Die Wahlkämpferin

Der neue Film von „Ananas Express“-Regisseur David Gordon Green schlägt nicht im Ansatz in die Kerbe seiner kultigen Kifferkomödie, auch wenn man es seinem Projekt DIE WAHLHELFERIN nicht vorwerfen kann, nicht lustig zu sein. Doch seine Mischung aus Politsatire und Drama funktioniert nur einzeln für sich und nicht zusammenhängend. Mehr dazu in meiner Kritik.Die Wahlkämpferin

Der Plot

Der bolivianische Präsident Castillo (Joaquim De Almeida) schneidet bei den Umfragen zu seiner Wiederwahl sehr schlecht ab. Daraufhin engagiert er eine versierte Gruppe amerikanischer Berater unter der Leitung der zwar schwer seelisch angeschlagenen, aber immer noch genialen Strategin „Calamity“ Jane Bodine (Sandra Bullock). Jane bekam ihren Spitznamen einst durch einen Skandal, der sie tief erschüttert hat, wodurch sie freiwillig aus der Branche ausstieg. Dass sie sich jetzt dennoch für die neue Kampagne engagieren lässt, hat allein mit ihrem Erzfeind zu tun, dem widerlichen Pat Candy (Billy Bob Thornton), der inzwischen für die bolivianische Opposition arbeitet. Dieser Wahlkampf könnte Janes Chance sein, Candy zu schlagen. Doch dieser kennt Janes wunde Punkte nur zu genau und stürzt sie in eine persönliche Krise, die durchaus mit jener Situation zu vergleichen ist, die von ihrem Team ausgenutzt wird, um die Umfragewerte der Opposition zu verbessern. Durch jene Krise entwickelt Jane zugleich eine beeindruckende Wahlkampfstrategie: „Our Brand is Crisis“ entwickelt sich so zu einem hitzigen Schlagabtausch, der die zynischen Methoden und Privatfehden von politischen Spitzenberatern deutlich macht: Außer dem Wahlsieg ist ihnen absolut nichts heilig.

Kritik

In den USA ging das Portrait einer Wahlhelferin, das zwar von wahren Geschehnissen inspiriert, inhaltlich jedoch weitestgehend fiktiv inszeniert wurde, weit unter den Erwartungen des Studios, nämlich sang- und klanglos unter. Dabei griff man in Übersee gar auf den durchaus reißerisch klingenden Titel „Our Brand is Crisis“ zurück, während man sich hierzulande schon bei der Umbenennung in „Die Wahlkämpferin“ fragen dürfte, wer sich angesichts dieser beliebigen Namensfindung überhaupt dazu bequemen wird, für die Regiearbeit von David Gordon Green („Ananas Express“) ein Kinoticket zu lösen. Die zwischen Drama und Komödie changierende Politsatire schart zwar eine ganze Riege hochkarätiger Hollywood-A-Prominenz um sich, doch das Drehbuch von Peter Straughan („Dame, König, As, Spion“) offenbart in seinem unausgegorenen Tonfall viele Tücken. Denn während es dem politischen Entertainment zwar nicht an Prestige mangelt (siehe „House of Cards“ oder die Verfilmungen diverser Grisham-Romane), ist der Fokus auf den bolivianischen Wahlkampf in seiner Zündung umso mehr davon abhängig, wie zugänglich die Macher ihn für das Publikum aufbereiten. Wie der bolivianische Präsident an der Seite seiner versierten Strategin auf Stimmenfang geht, ist zwar durchaus unterhaltsam. Doch die Probleme innerhalb des Landes werden so schwach umrissen, dass man allenfalls erahnen kann, welches brodelnde Potenzial innerhalb einer Geschichte liegt, die zugunsten des schnellen Unterhaltungswertes lieber auf Slapstick denn auf Tiefgang setzt.

Fast wirkt es so, als könne sich Regisseur Green nicht entscheiden, ob er den energiegeladenen Wahlkampf in der südamerikanischen Binnenstadt nun als Komödie (mit sichtbar satirischem Einschlag), oder doch als ernst zu nehmendes Drama aufziehen möchte. Eine Interviewsequenz, die Sandra Bullocks („Gravity“) Jane zeigt, wie diese in einer Rückblende von den Ereignissen berichtet, die sie dazu bewogen haben, sich vom Thema Wahlkampf in Gänze loszusagen, verpasst dem Film von Beginn an einen seriösen Anstrich, doch schon die bisweilen bis aufs Äußerste zur Karikatur überzogene Protagonistin, lässt „Die Wahlkämpferin“ scharf an der Persiflage kratzen. Jane bleibt lange Zeit oberflächlich, ihre Figurenzeichnung kaum ausgereift. Wenn sie im Stress zu Chipstüte und Sauerstoffgerät greift und dabei hysterisch durch den Raum trippelt, dann steckt dahinter zu wenig Substanz, um derartige Momente einer etwaigen Charakterisierung zuzurechnen. Und als schließlich in bester Sketch-Manier ein ursprünglich dem Wahlkampf dienendes Lama von einem Auto überfahren wird, bleibt der Gedanke an eine Parodie nicht aus.

Humorspitzen dieser Art verhelfen dem Film aber auch zu seiner Genrezugehörigkeit, denn „Die Wahlkämpferin“ will im Großen und Ganzen kein Politdrama, sondern ein humoristischer Einblick in den für Außenstehende durchaus skurrilen Politzirkus sein. Es ist fast konsequent, sämtlichen Figuren allenfalls ein Stereotypendasein zuzugestehen. Jede Figur hat ihren Sinn und Zweck; mit Ausnahme von Jane und dem Präsidenten erfährt man kaum mehr als ihren jeweiligen Jobstatus. Das ist okay, weil tiefer greifende Figurenprofile für die Story und ihre Entwicklung nicht relevant sind. Doch eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Charakteren sieht anders aus. Gleichzeitig beißt sich die eher leichte Inszenierung aber auch mit gewissen Aussagen, derer sich der Regisseur anzunehmen versucht, die sich aber nicht ganz unfallfrei in das Geschehen integrieren lassen. Das Skript ist zwischen den Zeilen voll von Ansätzen, in denen das doppelzüngige Verhalten der Politiker thematisiert wird. Insbesondere der letzte Akt, der die Läuterung von Sandra Bullocks Jane seziert, drückt dann allerdings so stark auf die Tränendrüse, dass sich solche Momente mit den vorab eingeschobenen Gags beißen.

Was die Darsteller angeht, so sind diese trotz des wenig hergebenden Drehbuchmaterials weitestgehend davon freizusprechen, mit ihrer Performance zu dem insgesamt unruhigen Erscheinungsbild von „Die Wahlkämpferin“ beizutragen. Sandra Bullock gibt alles, um aus ihrer Figur mehr als nur eine Karikatur zu machen und Billy Bob Thornton („Der Richter – Recht oder Ehre“) funktioniert als herrlich ätzender Widersacher von Jane, der mit dafür verantwortlich ist, dass sich der Zuschauer gern auf die Seite ihres Teams stellt, obwohl nicht alle unbedingt zur Identifikation einladen. Anthony Mackie („Marvels: The Avengers 2: Age of Ultron“) fungiert bei aller Härte des Politbusiness als immer noch charismatischer Sympathieträger, während es Joaquim De Almeida („Fast & Furious Five“) wiederum zu verdanken ist, dass der Film nicht zu albern wird. So schwankt er zwar sichtbar zwischen zwei Extremen, die sich nur schwer in sich vereinen lassen. Beide für sich funktionieren aber recht gut. So ist es kurz vor Ende des Wahlkampfs im wahrsten Sinne des Wortes ein einziger Satz, der aus dem Triumph eine Niederlage machen kann – und genau diese Message lässt sich mit einer solch ambivalenten Inszenierungsweise gut hervorkehren.

Fazit: „Die Wahlkämpferin“ behandelt ein sperriges, dem Mainstream nicht unbedingt zuträgliches Thema, das zwischen Komödie, Satire und Drama wandelt. Mithilfe gut geschriebener Dialoge und soliden Darstellerleistungen, insbesondere von Sandra Bullock, gelingt es dem Regisseur durchaus, die internationale Politlandschaft glaubhaft zu sezieren, doch der Gesamteindruck schwankt durchgehend. So erweist sich der Film zwar durchaus als interessanter, da weitestgehend unkonventioneller Geheimtipp abseits des Mainstream, die Bissigkeit um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, fehlt ihm allerdings.

„Die Wahlkämpferin“ ist ab dem 21. Januar in ausgewählten Kinos Deutschlands zu sehen.

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