The Founder

Jeder von uns hat dort mindestens einmal in seinem Leben gegessen, doch nicht annähernd so viele Leute kennen die Geschichte hinter dem Fast-Food-Giganten McDonalds. THE FOUNDER erzählt sie. Wie gelungen das Biopic ist, das verrate ich in meiner Kritik.
Der Plot
Der Vertreter für Milchshake-Mixer Ray Kroc (Michael Keaton) hat Anfang der 1950er Jahre nur äußert mäßige Erfolge vorzuweisen. Trotzdem gibt der charismatische Vollblutverkäufer nicht auf und träumt den amerikanischen Traum. Als er zufällig von einem revolutionären Schnellrestaurant im kalifornischen San Bernardino hört, wittert er die Chance seines Lebens. Trotz anfänglichem Widerstand der Betreiber, der Brüder Mac (John Carroll Lynch) und Dick McDonald (Nick Offerman), gelingt es Ray durch Hartnäckigkeit und Raffinesse, die Franchise-Rechte zu erwerben. Doch bis daraus ein erfolgreiches Fast-Food-Imperium werden kann, muss Ray noch unzählige Hindernisse aus dem Weg räumen und unliebsame Entscheidungen treffen…
Kritik
Fast-Food-Gigant McDonalds ernährt täglich rund drei Prozent der Weltbevölkerung. In den USA geht jeder Einwohner im Durchschnitt einmal pro Woche in eines der vielen Schnellrestaurants. Was aufgrund grenzwertiger Nährwerte und fragwürdiger Zutaten lange Zeit verpönt war (wir erinnern uns nur an Morgan Spurlocks preisgekrönte Dokumentation „Super Size Me“), ist mehr und mehr zum Lifestyle geworden. Und offenbar ist uns eine gesunde Ernährung so wenig wert, dass der Burger-Gigant aufgrund rückläufiger Nachfragen sogar davon abkehrt, seine vor Jahren anvisierte Image-Politur mithilfe von Salaten, Wraps und Co. fortzuführen. In den kommenden Monaten soll das Sortiment um einen Großteil derartigen Grünzeugs entschlackt und die Kunden fortan wieder mit der Kernkompetenz versorgt werden: fettigen, ungesunden, aber leider auch mal ganz leckeren Burgern. So weit die gegenwärtige Situation der Fast-Food-Kette. Angefangen hat McDonalds jedoch einmal ganz abseits seines gigantomanischen Franchise-Daseins. Damals waren es zwei Brüder, die mit einem etwas besser ausgestatteten Imbisswagen anfingen, ein revolutionäres Zubereitungs- und Bedienkonzept salonfähig zu machen. Wären sie nicht an den findigen Geschäftsmann Ray Kroc geraten, wäre der Grundstein dieser Form der schnellen Nahrungszubereitung vermutlich immer noch einzigartig, doch aus einem Imbisswagen wurden Dutzende, die Marke McDonalds wurde über die Grenzen diverser Bundesstaaten etabliert und aus Ray Kroc wurde ein reicher Mann. „Saving Mr. Banks“-Regisseur John Lee Hancock inszeniert mit „The Founder“ diese Geschichte – und wagt sich damit an den schwierigen Drahtseilakt, mitreißend aus dem Leben eines ziemlich unangenehmen Zeitgenossen zu erzählen.
Das Gute an der hohen Markenbekanntheit von McDonalds: Eine gewisse Grundfaszination für das Thema dürfte bei den meisten Zuschauern gegeben sein. Da ist es dann auch egal, ob man zu den Fast-Food-Befürwortern, oder zu den –Gegnern gehört. „The Founder“ reißt die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Ernährungsmethode nämlich nur vereinzelt an, wenn es in jenen Momenten von inhaltlicher Relevanz ist. Wenn Ray Kroc etwa damit liebäugelt, für die Herstellung von Milchshakes fortan keine echte Milch mehr zu verwenden, sondern ein wesentlich günstigeres Fertigpulver, dann steht diese Szene stellvertretend für die vielen Entscheidungen des tüchtigen Geschäftsmannes, der weniger im Sinne seiner Kunden (und damit ganz anders als die beiden eigentlichen Erfinder Mac und Dick McDonalds) handelt, denn vielmehr mit Blick auf seine Konten. „The Founder“ ist in erster Linie ein Porträt über Ray Kroc, in dem John Lee Hancock manch unangenehme Frage außerhalb seiner Person außen vor lässt, jedoch dazu einlädt, sich selbst seine Gedanken über die weitreichenden Folgen zu machen. Eine Abrechnung mit dem Fast-Food-System erhält der Zuschauer also nicht, aber es steht ihm frei, Details in der Erzählung für sich ins Negative, oder aber ins Positive umzudeuten. Damit sei an dieser Stelle Entwarnung gegeben: „The Founder“ ist weder ein überlanger McDonalds-Werbespot, noch ein „Esst mehr Gemüse!“-Propagandafilm. Damit fahren die Macher auf dieser Erzählebene schon mal ganz gut.
Neben diversen Hintergrundinformationen über die Firmengeschichte des McDonalds-Konzerns erhält der Zuschauer vor allem einen Einblick in die Seele des gerissenen Ray Kroc. Das Skript von Robert D. Siegel („The Wrestler“) beginnt damit, den unscheinbaren – und mit seiner Arbeit als Vertreter auch zunächst alles andere als erfolgreichen – Geschäftsmann in eine Art der passiven Opferrolle zu drängen. Kroc ist ein Opfer des Systems, scheitert als kleiner Niemand an den großen Firmen, die ihr Handwerkszeug lieber von großen Herstellern, als von kleinen Vertretern kaufen und droht, auf diesem Karriereweg zu scheitern. Das Mitleid des Publikums ist Kroc schnell sicher, bis sich der Auftrag der McDonalds-Brüder über ein Dutzend Milchshake-Maschinen für ihn zur Abkürzung in Richtung des amerikanischen Traums entwickeln könnte. Siegel ist sichtlich darum bemüht, Kroc trotz mitunter dreister Bevorteilung am Erfolg der McDonalds-Brüder weiterhin nahbar zu zeichnen, doch die Balance zwischen dem knallharten Geschäftsmann, der seine Partner schon mal eiskalt über den Tisch zieht, und dem zurückhaltenden, passionierten Verkäufer, der eigentlich auch nur endlich ein Stück vom Kuchen abbekommen möchte, gelingt dem Autoren nicht immer. Auch John Lee Hancock scheint mit der schwammigen Vorlage nur bedingt etwas anfangen zu können. Inszenatorisch verfolgt „The Founder“ nämlich von Anfang an einen betont leichtfüßigen, gefälligen Tonfall, der die emotionalen Differenzen rund um Krocs Figur (zu) weich zeichnet.

Die wenigen Szenen zwischen Ray Kroc (Michael Keaton) und seiner Frau Ethel (Laura Dern) gehören zu den emotionalen Stärken des Films.
So liegt es in erster Linie an Michael Keaton („Birdman“), die Komplexität seiner Rolle auf die Leinwand zu bringen und mithilfe seiner starken Performance dazu beizutragen, dass die Tiefe seines Charakters auch dann noch beim Zuschauer ankommt, wenn das instrumentale Dauergedudel (Carter Burwell) und die wenig einfallsreiche Kameraführung (John Schwartzman) diese zu verdecken drohen. Keaton hat sichtlich Spaß an der Verkörperung eines klassischen Wolfs im Schafspelz; dass seiner Figur irgendwann kaum noch Sympathien zufliegen dürften, da sich nicht bis zuletzt auf dessen menschlichen Kern konzentriert wird, ist da kaum die Schuld des Charaktermimen, der mit Laura Dern („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) eine wundervolle Schauspielerin an die Seite gestellt bekommen hat. Die wenigen Szenen, in welchen sich die familiären Differenzen zwischen Ray und seiner Frau Ethel herauskristallisieren, gehören eindeutig zu den stärksten Momenten des Films. Nick Offerman („Ich und Earl und das Mädchen“) und John Carroll Lynch („Jackie“) mimen glaubhaft das motivierte Brüdergespann, dessen Lebensweg eine spürbare Tragik inne wohnt. Das Charisma dieser beiden Figuren macht „The Founder“ dann auch bis zuletzt interessant, denn wenn man schon irgendwann davon abkommt, Ray Kroc in seinen Plänen zu unterstützen, so hofft man immerhin auf das Beste für die beiden Brüder – denn Kroc wusste zwar, wie man mit all dem Geld macht, was die beiden sich da ausgedacht haben, der kreative Geist steckte allerdings allein in ihren Köpfen.
Fazit: „The Founder“ ergründet den verrückten Erfolgsweg des Milliardenunternehmens McDonalds und konzentriert sich dabei ganz auf die ambivalente Figur des gerissenen Unternehmers Ray Kroc. Über den Fast-Food-Riesen erfährt man viel Spannendes, doch Regisseur John Lee Hancock kann sich nicht entscheiden, ob er seine Hauptfigur nun zum Helden, oder zum gerissenen Schurken machen will.
„The Founder“ ist ab dem 20. April in den deutschen Kinos zu sehen.