Schlagwort-Archiv: Léa Seydoux

The French Dispatch

Wes Anderson hat wieder zugeschlagen. Nach seinem letzten Ausflug ins Animationsfilmkino kehrt er mit THE FRENCH DISPATCH nicht bloß zu seinen Wurzeln zurück. Er gräbt sie aus und stellt sie zur Schau, sodass die auf vier Geschichten der US-amerikanischen Intellektuellenzeitung The New Yorker basierende Tragikomödie zu reinem Wes-Anderson-Destillat wird. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.

OT: The French Dispatch (DE/USA 2021)

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Kursk

„Die Jagd“-Regisseur Thomas Vinterberg erzählt in KURSK von der Tragödie rund um das gleichnamige U-Boot, das im Sommer 2000 nicht nur zum Schauplatz eines eiskalten Überlebenskampfes wurde, sondern auch von politischen Machtspielen der übelsten Sorte. Mehr zum Film verraten wir in unserer Kritik. Weiterlesen

Videoabend: The Lobster

Kino ist teuer, mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden und wer generell nicht gern unter Leute geht, der muss die Stoßzeiten meiden, um einen Film in Ruhe und ohne Störungen genießen zu können. Wenngleich die Videotheken nach und nach vom Online-Streaming verdrängt werden, geht doch nichts über einen gemütlichen Filmeabend auf dem heimischen Sofa. Obwohl die Auswahl riesig ist und Kinofilme immer schneller nach ihrem Start auch auf DVD und Blu-ray Disc erhältlich sind, lohnt sich sich ab und zu, einen Blick auf den Direct-to-Video-Markt zu werfen. Manchmal finden sich hier nämlich echte Perlen, ebenso sehr wie solche, die sich erst im Nachhinein als Rohrkrepierer erweisen. In meiner neuen Rubrik VIDEOABEND möchte ich Euch jede Woche einen Film vorstellen, der es hierzulande nicht oder nur sehr limitiert ins Kino geschafft hat.

Diese Woche widme ich mich dem dystopischen Liebesdrama „The Lobster“, das seit dem 28. April 2016 im Handel erhältlich ist.

The Lobster

Eine Gesellschaft in der nahen Zukunft, in der ein Leben zu zweit das oberste Gebot ist. Singles werden verhaftet und in eine Anstalt namens „The Hotel“ gebracht. Dort haben sie genau 45 Tage Zeit, um einen passenden Partner zu finden. Scheitern sie, werden sie in ein Tier ihrer Wahl verwandelt und im Wald ausgesetzt. David gelingt (Colin Farrell) die Flucht aus dem Hotel in den Wald, wo allerdings „The Loners“ das Sagen haben. Das Dogma ihres restriktiven Regimes ist das Alleinsein. Partnerschaften sind streng untersagt. Doch David verliebt sich in eine Frau (Rachel Weisz) – und verstößt damit gegen die Regeln.

Mit scharfer Präzision und beißendem Humor erzählt der griechische Film „The Lobster“ seine Geschichte wie eine dunkle, unheimliche Fabel.

Sony Pictures Home bewirbt ihn so: 

Willkommen in der urkomischen und abgedrehten Welt von THE LOBSTER!

Kritik

Es ist eine Krux mit der deutschen Kinolandschaft: Da die Vermarktungsmöglichkeiten eines Films hierzulande an erster Stelle stehen, fallen ab und an Produktionen durchs Raster, die sich nur schwer einer bestimmten Zielgruppe zuordnen lassen wollen. So geschehen im Falle von „Under the Skin“ mit Scarlett Johansson und nun eben auch mit dem griechischen Cannes-Beitrag „The Lobster“, den der Verleih Sony Pictures trotz eines immens innovativen Konzepts und einer spektakulären Besetzung nicht in die hiesigen Lichtspielhäuser bringen wollte. So ganz verübeln kann man es dem Studio nicht, denn für ein profitorientiertes Unternehmen wie dieses stehen die eigenen Interessen nun mal an erster Stelle. „The Lobster“ in die Kinos zu bringen, hätte angesichts der wohl recht geringen Menge interessierter Zuschauer vermutlich ein Verlustgeschäft für Sony bedeutet. Für diejenigen, die Yorgos Lanthimos‘ Regiearbeit seit der gefeierten Uraufführung in Cannes entgegenfieberten, ist der Wegfall eines Kinostarts von „The Lobster“ dennoch und berechtigterweise ein Schlag ins Gesicht. Da ist es vermutlich nur ein schwacher Trost, dass es der Film, der hierzulande den Untertitel „Eine unkonventionelle Liebesgeschichte“ trägt, nun endlich in die deutschen Heimkinos schafft. Auf DVD nur, aber immerhin. Und wer sich dazu entschließt, hier, entweder mit Vorwissen oder blind, zuzugreifen, bekommt ein Spielfilmerlebnis geboten, das es so tatsächlich noch nie gegeben hat.

Ein Blick auf die Castliste verrät: Das Konzept von „The Lobster“ muss sich schon auf dem Papier so bahnbrechend gelesen haben, dass der vorab nur eingefleischten Cineasten bekannte Filmemacher Yorgos Lanthimos („Dogtooth“) keinerlei Mühe gehabt haben dürfte, Hollywoodstars wie Colin Farrell, Rachel Weisz, Léa Seydoux, John C. Reilly oder Ben Whishaw für seinen Film zu verpflichten. Mit stoischer Emotionslosigkeit, begleitet von einem nicht minder einfältigen Voice-Over-Kommentar, erwecken die Mimen eine Geschichte zum Leben, die sich als mitreißende Allegorie auf unsere heutige Welt versteht, in der Probleme wie Bindungsangst und Beziehungsunfähigkeit das eine Extrem bilden, dem das sich unbedingte Sehnen nach einer Partnerschaft und die zwanghafte Suche nach der großen Liebe gegenüberstehen. Es kommt nicht von Ungefähr, dass sich die Figuren in „The Lobster“ bis zu einem gewissen Grad vollkommen frei von jedweden Gefühlen zeigen. Denn das Wichtigste am Suchen und Finden der Liebe – die Liebe selbst –  findet in „The Lobster“ einfach nicht statt. Sie ist ein Geschäft und amouröse Verwicklungen sind ein notwendiges Übel. Unter Zuhilfenahme minimalistischer Musikuntermalung, die zum Großteil aus ein und derselben Tonabfolge besteht, wird aus dem Film, der fälschlicherweise als Komödie tituliert wird, ein mit der Zeit immer intensiveres Erlebnis, das uns mit emotionalen Ängsten konfrontiert, die uns tief im Inneren packen. Denn es braucht oftmals nicht die Aussicht darauf, in ein Tier verwandelt zu werden, um sich in der Partnersuche unter Druck zu setzen. Manchmal reicht schon der Gedanke daran, dass wir nicht allein sein können und in uns bricht eine Welt zusammen.

THE LOBSTER stammt von Yorgos Lanthimos, das Skript stammt von Yorgos Lanthimos und Efthymis Filippou. Unter den Darstellern finden sich Colin Farrell, Rachel Weisz, Léa Seydoux, John C. Reilly, Ben Whishaw, Jessica Barden, Olivia Colman und Ashley Jensen. Bei dem Film handelt es sich um eine griechische Drama-Produktion aus dem Jahr 2015. Der Film ist hierzulande ungekürzt auf DVD erhältlich und ab 16 Jahren freigegeben. Die Länge beträgt 118 Minuten.

Fazit

Das griechische Liebesdrama „The Lobster“ zeichnet eine dystopische Zukunft voller Widersprüche, die so absurd und krank ist, wie eine Gegenwart, in der Online-Dating, Speeddates und wissenschaftlich fundierte Partnerbörsen zum Alltag gehören. Der Kuriosität, nicht das Herz, sondern den Kopf über die Liebe entscheiden zu lassen, setzt Yorgos Lanthimos eine surreale Krone auf, die gleichsam so schön ist, dass man sich wünscht, „The Lobster“ würde noch viele weitere Stunden gehen. Innovatives Kino aus einem Land, das Filme kreiert, die hierzulande sonst kaum Beachtung finden – wer nach etwas wirklich Neuem sucht, der hat mit „The Lobster“ sein nächstes Pflichtprogramm gefunden.

Mein Tipp: Unbedingt kaufen!

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