteske „Kingsman: The Secret Service“. Mit Produzent Matthew Vaughn, Hauptdarsteller Taron Egerton, der technischen Belegschaft aus Kameramann und Komponist sowie dem Aufsichtshabenden über den Soundtrack – Take-That-Sänger Gary Barlow – erscheint „Eddie the Eagle: Alles ist möglich“ ein herrlich skurriles Feelgood-Movie in den Kinos, das die Kingsman’sche Albernheit mit dem Flair einer geerdeten Tragikomödie verbindet und trotz des Zurückgreifens auf das eine oder andere Klischee nie in den Trott schematischer Produktionen dieses Schlages verfällt.

Eddie the Eagle: Alles ist möglich

Bei einer Lebensgeschichte, die sich auf den ersten Blick so liest, als hätte man mehrere Jahre lang als wandelndes Klischee verbracht, besteht durchaus die Gefahr, dass dieser Eindruck auch auf den Film überspringt. Gewiss: Die Message, dass man alles schaffen kann, wenn man nur ganz fest daran glaubt, hat gerade im familientauglichen Kino einen ungeheuren Bart. Mann muss sich also wahrlich einen neuen Ansatz überlegen, um diese Botschaft so zu verpacken, dass uns als Zuschauer nicht mit dem Gedanken konfrontiert, von überschwänglichem Optimismus – und sei dieser noch so ehrlich – langsam aber sicher genervt zu sein. Im Falle von „Eddie the Eagle: Alles ist möglich“ ist die Hauptfigur selbst dieser Ansatz, denn einen Kerl wie Eddie gab es schließlich nicht nur tatsächlich, seine Attitüde, sein Aussehen und auch sein fast schon unmenschlicher Verzicht auf die Angst vor dem Scheitern sind alles andere als austauschbar. So hat „Eddie the Eagle“ trotz seines exzentrischen Inszenierungsstils schon früh einen großen Vorteil: Authentizität. Dexter Fletcher legt zwar von Beginn an ein sehr hohes Tempo mit vielen Zeitsprüngen vor, fährt eine hohe Schlagzahl liebevoller Gags auf und sagt sich somit klar vom herkömmlichen Erscheinungsbild eines nüchternen Biopics los, doch den Kern der trotzdem weitestgehend geradlinigen Erzählung verlässt das Skript (Sean Macauly, Simon Kelton) nie aus den Augen. Es geht um Eddies Werdegang als wohl unkonventionellster Skispringer aller Zeiten – mit all seinen Höhen und Tiefen.

Ein klassisches Biopic kann „Eddie the Eagle“ vor allem deshalb nicht sein, weil sich die Macher nicht ganz an die wahren Begebenheiten der Realität halten. Einen Charakter wie die von Hugh Jackman („Pan“) mit einer herrlich sympathischen Kaltschnäuze verkörperte Trainerfigur gab es so in der Form nicht. Stattdessen spiegelt Bronson Peary sämtliche Mentoren und Vorbilder Eddies der Einfachheit halber in einer Person wieder. Das geht auf. Peary ist zwar für sich genommen ein kantiger Charakter mit eigener Lebensgeschichte, doch die Zurückhaltung in seiner Aufbereitung droht nie, den Fokus von Eddie zu rücken. Stattdessen profitieren beide von der hervorragenden Chemie innerhalb dieses Duos, während Peary gleichzeitig auch unserer Sicht der Dinge Ausdruck verleiht. Der ehemalige Profisportler durchläuft in den knapp zwei Stunden Lauflänge eine absolut glaubhafte Wandlung vom Skeptiker zu Eddies größtem Befürworter, was auch das Publikum direkt in das Geschehen involviert. Dieses wird Zeuge, wie sich Eddies Ehrgeiz auch auf sein Umfeld auswirkt und kann sich schon bald selbst dabei erwischen, wie es mit seinen Fortschritten mitfiebert, ihm die Daumen drückt und jubeln möchte, wenn des ehemalige medizinische Sorgenkind Bestmarke um Bestmarke springt. Dabei kommt „Eddie the Eagle“ trotz der Erwähnung diverser britischer Rekorde mit erstaunlich wenig länderbezogenem Pathos aus. Schließlich muss sich Eddie nicht nur mit den skeptischen Profisportlern auseinandersetzen, sondern auch mit dem britischen Olympiakomitee, das seine Teilnahme am liebsten sofort unterbinden würde.

Eddie the Eagle: Alles ist möglich

Die Konzentration auf Eddie selbst, der lange Zeit nicht für Andere kämpft, sondern einzig und allein für sich, steht inszenatorisch im direkten Kontrast zu den mächtigen Kulissen, die all den Handlungen und sportlichen Taten Eddies automatisch wesentlich mehr Bedeutung beimessen, als Eddie es sich zum damaligen Zeitpunkt vermutlich eingestehen wollte. Kameramann George Richmond ergötzt sich regelrecht an den beeindruckenden Bergpanoramen und setzt die Sprungschanzen so mächtig in Szene, dass die körperliche Überwindung, diese zu bezwingen, für den Zuschauer regelrecht spürbar wird. Die eindeutig vor Greenscreen entstandenen Szenen, in welchen Eddie frontal bei der Abfahrt zu sehen ist, wirken in ihrer cartoonhaften Künstlichkeit leider wie ein Fremdkörper in einem technisch ansonsten so bodenständigen Film, der auch musikalisch hervorragend zwischen tragend und verspielt changiert. Mit der Wahl der Originalkulissen trumpft die deutsche Koproduktion obendrein mit zusätzlicher Authentizität auf. Wer einmal am Fuße der Skisprungschanze von Garmisch-Patenkirchen stand, der weiß: Den Respekt, den der Kameramann hier mit gezielten Einstellungen zusätzlich forciert, ist nicht weit von dem Gefühl entfernt, das man tatsächlich hat, wenn man die neunzig Meter hohe Schanze hinaufblickt.

Fazit: „Eddie the Eagle: Alles ist möglich“ ist das Feel-Good-Movie des Jahres, dessen anfänglich anklingende Albernheit später in pure Euphorie kippen lässt. Früher oder später wird man sich dabei erwischen, wie man die Taten des am meisten motivierten Skispringers der Welt einfach nur bejubeln möchte.

„Eddie the Eagle: Alles ist möglich“ ist ab dem 31. März bundesweit in den Kinos zu sehen.

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