Arlo & Spot

Es ist der Disney-Weihnachtsfilm des Jahres. Die Pixar-Produktion ARLO & SPOT hat eine holprige Geschichte hinter sich und lässt sich diese leider auch anmerken. Malerische Landschaftsaufnahmen und melancholische Stimmungssequenzen treffen auf schwache Dialoge und eine überraschend düstere Grundatmosphäre. Mehr zum Film in meiner Kritik.Arlo & Spot

Kritik

Arlo ist elf Jahre alt und ein ängstlicher Apatosaurus. Anders als seine gleichaltrigen Geschwister Buck und Libby fürchtet er sich vor allem und jedem. Deshalb ist er auch auf der Farm seiner Eltern keine große Hilfe. Als sein Vater ihm eine kleine, aber wichtige Aufgabe stellt, versagt Arlo. Eines Tages fällt er durch ein Missgeschick in einen Fluss, der ihn davontreibt und viele hundert Kilometer von seiner Familie trennt. Nun steht er vor der großen Aufgabe, den weiten Weg nach Hause zu meistern. Zum Glück ist der wilde Menschenjunge Spot an seiner Seite. Die ungleichen Freunde treffen auf ihrer großen Reise verschiedene Zeitgenossen, darunter eine T-Rex-Familie, die Langhorn-Rinder züchtet, eine Gruppe von hinterlistigen Flugsauriern und einen geheimnisvollen Tierchensammler.

Kritik

Die Disneystudios und sämtliche, von ihnen aufgekauften Produktionsschmieden dominieren in diesem Jahr die weltweiten Kinokassen. Neben „Baymax“, sämtlichen Marvel-Abenteuern, „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ und Pixars atemberaubender Reise ins Menscheninnere „Alles steht Kopf“, der mittlerweile längst zu einem ernst zu nehmenden Oscar-Favoriten geworden ist, gibt es in diesem Jahr auch für die ganz junge Zuschauergruppe einen Grund, die Lichtspielhäuser zu betreten. Das zumindest glaubt man, wenn man der Marketingmaschinerie der neuesten Pixar-Produktion „Arlo & Spot“ Glauben schenkt. Der ursprünglich „Der gute Dinosaurier“ betitelte 3D-Animationsfilm bedient sich äußerst cartoonhafter Figuren, einer simplen Geschichte und einer einfachen Moral. Das bedeutet nicht automatisch, dass es sich Regisseur Peter Sohn (Kurzfilm „Teilweise wolkig“) einfach machen würde. Sein erstes Langfilmprojekt ist keineswegs stupide oder billig. Es ist vielmehr von einem inhaltlichen Minimalismus geprägt, der die Abenteuer um den Dinosaurierjungen Arlo und das Waisenkind Spot auch an die ganz jungen Zuschauer herantragen soll. Das ist im Anbetracht der sonst auf die ganze Familie als Zielgruppe abgestimmten Pixar-Historie durchaus eine mutige Idee. Gerade im Vergleich zu „Alles steht Kopf“ wirkt „Arlo & Spot“ allenfalls wie die rudimentär gezeichnete Demoversion einer klassischen Disney/Pixar-Produktion, wozu vor allem die einfach gehaltenen Animationen sämtlicher tierischer Figuren beitragen. Gleichzeitig bildet dies auch die Basis eine ganze Reihe paradoxer Kontraste. So gehören nicht nur die fotorealistischen Hintergründe und Landschaften zum Besten, was die Animationswelt je gesehen hat, auch die inhaltlich sehr wankelmütige Stimmung dürfte ob ihres zwischen Bedrohung, Aggression und Melancholie Tonfalls zu überfordernd für das ganz junge Publikum sein.

Arlo und Spot

Damit steht auch schon das Problem im Mittelpunkt, mit dem „Arlo & Spot“ im Kern zu kämpfen hat. Die Geschichte über zwei ungleiche Freunde, die es im Rahmen eines mit vielen Hindernissen gespickten aber doch machbaren Abenteuers von Ausgangspunkt A zum Ziel B schaffen müssen, ist nicht die kreativste. Auch ein reichlich plakativer Dramaturgiebogen kann dieses Szenario nur leidlich unterstützen, denn die Aussage, dass man erst dann vollkommen von seiner eigenen Familie anerkannt wird, wenn man eine herausstechende Leistung vollbracht hat, ist darüber hinaus eine suspekte. Doch wollen wir im Anbetracht der anvisierten Zielgruppe einmal nicht zu sehr ins Detail gehen; für das junge Publikum steht fest: Zwei Partner wider Willen müssen eine spannende Reise überstehen. Das ist simpel, übersichtlich und besitzt obendrein das Potenzial für viele schöne Stationen während dieses Trips. Das wissen auch die Macher und teilen „Arlo & Spot“ inszenatorisch in zwei Teile auf. Auf schwelgerische Stimmungssequenzen, die ohne viel Dialog auskommen und den Zuschauer voll und ganz in die atemberaubend schöne und in 3D hervorragend zur Geltung kommende, animierte Pixar-Welt entführen, folgen sketchartig inszenierte Aufeinandertreffen mit verschiedensten Zeitgenossen. Wie man den unterschiedlichen Saurierarten ihre ganz eigenen Eigenschaften zugesteht, ist mit viel Augenzwinkern, aber auch Liebe zum Detail ausgestattet. Der Tyrannosaurus Rex ist in „Arlo & Spot“ ein klassischer Cowboy, während Flugsaurier ganz finstere Zeitgenossen sind und sich Urzeitvögel als Viehdiebe verdingen.

All diese Momente stecken voller Kreativität und werden sowohl den jungen, als auch den älteren Zuschauern das ein oder andere Schmunzeln entlocken. Darüber hinaus kommt „Arlo & Spot“ jedoch erstaunlich humorlos daher. Peter Sohn, der auch das Drehbuch mitverfasste, lässt in seinem Film einen äußerst bedrohlichen Tonfall vorherrschen. Das reicht von dem reißerisch inszenierten Tod von Arlos Vater, der gerade dem jungen Zuschauer keine Zeit für die Verarbeitung lässt, über verhältnismäßig brutale Fressattacken von Flugsauriern bis hin zu einem rührenden, für Kinder jedoch ebenfalls viel zu konsequenten Finale. All diese Szenerien sind für einen Film aus dem Animationssegment vollkommen vertretbar. Die landläufige Meinung, bei animierten Produktionen müsse es sich automatisch um solche für Familien respektive Kinder handeln, ist ohnehin eine falsche. Doch die stellenweise an den Tag gelegte Drastik, die unstet-finstere Atmosphäre und die fast vollständige Humorreduktion stehen im krassen Gegensatz zu der einfach gehaltenen Geschichte. So darf an dieser Stelle durchaus die Frage aufgeworfen werden, für wen „Arlo & Spot“ denn nun eigentlich geeignet ist. Erwachsene Animationsfilmfans könnten sich an der (zu?) simplen Geschichte stören, während für die Kleinen zu wenig unterhaltende Berührungspunkte vorhanden sind. Es bleibt der Verweis auf die visuelle Augenweide – denn die ist nicht bloß zeit-, sondern vor allem alterslos.

"Arlo und Spot" besticht vor allem in den dialogfreien Stimmungssequenzen

„Arlo und Spot“ besticht vor allem in den dialogfreien Stimmungssequenzen

Fazit: „Arlo & Spot“ ist seine holprige Produktionsgeschichte anzumerken. Der Film besticht durch eine phänomenale Optik und überrascht mit einer allgegenwertigen Düsterness. Die Stimmungssequenzen werden gerade den erwachsenen Zuschauern gefallen, doch die Geschichte selbst besitzt kaum Wiedererkennungswert. Für das junge Publikum könnte der neueste Pixar-Film hingegen überfordernd wirken, sodass am Ende die Frage bleibt: Wer zieht aus „Arlo & Spot“ am Ende den meisten Nutzen?

„Arlo & Spot“ ist ab dem 26. November bundesweit in den Kinos zu sehen – auch in 3D!

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