Independence Day: Wiederkehr

Zwanzig Jahre hat es gedauert. Nun wird die Erde in INDEPENDENCE DAY: WIEDERKEHR ein weiteres Mal von außerirdischen Übermächten angegriffen und setzt sich mit allen möglichen Mitteln zur Wehr. Waren zwei Jahrzehnte Wartezeit zwischen Auftakt und Fortsetzung zu viel, oder tut uns ein wenig nostalgische Action in den Kinos ganz gut? Die Antwort auf diese Frage, lest Ihr in meiner Kritik.
Der Plot
Wir wussten immer, dass sie zurückkehren werden! Das nächste, zerstörerische Kapitel der Menschheit steht bevor, als eine globale Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes über die Welt hereinbricht. Mit Hilfe von Alien-Technologie haben die Nationen der Welt gemeinsam ein gigantisches Abwehrprogramm entwickelt, um die Erde zu schützen. Aber nichts kann uns vor der hochentwickelten und nie dagewesenen Stärke der Aliens bewahren. Lediglich durch den Einfallsreichtum einiger mutiger Männern und Frauen kann unsere Welt vor der Zerstörung gerettet werden.
Kritik
Da ist sie wieder, die globale Zerstörung. Begannen wir erst vor wenigen Tagen unsere Review zum Animationsfilm „Ice Age – Kollision voraus!“ mit der Erkenntnis, dass ein Blockbusterregisseur, der etwas auf sich hält, mindestens einmal in seiner Vita den Blauen Planeten in Schutt und Asche legt, folgt die Bestätigung dieses Trends wie geplant auf dem Fuß. Mit dem Unterschied, dass Roland Emmerich („Stonewall“) nicht irgendein Popcornfilmemacher ist, sondern im Grunde der Erfinder des modernen Effektgewitters. Exakt vor zwanzig Jahren hebte sein Alien-vs-Mensch-Clash „Independence Day“ die Kinowelt für einen Moment aus den Angeln. So etwas hatte man – zumindest unter technischen Gesichtspunkten – bisher noch nicht gesehen. Gegen die damals bahnbrechenden Computertricks aus der Emmerich-Schmiede sahen selbst die drei Jahre zuvor von Steven Spielberg bereits als Non plus Ultra der CGI-Technik gefeierten Dino-Eskapaden aus „Jurassic Park“ alt aus. Und auch an den Kinokassen konnte sich das Actionspektakel sehen lassen. Am Startwochenende lockte „Independence Day“ hierzulande über zweieinhalb Millionen Besucher in die Lichtspielhäuser. Am heutigen Durchschnitt gemessen, ein schier unglaubliches Ergebnis. Noch unglaublicher wirkt dagegen nur das Budget: Läppische 75 Millionen Dollar kostete der drohende Weltuntergang und spielte über 800 Millionen US-Dollar wieder ein. Dass Emmerich mit seiner Fortsetzung „Independence Day: Wiederkehr“ ganze 20 Jahre gewartet hat, mag fast schon einer metawirksamen Dramaturgie geschuldet sein (immerhin musste das Publikum somit ähnlich der Protagonisten sehr lange warten, bis sich die Aliens erneut auf den Weg in Richtung Erde bewegen), auch die Computereffekte haben einen gewaltigen Qualitätssprung nach vorne gemacht. Doch mittlerweile ist das Spektakelkino voll von Effektschlachten epischen Ausmaßes. Kann ein „Independence Day“-Sequel da noch einmal dieselbe Wucht entfalten, wie vor zwanzig Jahren?
Die Antwort lautet: jein. Im Gegensatz zu den Trailern, die uns „Wiederkehr“ als austauschbare CGI-Orgie ohne Herz und Seele verkauften, präsentiert sich das fertige Langfilmprojekt um einiges sympathischer. Die große Gefahr bei solch ausgiebigen, sich dabei jedoch jedweder Logik, Sinn und Realität entsagenden Leinwandspektakeln liegt immer beim Tonfall. Zieht man als Beispiel jüngerer Kinovergangenheit die „Transformers“-Reihe von Michael Bay heran, so lässt sich leicht erklären, weshalb sich der vierte Teil „Ära des Untergangs“ so positiv von den drei Vorgängern abhebt. Abgesehen von der schier entsetzlichen Kameraführung in „Transformers“, „Transformers – Die Rache“ sowie „Die dunkle Seite des Mondes“, die im Sequel um einiges übersichtlicher und ruhiger daherkam, ohne an Dynamik einzubüßen, trägt doch vor allem die weitaus deutlicher augenzwinkernde Attitüde von „Ära des Untergangs“ dazu bei, dass man an diesem Film unverschämt-diebischen Spaß entwickeln kann, wohingegen Bay uns die ersten drei Produktionen als wesentlich seriöseres Unterfangen zu verkaufen versuchte, als es die Prämisse eigentlich hergab. Teil vier atmete die Luft von Bays kitschigen Arbeiten der Neunzigerjahre (den unsäglichen „Pearl Harbour“ einmal ausgenommen), in dem die Weltsicherheit in den Händen mutiger junger Männer lag, die sich anschickten, nicht nur das verehrte Land, sondern auch ihre geliebten Menschen zu beschützen. Das ist patriotisch, vorhersehbar und nicht selten auch ein wenig dummdreist, doch in den Neunzigerjahren stand man eben auf sowas. Garniert mit ein paar flotten Sprüchen, um die Heroen noch ein wenig markiger zu machen, stehen Filme wie „Armageddon“ oder eben auch Emmerichs „Independence Day“ noch heute für die 90s-Actionfilm-Ära des zwanglos-amüsanten Katastrophenkinos. Und genau in diese Kerbe schlägt dankenswerterweise nun auch „Independence Day: Wiederkehr“, der jene altbewährte Nostalgie verströmt, die aus Filmen wie diesem kein Meisterwerk, wohl aber kurzweilig-amüsante Krawall-Unterhaltung macht.
Lang wurde spekuliert, ob sich auch im „Independence Day“-Sequel ein weiteres Mal Will Smith in der Hauptrolle des Captain Steven Hiller verdingen würde, doch aufgrund angeblicher Uneinigkeiten bezüglich des Gehalts darf der Hollywoodstar in „Wiederkehr“ nur einmal kurz in Form einer Ehrentafel sein Gesicht in die Kamera halten. Dafür hat man sich entschieden, Jessie T. Usher („When the Game Stands Tall“) als Hillers Sohn Dylan zu besetzen und bei diesem Coup echtes Fingerspitzengefühl bewiesen. Usher sieht Smith ungeheuer ähnlich, sodass die Aussage, es würde sich bei den beiden um Vater und Sohn handelt, tatsächlich glaubhaft erscheint. Zur eigentlichen Hauptfigur wird allerdings Jake Morrison auserkoren. Der junge Nachwuchsflieger, gespielt von „Tribute von Panem“-Star Liam Hemsworth, punktet mit einer Grundsympathie und ungekünstelter Coolness, die der Akteur mit einer ungeheuren Spielfreude abrundet. Selten sah man den jüngeren Bruder von Chris „Thor“ Hemsworth so ausgelassen und engagiert. Auch Jeff Goldblum als („Mortdecai – Der Teilzeitgauner“) und Bill Pullman („The Equalizer“) sind als Teil der alten Garde wieder mit an Bord und spielen ähnlich der Nachwuchsstars Maika Monroe („It Follows“) und Arthouse-Lady Charlotte Gainsbourg („Every Thing Will Be Fine“) so gut und inbrünstig, wie es das mit Phrasen und Plattitüden gespickte Skript (unter anderem geschrieben von Emmerich selbst und James Vanderbilt) eben zulässt. Doch man muss gerade im Blockbusterkino dieses Ausmaßes auch einmal an die genrebedingten Umstände denken: Wer sich auf einen Film im Stile der Neunziger-Zerstörungsorgien freut, der erwartet keine gehaltvollen Dialoge und tiefschürfende Auseinandersetzungen mit den physikalischen Grundsätzen des Leinwandgeschehens. Hier geht es um das kurzweilige Staunen ob der technischen Möglichkeiten, die das Kino von heute offenbart. Und auf dieser Ebene ist „Independence Day: Wiederkehr“ in vielen Momenten ein echter Augenschmaus.
Ob man wie vor zwanzig Jahren erneut mit weit aufgerissenen Augen in den Kinosessel gepresst wird, ist angesichts der starken Konkurrenz innerhalb des technikfixierten Popcornkinos natürlich fraglich. Heutzutage sind Bilder des von einer Katastrophe biblischen Ausmaßes heimgesuchten Erdballs nichts Besonderes mehr. Trotzdem gelingt es Regisseur Emmerich hier und da, Bilder zu kreieren, die bei aller CGI-Lastigkeit absolut begeistern können. Wenn sich eine riesige Feuerwand unheilvoll am Horizont auftürmt und Alles und Jeden dem Erdboden gleichmacht, dann ist das in seinem Bombast tief beeindruckend und technisch so formidabel inszeniert, dass sich auch das überdeutlichste Green-Screen-Spektakel für einen kurzen Moment echt anfühlt. An anderer Stelle funktioniert die reine Konzentration auf Computereffekte dann aber wieder nicht. Wenn sich Maika Monroe und das übergroße, an den Sci-Fi-Klassiker „Alien“ erinnernde Tentakelwesen in einer Wüstenebene gegenüber stehen, merkt man einfach, dass weder Kulisse, noch Alien echt sind. Zudem hat Monroes Patricia das Problem, zu wenig Screentime zu besitzen, als dass es sich sowohl mit ihr als Kampfamazone, als auch mit der Beziehung zwischen ihr und Hemsworths Jake mitfiebern ließe. Diese emotionale Neutralität gegenüber den Figuren lässt sich leider dem gesamten Geschehen zuordnen. „Independence Day: Wiederkehr“ schafft es anders als der erste Teil nicht, so sehr mitzureißen, dass uns allzu viel an den Protagonisten liegt. Wir drücken die Daumen, dass die Erde bald gerettet sein möge. Ob die Charaktere jedoch auch ihr privates (Beziehungs-)Ziel erreichen, bleibt dem Zuschauer fern. Immerhin: Emmerich stellt nie eine Liebelei zu sehr in den Fokus, als dass uns derartige Subplots zu sehr aus dem wichtigen Geschehen – der Zerstörung – reißen würden. Da hat der Altmeister dann doch zu sehr das relevante Geschehen im Blick.
Fazit: Back to the 90s! „Independence Day: Wiederkehr“ ist ein klassischer Vertreter sinnentleerten Blockbusterspektakels, das technisch überzeugt und inhaltlich Business as usual abliefert. Besser als erwartet, schwächer als gehofft.
„Independence Day: Wiederkehr“ ist ab dem 14. Juni in den deutschen Kinos zu sehen – auch in gutem 3D!
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