Assassin’s Creed

Zwischen den Jahren kommt mit Justin Kurzels ASSASSIN’S CREED die erste Computerspielverfilmung in die deutschen Kinos, die man sich auch als Nicht-Gamer weitestgehend gefahrlos ansehen kann. Warum das so ist, das verrate ich in meiner Kritik.Assassin's Creed

Der Plot

Mit einer revolutionären Technologie, die seine genetischen Erinnerungen entschlüsselt, erlebt der eigentlich zum Tode verurteilte Callum Lynch (Michael Fassbender) mithilfe der ehrgeizigen Forscherin Sofia (Marion Cottilard) die Abenteuer seines Vorfahren Aguilar im Spanien des 15. Jahrhunderts. Callum erkennt, dass er von einem mysteriösen Geheimbund, den Assassinen, abstammt und sammelt unglaubliches Wissen und Fähigkeiten, um sich dem unterdrückenden und mächtigen Templerorden in der Gegenwart entgegenzustellen.

Kritik

Nein, sie liest sich nicht gut: die Liste der in diesem Jahr veröffentlichten Videospielverfilmungen. Da hätten wir den hundsmiserablen 3D-Animationsfilm „Ratchet & Clank“, die nur im anarchischen Finale halbwegs unterhaltsame Spieleapp-Adaption „Angry Birds – Der Film“ und da gab es den für Fans zwar ein großes Spektakel darstellenden, aber irgendwie auch ganz schön generischen Fantasy-Actioner „Warcraft: The Beginning“. Zum Ende des Jahres versucht sich nun Justin Kurzel daran, das Segment der Videogame-Verfilmung auf ein neues Level zu heben. Und seien wir einmal ehrlich: Wer Kurzels spektakuläre Neuinterpretation des Shakespeare-Klassikers „Macbeth“ gesehen hat, der weiß, dass wohl keiner besser dafür geeignet wäre, den optischen Bombast des beliebten Action-Adventures 1:1 auf die Leinwand zu übertragen. Genau hier liegen dann auch die Stärken des gleichnamigen Filmes; „Assassin’s Creed“ punktet mit visuell herausragend choreographierten Kampfsequenzen, einem der besten 3D-Designs des Jahres und einer hochwertigen Besetzung, deren Eleganz sich auf die Gesamterscheinung des Filmes überträgt. Damit ist Kurzels potenziell auf mehrere Filme ausgelegtes Projekt definitiv die mit Abstand beste Spieleverfilmung des Jahres, auch wenn sich der Regisseur nicht mit Ruhm bekleckert, wenn es darum geht, eine wenigstens halbwegs schlüssige Geschichte zu erzählen.

Michael Fassbender gibt in einer physisch einprägsamen Performance den knallharten Hünen.

Michael Fassbender gibt in einer physisch einprägsamen Performance den knallharten Hünen.

Schon innerhalb der Spiele-Reihe wurde das Story-Konzept häufig zum Streitpunkt unter Gamern. Als Spieler der Gegenwart wird man mit mithilfe einer Apparatur, dem sogenannten Animus, in die Vergangenheit eines Assassinen-Kämpfers befördert und durchlebt an dessen Stelle Schlachten als Bestandteil historisch relevanter Ereignisse. Im Film ist das die Spanische Inquisition im 15. Jahrhundert, die natürlich jede Menge Möglichkeiten bietet, sich auf optischer Ebene auszutoben. Und tatsächlich gehören die Flashbacks, in denen sich der ebenfalls von Michael Fassbender („Steve Jobs“) verkörperte Krieger Aguilar gegen Unmengen bewaffneter Krieger zur Wehr setzen muss, zu den großen Highlights von „Assassin’s Creed“. Das liegt zum einen an der größtmöglichen Reduktion computergenerierter Effekte; wenn sich Michael Fassbender und seine Helfer hier mit ihren vielen Widersachern duellieren, dann hat das Hand und Fuß. Ein Großteil der Settings ist echt, Kostüme und Bewaffnung sind von einer Schwere, dass jeder Zusammenprall mit den Gegnern im Kinosaal spürbar ist und kommt doch hin und wieder Computertrick zum Einsatz, integriert er sich angenehm unaufdringlich in die Szenerie. Haptik und CGI ergänzen sich und genau so soll es sein. Dass hier und da beim Schnitt geschlampt wurde, der bei näherem Hinsehen den einen oder anderen Anschlussfehler offenbart, trübt den Eindruck einer optisch ansonsten so makellosen Erscheinung, die mit netten Gimmicks wie ausgewählte Szenen aus der Ego-Perspektive aufgepeppt wird, die das Flair des Spiels besonders aufleben lassen.

Unterstrichen werden die stilistischen Vorzüge durch eine im Großen und Ganzen sehr reife, elegante und düstere Atmosphäre. „Assassin’s Creed“ verzichtet bewusst auf jedwede humoristischen Einschübe und kommt im Vergleich zu anderen aktuellen Fantasy-Actionern wesentlich brutaler und dreckiger daher. Die erst kürzlich bekannt gegebene FSK-Freigabe ab 16 kommt also nicht von ungefähr. Tatsächlich tut Justin Kurzel dem Publikum damit einen großen Gefallen. Indem er auf den blutigen Spuren seiner an die Stilistik eines „Game of Thrones“ erinnernden „Macbeth“-Verfilmung wandelt, vermittelt er dem Publikum das Gefühl, das Genre der Game-Verfilmung ernst zu nehmen; anders als der eher verspielte „Warcraft“, geschweige denn so etwas wie „Angry Birds“ oder „Ratchet & Clank“. Auch mit der Besetzung von Edelmimen wie Marion Cottilard („Allied – Vertraute Fremde“) oder Michael Fassbender setzen die Macher klare Statements. Nicht umsonst wurden im Vorfeld der „Assassin’s Creed“-Veröffentlichung hier und da Stimmen laut, bei einer solchen Besetzung müsse der Film ein gewisses Grundniveau halten – immerhin haben sowohl Cottilard als auch Fassbender bisher ein ausgesprochen glückliches Händchen für ihre Rollen bewiesen. Tatsächlich werten sie „Assassin’s Creed“ mit ihrer Präsenz deutlich auf, wenngleich sie angesichts der dünnen Handlung nur wenig zu tun bekommen. Cottilards Sofia und Fassbenders Callum respektive Aguilar sind nur Mittel zum Zweck und auch, wenn man sich gerade in der prägnanten Eröffnungssequenz Mühe gibt, die Beweggründe von Callums Handeln zu ergründen, bleibt das Skript von Michael Lesslie („Macbeth“), Adam Cooper („Die Bestimmung – Allegiant“) und Bill Collage („The Transporter Refueled“) bis zuletzt mehr als oberflächlich. Der finale Dreh, mit dessen Hilfe die Ereignisse in die Jetzt-Zeit übertragen werden sollen, misslingt in Ermangelung einer Handlungsgrundlage sogar völlig.

Sofia

Sofia (Marion Cottilard) macht ihren Patienten Callum Lynch (Michael Fassbender) mit dessen neuer Aufgabe vertraut.

Betrachtet man „Assassin’s Creed“ als actionlastiges Style-Over-Substance-Kino, macht Justin Kurzel seinen Job allerdings nicht nur sehr gut, sondern legt obendrein auch die Basis für ein Franchise, das allein schon vom Konzept das Potenzial hat, über viele Teile zu funktionieren. Mit der Erwähnung prägnanter historischer Figuren (in diesem Fall Christoph Columbus) sowie der Orientierung an geschichtlichen Großereignissen offenbart „Assassin’s Creed“ ein schönes Alleinstellungsmerkmal, aus das die richtigen Filmemacher viel herausholen könnten. Lediglich die in der Gegenwart verankerte Rahmenhandlung bremst den Film in seinen eigentlich recht übersichtlich bemessenen 108 Minuten immer wieder aus. Die Actionszenen an sich sind indes nicht nur mit einer beachtlichen Übersicht (Kamera: Adam Arkapaw, „The Light Between Oceans“) ausgestattet, sie werden auch oftmals gezielt von Slow-Motion-Aufnahmen in die Länge gezogen. Das wirkt bisweilen ein wenig zu gewollt pathetisch oder überhöht heroisch, doch gleichzeitig passt es dazu, aus „Assassin’s Creed“ einen Film zu machen, der zu jeder Sekunde darum zu bitten scheint, sich doch bitte an seiner ganzen Pracht zu ergötzen. Wer das kann, für den ist der Film, auch aufgrund seiner hervorragenden 3D-Effekte, ein echtes Vergnügen. Wenn im zweiten Teil dann auch noch eine interessante Geschichte erzählt wird, kommen möglicherweise noch weitaus mehr Kinofans auf ihre Kosten.

Fazit: „Assassin’s Creed“ ist der Inbegriff von modernem Style-Over-Substance-Kino, das in seiner reifen Eleganz gleichermaßen betört wie unterhält. Da die Macher die Geschichte jedoch eher stiefmütterlich behandeln, ist diese bislang beste Verfilmung eines Computerspiels wohl nur etwas für Zuschauer, denen genau das egal ist. Auf einen zweiten Teil freuen wir uns trotzdem.

„Assassin’s Creed“ ist ab dem 27. Dezember in den deutschen Kinos zu sehen – auch in starkem 3D!

Ein Kommentar

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