Spenser Confidential

Mark Wahlberg und Regisseur Peter Berg bringen ihre fünfte Zusammenarbeit direkt zu Netflix. Ob das bedeutet, dass SPENSER CONFIDENTIAL nur B-Ware ist, oder ob man durchaus mal einen Blick riskieren darf, das verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Fünf Jahre, nachdem Polizist Spenser (Mark Wahlberg) seinen Vorgesetzten brutal verprügelt hat und dafür eingebuchtet wurde, wird er aus dem Gefängnis entlassen. Der Ex-Cop mit dem integren Moralkompass und dem kurzen Geduldsfaden kommt vorübergehend bei seinem früheren Mentor und Boxtrainer Henry (Alan Arkin) unter, will aber schnellstmöglich seine alte Heimat Boston für immer und ewig hinter sich lassen. Doch dann wird sein früherer Vorgesetzter ermordet, woraufhin Spenser ins Visier der Cops gerät. Spenser wiederum wittert, dass Boston ihn braucht: Dass sein schmieriger Ex-Chef quasi hingerichtet wurde, deutet auf gefährliche, neue Aktivitäten in der heimischen Unterwelt hin. Als auch noch ein von Spenser geschätzter Ex-Kollege getötet wird, wirft er seine Pläne um und wird kurzerhand zum Schnüffler, der selber das Recht in die Hand nimmt, um Licht in dieses Dunkel zu bringen. Unterstützung erhält er vom neuen Schützling seines früheren Mentors, dem aufstrebendem MMA-Kämpfer Hawk (Winston Duke), sowie von seiner unberechenbaren Ex-Freundin Cissy (Iliza Shlesinger)…
Kritik
Zwei US-Filmemacher werden gelegentlich von Filmfans als „Michael Bay light“ bezeichnet. Der eine ist McG, der mit seinen leicht verdaulichen, flotten und auf Glanz polierten Actionfilmen tatsächlich oft auf eine bayeske Ästhetik schielt. Und dadurch, dass es McG an der Megalomanie eines Michael Bay fehlt, passt der „light“-Zusatz auch durchaus. Jedoch hat es sich McG durch seinen Netflix-Film „The Babysitter“ erarbeitet, dass wir ihn aus einem neuen Winkel betrachten – denn die blutige Horrorkomödie mit Samara Weaving ist ein bewusster Clash aus Tonalitäten, ein fiebriger Traum aus Kenny-Ortega-Disney-Channel-Ware-trifft-Joe-Dante-Humor-und-Sam-Raimi-Spaß-an-der-Horrorfreude. Der andere Filmschaffende, der regelmäßig mit dem „6 Underground“-Regisseur verglichen wird, ist Peter Berg – auch wenn es in diesem Fall durchaus rätselhaft ist, wie er an dieses Etikett gelangt ist. Ja, mit der leichtgängigen Buddy-Action-Komödie „Welcome to the Jungle“ fischte er in ähnlichen Gewässern wie der ganz frühe Michael Bay. Und dann ist da natürlich der legendäre Misserfolg „Battleship“, der in „Transformers“-Gefilden wilderte. Doch der Großteil des Peter-Berg-Schaffens ist deutlich verbissener, ernster als das Michael-Bay-Gesamtwerk. Vor allem Peter Bergs Kollaborationen mit Mark Wahlberg sind eher (mal gelungene, mal ernüchternde) Actiondramen denn bombastisches Popcorn-Vergnügen. Bergs Netflix-Film „Spenser Confidential“ dagegen bringt uns zurück zu Bergs früheren Arbeiten und somit in „Michael Bay light“-Gewässer. Was aber gar nicht mal so schlecht ist.
Wenngleich Filme wie „Boston“ oder „Deepwater Horizon“ ihre Stärken haben, wagen sie alle einen diffizilen Drahtseilakt. Denn Mark Wahlberg legt seine Figuren nahezu immer eh schon unwillkürlich verbissen und leicht grantig an. Kommt dann noch ein ernster bis pathosbeladener Tonfall hinzu, droht das zu kippen. „Mile 22“ ist ein Paradebeispiel dafür: Obwohl der Film sehr deutliche Kritik am Vorgehen seiner Hauptfigur äußert und das schießwütige, außenpolitische Handeln der USA streng hinterfragt, kam bei sehr vielen Leuten nur die bornierte, übellaunige und aggressive Oberfläche dieses Konstrukts an, so dass der Film als US-Propaganda fehlgedeutet wurde. Wenn man bedenkt, wie überaus unterhaltsam Mark Wahlberg in Filmen ist, wo er seine barsche Ausstrahlung mit Witz konterkarieren darf (siehe etwa: „Daddy’s Home 2“ und „Plötzlich Familie“), darf man sich da schon nach einem leichtfüßigeren Berg-Film sehnen. Und den liefert Peter Berg uns nun mit seiner fünften Kollaboration mit Wahlberg. Hier darf Wahlberg als impulsiver, aber wohlmeinender und schnippischer Ex-Cop einen Truck fahren, unkontrolliert alles niederwalzen, was ihm in den Weg kommt und seinem verdatterten Kumpel entgegen schnauzen: „Mein Plan ist, alle zu überfahren!“ Und der in entsättigten Farben gehaltene, grimme Prolog, in dem der Titelheld einen anderen Mann blutig schlägt und daher einen weiteren Berg/Wahlberg-Film im „Mile 22“-Stil erwarten lässt, wird mit einem spitzbübischen „Der Wichser hat es verdient!“ gebrochen.
„Spenser Confidential“ erfindet das Rad wahrlich nicht neu: Zwei ungleiche Typen ermitteln in einem verworrenen Mordfall, zu dem sie persönliche Bindungen haben, kabbeln sich dabei und machen ein paar Sachen sowie böse Buben platt. Buddy-Action-Comedy nach Maß eben. Doch wenigstens variieren die Autoren Sean O’Keefe und Brian Helgeland („Legend“) die übliche Figurendynamik solcher Filme. Wir haben nicht den regelgetreuen und den improvisierenden, den verbitterten und den albernen (Hobby-)Schnüffler. Sondern den erfahrenen, zugleich impulsiven, dennoch den Durchblick habenden Spenser und den gut vernetzten, gewitzten, trotzdem immer wieder Spenser kritisch hinterfragenden Hawk. „Black Panther“-Nebendarsteller Winston Duke spielt diesen MMA-Kämpfer mit beiläufigem, charmanten Witz und gibt so eine sehr unterhaltsame Ergänzung zu Wahlbergs Titelhelden ab – mit diesem Duo kann man sich zweifelsohne weitere Fälle vorstellen. Sollte „Spenser Confidential“ fortgesetzt werden, bleibt aber zu hoffen, dass der Plot ausgereifter ausfällt. Denn die Schurken und ihr Komplott sind wie am Reißbrett entworfen und das Indiziensammeln in „Spenser Confidential“ gerät daher ziemlich beliebig. Wenigstens lockern zwar zweidimensionale, doch gekonnt gespielte Nebenfiguren (Alan Arkin und Iliza Shlesinger treffen ihre Pointen zielsicher) und die temporeichen Actionszenen den Plot immer wieder auf. Es gibt genug Massenschlägereien, Verfolgungsjagden mit absurden Twists und schmissige Musikbegleitung, um mit „Spenser Confidential“ einen vergnüglichen Netflix-Abend zu verbringen.
Fazit: Peter Berg und Mark Wahlberg, einmal gut gelaunt, bitte: „Spenser Confidential“ ist eine leichtgängige Buddy-Action-Komödie, die zwar nicht all zu viele neue Ideen hat, aber nahezu konstant Spaß macht.
„Spenser Confidential“ ist ab sofort auf Netflix abrufbar.