Love After Love

Eine Familie, die sich selbst zerrüttet: Regisseur Russel Harbough wählt für seine Tragikomödie LOVE AFTER LOVE dieses altbekannte Szenario und gewinnt ihm dabei Woody-Allen-ähnliche Züge ab. Wie der Film geworden ist, das verraten wir in unserer Kritik.

Der Plot

Suzanne (Andie MacDowell) und Glenn (Gareth Williams) sind seit vielen Jahren verheiratet und trotzdem so glücklich wie am ersten Tag. Ihre beiden Kinder Nicholas (Chris O’Dowd) und Chris (James Adomian) wiederum würden sich gern ihre Eltern zum Vorbild nehmen. Schaffen es aber nur zum Teil, ihr Leben in gerade Bahnen zu lenken. Das ändert sich auch nicht, als ihr Vater sie mit der Schockdiagnose Krebs konfrontiert und schon kurz darauf verstirbt. Doch Glenns Tod setzt eine Reihe unvorhergesehener Ereignisse in Gang. Nicholas trennt sich Hals über Kopf von seiner langjährigen Freundin Rebecca (Juliet Rylance) und beginnt eine Affäre mit der jüngeren Emilie (Dree Hemingway). Suzanne findet ebenfalls überraschend schnell einen neuen Seelenverwandten und Chris treibt seine Karriere als Stand-Up-Comedian voran, muss aber feststellen, dass ihn längst nicht alle so komisch finden, wie er sich selbst…

Kritik

Wenn Regisseure sich auseinander gelebte Familien anlässlich eines tragischen Ereignisses wiedervereinen, kommen dabei meist viele unausgesprochene Dinge, jede Menge Gefühle und damit zwangsläufig Streitereien auf den Tisch. Wir kennen das von „Sieben verdammt lange Tage“, „Im August in Osage County“ und Co. Und ja, auch „Love After Love“ macht da nur bedingt eine Ausnahme, wenngleich Regisseur und Drehbuchautor Russell Harbaugh („The Mend“) mit seiner Geschichte schon ein wenig früher ansetzt. In seiner starbesetzten, großartig gespielten Tragikomödie, die ihre Weltpremiere bereits im April 2017 auf dem Tribeca Filmfestival feierte, nimmt er sich genug Zeit, um auch das Leben vor dem Schicksalsschlag – in diesem Fall der Krebstod des geliebten Familienoberhauptes – zu beleuchten, nur um die Situation später sukzessive anhand der Folgen eskalieren zu lassen. Die ganz großen hysterischen Ausbrüche bleiben hierfür aus. Selbst wenn Sohn Nicholas bei einem gemeinsamen Abendessen genussvoll seinen Unmut gegenüber des neuen Partners seiner Mutter kundtut, bleibt er dabei auf Zimmerlautstärke und haut seinem Stiefvater in spe die Antipathie mit so viel gewitztem Chuzpe um die Ohren, wie Woody Allen in seinen besten Jahren.

Nicholas (Chris O’Dowd) ist von dem Tod seines Vaters überfordert.

Bis es so weit ist, braucht „Love After Love“ allerdings eine ganze Menge Zeit, um aus dem Quark zu kommen. Die Drehbuchautoren Russell Harbaugh und Eric Mendelsohn („3 Backyards“) dringen so weit in den Alltag der hier porträtierten Familie vor, dass sie auf Überzeichnung und Dramatisierung komplett verzichten können. Man hat also wirklich das Gefühl, hier hautnah an Suzzannes und Glenns Leben teilzuhaben. Später stehen dann vor allem die beiden Söhne Nicholas und Chris im Mittelpunkt. Damit sagen sich die Macher gezielt von den Sehgewohnheiten ähnlich gelagerter Dramakost los. „Love After Love“ ist kein zweites „Im August in Osage County“ und trotz des Vergleichs mit Woody Allens Werken ist dieser Bezug doch eher auf die Qualität der Dialoge zurückzuführen. Genau genommen trifft aber selbst dieser Vergleich nur bedingt zu. Selbst bei Woody Allen ist mehr passiert. Das muss man alles mögen, denn so gesehen passiert auf der Leinwand nicht wirklich viel: Und trotzdem besitzt „Love After Love“ immer noch eine ganz gewöhnliche Spielfilmlänge von 92 Minuten. Da ist Sitzfleisch und Muße gefragt. Belohnt wird man letztlich aber trotzdem. Vor allem die Schauspielleistungen einer Andie MacDowell („Now Way Out“), eines Chris O’Dowd („Juliet, Naked“) und Gareth Williams („Jahrhundertfrauen“) können hier überzeugen. Erst durch sie werden die innerfamiliären Differenzen so richtig greifbar.

Denn es ist keineswegs negativ zu verstehen, wie „Love After Love“ sich in Tempo und Dynamik zurücknimmt. Diese Unaufgeregtheit ist vielmehr das Konzept. Es ist schon beeindruckt, mit welcher Gelassenheit Russel Harbaugh Momente inszeniert, die in anderen Filmen wahlweise in großes Geheule oder aber die ganz große Lachnummer abdriften würden. Wenn sich Nicholas mit seiner Ex-Freundin beispielsweise über die Gründe der Trennung unterhält, dann ist das in dem Moment einfach nur von genau der Unbeholfenheit geprägt, mit der auch unsereins wohl schon jedem einmal eine Abfuhr erteilt hat. Und wenn Chris am Ende des Films auf der Bühne steht und sein von den Ereignissen geprägtes Solo-Programm vorträgt, dann wird aus dem eigentlich glänzen wollenden Comedian der Inbegriff des traurigen Clowns. Aber so liegen Freud und Leid eben nun mal beieinander.

Der Cast von „Love After Love“ kann durch die Bank glänzen.

Fazit: „Love After Love“ ist inszenatorisch reduziertes „Eine Familie streitet sich“-Kino, das mit starken Darstellern besticht, für das man aber Einiges an Muße braucht, um sich voll und ganz auf das Szenario einzulassen. Dann wird man aber, insbesondere gegen Ende, mit tollen, aus dem Leben gegriffenen Dialogen entlohnt.

„Love After Love“ ist ab dem 1. August in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

Ein Kommentar

  • Andy McDowell habe ich wohl seit den Neunzigern nicht gesehen. Dem Trailer nach zu urteilen hat sie sich überhaupt nicht verändert, ist um kein Stück gealtert. Was ist los? Wie kann das sein?

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