Hard Powder

2014 kam mit „Einer nach dem anderen“ ein wunderbar schwarzhumoriger Rachekrimi aus Norwegen auf die deutschen Leinwände. Jetzt hat Hollywood den Streifen mit Liam Neeson in der Hauptrolle neu verfilmt. Ob HARD POWDER mit dem Original mithalten kann, verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Nels Coxman (Liam Neeson) ist Schneepflugfahrer in einem Wintersportgebiet in den Rocky Mountains. Weil er seinen Job seit Jahren so gewissenhaft erledigt, wurde er just zum „Bürger des Jahres“ ernannt. Nur widerwillig und auf Drängen seiner Frau (Laura Dern) nimmt der einfache, bescheidene Mann die Ehrung überhaupt entgegen. Kaum wieder daheim, erhält er die Nachricht, sein einziger Sohn sei an einer Überdosis gestorben. Nels kann nicht glauben, dass Kyle (Micheál Richardson, auch im realen Leben Neesons Sprößling) überhaupt Drogen konsumiert haben könnte. Da der Fall für die Polizei aber abgeschlossen ist, macht er sich im Alleingang daran herauszufinden, was wirklich passierte. Schon bald wird klar, dass der skrupellose Drogenboss Viking (Tom Bateman) und seine Handlanger hinter allem stecken. Einem cleveren Plan folgend, schaltet Nels die Gangster-Hierarchie, von unten beginnend, einen nach dem anderen aus …
Kritik
Über den Sinn oder Unsinn US-amerikanischer Neuauflagen nicht-englischsprachiger Werke kann man natürlich endlos diskutieren. Aber wenn dadurch weitere gute Filme entstehen, dürften sie durchaus eine Daseinsberechtigung haben. „Hard Powder“ erfüllt dieses Kriterium problemlos. Das liegt bestimmt auch daran, dass Hans Petter Moland („Erlösung“), der Regisseur des norwegischen Vorbildes, erneut die Zügel in der Hand hielt und so die Integrität der Story immer gewährt war. Als Drehbuchautor fungierte Frank Baldwin, der bisher lediglich als ungenannter Skriptdoktor beim eher mäßigen Teen-Thriller „The Roommate“ in Erscheinung trat. Moland ließ ihn diverse kleine Änderungen vornehmen, wie beispielsweise die Verlegung der Geschehnisse von Skandinavien nach Colorado (gedreht wurde jedoch im Westen Kanadas). Das Resultat wirkt um einiges weniger verspielt und exzentrisch als „Einer nach dem anderen“. Nels Rachenummer wird von dem im Sujet bestens erfahrenen Liam Neeson („Taken 1-3“) gradliniger und lakonischer durchgezogen als von Stellan Skarsgårds („Mamma Mia 2: Here We Go Again“) dargestellten Nils in der Vorlage. So wirkt der schwarze Humor hier noch eine Spur trockener, noch harscher und noch brutaler.
Obwohl der Film über weite Strecken tatsächlich eine Komödie ist und einige Morde „offscreen“ passieren, hat er sich seine FSK-Freigabe ab 16 Jahren redlich verdient. Es spritzt jede Menge rotes Blut in den weißen Schnee und die Knochen knacken herrlich laut, während die Kamera des ebenfalls bereits am Original beteiligten Philip Øgaard („Welcome To Norway“), speziell bei den exzellent ins Bild gepackten handgreiflichen Auseinandersetzungen, gnadenlos draufhält. Hier haben die Stunt-Performer ganze Arbeit geleistet. In den aufwändigen, großen Actionszenen wird dann endgültig offensichtlich, dass um einiges mehr Geld vorhanden war. Moland und Øgaard nutzen dieses für diverse spektakuläre Sequenzen, die durch die großartige, weitläufige Naturkulisse oft noch beeindruckender ausfallen. Bevor es dabei richtig zur Sache geht, fühlt man sich in diesem epischen Ambiente schon mal an die klassischen Western von Regie-Genies wie John Ford („Höllenfahrt nach Santa Fé“), Sam Peckinpah („The Wild Bunch“) oder John Sturges („Die glorreichen Sieben“) erinnert.
Aber welche Version ist denn nun alles in allem die bessere? Nun, Neeson spielt doch recht anders als Skarsgård, ist aber ebenso effektiv und effizient. Die Story funktioniert auch im etwas größeren Rahmen ähnlich gut wie beim norwegischen Film, während die visuellen Vorteile eindeutig bei der Neuauflage liegen. Der Aspekt, in dem wiederum „Einer nach dem anderen“ klar die Nase vorne hat, ist die Besetzung der Bösewichte und Hauptgegenspieler des Protagonisten. Tom Bateman („Mord im Orient-Express“) als psychopathischer Drogenbaron und Tom Jackson („Skinwalkers“) in der Rolle des Häuptling eines tief in kriminelle Geschäfte verwickelten, lokalen Indianerstamms liefern zwar absolut adäquate Leistungen ab. Mit dem zu gleichen Teilen schmierigen, beängstigenden, dennoch irgendwie lächerlich wirkenden Pål Sverre Valheim Hagen („Kon-Tiki“) und einem göttlich diabolisch aufspielenden Bruno Ganz („Der Untergang“) in den korrespondierenden Parts der Vorlage, können aber beide Akteure nicht ernsthaft konkurrieren. Die Nebenrollen sind dagegen mit Könnern wie Laura Dern („The Founder“), Emmy Rossum („Das Glück an meiner Seite“), John Doman („A Beautiful Day“) oder Domenick Lombardozzi („Bridge of Spies – Der Unterhändler“) durchgehend top besetzt.
Das Endergebnis ist somit ein gerechtes Unentschieden. Thriller-Fans und Freunde tiefschwarzer Comedys werden ihren Spaß haben, egal welche Version der Story sie sich anschauen. Remake und Original sind zudem eigenständig genug, dass es sich sogar lohnt, beide anzuschauen – am besten „Hard Powder“ im Kino und „Einer nach dem anderen“ zum Vergleich kurz davor oder direkt im Anschluss vor dem heimischen Bildschirm.
Fazit: Das US-Remake ist einen Tick gradliniger und bösartiger geraten als das charmant verspieltere Original. Doch auch in dieser Konstellation stimmt die Balance zwischen deftigem Rache-Reißer und düsteren Humor. Liam-Neeson-Fans kommen dank seiner gewohnt stoischen Performance dabei mal wieder voll auf ihre Kosten.
„Hard Powder“ ist ab dem 28. Februar bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.