Holidate

Emma Roberts und Luke Bracey machen sich ein ganzes Jahr lang gegenseitig zum HOLIDATE und nehmen dabei schnurstracks Kurs in Richtung amouröses Happy End. Die Netflix-RomCom ist in den schlechtesten Momenten harmlos-naiv, in den besten jedoch verdammt lustig und in der konsequenten Umsetzung ihrer Prämisse fast schon trotzig. Mehr dazu verraten wir in unserer Kritik.
Der Plot
Sloane (Emma Roberts) und Jackson (Luke Bracey) hassen die Feiertage. Sie sind ständig alleinstehend, sitzen am Kindertisch und wenn sie doch mal ein Date mit zur Familienfeier bringen, endet es meist im Chaos. Als sich die beiden zufällig nach einem besonders schlechten Weihnachtsfest in der Shopping Mall über den Weg laufen, schließen sie den Pakt, sich gegenseitig im kommenden Jahr zu jedem festlichen Anlass zum „Holidate“ zu machen. Mit viel Verachtung für die Feiertage und der Gewissheit, dass sie kein romantisches Interesse an dem jeweils anderen haben, bilden sie das perfekte Team. Als jedoch ein Jahr voller absurder Feierlichkeiten zu Ende geht, stellen Sloane und Jackson fest, dass das gemeinsame Teilen von so viel hassenswerten Dingen auf Dauer in Liebe münden könnte…
Kritik
Die US-amerikanische Version des VOD-Stores iTunes listet zwischen Oktober und Dezember 2020 bereits 22 verschiedene Weihnachts-RomComs. Allesamt tragen sie zum Verwechseln ähnliche Cover und hören auf Titel wie „Candy Cane Christmas“, „Christmas in Carolina“, „Christmas in Montana“ oder „Christmas under the Stars“. Hierzulande bekommt man von dieser Flut an romantischen Feiertagkomödien (oder -Dramen) kaum etwas mit. Und ins Kino kommen all diese Filme auch nicht. Sie überfluten lediglich die US-amerikanischen Streamingdienste. Das aber offenbar derart erfolgreich, dass sich diese Beobachtung nicht erst in diesem Jahr anstellen lässt, sondern dieser skurrile Trend bereits in die zigste Runde geht. Wenn die amerikanischen Filmliebhaber also offenbar dazu bereit sind, jährlich mehrere Millionen Dollar für drittklassig produzierte Direct-to-VOD-Weihnachtsfilme auszugeben, in was für offene Arme müssen da erst die nach Abo-Modell funktionierenden Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime und Co. laufen? Schließlich können die Nutzer dort so viele (Weihnachts-)Filme schauen wie sie wollen, ohne für jeden einzeln zu bezahlen. Folglich hat insbesondere Netflix in den vergangenen Jahren ordentlich vorgelegt: „A Christmas Prince“ aus dem Jahr 2017 ist mittlerweile auf insgesamt drei Teile angewachsen. Und ab dem 19. November geht auch das winterliche Vanessa-Hudgens-Vehikel „Prinzessinnentausch“ in die zweite Runde. John Whitesells aktuell die Netflix-Charts rockende Comedy „Holidate“ scheint auf den ersten Blick in dieselbe Kerbe zu schlagen: Mann und Frau bestreiten widerwillig die Weihnachtsfeiertage miteinander und verlieben sich am Ende dann doch ineinander. Klingt nach business as usual, ist es aber dann doch nicht ganz.

Fortan verbringen Sloane (Emma Roberts) und Jackson (Luke Bracey) jeden nur erdenklichen Feiertag miteinander.
Es würde zu weit greifen, „Holidate“ von sämtlichen Feiertags-RomCom-Klischees freizusprechen. Denn natürlich weiß man von der ersten Sekunde an, wie der Film ausgeht – und es gibt auch die ein oder andere Etappe auf dem Weg zum Happy End, die man sich im Vorfeld ganz gut zusammenreimen kann, sofern man zuvor nur irgendeine andere Hollywood-Romantikomödie dieser Couleur gesehen hat. Sloane und Jackson finden sich erst doof, dann doch nicht, dann für einen kurzen Moment wieder doch (Missverständnisse und so…) aber am Ende steht selbstverständlich das „Happily ever after…“ – so weit, so generisch. Und wenn „Holidate“ dann auch noch damit anfängt, dass sich Hauptfigur Sloane an Weihnachten von ihrer buckligen Verwandtschaft regelrechte Vorwürfe darüber anhören muss, dass sie ja schon wieder ohne männliche Begleitung antanzt, droht das neueste Werk von „Big Mamas House 2“-Regisseur John Whitesell einfach nur verdammt ätzend zu werden. Doch spätestens wenn sich Drehbuchautorin Tiffany Paulson („Nancy Drew – Girl Detective“) nach der kurzen Einführung in Sloanes Familientraditionen daran macht, Jackson und seine nicht minder unangenehme Weihnachtssituation vorzustellen, reißt „Holidate“ unweigerlich mit. Nicht nur, weil Chris-Pratt-Lookalike Luke Bracey („Point Break“) der ganzen Feiertagsoberflächlichkeit mit bemerkenswert amüsanter Kodderschnauze begegnet (nachdem ihm sein Weihnachts-Date dafür zur Schnecke macht, dass er ihr – trotz vorheriger Absprache – nichts zum Fest geschenkt hat, nimmt dieser ohne Umschweife sein zuvor erhaltenes Geschenk, verlässt ihre Wohnung und drückt sowohl ihr als auch ihren unangenehm-aufdringlichen Eltern noch einen Spruch über die absurde Situation rein), sondern auch weil der Umgang mit den Hauptfiguren allem hollywoodtypischen Kitsch zum Trotz stets aufrichtig ist.
„Doch spätestens wenn sich Drehbuchautorin Tiffany Paulson nach der kurzen Einführung in Sloanes Familientraditionen daran macht, Jackson und seine nicht minder unangenehme Weihnachtssituation vorzustellen, reißt „Holidate“ unweigerlich mit.“
Der Film schlägt sich von Anfang an auf die Seite der extrem zynisch den Feiertagstraditionen begegnenden Protagonisten. Dabei ist „Holidate“ kein Film, der derartige Anlässe per se verurteilt, sondern vor allem die damit einhergehenden Erwartungen. Und obwohl es gleich mehrere Gelegenheiten dazu gäbe, richtet er sich noch nicht einmal gegen Sloans insgesamt ein wenig zu spleenig gezeichnete Familie (dass man über Jackson dagegen so überhaupt nicht erfährt, aus was für Verhältnissen er stammt, ist dagegen schade – vermutlich hätte es einfach den erzählerischen Rahmen gesprengt). Stattdessen nutzen die Macher die klischeehaften Eigenheiten der Sloane-Family – die Tante ist notgeil, die Mutter eine überbehütende Glucke und die kleine Nichte hat schon im Grundschulalter ein konstanteres Liebesleben als Sloane mit fast 30 Jahren – für eine Handvoll Gags, lassen diese sich jedoch nie in den Vordergrund drängen. In „Holidate“ geht es einzig und allein um Sloane und Jackson, die nicht nur untereinander eine sehr sympathische Chemie an den Tag legen, sondern auch dem dramaturgisch arg vorhersehbaren Skript zu diversen gelungenen Humorspitzen verhelfen. Dazu gehört auch, mit welcher Trotzigkeit Tiffany Paulson ihr Konzept vom Feiertags-Date umsetzt. Denn was wäre ein Feiertags-Date ohne die richtigen Feiertage? Und so spielen sich die Geschehnisse in „Holidate“ ausschließlich an genau diesen Tagen ab: angefangen an Weihnachten über Silvester, Valentinstag bis hin zu Thanksgiving. Und dass dabei zum Beispiel auch der Muttertag Erwähnung findet, an dem Sloane und ihr Holidate plötzlich mit Sloanes Mutter Kuchen essend im Park sitzen (mit einer sehr süffisanten Reaktion auf ihre penetranten Nachfragen zu Sloanes Liebesleben), veranschaulicht die alberne Beharrlichkeit, mit der die Macher getreu dem Motto „Jetzt erst recht!“ ihre Idee umsetzen.
Dass „Holidate“ zwischenzeitlich in einen typischen Hollywood-RomCom-Trott verfällt (insbesondere die erwartbare „aufgrund eines Missverständnisses trennt sich das Pärchen kurzzeitig, bevor es am Ende wieder zusammenfindet“-Phase ist selbst bei einer Gesamt-Lauflänge von nicht einmal 100 Minuten einfach zu lang dafür, dass man weiß, wie sie ausgeht), ist vor allem deshalb so schade, weil es der punktgenauen Regieführung zu verdanken ist, dass selbst ins Geschmacklose abzudriften drohenden Szenen wie ein Abführmittel-Unfall immer noch einen im besten Sinne harmloser Dreh ins Romantisch-Niedliche widerfährt. Nachdem sich Sloane nämlich versehentlich unzählige Verdauungsbeschleuniger anstatt Säureblocker reingepfiffen hat, mündet dieser Faux-Pas nicht in eine erwartbare Pipi-Kacka-Szene, sondern wird zu einer der besten, da in ihrer verspielten Romantik besonders intimen Szenen des Films. „Holidate“ ist voll von solchen kleinen, sympathischen Beobachtungen. Sei es nun der Umgang mit dem gutaussehenden Arzt Faarooq (Manish Dayal, „Madame Mallory und der Duft von Curry“), mit dem Sloanes Mutter ihre Tochter verzweifelt zu verkuppeln versucht, Sloanes mehrmalige überraschende Wiedersehen mit ihrem Ex Luc (Julien Marlon, „2 Broke Girls“) oder ein kurzes Stelldichein zwischen Familienmutter und Black Panther, das anders ausgeht als erwartet.
„Dass „Holidate“ zwischenzeitlich in einen typischen Hollywood-RomCom-Trott verfällt, ist vor allem deshalb so schade, weil es der punktgenauen Regieführung zu verdanken ist, dass selbst ins Geschmacklose abzudriften drohenden Szenen wie ein Abführmittel-Unfall immer noch einen im besten Sinne harmloser Dreh ins Romantisch-Niedliche widerfährt.“
Dabei steht nicht nur Luke Bracey die Rolle des Feiertagsmuffels hervorragend zu Gesicht, auch Emma Roberts („Nerve“) gefällt als vom Traditionsstress dauergenervte Singlefrau, die hier – genauso wie der Rest des Ensembles – bemerkenswert offen über Sex redet. Man stolpert bereits zu Beginn des Films über die Einblendung, dass „Holidate“ – immerhin eine harmlose Netflix-RomCom – eine Altersfreigabe ab 12 erhalten hat. Der Grund ist der angenehm selbstbewusste Umgang mit körperlicher Liebe und eine verhältnismäßig derbe Sprache, die daraus resultiert, dass hier einfach mal keiner ein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, dass sich Mann und Frau intim näherkommen. So wirkt „Holidate“ seiner albernen Prämisse zum Trotz am Ende doch überraschend lebensnah und erwachsen.
Fazit: Die dramaturgisch vorhersehbare RomCom „Holidate“ besticht in erster Linie durch die herrlich-offenherzige Chemie zwischen Emma Roberts und Luke Bracey und in zweiter durch die fast schon trotzig-konsequente Inszenierung einer sympathisch-albernen Prämisse.
„Holidate“ ist ab sofort bei Netflix streambar.