Monatsarchive: November 2015

Auf ein Wort mit Adam Bousdoukos und Aron Lehmann

Zum Kinostart der deutsch-griechischen Komödie „Highway to Hellas“ habe ich den Hauptdarsteller Adam Bousdoukos („Soul Kitchen“) und den Regisseur Aron Lehmann („Kohlhaas oder die Unverhältnismäßigkeit der Mittel“) in Berlin zum Interview getroffen. Mit mir sprachen die beiden darüber, weshalb der Film um ein halbes Jahr verschoben wurde, über Klischees und darüber, weshalb Kritiker sich selbst so gern auf die Schulter klopfen.

Highway to Hellas

Jörg Geissner (Christoph Maria Herbst), Angestellter der Münchner AVO-Bank, trifft auf der kleinen griechischen Insel Paladiki ein, um dort die Sicherheiten für einen vor Jahren gewährten Kredit zu überprüfen. Die Insulaner brauchen das Geld, um ihre Ideen für den geplanten Öko-Tourismus auf Paladiki umzusetzen – nach dem Motto: „Galapagos in Greece“. Geissner vermutet aber: Die angegebenen Sicherheiten – ein Krankenhaus und ein Elektrizitätswerk – gibt es nur auf dem Papier. Doch die Griechen sind nicht dumm. Der von den Einheimischen als „Kommissar“ verspottete Geissner soll ihnen erst einmal beweisen, dass die Sicherheiten nicht existieren! Für den überforderten Bankangestellten beginnt eine unerwartete Odyssee, bei der er völlig auf sich gestellt ist: Er gegen den Rest der Insel. Und als sein ständiger Begleiter sorgt der gewitzte deutsch-griechische Gigolo Panos (Adam Bousdoukos) dafür, dass Geissner auf seiner Suche nach dem Elektrizitätswerk nicht zu schnell vorankommt.

 

Das Interview seht Ihr hier:

Vielen Dank an die beiden für dieses interessante Gespräch!

Verlosung: Die Liebe seines Lebens

Anfang des Jahres lieferte Angelina Jolie mit ihrem vermeintlichen Award-Favoriten “Unbroken” ein Paradebeispiel für mit falschem Pathos aufgeladenes Tränenzieherkino. Der weitaus weniger prominente Filmemacher Jonathan Templitzky beweist mit DIE LIEBE SEINES LEBENS, dass man ein und dasselbe Thema auch wesentlich authentischer inszenieren kann. Sein Kriegsdrama ist ein kleines Highlight im bisherigen Kinojahr, das nun endlich auch fürs Heimkino zu haben ist. Zum Start am 27. November verlost Wessels-Filmkritik.com in Kooperation mit Koch Media Home Entertainment zwei Blu-ray Discs zum Film. 

Eric Lomax (Colin Firth) ist kein Mann der vielen Worte. Züge und Bahnstrecken interessieren ihn mehr als Menschen, und auch das Lachen gehört nicht zu seinen Stärken. Das ändert sich, als er die ebenso schöne wie warmherzige Krankenschwester Patti (Nicole Kidman) kennen lernt. Die beiden verlieben sich, und zum ersten Mal seit vielen Jahren hält das Glück Einzug in Erics Leben. Zwar spürt Patti, dass ihm etwas auf der Seele lastet, aber sie wagt es nicht, Eric damit zu konfrontieren. Doch auch nach der Hochzeit kann Eric sich nicht öffnen. Er wird von Alpträumen geplagt und verschließt sich ausgerechnet vor der Liebe seines Lebens. Erst Erics alter Freund Finlay (Stellan Skarsgård) erzählt Patti, was ihren Mann quält: Es sind die düsteren Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg, als die beiden britischen Soldaten in japanische Gefangenschaft gerieten und als Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen beim Bau der Eisenbahn von Birma nach Thailand mitwirken mussten. Patti nimmt sich vor, Eric ein für allemal zu erlösen. Doch als Eric erfährt, dass sein einstiger Peiniger Nagase (Hiroyuki Sanada) noch am Leben ist, bricht er voller Hass und Rachegefühle auf in Richtung Thailand. Eine Reise, die ihn für immer verändern wird.

Das Kriegsdrama „Die Liebe seines Lebens“ erzählt mit viel Fingerspitzengefühl von den seelischen Qualen eines liebevollen Menschen, dem Colin Firth mit seiner kraftvollen Performance ein vielschichtiges Profil verleiht. Am Ende des Films steht schließlich, die beim Zuschauer noch lange nachwirken wird. So und nicht anders geht bewegendes Historienkino!

Die Liebe seines Lebens

Ihr wollt Euch RDIE LIEBE SEINES LEBENS auf keinen Fall entgehen lassen? Dann müsst Ihr nichts weiter tun, als den zugehörigen Facebook-Eintrag bei Facebook zu kommentieren oder den Tweet bei Twitter zu retweeten.

Nach Teilnahmeschluss am 13. Dezember 2015 um 23:59 Uhr wählte ich via Zufallsverfahren den Gewinner oder die Gewinnerin aus und schreibe ihn/sie über eine Facebook- oder Twitter-Privatnachricht an, damit Ihr den Preis so schnell wie möglich und umsonst bei Euch im Briefkasten habt. Eure Adresse wird einzig zur Abwicklung des Gewinnspiels verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Nach Abschluss der Verlosung werden alle personenbezogenen Daten gelöscht. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Jedem Teilnehmer ist die Teilnahme nur einmal pro Teilnahmeweg (Facebook/Twitter) gestattet.

Arlo & Spot

Es ist der Disney-Weihnachtsfilm des Jahres. Die Pixar-Produktion ARLO & SPOT hat eine holprige Geschichte hinter sich und lässt sich diese leider auch anmerken. Malerische Landschaftsaufnahmen und melancholische Stimmungssequenzen treffen auf schwache Dialoge und eine überraschend düstere Grundatmosphäre. Mehr zum Film in meiner Kritik.Arlo & Spot Weiterlesen

Love

Mit seinem Erotikdrama LOVE versucht der französische Skandalregisseur Gaspar Noé mit dreidimensionalen Spermafontänen und minutenlangen Orgien in Detailaufnahmen im Gedächtnis zu bleiben. Doch Sex ist nicht gleich Sex: Anders als etwa Lars von Triers „Nymph()maniac“ fehlt es Noés Werk nämlich an inhaltlicher Substanz und ist damit nicht mehr als pure Provokation. Mehr zum Film in meiner Kritik.Love

Der Plot

Zügellos ist sie, Murphys (Karl Glusmann) stürmische Liebe zu Electra (Aomi Muyok), ein Rausch aus Drogen und Sex und wilden Experimenten. Nichts ist verboten, alles wird ausprobiert, zu zweit, zu dritt, die Leidenschaft scheint grenzenlos. Und doch sind mittlerweile zwei Jahre vergangen, seitdem die Französin den jungen Amerikaner nach einem Seitensprung samt Kind verlassen hat. Mittlerweile lebt er mit der braven Omi (Klara Krisin) zusammen, doch die Liebe ist längst erloschen. Als ihn ausgerechnet am Neujahrestag die Nachricht erreicht, Elektra könne sich etwas angetan haben, begibt sich Murphy auf die Suche nach ihr und damit auf eine Reise ans Ende der Nacht, in der sich Murphy den Dämonen der Vergangenheit stellt und sich in einem orgiastischen Trip verliert, der ihn an die Grenzen seiner Existenz führt…

Kritik

Den Begriff „Enfant Terrible“ in Bezug auf den französischen Filmemacher Gaspar Noé („Irreversible“) zu verwenden, wäre in etwa so plakativ wie die Erwähnung, dass Liam Neeson es in seinen alten Tagen noch einmal richtig krachen lässt. Und doch hilft es vermutlich gerade weniger cineastisch veranlagten Zuschauern, die Werke Noés einzuordnen. Der Franzose ist nach Lars von Trier der letzte große Filmemacher, dessen kinematografische Ergüsse auch immer mit einer Art Mutprobe verbunden sind. Das Wort Erguss leitet sogleich die Thematik von „Love“ ein. Jenem Film, den Gaspar Noé Anfang dieses Jahres in Cannes vorstellte und mit dem sich der Regisseur sicher ein ähnliches Aufsehen erhofft, wie es im vergangenen Jahr Lars von Triers „Nymph()maniac“ gelang. Doch die dreidimensionale Orgie schockt nur auf den ersten Blick, wenn Noé Spermafontänen in Richtung Publikum schießen lässt, wenn sich die Kamera in einer minutenlangen Eröffnungssequenz nicht davon loslöst, wie die Hauptfigur seine Bettgespielin mit dem Finger penetriert, oder wenn Noés Kameramann Benoît Debie („Spring Breakers“) beim Sex ganz nah an die Geschlechtsteile der Protagonisten heranfährt. Das ist zunächst vielleicht mutig, entlarvt sich ob der unspektakulären Geschichte jedoch selbst als pure Provokation. Gaspar Noé geht es nicht um die Lust an der Nacktheit, sondern darum, aus seinem Publikum die größtmögliche Reaktion heraus zu kitzeln. Damit ist „Love“ nicht bloß oberflächlich, sondern eine echte Mogelpackung, denn wo sich „Nymph()maniac“ noch mit Nachdruck gegen den Ausdruck „Kunstporno“ zur Wehr setzen konnte, ist das bei „Love“ nicht so einfach. Gaspar Noés Film ist schlussendlich nicht mehr als ein Sexstreifen unter dem visuellen Deckmantel eines Arthousefilms.

Love

Trotz des sexuellen Schwerpunktes, der schon deshalb über „Love“ liegt, weil fast im Minutentakt unterschiedliche Matratzensportvariationen praktiziert werden, machen viele Szenen deutlich, dass es Gaspar Noé durchaus nach mehr dürstet. Schon die erste Szene, die nach einem minimalistischen Prolog und der Titeleinblendung folgt, stellt das Thema der menschlichen Distanz in den Mittelpunkt. Es geht um die Beziehung des Protagonistenpärchens Murphy und Omi, die sich beide auseinanderentwickelt haben und nur für ihr Kind weiterhin zusammenbleiben. Wie genau die beiden zueinander stehen und wie sich ihre Liebe entwickelt hat, dazu schweigt „Love“ wohlweislich. Erst mit der Zeit ergibt sich durch Rückblenden das komplexe Bild einer kaputten Beziehung, die von Leidenschaft, Sex und Schmerzen geprägt ist. Zu Beginn lässt sich noch eine gewisse Struktur in „Love“ erkennen. So ist Hauptdarsteller Karl Glusmann („Stonewall“) zunächst immer nur dann von vorn zu sehen, wenn er schweigt. In Dialogsequenzen verfolgt ihn die Kamera nur von hinten. Daraus ließe sich vermutlich ein Sinn ableiten, würde Gaspar Noé diesen inszenatorischen Ansatz durchgehend verfolgen. Doch wie auch viele andere Details reißt der Regisseur derartige erzählerische Momente nur an, um sie für die nächste Szene wieder zu verwerfen.

Diese Inkonsistenz zieht sich wie ein roter Faden durch „Love“, der das persönliche Drama innerhalb seiner Erzählung immer nur in Ansätzen aufgreift, um die erzählerische Dichte anschließend mithilfe der Oberflächlichkeit expliziter Sexszenen zu durchbrechen. Wenn die Protagonisten miteinander schlafen, ist dies selten ästhetisch, doch anders als der Gedanke von Lars von Triers „Nymph()maniac“, der seinen Film auf eine ähnliche Weise bewusst lieblos inszenierte, um mithilfe des Sex die zwischenmenschliche Verrohung seiner Figuren hervorzuheben, bemüht sich „Love“ stets darum, mithilfe seiner Nacktszenen die leidenschaftliche Liebe unter seinen Protagonist darzustellen. Doch dieser Übergang misslingt. „Love“ ist allenfalls Stückwerk, das gewiss harte und zarte Momente in sich zu vereinen versucht. Doch anders als die Menschen vor der Kamera verschmelzen diese nicht zu einer Einheit. Der provokative Gedanke wird schließlich davon unterstrichen, dass Gaspar Noé sich inszenatorischer Elemente bedient, die sich allenfalls der Effekthascherei, nicht aber der Untermauerung jedweder Aussagen zuordnen ließen. Wenn der Skandalfilmer einen Cumshot aus dem Inneren einer Vagina zeigt, steht das in keinem Verhältnis zur eigentlichen Aussage des Films, die sich grob mit „Sex und Liebe sind zwei verschiedene paar Schuhe“ umreißen lässt. Um dies nachdrücklich zu unterstreichen, bedarf es keiner ausgedehnten Sexszenen, die mit ganz unterschiedlicher Intention inszeniert sind. Besaß jede pornographische Anleihe in „Nymph()maniac“ noch ihre wichtige Bedeutung, so verkommt der Sex in „Love“ zum Selbstzweck. Und der Filmtitel ist nicht etwa ein gewitzter Kommentar auf die körperliche Liebe, die der emotionalen nie das Wasser reichen könne, sondern ein falsches Etikett.

Love

Die Frage, was die Darsteller dazu bewogen haben könnte, sich – im wahrsten Sinne des Wortes – mit Haut und Haar auf dieses Projekt einzulassen, wäre eine falsch gestellte. Sie würde implizieren, dass das Mitwirken an Gaspar Noés Werk im Ansatz etwas Verwerfliches hat, dabei sei deutlich betont: „Love“ hat Momente, die bewegen und deren Aussagekraft länger anhält als ein durchschnittlicher Orgasmus. Doch das Drehbuch macht es dem Publikum schwer, mit den Charakteren zu sympathisieren und gleichsam die Probleme der handelnden Paare nachzuvollziehen. Die immer wieder von Flashbacks durchbrochene Erzählung unterliegt keiner Chronologie. Erst nach etwa der Hälfte offenbart sich dem Zuschauer, worauf „Love“ überhaupt hinaus möchte. Dass sich die Figuren da schwer tun, eine Nahbarkeit aufzubauen, ist selbstredend. Es ist fast konsequent, dass all die Oberflächlichkeit und Leere, mit der „Love“ zwischen den Zeilen zu spielen versucht, auch vor dem Gefühl beim Zuschauen nicht Halt macht. Das Leinwandgeschehen, das mit 135 Minuten obendrein rund eine halbe Stunde zu lang ist, versucht, sich seinen Weg bis zum emotionalen Zentrum des Publikums zu bahnen. Doch es scheitert daran, dass ein jeder von uns Dinge an unseren Mitmenschen braucht, die sie für uns interessant machen. Die von Karl Glusmann, Aomi Muyok und Klara Kristin allenfalls solide aber ohne Wiedererkennungswert verkörperten Hauptfiguren sind aber keine, die sich durch Ecken und Kanten hervortun könnten. Sie sind da und sind doch nicht da – in einer Welt, die uns viel zu fern bleibt, als dass wir uns wirklich mit ihr auseinandersetzen wollen.

Fazit: Gaspar Noés Sexdrama „Love“ sorgt definitiv für Aufsehen. Doch hinter der dreidimensionalen Aneinanderreihung von harten (!) Erotikszenen und philosophischen Einschüben steckt nicht mehr als der unbedingte Schrei nach Aufmerksamkeit. Da wundert es auch nicht, dass Noé eine der Figuren dann auch direkt nach sich selbst benennt.

„Love“ ist ab dem 26. November in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen – auch in 3D!

« Ältere Einträge Letzte Einträge »