Allein gegen die Zeit

Viele gute Serien erfahren irgendwann eine Auswertung als Kinofilm. So auch im Falle des gefeierten Kinderkrimis ALLEIN GEGEN DIE ZEIT, der es im KIKA auf zwei Staffeln brachte. Abendfüllend und auf der großen Leindwand machen die Eskapaden der Teenie-Detektive dann allerdings nur noch halb so viel Spaß. Warum, das verrate ich in meiner Kritik.Allein gegen die Zeit

Der Plot

Als die Berliner Schüler Ben (Timon Wloka), Jonas (Timmi Trinks), Leo (Janina Fautz), Özzi (Uğur Ekeroğlu) und Sophie (Stephanie Amarell) zu einer Klassenfahrt nach Hildesheim aufbrechen, ahnt keiner von ihnen, dass der scheinbar ganz normale Schultrip sich schon bald zu einem gefährlichen und actionreichen Kampf gegen eine okkulte Sekte entwickeln wird, die nach nichts weniger als der Weltherrschaft strebt. Sie bringt nicht nur Jonas in ihre Gewalt, sondern macht obendrein Jagd auf die Schulklasse, die dem wahnwitzigen Plan der machtbesessenen Irren einen Strich durch die Rechnung machen will. Doch dazu müssen schneller sein, als sich der Mond vor die Sonne schiebt…

Kritik

Die mittlerweile zwei Staffeln umfassende Kinder-Abenteuerserie „Allein gegen die Zeit“ hat es aufgrund ihrer Echtzeit-Inszenierung zum Status eines „kindertauglichen ‘24‘“ gebracht. Deshalb, und dank der hochwertigen Produktionsstandards, einhergehend mit den clever geschriebenen, wendungsreichen Drehbüchern räumte das im KIKA ausgestrahlte Format internationale Branchenpreise ab und wurde sogar für den International Emmy nominiert. Seit dem Finale der zweiten Season sind vier Jahre vergangen. Nun wagt sich der aktuell auch an einer „Pfefferkörner“-Kinoadaption beteiligte Regisseur Christian Theede an eine Anpassung an Kinogefilde und erzählt auf der großen Leinwand von einem weiteren Abenteuer der Berliner Schülerclique. Dabei behält er zwar das maßgebliche Alleinstellungsmerkmal der Serie bei, indem auch der Spielfilm zu „Allein gegen die Zeit“ in Echtzeit erzählt wird. Ansonsten geht dem Teeniethriller viel des innerhalb der Serie aufgebauten Charmes ab, was in erster Linie daran liegt, dass die Macher ihr Unterfangen nicht nur erschreckend ernst nehmen, sondern sich bei den wenigen augenzwinkernd gemeinten Momenten vollkommen darin verzetteln, was wirklich lustig und was einfach nur unfreiwillig komisch ist. Letztlich ist „Allein gegen die Zeit – Der Film“ nicht mehr als hanebüchener Science-Fiction-Quatsch.

In "Allein gegen die Zeit" geht jeder irgendwann mal kurz mit jedem...

In „Allein gegen die Zeit“ geht jeder irgendwann mal kurz mit jedem…

Eines muss man den Drehbuchautoren Michael Demuth und Ceylan Yildirim, die zusammen auch schon für diverse TV-Episoden von „Allein gegen die Zeit“ verantwortlich zeichneten, lassen: Die Grundidee hinter der Geschichte ist in diesem Fall so dermaßen gaga, dass man sie mit dem richtigen ironischen Abstand zu einem zwar extrem abgehobenen, aber doch auch äußerst reizvollen Thrillerplot machen könnte. Irrwitziger als die Allmachtsfantasien diverser Bond-Schurken ist das Konzept von „Allein gegen die Zeit“ jedenfalls nicht. Doch anstatt das größtmögliche Unterhaltungspotenzial aus der Idee herauszuholen, dass eine obskure Sekte mithilfe einer (tatsächlich existierenden!) Statue außerweltliche Kräfte freisetzen kann, die ihr mit der Gabe von Menschenopfern zu ewigem Leben verhilft, wenn sich während einer Sonnenfinsternis der Mond vor die Sonne schiebt, legen die Macher den Fokus erst einmal auf die reichlich klischeehaften (Liebes-)Verwirrungen innerhalb der Clique, entspinnen dann einen bodenständig-bedrohlichesn Entführungsplot, um beides dann mithilfe der Sektenthematik zu verbinden. Und das Ganze geschieht dann auch noch in Echtzeit!

Diese unterschiedlichen Handlungsschauplätze sind per se immer noch nicht das Problem von „Allein gegen die Zeit“. Langweilig wird es einem während des gesamten Films zumindest nicht, da immer irgendwo etwas für die Handlung Wichtiges passiert. Leider bremsen sich die einzelnen inszenatorischen Ansätze untereinander aus, wenn es darum geht, im Gesamten Atmosphäre aufzubauen. Wird es an der einen Stelle spannend, wird zum anderen Teil der Handlung hinübergewechselt. Bis sich hier erneut eine mitreißende Stimmung aufbauen kann, sind die Macher schon wieder eine Station weiter und so weiter und so fort. Dabei sind beileibe nicht alle Handlungsstränge gleich spannend. Die amourösen Verwicklungen finden einen derart inflationären Gebrauch, dass man mitunter den Eindruck erhält, im Laufe der neunzig Minuten wäre innerhalb der Clique um Ben, Jonas und Co. jeder mindestens einmal mit jedem zusammen. Das ist nicht nur im Anbetracht des Alters der Hauptfiguren reichlich skurril, auch die Liebesschwüre selbst finden in den merkwürdigsten Situationen statt und bringen die jungen Protagonisten dadurch in selbstverschuldete Bredouillen. Das tut nicht nur den Jugendlichen Unrecht, die dadurch von den Autoren ein reichlich dämliches Profil erhalten, auch für den Zuschauer ergeben sich hier Handlungssprünge, die sich zu keinem Zeitpunkt als förderlich für die Dramaturgie erweisen. Wenn sich Sophie und Özzi gerade auf der Flucht vor der Polizei befinden und sich vollkommen aus dem Kontext gerissen ihre Liebe gestehen, macht das Drehbuch die beiden dümmer, als man sie zuvor etabliert hat.

Die Effekte in "Allein gegen die Zeit" wären schon in den Neunzigern nicht mehr zeitgemäß gewesen.

Die Effekte in „Allein gegen die Zeit“ wären schon in den Neunzigern nicht mehr zeitgemäß gewesen.

Dass vier von den fünf Hauptdarstellern bereits durch die Serie miteinander vertraut sind (Ruby O. Fee wurde in der Rolle der Sophie durch Stefanie Amarell ausgetauscht), merkt man als Zuschauer sofort und auch die Neue im Bunde fügt sich gut in die Freundestruppe ein. Diese fünf sind es auch, die „Allein gegen die Zeit“ trotz der vielen verschiedenen, skurrilen Ideen und der bisweilen arg anstrengenden, auf Jugend-Sprech getrimmten Dialoge („Sagen Sie doch mal was, Herr Lehrer. Sie sind doch hier der Ober-Babo!“) zusammenhalten und wenigstens einen Hauch des Charmes auf den Film übertragen, mit dem auch schon die Serie punkten konnte. Bis zuletzt erhält die Filmvariante von „Allein gegen die Zeit“ aber nicht nur aufgrund der irgendwo in den Neunzigern stecken gebliebenen, lieblosen Effekte einen unangenehmen Trash-Anstrich, auch die Darstellerleistungen einiger anderen Schauspieler machen aus dem Teenie-Abenteuer ein anstrengendes Unterfangen. Violetta Schurawlow („Stadtlandliebe“) schlägt sich in den immerhin sichtbar handgemachten Kampfszenen zwar noch ganz passabel, doch in der Interaktion mit ihren Schauspielkollegen wirkt ihr Agieren overacted und alles andere als glaubwürdig. Am Ende wirkt „Allein gegen die Zeit“ von vorn bis hinten unausgegoren. Ganz so, als hätte das Budget tatsächlich nur für eine weitere TV-Episode gereicht, nicht aber für einen Langspielfilm.

Fazit: Der Spielfilm zur beliebten Kinder- und Jugendserie „Allein gegen die Zeit“ kommt nicht über den Charme eines unfreiwillig komischen Trashfestes hinaus, besticht aber immerhin mit talentierten Jungdarstellern und einer derart absurden Grundidee, dass man das fast schon wieder gesehen haben muss, um es zu glauben.

„Allein gegen die Zeit“ ist ab dem 27. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen.

Und was sagst Du dazu?