Lachsfischen im Jemen

Die leise Mischung aus romantischer Komödie, Wirtschaftssatire und Drama schafft es gekonnt, schmerzhaften Realismus und den Traum von der heilen Welt zu kombinieren. Schlussendlich entstand eine filmgewordene Ode an den Optimismus und die Message, dass man alles erreichen kann, wenn man nur möchte. Dabei beließ es „Chocolat“-Regisseur Lasse Hallström bei Andeutungen, sowie einem Finale ohne Hau-Ruck-Happy-End und kreierte dadurch eine der innigsten Liebesgeschichten des Jahres.

Der Plot

Scheich Muhammad ibn Zaidi (Amr Waked) ist begeisterter Angler und Fischliebhaber. Um seinem Hobby auch im eher weniger für Fischreichtum bekannten Jemen nachgehen zu können, beauftragt er seine Anwältin Harriet (Emily Blunt) dafür zu sorgen, dass eine ausreichende Anzahl an Lachsen in den Jemen gebracht wird. Um dieses kuriose Projekt in die Tat umsetzen zu können, kontaktiert sie den Angelexperten Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor). Dieser, so hofft sie, wird sie bei dem Unterfangen unterstützen. Doch schnell muss Fred Harriet den Wind aus den Segeln nehmen. Fischzucht im Jemen wäre in der Theorie zwar möglich – aber eben auch nur dort. Mit der Zeit jedoch entwickelt sich zwischen den beiden so etwas wie Freundschaft und Fred Begeisterung für das Projekt. Die beiden besuchen den Scheich im Jemen und versuchen hier, etwas auf die Beine zu stellen. Doch ein Schicksalsschlag bringt Harriet aus der Fassung: Ihr Freund, Soldat in Afghanistan, gilt seit einigen Tagen als vermisst.

Ohne dies auszunutzen, steht Fred seiner lieb gewonnenen Kollegin bei und schafft es, sie auf andere Gedanken zu bringen. Das Projekt „Lachsfischen im Jemen“ nimmt Formen an, beide kommen sich näher und die Zeichen stehen auf Liebe – bis plötzlich nichtsahnend der tot geglaubte Freund von Harriet wieder auftaucht.

„Es würde an ein Wunder grenzen, wenn es wahr würde!“

Kritik

Gerade dann, wenn die Themenwahl für einen Film, einen Roman, ein Theaterstück oder dergleichen auf ein solch absurdes fällt, ist es wohl immer Glückssache, wie das fertige Werk bei Kritikern und kritischen Beobachtern ankommen mag. So nutzte Schriftsteller Paul Torday das zentrale Thema, das schon den Titel bestimmt, nicht als beiläufige Randhandlung, sondern konzentriert sich im Grunde die gesamte Laufzeit über darauf, ob es möglich ist, im Jemen Lachse zu fischen. Nun hätte man aus dieser Thematik nicht unbedingt einen Roman machen müssen. Wenn es rein um das Thema geht, hätte es auch ein Ratgeber getan. Doch Torday ging dieses Projekt auf eine vollkommen andere Art an und brachte – ähnlich eines Episodenfilms – viele kleine, parallel erzählte Handlungen in einer einzigen Story unter, die sich alle auf eine andere Art und Weise dem Thema annähern. Nun nahm sich Lasse Hallström des Werkes an und machte einen Film daraus.

Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der zwischenmenschlichen Entwicklung der beiden Protagonisten, durch und durch stark verkörpert von Emily Blunt („Der Teufel trägt Prada“, „Der Plan“) und Ewan McGregor („Trainspotting“, „Der Ghostwriter“). Zwar sind sich die beiden von Anfang an sympathisch und können dies auch in konfliktbelasteten Situationen nicht voreinander verbergen, dennoch basiert ihr Kontakt zu Beginn eher auf der Basis des Jobs. Man hat gerne miteinander zu tun, allerdings auch keine andere Wahl. Diese Sympathie wächst jedoch schnell, sodass sich aus der Zweckgemeinschaft eine Art Freundschaft entwickelt. Dabei kann Hallström auf zwei Darsteller bauen, die ihre Zuneigung zueinander nicht erst deutlich machen können, indem sie sich gegenseitig liebkosen oder es sich sagen, dass man sich mag. Stattdessen sind es verstohlene Gesten, ein Lächeln oder die Dankbarkeit dafür, dass der Andere einem einfach nur zuhört, die eine ebensolche Aussagekraft besitzen. Denn tatsächlich kommt diese charmante Liebesgeschichte mit nur einem einzigen Kuss aus und zieht all ihre unverkitschte Romantik aus dem Realismus, den wahre Beziehungen innehaben. So lässt Hallström seine beiden Protagonisten mit der Unsicherheit einer aufkeimenden Liebe spielen, die für grobmotorische Liebhaber sicherlich zu langweilig erscheinen mag, liebende Realisten jedoch auf einer Ebene ansprechen wird, die zwar länger braucht, um erreicht zu werden, dafür in ihrer Intensität wesentlich eindringlicher und ehrlicher erscheint als oberflächliche Liebeserklärungen sein können.

Vor allem in dem Moment, in welchem das langsam wachsende Glück durch eine Verliebtheitsbekundung seitens McGregor einen kleinen Schubs erhält, geht ein Ruck durch die Beziehung der beiden Hauptfiguren. Von nun an hat der Zuschauer das Gefühl, hautnah dabei zu sein, wie eine Liebesbeziehung entsteht. So ist der Moment umso schmerzlicher, in welchem eine dritte Person auftaucht, deren Erscheinen sich eigentlich perfekt als Happy End eignen würde, hätte sich nicht Fred in das Leben der unglücklichen Harriet geschlichen. Zumindest für sie scheint der größte Wunsch in Erfüllung gegangen zu sein, als ihr Freund Robert (unauffällig: Tom Mison) unerwartet im Jemen auftaucht. Diese Szenerie ist wohl die Wichtigste des gesamten Streifens, denn sie drängt den Zuschauer in eine emotionale Zwickmühle: Auf der einen Seite müsste das Publikum sich für die Protagonistin freuen. Der Wunsch, der sie die letzten Wochen bestimmte, ihr größter Traum ist wahr geworden, sie kann ihren Freund endlich wieder in die Arme schließen. Gleichzeitig lässt sie dadurch Fred zurück. Den Mann, dem sie eine gemeinsame Zukunft mit sich in Aussicht gestellt hat. Was zurückbleibt, ist demnach eine glückliche Harriet und ein unglücklicher Fred, der sich vor allem dadurch nochmal Pluspunkte erarbeitet, dass er mit seinem Nebenbuhler fair umgeht. Mit bissigem Humor, der ihn die Situation überstehen lässt, spielt er sich immer weiter in die Herzen der Zuschauer, sodass das Projekt, dass der Film eigentlich beleuchtet, in den Hintergrund rückt.

Diese Entwicklung zu beobachten ist interessant, da durch die Selbstverständlichkeit, mit welcher sich die Liebe der beiden entwickelte, nie das „Lachsfischen im Jemen“-Projekt hintenan gestellt wurde. Erst ab dem Moment, wo eine dritte Person verhindert, dass die Liebe der beiden weiter wächst, scheint plötzlich alles aus dem Ruder zu laufen. Inwiefern diese Entwicklung von Hallström beabsichtigt war, ist nicht vollkommen ersichtlich. Möglicherweise bringt er so zum Ausdruck, dass Liebe das alles verbindende Element ist, welches in der Lage ist, alles andere – und scheint es noch so stabil – durcheinander zu bringen.

Neben der Liebesgeschichte, die viel der unterschwelligen Dramatik von „Lachsfischen im Jemen“ ausmacht, ist es vor allem die absurde Idee, die für den Humor zuständig ist. Hallström machte viele Parallelen zu wirtschaftlich unsinnigen Entscheidungen sichtbar und zeigt auf, welche Mächte wohl hinter solchen stecken mögen. Dadurch wurde die Komödie vor allem auf ihrer satirischen Ebene gelobt, welche sich nicht explizit in spitzzüngigen Gags zeigt, sondern anhand der alles umfassenden Thematik allgegenwärtig ist. Besonders die Figur der Patricia Maxwell (zeitweise ein wenig zu sehr mit Overacting beschäftigt, aber dann wieder herrlich abgedreht: Kristin Scott Thomas), Pressesprecherin der britischen Regierung, vereint viel schwarzen Humor in sich und ist in ihrer Darstellung wohl das Paradebeispiel für Oberflächlichkeit, gepaart mit Mediengeilheit. Leider steht ihre Figur in puncto Vielschichtigkeit relativ alleine da. Während man die beiden Hauptfiguren sehr detailliert charakterisierte, müssen sich die Nebenfiguren mit schablonenhaften Zügen begnügen. Vor allem die Darstellung des Scheichs enttäuscht, denn wer vermutet hätte, dass sich gerade seine Figur einer äußerst kritischen Zeichnung unterziehen musste, der irrt. Nach anfänglicher, doch leider nur angedeuteter Kritik an diesem Paradebeispiel für Verschwendertum, genügen 2,3 Dialoge, um ihn als Gutmenschen darzustellen. Die Macher verzichteten vollkommen auf das Potential, dass seine Figur birgt und scheuten davor zurück, aus der wirtschaftsaktuellen Thematik das Optimum rauszuholen und somit einen Nährboden für kritisch-sarkastische Hinterfragung zu bieten.

Schlussendlich sei an dieser Stelle noch Optik und Akustik gelobt. Obwohl der Jemen nicht zu den Drehorten gehörte und man stattdessen auf marokkanisches Wüstengebiet zurückgriff, schafft das Setting eine beeindruckende Authentizität, obwohl die Schauwerte einer kilometerweiten Sand- und Steinwüste nicht sonderlich hoch sind. Vor allem die Detailaufnahmen der Fische sorgen hier jedoch für einen stimmigen Ausgleich. In Sachen Musik beließ man es bei unaufdringlichen Instrumentalscores, die sich zu keinem Zeitpunkt in den Vordergrund drängen.

Fazit: Die unkonventionelle Romantikkomödie „Lachsfischen im Jemen“ präsentiert eine der realistischsten Liebesgeschichten dieses Jahres. Vor allem in diesem Punkt weiß der Streifen zu überzeugen und schafft es so, darüber hinwegzutäuschen, dass der als Wirtschaftskommentar angelegte Part weniger gefällt. Um hier zu überzeugen, hätte den blassen Nebencharakteren eine deutlichere Charakterisierung gegönnt sein müssen. Doch allein Dank der Intensität der zarten Romanze lohnt sich ein Anschauen.

BluRay oder DVD?

Während das Bild auf der Blu-ray Disc vollkommen überzeugt, sind auf der DVD leichte Unschärfen zu erkennen, die vor allem dann auftreten, wenn auf dem Bild eine einzige Farbe dominiert. Da die Kulisse in „Lachsfischen im Jemen“ vor allem aus lehmfarbener Wüste besteht, rate ich zu einem Griff zur Blu-ray, die vor allem mit tollem Bonusmaterial überzeugen kann.

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