Das startet am 2. Februar 2017

Herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von WESSELS‘ WEEKLY, meiner wöchentlichen Vorschau auf die anstehenden Filmstarts. Heute geht’s um den Startdonnerstag des 2. Februars, an dem ausgerechnet ein deutscher Kinderfilm zu den ganz großen Highlights gehört. „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ ist nicht nur aufgrund von Regisseur Andreas Dresen einen Blick wert. Des Weiteren werfen die Oscars erneut ihre Schatten voraus. So startet „Hidden Figures“ von Theodore Melfi, aber auch der ursprünglich mal als Academy-Award-Anwärter gehandelte „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ von Ang Lee. Für das größte Aufsehen wird indes wohl Ben Afflecks neue Regiearbeit „Live by Night“ sorgen, auch wenn sie das gar nicht mal so sehr verdient hat. Übrigens: Besonders gespannt darf man wohl auch auf „Rings“ sein – was genau ihr davon erwarten dürft, verrate ich Euch ab Donnerstag-Abend.
Wenn Ihr mehr zu den einzelnen Filmen wissen wollt, klickt einfach auf’s Plakat und entdeckt dort entweder die Kritik oder den dazugehörigen Trailer. Bei Produktionen, die ich vorab nicht sichten konnte, liefere ich Euch auch diesmal wieder eine Zusammenfassung der Handlung. Und wer lieber daheim bleibt, für den habe ich natürlich auch einen hübschen Heimkinotipp parat. Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser neuen Ausgabe und natürlich viel Spaß im Kino!
TIMM THALER ODER DAS VERKAUFTE LACHEN | Regie: Andreas Dresen | DE 2017
Timm Thaler (Arved Friese) lebt in ärmlichen Verhältnissen, doch er lacht gern und viel. Sein Lachen ist so bezaubernd und ansteckend, dass der dämonische Baron Lefuet (Justus von Dohnányi) es um jeden Preis besitzen will. Und so macht der reichste Mann der Welt dem Jungen ein unmoralisches Angebot: Wenn Timm ihm sein Lachen verkauft, wird er in Zukunft jede Wette gewinnen. Nach anfänglichem Zögern unterschreibt Timm den Vertrag. Jetzt kann er sich scheinbar jeden Wunsch erfüllen, doch ohne sein Lachen ist er ein anderer Mensch. Nur noch Timms Freunde Ida (Jule Hermann) und Kreschimir (Charly Hübner) halten zu ihm. Gemeinsam wollen sie Timm aus den Fängen des Barons befreien und durch eine List sein markantes Lachen zurückgewinnen.
„Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ ist ein ebenso aussagekräftiger wie liebevoller Film, mag aber inszenatorisch zunächst ein wenig befremdlich wirken. Doch die optischen Widersprüche aus der Darstellung eines verarmten, zeitlich kaum zu verortenden Deutschland und der futuristischen Welt des Grafen verhilft der Geschichte zur einer entrückten Realität und dadurch zu noch mehr Zeitlosigkeit.
HIDDEN FIGURES – UNERKANNTE HELDINNEN | Regie: Theodore Melfi | USA 2016
Katherine Johnson (Taraji P. Henson), Dorothy Vaughan (Octavia Spencer) und Mary Jackson (Janelle Monáe) arbeiten zu Beginn der Sechzigerjahre bei der NASA und sind an vorderster Front an einem der wichtigsten Ereignisse der jüngeren Zeitgeschichte beteiligt. Die brillanten Mathematikerinnen sind Teil jenes Teams, das dem ersten US- Astronauten John Glenn die Erdumrundung ermöglicht. Eine atemberaubende Leistung, die der amerikanischen Nation neues Selbstbewusstsein gibt, den Wettlauf ins All neu definiert und die Welt aufrüttelt. Dabei kämpft das visionäre Trio um die Überwindung der Geschlechter- und Rassengrenzen und ist eine Inspiration für kommende Generationen, an ihren großen Träumen festzuhalten.
Mit einem feinen Fingerspitzengefühl für die Balance zwischen Tragik und Komik erzählt Theodore Melfi in einem Tatsachendrama „Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“ von drei Powerfrauen, die die US-amerikanische Raumfahrtgeschichte entscheidend geprägt haben.
DIE IRRE HELDENTOUR DES BILLY LYNN | Regie: Ang Lee | USA/UK/CN 2016
Nach einem schrecklichen und alle Beteiligten stark traumatisierenden Gefecht im Irakkrieg werden der 19-jährige Soldat Billy Lynn (Joe Alwyn) und seine Kameraden in ihrer Heimat als Helden gefeiert und auf eine landesweite Siegestour durch die USA geschickt. Alles wirkt merkwürdig – weiß doch Niemand, was an der Front wirklich geschah. So kehren nach und nach die wahren Geschehnisse am Golf ans Licht und die Enthüllung findet ihren Höhepunkt während der spektakulären Halbzeit-Show eines Football-Spiels an Thanksgiving. Die amerikanische Feier-Euphorie ist meilenweit von der Realität des Krieges entfernt, doch so wirklich bremsen lassen möchte sich Niemand darin, Menschen zu feiern, die vielleicht gar nicht gefeiert werden wollen…
„Die irre Heldentour des Billy Lynn“ punktet mit virtuosen Bildern und einer vielschichten Geschichte über den Sinn und Unsinn von Heroisierung. Abstriche macht er dafür bei manch einem Besetzungscoup und einer recht holprigen Erzählweise, bei der sich Tonfälle beißen und manch ein Handlungsstrang kein zufriedenstellendes Ende findet.
LIVE BY NIGHT | Regie: Ben Affleck | USA 2016
Die wilden Zwanziger. Die Prohibition hat den Alkoholfluss in den von Gangstern betriebenen Flüsterkneipen noch nicht ausgetrocknet. Für jeden Mann mit Ehrgeiz und guten Nerven bietet sich hier die Möglichkeit, zu Macht und Geld zu kommen. Joe Coughlin (Ben Affleck), der Sohn des Bostoner Police Superintendents (Brendan Gleeson), hat schon vor langer Zeit seiner strengen Erziehung den Rücken gekehrt, um ein Gesetzloser zu werden. Doch auch unter Kriminellen gibt es Regeln, und Joe bricht eine wichtige: Er betrügt einen mächtigen Gangsterboss und stiehlt sein Geld und seine Braut (Sienna Miller). Die heiße Affäre endet tragisch und Joe landet auf einem Pfad der Rache, des Ehrgeizes, der Liebe und des Betruges, der ihn hinaus aus Boston führt und hinein in die feucht-heiße Unterwelt der Rum-Schmuggler von Tampa.
„Live by Night“ lebt von seinem schönen Schein – namhafte Darsteller, eine schmucke Optik und diverse gesellschaftsrelevante Themen prägen das Bild dieses Crime-Thrillers, der als Gangsterporträt wiederum kaum funktioniert. Kurzweilig und unterhaltsam ist er dennoch – und zeitweise auch ganz schön brutal.
RINGS | Regie: F. Javier Gutiérrez | USA 2017
Es kursiert immer noch: das Video, das einen umbringt, wenn man es sich ansieht. Seit dem letzten Todesfall sind mittlerweile zwei Jahre vergangen, als der attraktive Bio-Professor Gabriel auf einem Flohmarkt einen alten Videorekorder ersteht. Auf die Aufforderung „Play Me“, die auf einer mitgelieferten Videokassette steht, reagiert er prompt – und schaut sich sogleich den gruseligen Videoclip an, mit dem sich das Brunnenmädchen Samara einst ihre vielen Todesopfer holte. Ähnliches ist offenbar auch Carter ergangen. Seit Wochen distanziert er sich von seiner Freundin Julia, bis sie ihn eines Tages gar nicht mehr erreicht. Sie reist zu ihm, um seinem Verschwinden auf die Schliche zu kommen. Vor Ort entdeckt sie Recherchematerial und diverse Aufzeichnungen, denn ihr Freund hatte kurz zuvor noch versucht, mehr über die Urheberin eines Videobandes herauszufinden…
Erzählerisch kann F. Javier Guttiérrez den „Ring“-Kosmos um einige interessante Facetten ergänzen, doch inszenatorisch kommt sein sehr krimilastiger „Rings“ nicht über den Status einer gut gemeinten Hommage hinaus.
VOLT | Regie: Tarek Ehlail | DE/FR 2016
Die Flüchtlingskrise war nur der Anfang. In naher Zukunft hat Deutschland Transitzonen an seinen Grenzen errichtet. Tausende Flüchtlinge warten in großen Lagern. Auf Einbürgerung – oder ihren Rücktransport. Längst wurden die Menschen in den rechtsfreien Slums sich selbst überlassen. Die Situation brodelt, droht ständig zu eskalieren. Brachiale Polizeikorps halten die wütenden Transits auf Abstand. In den Reihen der staatsübergreifenden Einsatzkommandos steht auch Volt, der im nächtlichen Einsatz eine folgenschwere Tat begeht: Volt tötet den Flüchtling Hesham. Das Verbrechen bleibt zeugenlos, doch aufkeimende Schuld beginnt ihn zu zerfressen, treibt Volt zunehmend und immer tiefer in die Welt seines Opfers – bis in die Arme von LaBlanche, der Schwester des Toten. Er beginnt ihr zu folgen. Zuerst als Retter, dann als Freund…
An „Volt“ überzeugt in erster Linie die technische Aufmachung. Der düstere Crime-Thriller strahlt eine fiebrige Atmosphäre aus, mit der sich Regisseur Tarek Ehlail auch vor internationaler Konkurrenz nicht zu verstecken braucht. Ob man sich hingegen auf ein Filmerlebnis einlassen möchte, das so vollkommen ohne Hoffnung oder sympathische Figuren auskommt, steht auf einem anderen Blatt.
THE SALESMAN | Regie: Asghar Farhadi | IRN/FR 2016
Fluchtartig müssen Emad (Shahab Hosseini) und Rana (Taraneh Alidoosti) ihre Wohnung verlassen. Durch eine Beschädigung des Fundaments droht das Haus einzustürzen. Ein Bekannter stellt dem jungen Paar seine leerstehende Wohnung zur Verfügung, ein seltener Glücksfall in einer dicht besiedelten Stadt wie Teheran. Als Rana im Badezimmer von einem Unbekannten überrascht wird, erfahren sie, dass die Vormieterin neben persönlichen Gegenständen auch einen zweifelhaften Ruf hinterlassen hat. Rana weigert sich, die Polizei einzuschalten oder auch nur über den Vorfall zu sprechen. Also macht sich Emad selbst auf die Suche nach dem Täter. Zunehmend verstrickt sich das Paar in einem Geflecht aus Scham und Schuldzuweisungen und droht schließlich daran zu zerbrechen. Nominiert für den Oscar als „Bester fremdsprachiger Film“.
Heimkinotipp: LIEBE ZWISCHEN DEN MEEREN | Regie: Derek Cianfrance | USA 16
Der traumatisierte Kriegsveteran Tom Sherbourne (Michael Fassbender) nimmt eine Stelle als Leuchtturmwärter auf Janus Rock an. Auf der winzigen Insel gibt es nur ihn und das tosende Meer. Tom sehnt sich nach absoluter Ruhe und begrüßt die Einsamkeit, die seine neue Arbeit verspricht. Doch er bleibt nicht allein: Im Hafenstädtchen Partageuse lernt er Isabel Graysmark (Alicia Vikander) kennen, eine lebhafte junge Frau, die selbst zwei Brüder im Krieg verloren hat. Sie heiraten und genießen das Leben in der Isolation von Janus Rock. Das glückliche Paar wünscht sich Kinder, doch das Schicksal will es anders. Eines Nachts wird ein mysteriöses Ruderboot angetrieben. Darin: ein Toter und ein neugeborenes Mädchen. Tom und Isabel treffen eine folgenschwere Entscheidung, die niederschmetternde Konsequenzen haben wird.
Derek Cianfrances Liebesdrama „Liebe zwischen den Meeren“ („The Light Between Oceans“) besticht mit starken Schauspielleistungen und einer ambitionierten Erzählweise. Doch sowohl die penetrante Symbolik, als auch die technische Ausstattung verleihen der Romanverfilmung allenfalls Fernsehausmaße.