Zwei im falschen Film

In ihrer fein beobachtenden Tragikomödie ZWEI IM FALSCHEN FILM klopft Regisseurin Laura Lackmann den von Hollywoodfilmen beflügelten Mythos „ewige Liebe“ auf Glaubwürdigkeit ab. Das ist oft sehr lustig, trifft trifft aber umso häufiger ins Schwarze. Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Hans (Marc Hosemann) nennt seine Freundin „Heinz“ – das sagt eigentlich schon alles über ihre Beziehung. Sie sind ein ganz normales Paar, dessen Liebe in die Jahre gekommen ist. Genaugenommen ins Achte. Hans arbeitet im Copyshop und Heinz (Laura Tonke), eigentlich Schauspielerin, ist zur Synchronstimme einer Zeichentrickampel verkommen. Die Abende verbringen sie in trauter Zweisamkeit Chips essend und Video spielend in Jogginghose auf dem Sofa. Kurz gesagt: Ihrer Beziehung ist das gewisse Etwas abhandengekommen. Das fällt ihnen allerdings erst auf, als sie an ihrem Jahrestag ins Kino gehen, ein Liebesfilm steht auf dem Programm. Nur die romantische Stimmung von der Leinwand will nicht so recht auf die beiden überspringen. Als Hans dem Ex-Freund von Heinz auch noch bereitwillig ihre Nummer gibt, statt eine Eifersuchtsszene zu machen, schrillen bei Heinz alle Alarmglocken: Das kann keine echte Liebe sein! Pragmatisch wie die beiden sind, erstellen sie eine Liste mit all den „Sachen“, die zu einer filmreifen Liebe gehören: Romantik, Sehnsucht, Leidenschaft, Eifersucht und Drama – die großen Gefühle eben. Hochmotiviert beginnen Hans und Heinz, diese Liste abzuarbeiten und stellen fest: Im wahren Leben ist nichts wie im Film!
Kritik
Wenn sich auf der Leinwand Mann und Frau kennen lernen, zaghaft Sympathien füreinander entwickeln, anschließend einige große Hürden überwinden und schließlich einer sonnigen Zukunft entgegenblicken, hat man es in der Regel mit einer dieser standardisierten Hollywoodromanzen zu tun. Der nach der Verliebtheit einsetzende Alltag bleibt ganz dem echten Leben vorbehalten, in dem nur zu selten bis zum Tod zwei Menschen miteinander zusammenbleiben. Die nächste Phase der Beziehung, für die sich Filmemacher interessieren, scheint dann erst wieder die Trennung zu sein. Das zeigen Beispiele wie „Blue Valentine“ oder zuletzt „Whatever Happens“. Regisseurin Laura Lackmann, die vor wenigen Jahren mit ihrem unkonventionellen Debüt „Mängelexemplar“ zu begeistern wusste, fängt in „Zwei im falschen Film“ hingegen genau die Phase ein, die von einem Großteil ihrer Kolleginnen und Kollegen gern ignoriert wird. Beginnen tut ihre Tragikomödie über ein im Alltagstrott feststeckendes Pärchen dann aber ausgerechnet mit der Happy-End-Szene aus einer Kitschschmonzette, in der sich die beiden Hauptfiguren im romantischen Sonnenuntergang die ewige Liebe schwören, die sich die Hauptfiguren im Kino ansehen. Die Realität spielt sich derweil vor der Leinwand ab, als das Pärchen aus Heinz und Hans beginnt, seine Beziehung auf Hollywoodtauglichkeit zu testen. Daraus ergibt sich gleichermaßen ein süffisantes Spiel mit Klischees, als auch ein ehrlich zu Herzen gehendes Liebesdrama.
Während man sich zu Beginn noch sicher ist, dass dieses Paar nur eine kurzzeitige Krise durchlebt, beginnt Laura Lackmann, diese Zuversicht mit der Zeit zu zerstreuen. Das geht sogar so weit, dass der eine den anderen irgendwann vor seinen Augen betrügt, bevor sich die Ereignisse im letzten Drittel ohnehin etwas zu sehr überschlagen. Die realitätsnahe Beziehungsanalyse, die vor keinem noch so intimen Thema Halt macht („Warum spritzt Du eigentlich jedes Mal auf meinem Bauch ab?“), weicht auf der Zielgeraden einem Familiendrama, in dem zwei sich entfremdete Personen durch einen gemeinsam durchlebten Schicksalsschlag wieder zusammenfinden. Das ist im Anbetracht der Ausgangslage fast schon konventionell, doch nie hat man es dem Paar mehr gegönnt, sich am Ende endlich den alles entscheidenden Kuss aufzudrücken. Das liegt nicht zuletzt auch an den hervorragenden Darstellerleistungen. Mit Laura Tonke, mit der die Regisseurin bereits in „Mängelexemplar“ zusammenarbeitete, und Marc Hosemann („Magical Mystery“) hat der Film zwei exzellente Darsteller gefunden, die nicht bloß hervorragend miteinander harmonieren, sondern gerade die liebevollen Disharmonien wundervoll rüberbringen. Tonke mimt die charmant verhuschte Träumerin, während Hosemann seine Rolle des dauerjugendlichen Hans weit weg vom Klischee anlegt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt einfach und daher weiß auch Laura Lackmann am Ende nur zu gut, dass das Leben manchmal doch für einen kurzen Moment zur kitschigen Liebesschnulze werden kann. Hier entfaltet das ungeschliffene Happy End dann auch endlich mal wieder seine volle Wirkung.
Fazit: Mit „Zwei im falschen Film“ gelingt Laura Laura Lackmann eine unkonventionelle Anti-RomCom, in der sich zwei Menschen einer intimen Beziehungsanalyse unterziehen müssen. Dabei bleibt – in jeder Hinsicht – kein Auge trocken. Und am Ende dürfte sich jeder mindestens einmal in den Figuren wiedererkennen.
„Zwei im falschen Film“ ist ab dem 31. Mai in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
Da staune ich schon, dass die wunderbare Laura Tonke jetzt auch schon Regie führt und dann ist es doch nur ein Verschreiber – im ersten Absatz sprichst du von der „falschen“ Laura 😉 Ansonsten Danke für den Film-Tipp, der sonst wohl an mir vorbeigerauscht wäre!