Heartbeats

Dem Genre des Tanzfilms neue Facetten beizumengen, ist im Anbetracht der recht simplen Grundprämisse relativ schwierig. Auch HEARTBEATS nimmt sich da nicht aus, setzt jedoch nicht vollständig auf bekannte Zutaten, sondern bringt ein wenig frischen Wind in die musikalische Romanze. Mehr dazu in meiner Kritik.

Der Plot

Ausgerechnet kurz vor einem wichtigen Auftritt muss Kelli (Krystal Ellsworth) ihre Hip-Hop-Crew im Stich lassen und ihre Familie zu einer Hochzeit nach Indien begleiten. Was für die junge Amerikanerin als Urlaub wider Willen beginnt, nimmt schnell eine erfreuliche Wendung: Im fernen Mumbai trifft Kelli auf den charmanten Inder Aseem (Amitash Pradhan), mit dem sie ihre große Leidenschaft fürs Tanzen teilt. Bei exotischen Rhythmen und heißen Dance-Moves rücken schon bald nicht nur zwei gegensätzliche Kulturen näher zusammen. Auf einer Achterbahnfahrt der Gefühle müssen sich die beiden die alles entscheidende Frage stellen: Hat ihre Liebe eine Chance?

Kritik

Mit verschiedenen Musikstilen lässt es sich leicht unterschiedliche Charakterzüge in Verbindung bringen. Rockliebhaber sind hart im Nehmen, Klassikhörer ein wenig verklemmt und Popmusik-Konsumenten fehlt es an Profil und Geschmack. Das ist natürlich oberflächlich und bedient in erster Linie einfache Vorurteile, doch daraus ergibt sich nun mal auch die Möglichkeit, anhand von Musik Konflikte heraufzubeschwören. In einer Beziehung muss bloß Einer Heavy Metal hören, der Andere Sinfoniekonzerte besuchen und der leinwandtaugliche Gegensatz ist geboren. In Filmen wie „Wenn ich bleibe“ oder „High Strung“ hat das zumindest funktioniert – immer mit der versöhnlichen Moral, dass sich Gegensätze anziehen und sich außerdem wunderbar ergänzen können. In Duane Adlers Tanzromanze „Heartbeats“ geht es um Ähnliches: Hier trifft eine Hip-Hop-Tänzerin auf klassischen Volks- und Hochzeitstanz aus Indien. Das ganze Drumherum, inklusive amouröser Verwicklungen zwischen den beiden Protagonisten, folgt einmal mehr den gängigen Mustern des Genres und jeder weiß: Am Ende kriegen sie sich! Doch „Born 2 Dance“-Regisseur Douane Adler peppt das Ganze souverän mit Landeskultur und einer angenehmen Portion Glaubwürdigkeit auf, sodass man hier erstmals das Gefühl hat, dass ein Großteil der in „Heartbeats“ geschehenen Ereignisse könnte so tatsächlich passieren.

Das Traumpaar tanzt sich im großen Finale die Seele aus dem Leib.

Dass in „Heartbeats“ die indische Kultur und ein US-amerikanischer Lifestyle aufeinanderprallen, ist für Douane Adler, der nicht nur Regie führte, sondern auch das Drehbuch schrieb, kein Anlass, um allzu große Auseinandersetzungen zu forcieren. Relativ zügig zeigen sich Kelli und Aseem voneinander angetan, sodass alsbald nicht der heraufbeschworene Gegensatz, sondern das Miteinander im Mittelpunkt steht. Der Überraschungseffekt hält sich somit in Grenzen; „Heartbeats“ folgt ganz dem Standard der üblichen Tanzromanze und so arbeitet sich Adler penibel an den bekannten Stationen eines solchen Genrefilms ab. Der familiäre Konflikt, das Dance-Battle, die Lovestory, die Zickerei mit der Konkurrenz und das alles entscheidende (selbstredend getanzte) Finale bilden auch hier das Grundgerüst für eine Geschichte mit wenig Substanz und nur wenig echtem Gefühl. Stattdessen setzt man auf groß angelegte Liebesschwüre und jede Menge Kitsch – sowohl auf der inszenatorischen, als auch auf der erzählerischen Seite. Denn wenn die beiden Hauptfiguren miteinander tanzen, kann das natürlich auch hier nur dann geschehen, wenn das gleißende Sonnenlicht durch die Fenster der Trainingsräume scheint, oder im Hintergrund gerade die Sonne untergeht.

Die Darsteller haben da – wieder einmal – natürlich nur wenig zu tun. Dafür, dass gerade die Hauptfiguren aus unterschiedlichen Kulturen kommen, erscheint ihre Romanze sogar noch generischer als ohnehin schon. Dafür ist die Chemie zwischen Krystall Ellsworth, die auch im Oscar-prämierten Musical „La La Land“ das Tanzbein schwang, sowie Amitash Pradhan („Bruce Lee – The Fighter“) spürbar knisternd. Auch ohne die einfallsreichsten Dialoge gelingt es ihnen, dem schmachtenden Zielpublikum eine geeignete Projektionsfläche für eigene Sehnsüchte zu bieten. Erst recht, da sich der Plot von „Heartbeats“ ohne allzu große Haken und Wendungen bis ins Finale durchschlägt, das den Eindruck erweckt, die hier vorgeführten Tanzschritte und -Moves wären von Profis tatsächlich tanzbar. Die Nebenfiguren erweisen sich dagegen als sympathische Stichwortgeber, die alle mit ihren ganz eigenen kleinen Hintergrundgeschichten ausgestattet sind. Vor allem Aseems Tanzcrew besteht aus spleenigen Draufgängern, die dazu beitragen, das Geschehen nicht ganz so ernst zu nehmen. So viel Glück haben Kellis Eltern Michelle und Richard Andrews (Daphne Zuniga und Paul McGillion) nicht. Die beiden spielen nicht nur unangenehm theatralisch auf, ihr Background rund um den Verlust von Kellis Bruder und was die fehlende Verarbeitung dieser Tragödie mit dem Tanzen zu tun hat, wird so oberflächlich abgehandelt, das dieser Subplot bis zuletzt unglaubwürdig bleibt.

Indischer Hochzeitstanz spielt in „Heartbeats“ eine große Rolle.

Doch bei all dieser Austauschbarkeit besitzt „Heartbeats“ durch das Setting Indien auch eine überraschend authentische und in gewisser Weise auch unverwechselbare Atmosphäre. Wenngleich Douane Adler diesen Drive nicht nutzt, um davon ihre Geschichte selbst profitieren zu lassen, gewährt er dem Publikum ausgiebige Einblicke in die Faszination des indischen (Hochzeits-)Tanzes und stellt diesem einen modernen Hip-Hop-Sound mitsamt Choreographien gegenüber. So bekommt man im Genre des modernen Tanzfilms auch mal etwas völlig Anderes zu sehen – und am Ende gelingt es dem Regisseur schließlich auch, beide Teile schlüssig zusammenzuführen. Nichts desto trotz wirkt die dramaturgische Klammer um Kellis Teilnahme an einem Tanzwettbewerb in ihrer Heimat Amerika so, als wäre sie erst nachträglich in den Film eingebaut worden. Sowohl der ihre Figur etablierende Prolog, als auch das Finale grenzen sich in ihrem typischen Hollywood-Hochglanz-Look stark von den angenehm dreckigen, in Sepia getränkten Bildern Mumbais ab. Einen Mehrwert dahinter erkennt man kaum, zumal „Heartbeats“ auch ohne den Dance-Competition-Plot genauso gut funktioniert hätte. Es ist also mehr ein netter Bonus, der den Film immerhin spannender macht, als den x-ten Ableger von „Streetdance“, „Step Up“ und Co.

Fazit: In „Heartbeats“ lässt Regisseur Douane Adler Bollywood auf Hollywood treffen und kreiert hieraus eine mitreißende Atmosphäre, von der die austauschbare Geschichte allerdings kaum profitiert. Dafür erwecken die Tänze den Eindruck, tatsächlich tanzbar zu sein und das Protagonistenpärchen passt hervorragend zueinander.

„Heartbeats“ ist ab dem 10. August in den deutschen Kinos zu sehen.

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