Das Schweigen der Lämmer

     

Die Buchverfilmung von Thomas Harris‘ DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER gilt als einer der Höhepunkte der Filmgeschichte. Ausgezeichnet mit fünf Oscars (darunter „Bester Film“ und „Beste Regie“), eine aktuelle Platzierung von Platz 24 der besten Filme in der Internet Movie Database (Imdb) und regelmäßig beste Einschaltquoten bei TV-Ausstrahlungen: Ohne Zweifel hat der Film das geschafft, wovon viele andere träumen: zu einem zeitlosen Klassiker zu werden. Doch ist der Hype um den im Jahre 1991 erschienenen Psychothriller überhaupt gerechtfertigt oder handelt es sich ganz einfach um eine horrende Überschätzung dieses Werkes? Die Antwort auf diese Frage lest ihr in meiner folgenden und außerdem ersten Kritik der Kategorie „Klassiker“.   

 

Der Plot

Die FBI-Agentin Clarice Starling (Jodie Foster), die kurz vor der Beendigung ihrer Ausbildung steht, bekommt eines Tages einen äußerst schwierigen Fall zugeteilt. Sie soll den hochgradig gefährlichen, allerdings überaus intelligenten Psychiater Dr. Hannibal Lector (Anthony Hopkins), der einst wegen Mordes und Kannibalismus verurteilt wurde und nun im Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses einsitzt, zur Mitarbeit an einem aktuellen Fall bewegen. Das FBI jagt einen Serienmörder, genannt „Buffalo Bill“, der seine weiblichen Opfer nach ihrer Ermordung häutet und sie in einem Fluss beseitigt. Bislang führte jede Spur ins Leere und aktuell wird die Tochter einer Senatorin (Diane Baker) vermisst. Alle Hoffnungen lasten nun auf den Schultern Starlings. Doch Lector spielt ein grausames Spiel mit ihr. Für jede Information, die er ihr preisgibt, muss sie Fragen seinerseits beantworten. Persönliche Fragen. Tiefergehende Fragen. Unangenehme Fragen. Während Clarice und Lector sich somit auf eine perfide Art und Weise näher kommen, drängt die Zeit. Denn irgendwo weit weg sitzt Catherine (Brooke Smith), die Tochter der Senatorin in einem Brunnen und wartet vergeblich auf Rettung – oder den sicheren Tod.


„Ich genoss seine Leber mit ein paar Faber-Bohnen, dazu einen ausgezeichneten Chianti!“

Kritik

Die Liste der Nominierungen und Auszeichnungen von Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“ liest sich wie eine Wunschvorstellung sämtlicher Regisseure und Filmemacher. Nominiert für sieben Oscars, darunter fünf Auszeichnungen mit selbigem, fünf Nominierungen für den Golden Globe und eine Auszeichnung für Jodie Foster als beste Hauptdarstellerin, sowie 2011 die Aufnahme in die National Film Registry – ein Verzeichnis amerikanischer Filme, die als besonders erhaltenswert gelten. Doch was macht diesen Film aus und weswegen wird er häufig in einem Atemzug mit anderen großen Filmen wie „Titanic“, „Forrest Gump“ oder „Casablanca“ genannt?

Da wäre zunächst einmal die brillante Story. Thomas Harris schuf mit seinem Roman eine Szenerie des Grauens, die in ihrer Hochspannung und ihrem Intellekt nahezu einmalig ist. Das Hauptaugenmerk liegt in diesem Psychothriller auf einem intensiven Katz- und Maus-Spiel, welches seine Höhepunkte regelmäßig in den fesselnden Rededuellen zwischen der toughen FBI-Agentin Clarice Starling und dem brandgefährlichen Mörder Dr. Hannibal Lector findet. Die kleine, eher unauffällige Jodie Foster („Panic Room“, „Der Gott des Gemetzels“) spielt ihre Rolle hier mit solch einer Stärke und Inbrunst, dass sie ansatzweise fast männlich wirkt, was für ihre Rolle jedoch optimal ist. Muss sich Clarice doch in der männerdominierten Welt des FBI gegen ihre Mitstreiter behaupten und mit einem gewissen harschen Auftreten punkten. Dr. Hannibal Lector, furios gespielt von Anthony Hopkins („Rendezvous mit Joe Black“, „The Rite – Das Ritual“), wirkt dagegen fast schon zierlich und äußerst sensibel, büßt jedoch nie etwas von seiner Gefährlichkeit ein. Seine Auffassungs- und unheimlich genaue Beobachtungsgabe lässt Dr. Hannibal Lector zu keinem Zeitpunkt harmlos wirken und gibt dem Zuschauer das Gefühl, besser nicht wegzuschauen: Wer weiß, was er als nächstes vorhat!? Eine derartige Intensität hat es bislang selten in der Darstellung eines Bösewichts gegeben. Nicht umsonst wurde die Figur des bestialischen Psychiaters zum größten Schurken der Filmgeschichte gewählt – vor Charakteren wie Darth Vader („Star Wars“) und Norman Bates („Psycho“). Doch auch die Darstellung des Serienkillers „Buffalo Bill“ (Ted Levine) ist mehr als gelungen. Wenig intensiv vom (äußerlichen) Auftraten, dafür umso kranker in seiner psychischen Stabilität erscheint der psychopathische Serienmörder als das Unberechenbare in Person und steht Dr. Hannibal Lector in dem Sorgen für Unbehagen beim Zuschauer in nichts nach. Dennoch ergänzen sich beide in ihrer Form des Terrors: Dr. Lector als derjenige, dessen Spezialität es ist, vor allem für den Terror im Kopf zu sorgen, „Buffalo Bill“ als knallharter Mann des Brutalen und der körperlichen Qualen und bei dessen Taten die Kamera strikt draufhält. Und inmitten all dieser Gewalt steht die zierliche Clarice Starling, die man sich ungern in diese Szenerie wünscht und ihr dennoch zutraut, die Situation professionell zu meistern. Auch Brooke Smith („Kansas City“, „In den Schuhen meiner Schwester“) als entführte Senatoren-Tochter sorgt nur allzu oft für Gänsehaut beim Zuschauer. Ihre Schreie sind markerschütternd und ihre psychische Labilität ihr jederzeit ins Gesicht geschrieben. Dennoch verkörpert sie eine gewisse Stärke und findet sich nicht mit ihrer Situation ab, weswegen das Mitfiebern mit ihrer Figur und das bange Hoffen und Warten auf Rettung noch einmal intensiver erscheint.

Neben den Gesprächen zwischen Lector und Starling werden auch die Ermittlungsarbeit, sowie die aktuelle Situation der Entführten in einem parallelen Erzählstrang eindrucksvoll geschildert. Durch eine großartige Schnittarbeit, detaillierte Kamerafahrten und Szenen, die jederzeit unvorhersehbar enden, wird „Das Schweigen der Lämmer“ über seine Laufzeit von knappen zwei Stunden aufgrund seiner unberechenbaren Stimmung zu einer Zerreißprobe für die Nerven. Die düstere, durchweg kühle, aber auch beachtlich nüchterne Atmosphäre nimmt dem Zuschauer jegliches Wohlsein. Der Gewaltgrad ist für einen Psychothriller dieser Sorte erstaunlich niedrig, wenn auch der Spruch „Qualität vor Quantität“ hier eindeutig passt. Es flimmert nur wenig Blut über die Bildschirme, dafür allerdings in bestialischer Art und Weise, sodass der Schmerz, den die Opfer erleiden mussten, fast spürbar für den Zuschauer ist. Abgerundet von einem fantastischen Soundtrack und überdurchschnittlich ausdrucksstarken Bildern, bietet „Das Schweigen der Lämmer“ ohne Zweifel Kino in Perfektion. Die Spannung ist bahnbrechend, die Handlung revolutionär – kurzum: Der Hype ist gerechtfertigt, der Film ohne Umschweife einer der besten der Geschichte und das Gesicht von Anthony Hopkins nach dem Anschauen des Films nicht mehr das, was es vorher einmal war.   Chapeau!

BluRay oder DVD?

Es wäre einfach zu sagen, dass Filme, die sich das Prädikat „Klassiker“ verdient haben, ausschließlich in fulminanter Auflösung genossen und dementsprechend als BluRay im heimischen Regal stehen sollten. Trotzdem habe ich mir die Mühe gemacht, Bild- und Tonmaterial beider Medien zu sichten und stelle fest, dass hier in Sachen Restauration tatsächlich großartige Arbeit geleistet wurde. Hat die DVD mit leichten Schwächen in der Bildqualität noch den Charme eines 90er-Films, so deutet bei der BluRay nichts auf die schon mittlerweile 20 Jahre hin, die der Klassiker mittlerweile auf dem Buckel hat. Leider sind die Extras ein wenig mager ausgefallen und bieten lediglich den original Kinotrailer in voller Länge. Schade eigentlich: trotzdem bekommt „Das Schweigen der Lämmer“ von mir eine BluRay– und ausnahmsweise auch eine Buch-Empfehlung!

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