2018 – Die Plätze 30 bis 21

Herzlich willkommen, Du – lieber Leser – der vielleicht erst jetzt zu meinem kleinen Jahresrückblick vorbeischaut. Oder aber Du, der sich nach den Plätzen 40 bis 31 fragt, wie es in den ganz subjektiven Charts meiner Lieblingsfilme 2017 weitergeht. Zur kurzen Erinnerung: Wie auch schon in den letzten beiden Jahren habe ich mich aufgrund der schieren Masse an starken Kinofilmen erneut für 40 anstatt für nur 30 Tops entschieden. Wer gerne wissen möchte, was die Frau mit dem skurrilen Filmgeschmack in den vergangenen zwölf Monaten so gar nicht mochte, den verweise ich indes auf meine Filmflops.
Um noch ein paar weitere Filme positiv zu erwähnen, die es aber letztlich doch nicht ganz in meine Jahrescharts geschafft haben, kommt hier eine Handvoll ehrenwerter Nennungen. Der Übersicht halber konzentriere ich mich zunächst auf das deutsche Kino, das gerade in der zweiten Hälfte des Jahres 2018 wirklich feine Geschichten und Inszenierungen zu bieten hatte. Da wäre der erzählerisch zwar hanebüchene, aber eben auch extrem spannende Fitzek-Thriller ABGESCHNITTEN (Platz 45), die freche Teenagerkomödie MEINE TEUFLISCH GUTE FREUNDIN (Platz 52), das äußerst unkonventionelle Bertold-Brecht-Porträt MACKIE MESSER – BRECHTS DREIGROSCHENFILM (Platz 53), ebenso wie das überraschend unsentimentale Roadmovie GRÜNER WIRD’S NICHT (Platz 77). Außerdem war ich erwartungsgemäß sehr angetan von Detlev Bucks Unterwelt-Komödie ASPHALTGORILLAS (Platz 78), von Michael „Bully“ Herbigs BALLON (Platz 90) und von Markus Gollers top-besetztem Buddy-Movie 25 KM/H (Platz 98).
30
THE EQUALIZER 2 ist der Film, von dem ich mir gewünscht habe, dass der erste Teil so einer ist. Denn meiner Ansicht nach ist es hier nicht damit getan, das Denzel-Washington-Vehikel als herkömmlichen Actionthriller zu betrachten. Regisseur Antoine Fuqua konzentriert sich auch hier darauf, die Abgründe eines menschlichen Charakters zu erkunden. „The Equalizer 2“ ist ein trauriger Film über einen verbitterten alten Mann, der seinen Platz in der Welt verloren hat. Also tut er das Einzige, was die Leere in seinem Herzen füllt und tötet Menschen, die anderen Böses zugefügt haben. Das kann man jetzt ebenfalls für nicht besonders originell halten, schließlich bleibt der Film damit ja im Kern immer noch ein Rachethriller. Aber Fuqua erweitert die Dimensionen seiner Geschichte und macht aus den Explosionen und blutigen Auseinandersetzungen mehr als nur herkömmliche Actionszenen. Und das vor der Kulisse eines Orkans ausgetragene Finale gehört für mich zu den besten Thrillermomenten, die ich in diesem Jahr gesehen habe. Warum ist da keiner früher drauf gekommen?
29
Katastrophenfilm und Romantikdrama ineinander verwoben – dieses Experiment hat 2018 der isländische Regisseur Baltasar Kormákur mit DIE FARBE DES HORIZONTS unternommen und darin Shailene Woodley und Sam Claflin auf ein ebenso herzzerreißendes wie halsbrecherisches Abenteuer geschickt, das aufgrund seiner mutigen Inszenierung genauso gut hätte schief gehen können. Schließlich ist es immer ein Wagnis, mit der Auflösung eines Films zu beginnen; die Spannungskurve sollte ja trotz des Wissens um den Ausgang der Geschichte erhalten bleiben. Doch Kormákur weiß genau was er tut, wenn er die beiden Handlungsstränge hier aufeinander zulaufen lässt und das Ganze außerdem mit einem eigentlich hinlänglich bekannten Twist garniert, der allerdings so nachvollziehbar und glaubwürdig daherkommt, wie in dieser Form schon lange nicht mehr. Und da man den beiden Hauptdarstellern ihre Liebe für einander zu jeder Sekunde abnimmt, leidet man mit ihnen mit, wenn sie hier vor absolut authentischer Kulisse um sich und ihr Leben kämpfen, ganz ohne Kitsch und Schmalz.
28
Leider verrät ein prominent platziertes Zitat auf dem Cover zu THELMA die zentrale Entwicklung in diesem norwegischen Mysterydrama um eine junge Frau, die ihr Leben lang unter epileptischen Anfällen leidet und dabei ihr Umfeld beeinflusst, als hätte sie übernatürliche Kräfte. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, worauf genau dieser Film hinaus läuft, denn die alles entscheidende Auflösung – wenn man es überhaupt so nennen kann – kommt in diesem Film erst so spät ans Tageslicht, dass es viel mehr Spaß macht, über eineinhalb Stunden lang mitzuknobeln, ob es sich bei der titelgebenden Hauptfigur lediglich um ein krankes Mädchen handelt, oder vielleicht doch mehr dahinter steckt. Fakt ist jedenfalls, dass Newcomerin Eili Harboe hier so selbstbewusst aufspielt, dass „Thelma“ allein deshalb einen Blick wert ist. Und Indie-Regisseur Joachim Trier (der übrigens nichts mit Lars von Trier zu tun hat!) inszeniert seinen Film derart stilsicher, dass ein großes internationales Engagement in absehbarer Zeit nicht wundern würde.
27
Ich habe die letzten beiden Teile der insgesamt fünf Filme umfassenden „Transformers“-Reihe ja schon immer vehement vor ihren Kritikern verteidigt. Im Vergleich zu Steven Knights Spin-Off (und im weitesten Sinne Prequel) habe ich rückwirkend allerdings schon ein schlechtes Gewissen, denn BUMBLEBEE führt einem letztlich vor Augen, was an den bisherigen Filmen alles schief gelaufen ist. Das möchte ich hier allerdings nicht näher ausführen, sondern mich stattdessen darauf konzentrieren, weshalb dieser Film so großartig geworden ist: Abgesehen davon, dass „Bumblebee“ keinen Bösewicht gebraucht hätte, ist die modernisierte Version von „E.T.“, „Elliot, der Drache“ und Co. in seiner Harmlosigkeit und Aufrichtigkeit derart unterhaltsam und vor allem emotional, dass man am Ende des Films gar nicht glauben kann, dass dieser Film auf genau der gleichen Vorlage basiert, wie „Transformers“. Zwei zuckersüße Hauptfiguren, jede Menge Achtzigerjahre-Nostalgie und übersichtliche, handgemachte Action machen hieraus ein großartiges Abenteuer für die ganze Familie.
26
Wie schön, dass das hier meine Liste ist und es hier entsprechend nicht darum geht, welche Filme aus meiner Sicht die besten des Jahres sind, sondern welche ich in mein Herz geschlossen habe. Und dazu gehört nun mal auch 100 DINGE, die neue Regiearbeit von Florian David Fitz, gemeinsam produziert mit Matthias Schweighöfer. Wer nun glaubt, ich sei einfach nur ein wahlweise Fitz- oder Schweighöfer-Fangirl, der irrt. Ich mag beide, aber die Regiearbeiten (insbesondere von Fitz) haben mich in den letzten Jahren arg enttäuscht. Auch das Drehbuch zu „100 Dinge“ hat in der zweiten Hälfte arg holprige Passagen. Aber eines möchte ich an dieser Stelle festhalten: Ich hatte extrem viel Spaß! Nicht nur daran, dass Fitz hier in einigen Szenen die üblichen Schweiger-Regieskills durch den Kakao zieht, sondern vor allem deshalb, weil er ganz genau darum weiß, was für einen Film er gemacht hat: ein mit hoher Gag-Schlagzahl ausgestattetes Großstadtmärchen nämlich, das die Konsumkritik zwar schnell fallen lässt, im Großen und Ganzen aber als das überzeugt, was es ist. Und ja, verdammt: Ich hab mich sehr darüber gefreut!
25
Apropos gefreut: Wenn mein mit Abstand liebster Marvel-Held einen neuen Film am Start hat, komme ich gar nicht drum herum, dem mehr noch als dem „Avengers“-Stelldichein im April entgegenzufiebern. Paul Rudd als Mini-Heroe hat mir eben schon in seinem ersten Soloabenteuer gut gefallen und entsprechend hatte es ANT-MAN AND THE WASP nicht allzu schwer, mich auch beim zweiten Mal zu überzeugen. Gerade im Vergleich zum episch gedachten „Infinity War“ fand ich das sehr übersichtlich gehaltene Heist-Movie sympathisch; während der Schulszene, in der Scott Lang in Schuljungen-Größe durch die Gänge flitzt und dabei auf der verzweifelten Suche nach einem Pokal die Schulsachen seiner Tochter durchsucht, hatte ich aufgrund der perfekt getimten Komik den intensivsten Lachanfall des Jahres. Lediglich die deutsche Synchro verhindert, dass „Ant-Man and the Wasp in meinen Jahrescharts noch weiter oben vertreten ist. Übrigens: Die hier sich ebenfalls wieder auf Details und weniger auf das große Spektakel konzentrierenden Effekte setzen mal wieder ein Statement dafür, dass es auf Qualität ankommt und nicht auf Quantität.
24
Nach so viel verhältnismäßig leichter Kost ist es an der Zeit, zu beweisen, dass ich an anspruchsvoller Filmkost genauso viel Spaß haben kann! Der toll besetzte Kriegsfilm DER HAUPTMANN von Robert Schwentke erzählt eines der finstersten Kapitel innerhalb des Zweiten Weltkrieges nach; eine Art moderne Version von „Der Hauptmann von Köpenick“ sozusagen. Darin kann sich ein von einem Hauptmann verfolgter Gefreite gerade noch von seinen Jägern retten, als er die Uniform eines anderen Hauptmanns findet und sich fortan als dieser ausgibt. Auf seinem Weg durch das deutsche Niemandsland trifft er nach und nach immer mehr Nazi-Offiziere, die sich ihm fraglos anschließen – alles nur wegen seiner Uniform. Der endlich wieder zu alter Stärke zurückgefundene Schwentke hat mit „Der Hauptmann“ nicht nur einen auf seine Art bildschönen Film abgeliefert, sondern auch einen, der trotz – oder gerade aufgrund – seines Themas so viel bissigen Witz beinhaltet, dass er, für deutsche Kriegsfilme untypisch, keinerlei Hoffnung bietet. Und gerade dadurch trifft er den Nagel auf den Kopf.
23
AUFBRUCH ZUM MOND ist bisher Damien Chazelles schwächster Film – und trotzdem beweist das erst recht, was der von allen nur „Wunderkind“ genannte Regisseur drauf hat. Nach „Whiplash“ und „La La Land“, die beide jeweils in den Top 10 beziehungsweise Top 5 meiner Kinocharts des jeweiligen Jahres vertreten waren, muss sich die sehr persönlich inszenierte Nacherzählung der Mondlandung aus der Sicht von Neil Armstrong mit Platz 23 zufriedengeben. Und doch beinhaltet der Film einige der stärksten Szenen des Kinojahres überhaupt. Durch die üppige Laufzeit von 141 Minuten bekommen wir als Zuschauer die Gelegenheit, voll und ganz in das Leben des Astronauts einzutauchen, der aufgrund eines frühen Verlusts eine Mauer um sich selbst aufgebaut hat. Es bedarf viel Muße und Geduld, sich auf seinen schwierigen Charakter einzulassen, doch wenn man in den letzten zwanzig Minuten erst einmal begriffen hat, woher die Verbissenheit des von Ryan Gosling äußerst stark verkörperten Neil Armstrong herrührt, möchte man „Aufbruch zum Mond“ direkt noch einmal sehen, um die Mondlandung endgültig aus seiner Sicht zu erleben.
22
Auch für den Kandidaten auf Platz 22 braucht man zweifelsohne Geduld; Luca Guadagnino wendet für seine Liebesgeschichte CALL ME BY YOUR NAME 122 Minuten auf, in denen auf den ersten Blick wenig passiert. Doch wir sehen, wie sich zwischen zwei Menschen ganz vorsichtig eine Romanze entwickelt – vor der wohl schönsten Sommerkulisse, die man sich vorstellen kann. Armie Hammer und Timothée Chalamet tollen über Wiesen, entdecken italienische Dörfer und kommen sich dabei behutsam näher. Guadagnino drehte seinen Film binnen eines Italienurlaubs; diese Authentizität ist jedoch nicht bloß der Inszenierung anzumerken, sondern auch der Interaktion zwischen den beiden Hauptdarstellern, genauso wie den Nebendarstellern. Und mit einem Gespräch zwischen Michael Stuhlbarg und Timothée Chalamet, genauso wie der herzzerreißenden Schlusssequenz (übrigens zum großartigen Soundtrack, in dem vor allem die Stücke von Sufjan Stevens hervorstechen), sorgte „Call Me By Your Name“ dafür, dass bei mir mehr als einmal die Tränen flossen.
21
Minimaler Aufwand, maximale Spannung – der dänische Thriller THE GUILTY lief unter dem Radar, obwohl er eigentlich eine viel größere Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte. Der Clou: Der Film spielt in der reduzierten Kulisse einer Polizeieinsatzzentrale. Wir befinden uns während der 90 Minuten ausschließlich an der Seite des Protagonisten, der am Telefon einen Entführungsfall zu lösen hat, als ihn das gekidnappte Opfer anruft und um Hilfe bittet. Das Schreckensszenario spielt sich dabei ausschließlich im Kopf des Zuschauers ab. Wir bekommen zu keinem Zeitpunkt zu sehen, was auf der anderen Seite der Leitung vor sich geht. Und das eröffnet einem natürlich umso spektakulärere Möglichkeiten, seine eigenen Vermutungen in die Geschichte einfließen zu lassen. Wenn sich in der zweiten Hälfte die Ereignisse dann auch noch überschlagen, ohne dass dies zu Lasten der Glaubwürdigkeit geht, dann weiß man irgendwann überhaupt nicht mehr, wem man in dieser Konstellation aus Täter, Opfer und Polizist glauben soll. Daher mein Tipp: Über „The Guilty“ im Vorfeld am besten so wenig wie möglich lesen.
In den nächsten Tagen geht es hier weiter mit den Plätzen 20 bis 11…
Ich selber bin mit dem Film im Kino nicht wirklich warm geworden und entfand ihn als lediglich ganz nett, da die Handlung, dich ich diverse Male in anderer und für mich persönlich in besserer Form gesehen hab (Stichwort: Iron Giant) ließ mich doch eher ernüchternd im Saal zurück.
Die Charaktere, wirkten einfach nicht natürlich für mich, ich sah immer genau was der Film bezwecken wollte, weswegen Sätze wie „Du hast mir geholfen zu mich selbst zu finden“ mich eher zum schmutzeln brachten, als zu mitfühlen.
Dennoch muss ich sagen das ich deiner Kritik in vielen Punkte zustimmen muss, angefangen beim dem tollen Soundtrack bis hin zur fantastischen Inszenierung und den einigen guten Gags, war es ein unterhaltsamer Abend.
Letztendlich will ich noch sagen tolle Kritik und ich hoffe man sieht dich öfters und regelmäßiger bei den Bohnen.
Find du bist ein tolle Ergänzung für das Kino+ Team.