Sherlock Gnomes

Nach einem gleichermaßen mauen wie lieblosen ersten Teil kehren die animierten Gartenzwerge in SHERLOCK GNOMES zurück auf die Leinwand – und machen überraschend viel Spaß! Mehr dazu verrate ich in meiner Kritik.

Der Plot

Nachdem der Streit zwischen den beiden Gartenzwerg-Familien Zinnoberrot und Blaublut endlich begraben werden konnte und Gnomeo seine Julia heiraten durfte, begeben sich die einstigen Rivalen gemeinsam nach London und leben dort friedlich Gartenzaun an Gartenzaun. Nichts kann das Zwergen-Idyll stören, so scheint es. Doch dann verschwinden plötzlich Gartenzwerge spurlos in der ganzen Stadt, was die heile Zwergen-Welt gehörig aus den Fugen geraten lässt. Die Lage ist knifflig, aber Gnomeo und Julia bekommen professionelle Unterstützung vom furchtlosen Beschützer der Gartenzwerge – keinem Geringeren als dem berühmten Meisterdetektiv Sherlock Gnomes. Gemeinsam mit ihm und seinem Assistenten Watson begeben sie sich auf ein bis in die Zipfelmützen spannendes Abenteuer mit der Mission: Rettet die Gartenzwerge!

Kritik

Die Entstehungsgeschichte der „Gnome“-Animationsreihe ist schnell erklärt: Elton Johns Produktionsfirma Rocket Pictures pitchte dem Disneykonzern einst die Idee für eine Art „verfilmtes Best-Of-Album“ der größten Hits des weltberühmten Musikers. Die Idee gefiel, die Rechte wurden übertragen und ein Plot um die Aneinanderreihung möglichst vieler Songs gesponnen. Dabei herausgekommen ist „Gnomeo und Julia“ – eine Neuinterpretation des beliebten Shakespeare-Stoffes, nur eben mit Gartenzwergen (in Englisch: Gnome), anstatt mit Menschen. Das klingt so lieblos, wie sich das Endergebnis schließlich präsentierte. So schob man das Projekt kurzerhand zu Touchstone Pictures, wo man das Franchise nach einem eher mauen Release und vernichtenden Kritiken ebenfalls nicht mehr haben wollte. Das Sequel sicherte sich schließlich Paramount Pictures, wo man aufgrund bestehender Verträge immerhin noch eine ganze Reihe namhafter Sprecher für sich gewinnen konnte. Der Synchron-Cast liest sich nämlich phänomenal: Johnny Depp, Emily Blunt, Chiwetel Ejiofor, James McAvoy und Mary J. Blidge sind nur ein paar von noch weitaus mehr Stars, die in „Sherlock Gnomes“ in den Hauptrollen zu hören sind. Mit denen kann man in der deutschen Fassung zwar nicht punkten (immerhin: hier griff man auf die Stammsprecher sämtlicher involvierter Schauspieler zurück), aber überraschenderweise macht die Fortsetzung dann doch um Einiges mehr Spaß, als der langweilige Auftakt, auch wenn man sich munter an allen möglichen Animations- und Abenteuerfilmkonzepten der vergangenen Jahre bedient.

In der Originalfassung werden Gnomeo und Julia von James McAvoy und Emily Blunt gesprochen.

Dass Alltagsgegenstände in unbeobachteten Momenten ein geheimes Doppelleben führen, kennen wir aus „Toy Story“. Dass (egal welche) Wesen in einer ihnen fremden Umgebung ein waghalsiges Abenteuer bestehen müssen, ist Animations- und Familienfilmusus. Und dass es in „Sherlock Gnomes“ um den britischen Meisterdetektiv von Sir Arthur Conan Doyle geht, dürfte jetzt auch keine allzu große Überraschung sein. Darüber hinaus hält sich die animationstechnische Finesse in Grenzen; gemessen am Disney-, Pixar- und Dreamworks-Standard hat „Sherlock Holmes“ allenfalls die visuellen Qualitäten einer 3D-Fernsehserie. Für mehr fehlt es den Hintergründen an Detailarbeit und die Figuren sind in ihrem Dasein als Gartenzwerge außerdem in der Bewegung eingeschränkt. Eine animationstechnische Feinarbeit lässt sich da nur schwer ausmachen. Dafür reihen die Macher auf akustischer Ebene endlich nicht mehr angestrengt einen Elton-John-Song an den nächsten, sondern betten sie halbwegs schlüssig in den Kontext ein und riskieren außerdem die Verwendung eigens für den Film komponierter Musiken. Dadurch erweckt „Sherlock Gnomes“, anders als „Gnomeo und Julia“, nicht mehr den Eindruck lieblos kalkulierten Stückwerks, sondern besitzt ein inszenatorisches Konzept und erzählerisch einen roten Faden.

In erster Linie geht es in „Sherlock Gnomes“ darum, das Verschwinden diverser Gartenzwerge aufzuklären. Dafür treten Meisterdetektiv Sherlock Gnomes und sein Assistent Watson aufs Parkett, die sich ganz ihrer literarischen Vorlage nach verhalten: Gnomes mimt den von sich selbst überzeugten Schnösel, Watson den unter seiner Fuchtel stehenden Komparsen, der immer wieder betont, wie sehr er sich Wertschätzung und Achtung von seinem Umfeld wünscht. Unter Zuhilfenahme einer Reihe äußerst offensichtlicher Querverweise in Richtung der bekanntesten Doyle-Werke verläuft der Ermittlerplot lange Zeit ebenso temporeich wie überraschungsarm. Erst in der zweiten Hälfte kommt das Skript von Ben Zazove („Zahnfee auf Bewährung 2“) mit zwei Überraschungen ums Eck, auf die die film- und holmeserprobten Zuschauer kommen könnten, während die Twists beim jüngeren Publikum ordentlich einschlagen dürften. Überhaupt ist in „Sherlock Gnomes“ für sämtliche Altersgruppen etwas dabei. Animationsfilmkonkurrenz wie Pixar löst das Problem der zielgruppenübergreifenden Unterhaltung zwar durchaus eleganter – hier sind es in erster Linie die altbewährten Popkulturreferenzen, die für die ältere Generation gemacht sind. Dafür ist es ja vornehmlich die Vorlage „Sherlock Holmes“ an sich, mit der gerade die Erwachsenen mehr verbinden dürfte, als die Kinder.

Die Zwerge in „Sherlock Gnomes“ wittern Gefahr: Immer mehr ihrer Kameraden verschwinden spurlos.

Während dem Film seine holprige Produktionshistorie schon allein schon daran anzumerken ist, wie positiv er sich von seinem lieblosen Vorgänger abhebt und dabei in seinen vielen Facetten trotzdem nicht immer wie aus einem Guss wirkt, haben die Synchronsprecher ganze Arbeit geleistet, um die kleinen Gartenzwerge mit Leben zu erfüllen. In der deutschen Synchronfassung wurde, anders als im Original, auf das Mitwirken namhafter Schauspieler verzichtet. Stattdessen gibt sich das Who-is-Who der deutschen Synchronbranche die Klinke in die Hand; auch auf vermeintlich witzige Cameos wurde dankenswerterweise verzichtet. Auch im Deutschen finden diverse Wortspiele und „Sherlock Holmes“-Referenzen immer noch ihren Weg zum Publikum. Sonderlich subtil ist das nicht; etwa, wenn Sherlock Holmes bemerkt, dass ein Hund im Park von der Familie Baskerville stammt und ihm nicht wohlgesonnen ist. Dafür bleiben er und sein Assistent nicht die einzigen bekannten Weggefährten aus den Detektivgeschichten – und auch sein Erzfeind Moriarty bekommt einen angemessen exzentrischen Auftritt. Das alles ist in seiner Plakativität weit entfernt von smart-cleverem Animationskino, doch als kurzweiliger Knobelspaß für Zwischendurch, lässt sich „Sherlock Gnomes“ auch ohne die vorhandene Innovation genießen, ohne dass es wehtut – und zwar klein ebenso wenig wie groß.

Fazit: Gemessen am lauen Vorgänger ist „Sherlock Gnomes“ überraschend unterhaltsam. Im Vergleich zu allen anderen Animationsfilmen dieser Welt reicht es immerhin für ein solides Mittelfeld.

„Sherlock Gnomes“ ist ab dem 3. Mai in den deutschen Kinos zu sehen.

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