Project Almanac

Regiedebütant Dean Israelite präsentiert mit dem Fantasyabenteuer PROJECT ALMANAC einen Found-Footage-Film, der ganz ohne Horrorfilmelemente auskommt und sich einer Thematik widmet, die man mit der Wackelkamera so noch nicht zu sehen bekam: Zeitreisen. Unter der Aufsicht von Michael Bay entstand ein unkonventionelles Coming-of-Age-Movie, das leider ein wenig zu lang braucht, um so richtig in Gang zu kommen. Mehr zum Film lest Ihr in meiner Kritik.

Project Almanac

Der Plot

Für den 15-jährigen High-School-Schüler David (Jonny Weston) ändert die Entdeckung eines alten Homevideos alles: Auf einem Film aus Kindertagen ist nicht nur zu sehen, wie der kleine David in geselliger Runde Geburtstag feiert, sondern auch das Spiegelbild seines älteren Ichs. Verstört von diesem Fund begibt sich David auf die Suche nach den alten Forschungsarbeiten seines verstorbenen Vaters, der sich lange Zeit mit dem Thema Zeitreisen befasst hat. Im Keller entdecken David uns seine Freunde das Unglaubliche: den Prototyp einer Zeitmaschine. Gemeinsam versucht die Clique, die Apparatur wieder flott zu machen und es gelingt ihnen tatsächlich, erste Experimente zu starten. Fortan machen sich die Freunde einen Spaß daraus, in der Zeit hin- und herzuspringen. Dabei unterschätzen sie jedoch die Konsequenzen ihres Handelns und bringen den Lauf der Dinge so sehr durcheinander, dass sich David schon bald mit einer folgenschweren Entscheidung konfrontiert sieht: Er oder die Menschheit?

Kritik

Das Found-Footage-Genre, also ebenjenes, das Filme beschreibt, die vorgeben, aus Amateurfilmmaterial zu bestehen, wurde durch den Horrorstreifen „Blair Witch Project“ salonfähig. Seither haben sich fast ausschließlich Produktionen der horrenden Filmsparte dieser Art der Inszenierung bedient; der Katastrophenfilm „Cloverfield“, das politisch geprägte Science-Fiction-Drama „District 9“ oder das unkonventionelle Superheldenmovie „Chronicle – Wozu bist du fähig?“ bilden Ausnahmen. Der Trend zur Wackelkamera bleibt trotz der Einseitigkeit jedoch bestehen und das sowohl unter den Zuschauern, als auch bei den Machern. Kein Wunder: ist der Erfolg solcher Low-Budget-Produktionen doch verdammt einfach zu planen. Aufwand und Kosten sind minimal. Gleichzeitig scheint insbesondere das US-amerikanische Publikum dieses Trends nicht überdrüssig zu werden. Noch in diesem Jahr steht mit „Ghost Dimension“ der fünfte Teil der „Paranormal Activity“-Reihe ins Haus – übrigens in 3D, was die Sinnhaftigkeit der amateurhaften Inszenierung vollends über den Haufen wirft. Darüber hinaus ist es angedacht, das Reboot der „Freitag der 13.“-Reihe ebenfalls im Found-Footage-Look zu drehen und als wäre dies nicht genug, erwartet uns schon im April mit „The Pyramid – Grab des Grauens“ der nächste Handycam-Schocker.

Project Almanac

Mit dem Anfang März erscheinenden Zeitreise-Abenteuer „Project Almanac“, für den auf Produzentenseite niemand Geringeres als Action-Altmeister Michael Bay verantwortlich zeichnet, präsentiert Regisseur und Langfilmdebütant Dean Israelite dankenswerterweise einmal mehr einen Streifen ohne Horrorelemente und erzählt ähnlich „Chronicle“ eine Geschichte, die Science-Fiction, Fantasy und eine Coming-of-Age-Story miteinander verbindet. Diese Entscheidung hält für den jungen Filmemacher zwar nicht zwingend weniger Tücken und Stolperfallen bereit, trotzdem erweist sich das Wegbewegen vom Horrorfilmsegment als erfrischendes Element in einem Film, der auch ansonsten einen recht amüsanten Eindruck macht – wenn er denn nach einer dreiviertel Stunde endlich mal mit der eigentlichen Handlung beginnt.

Es braucht schon eine Menge Durchhaltevermögen, um „Project Almanac“ nicht bereits in der ersten Filmhälfte emotional abzuschreiben. Das Skript von Andrew Stark und Jason Pagan, die in diesem Jahr auch ebenjenen fünften Teil der „Paranormal Activity“-Reihe mit einem Drehbuch ausstatten, versucht der Charakterzeichnung eingangs viel Zeit zu gewähren und lässt sich über eine halbe Stunde Zeit, eh sich die sympathischen Hauptdarsteller überhaupt mit der Zeitreisethematik befassen dürfen. Per se ist diese, für derartige Streifen äußerst lange Ploteinführung gar nicht schlecht, doch den Protagonisten sind schlicht zu wenig Ecken und Kanten vergönnt, als dass sich eine derart ausführliche Betrachtung rechtfertigen ließe. Die Chemie zwischen den drei Hauptfiguren Jonny Weston („96 Hours – Taken 3“), Sam Lerner („Walk of Fame“) und allen voran Sofia Black-D’Elia („The Immigrant“) ist zwar in sich stimmig, charakteristische Eigenheiten lassen sich jedoch nur schwer ausmachen. Im Kern liegt das Hauptaugenmerk ohnehin auf Sam Lerner, der in der Rolle des zurückhaltenden David sympathisch ist, ohne sich dabei anzubiedern. Ihm gelingt es auch, die unterschiedlichen Ideale der Freunde zusammenzufassen, denn die Frage, inwieweit Zeitreisen der Gesellschaft gegenüber vertretbar sind, funktioniert in Betrachtung Davids innerer Zwiespalte viel besser, als wenn man die verschiedenen Sichtweisen der Freunde beleuchtet. Dazu bleiben Lerners Kollegen schlicht zu blass.

Neben den Spielereien mit unterschiedlichen Zeitebenen, die „Project Almanac“ in den Hochphasen dynamisch und in Ansätzen auch experimentell erscheinen lassen, ist es vorzugsweise die funktionierende Chemie innerhalb des Freundeskreises, die sich durch die spektakulären Ereignisse nach und nach verändert und deren emotionale Folgen dadurch im Mittelpunkt stehen. Das ist nicht nur spannend, sondern sorgt auch für eine angenehme, dramatische Unterfütterung der Ereignisse, die angesichts der eher dünnen Skriptgrundlage für dramaturgisch sehr sehenswerte Spitzen sorgt. Leider stehen Highlights wie etwa ein Konzertbesuch, der die kaum gefestigte Gefühlswelt der Teenies hervorragend zum Ausdruck bringt, im krassen Kontrast zu kaum durchdachten Lücken innerhalb der inneren Filmlogik. Weshalb sich etwa das für die Aufnahmen genutzte Kameramodell der entsprechenden Zeitebene anpasst, wohingegen sich Kleidung oder Frisuren nicht ändern, bleibt ein Rätsel. Trotzdem hat Dean Israelite, der sich aufgrund von unerlaubter Verwendung realen Materials einer Flugzeugkatastrophe großen Ärger mit Michael Bay einhandelte, sichtbar Spaß daran, seine Figuren durch Zeit und Raum zu schicken und dabei durchaus mit den Eigenheiten des Genres, aber auch mit denen der einzelnen Jahrzehnte zu kokettieren. Wenn David etwa im Schultechnikraum der Neunziger aufwacht, setzt Kameramann Matthew J. Lloyd („Robot & Frank“) diese genüsslich so in Szene, als befände man sich gerade in einem Antiquitätengeschäft.

Fazit: Der Ansatz von „Project Almanac“ ist nicht schlecht und findet zum Großteil zu einer passenden Inszenierung. Leider präsentiert Dean Israelite seine Geschichte als inkohärente Zusammenstellung verschiedener Ideen, die nicht zwingend aufeinander aufbauen und noch dazu sehr lange brauchen, um in Gang zu kommen. Erst in der letzten halben Stunde findet „Project Almanac“ zu seinem dynamischen Tempo und macht dann sogar richtig Spaß. Doch bis dahin bleibt der Mehrwert des Streifens leider weitestgehend auf der Strecke.

„Project Almanac“ ist ab dem 05. März bundesweit in den Kinos zu sehen.

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