9. September 2021: Die deutschen Kinostarts

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY. Diese Woche geht es um den 9. August 2021, an dem mit „Beckenrand Sheriff“ eine deutsche Komödie startet, die (trotz des furchtbaren Plakats) durchaus das Potenzial hat, ein kleiner, nationaler Hit zu werden. Mehr dazu in der Kritik. Parallel dazu veröffentlicht Warner Bros. mit reichlich coronabedingter Verspätung die Romanverfilmung „Ein nasser Hund“. Gern genommene Schullektüre, stark aufbereitet für die große Leinwand und verlagert in ein aktuelles Milieu. Weitestgehend ohne Ankündigung (und Pressevorstellungen) bahnt sich außerdem das Horrorfilmsequel „Don’t Breathe 2“ seinen Weg in die Kinos, wäre aber mal lieber kein Sequel, sondern ein für sich alleinstehender Film geworden. Am zufriedensten fällt diese Woche der Blick auf den DVD- und Blu-ray-Markt aus: Denn ab sofort ist Pixars „Luca“ in haptischer Form für Zuhause erhältlich.
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Übrigens: Das erste Mal in „Wessels‘ Weekly“-Zeiten gibt es diese Woche keinen Heimkinotipp. Es startet einfach nichts… Ich wünsche Euch natürlich trotzdem viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
BECKENRAND SHERIFF | Regie: Marcus H. Rosenmüller | DE 2021
Zu alt, zu teuer und nicht mehr tragbar! Das Freibad in Grubberg muss geschlossen werden. Die Chance für Bauherr Albert Dengler: Die freie Fläche bietet jede Menge Platz für neue Wohnungen. Doch die beiden haben die Rechnung ohne Karl gemacht. Denn er ist hier nicht nur der Bademeister, er ist der Schwimmmeister, der Beckenrandsheriff! Seit über 30 Jahren und daran soll sich gefälligst auch nichts ändern! Um das Freibad zu retten, müsste ein Bürgerbegehren her. Doch woher soll Karl die benötigten 600 Unterschriften kriegen? Nicht mal die wenigen verbliebenen Badegäste sind gut auf ihn zu sprechen. Vor allem mit Dr. Rieger legt er sich ständig an. Der schafft es aber auch einfach nicht, vom 5-Meter-Turm zu springen! Selbst Sali, der nigerianische Bademeister-Azubi, ist besser integriert als Karl, obwohl er eigentlich nur so schnell wie möglich aus Deutschland raus und nach Kanada möchte…
Marcus H. Rosenmüller ist mit „Beckenrand Sheriff“ eine sympathisch-beschwingte Komödie über den Subkosmos Freibad gelungen, die mit charismatischen Figuren, Humor und Sensibilität im Umgang mit der Flüchtlingsthematik punktet, mit einigen arg überhasteten Storywendungen allerdings auch irritiert. Und auch die erstklassige Besetzung rund um Milan Peschel macht mächtig Laune.
EIN NASSER HUND | Regie: Damir Lukacevic | DE 2021
Der 16-jährige Iraner Soheil (Doguhan Kabadayi) zieht mit seinen Eltern nach Berlin-Wedding. Schnell freundet er sich mit einigen türkischen und arabischen Jugendlichen aus der Gang von Husseyn (Mohammad Eliraqui) an und verliebt sich in das türkische Mädchen Selma (Derya Dilber) aus der Parallelklasse. Was Soheil seinen Freunden verschweigt: Er ist kein Muslim, sondern Jude. Und er weiß: Wenn sein Geheimnis ans Licht kommt, könnte er von seinen neuen Freunden schnell verstoßen werden. Hin- und hergerissen, wägt Soheil ab: Soll er seine wahre Identität verstecken, oder soll er zu seinen und den Wurzeln seiner Familie stehen, auf die Gefahr hin, die jungen Männer gegen sich aufzubringen. Soheil entscheidet sich für Letzteres. Doch als er sich outet, stößt er nicht einfach nur auf Ablehnung. Die Situation droht, zu eskalieren. Und Soheil wünscht sich rasch, doch nie etwas gesagt zu haben…
Für die Romanverfilmung von „Ein nasser Hund“ verlagert Regisseur und Autor Damir Lukacevic die Story rund um einen „geheimen Juden“ im muslimisch geprägten Berliner Milieu in die Gegenwart. Hier gelingt ihm eine intime und emotional gewaltige Studie über das Zu-sich-Stehen, eingebettet in ein rührendes Coming-of-Age-Drama, die sich zu jedem Zeitpunkt so anfühlt, als wäre man direkt vor Ort.
DON’T BREATHE 2 | Regie: Rodo Sayagues | USA/SRB 2021
Sieben Jahre nach dem Einbruch in das Haus des blinden Norman Nordstrom (Stephen Lang) und nicht zuletzt der Entdeckung seines finsteren, im Keller des Anwesens versteckten Geheimnisses, lebt der ehemalige Kriegsveteran einsam und gänzliche zurückgezogen in Detroit. Doch eines Tages holt ihn seine dunkle Vergangenheit ein, als er nach einem Hausbrand die verletzte Phoenix (Madelyn Grace) zu sich nach Hause holt und anschließend zu einer Kämpferin ausbildet. Für Norman ist sie eine Art Ersatztochter, nachdem der Tod seiner leiblichen Tochter ihn früh in seinem Leben gebrochen und zu entsetzlichen Taten getrieben hat. Um Phoenix vor den Einflüssen der Außenwelt zu schützen, lässt Norman sie kaum vor die Tür treten. Doch eines Nachts steht die Gefahr plötzlich im Haus, denn wieder einmal haben es Einbrecher auf den Mann und diesmal auch auf Phoenix abgesehen. Doch beide wissen sich erwartungsgemäß zu wehren…
„Don’t Breathe 2“ ist ein Film, dem sein Sequeldasein massiv schadet. Die von Stephen Lang zweifelsohne herausragend gespielte Figur des Norman Nordstrom taugt nicht zum Actionhelden, sodass man sich kaum darauf konzentrieren kann, dass der Film inszenatorisch recht ansehnlich geworden ist. Stattdessen sucht man eineinhalb Stunden lang nach dem Warum.
STILLWATER – GEGEN JEDEN VERDACHT | Regie: Tom McCarthy | USA 2021
Als seine Tochter während ihres Auslandsstudiums in Südfrankreich wegen Mordverdachts verhaftet wird, reist Bohrarbeiter Bill Baker aus Stillwater, Oklahoma, nach Marseille. Obwohl die beiden eigentlich nur wenig Kontakt haben, will er alles daransetzen, ihre Unschuld zu beweisen. So wenig nahe sich die beiden stehen, so wenig zögert der wortkarge Bill, als Allison vorgeworfen wird, ihre Freundin getötet zu haben. Vor Ort in Europa macht der reservierte Amerikaner es zu seiner persönlichen Aufgabe, dabei zu helfen, sie zu entlasten und aus dem Gefängnis zu holen. Doch während Allison ihre Unschuld beteuert, sieht sich Bill in der brodelnden Metropole am Mittelmeer zusehends mit Sprachbarrieren, kulturellen Unterschieden und einem komplizierten Justizsystem konfrontiert. Aufgeben ist für Bill, der mit der Zeit eine enge Beziehung zu der Französin Virginie und deren kleiner Tochter aufbaut, jedoch keine keine Option.
CURVEBALL – WIR MACHEN DIE WAHRHEIT | Regie: Johannes Naber | DE 2020
1997: BND-Biowaffenexperte Dr. Arndt Wolf sucht im Rahmen der UN-Kontrollmission nach Massenvernichtungswaffen im Irak. Er ist besessen von der Idee, dass Diktator Saddam Hussein diese heimlich herstellt. Doch obwohl sie das ganze Land danach abgesucht haben, haben er und die anderen Kontrolleure nichts gefunden. So wird die Mission abgebrochen, Wolf muss zurück nach Deutschland, Leslie zurück in die USA. 1999: Schon längere Zeit zurück beim BND in Pullach, wird Wolf aus seinem Labor zu einer Besprechung in die Chefetage zitiert. Dort trifft er auf den Abteilungsleiter Schatz und den Verbindungsoffizier Retzlaff, die Wolf als Irakexperten hinzuziehen. Seit dem Ende der Waffenkontrollen hat kein Geheimdienst mehr Agenten im Irak. Die CIA, der MI6, der Mossad – niemand hat aktuelle Informationen. Aber Retzlaff berichtet, dass er in einem Asylbewerberheim im bayerischen Zirndorf einen potentiellen irakischen Informanten namens Rafid Alwan akquiriert hat…
THE PAINTED BIRD | Regie: Václav Marhoul | CZE/SVK/UKR 2019
Ein kleiner Junge lebt auf einem Hof mitten im Nirgendwo. Nur eine alte Bäuerin kümmert sich um ihn, den Haushalt und das Vieh. Als er eines Morgens aufwacht, ist sie tot. Mutterseelenallein macht sich der Kleine notgedrungen auf den Weg, um Hilfe zu suchen, und gerät in eine Welt voller Niedertracht, in der es offenbar jeder Mensch, dem er begegnet, auf ihn abgesehen hat. Drohungen und Schläge stehen gerade mal am Anfang seiner Odyssee mitten hinein ins Herz der schwarzen Menschenseele…
Mit „The Painted Bird“ erfüllte sich Regisseur Václav Marhoul einen lange gehegten Regiewunsch. Auf 35mm Film in opulentem Schwarzweiß gedreht und besetzt mit Stars wie Harvey Keitel und Stellan Skaarsgård stellt Marhoul an klar, dass er keinen kleinen Independentfilm vor Augen hatte, sondern ein Epos, das sich an internationalen Großproduktionen der letzten 50 Jahre messen lassen will – und auch kann.
Die italienische Riviera, irgendwann zwischen den Fünfziger-, Sechzigerjahren: Luca ist ein vorpubertäres Seewesen mit übervorsichtigen Eltern. Eines Tages überkommt Luca jedoch eine Mischung aus Neugier und rebellenhafter Stimmung, so dass er sich an Land begibt, wo er nicht nur erstaunt feststellt, dass er im trockenen Zustand wie ein Mensch aussieht. Nein, er macht obendrein Bekanntschaft mit dem abenteuerlustigen und etwas großmäuligen Alberto. Der bringt Luca bei, wie es ist, einfach mal an den Moment zu denken, seinen eigenen Kopf durchzusetzen und sich in die Menschenwelt einzufügen. Alsbald träumen Luca und Alberto davon, sich eine Vespa zu besorgen und frei durch die Gegend zu düsen. Also mischen sie sich unter die Bevölkerung von Portorosso und nehmen mit Fischertochter Giulia an einem Wettrennen teil, bei dem genug Geld winkt, um sich, naja, eine Beinahe-Vespa zu leisten. Aber nicht nur Lucas Eltern könnten sich diesem Traum in den Weg stellen, sondern auch Dorfrüpel Ercole oder Giulias Vater…
Wunderschöne Optik, jede Menge Flair und sympathische Figuren machen „Luca“ zu einem entspannten, herzlichen Kleinod im Pixar-Kanon. Der Konflikt ist simpel, aber herzlich. Im Zentrum steht in erster Linie das spaßige Abenteuer einer unkonventionellen Dreierclique. Und Giovanni Zarrella, der dem Bösewicht in der deutschen Fassung seine Stimme leiht, ist vielleicht der beste „Promi-Sprecher“, den Disney je verpflichtet hat.
Bei „Don’t breathe“ ist der Rezensionstext irgendwie seltsam… 😉