The First Avenger: Civil War

Nach „Batman v Superman“ steht mit THE FIRST AVENGER: CIVIL WAR der zweite Superheldenclash des Jahres ins Haus und es ist müßig zu erwähnen, dass Marvel weiß, wie man einen solchen zu inszenieren hat. Weshalb der Kampf zwischen Captain America und Iron Man zwar nicht den besten, wohl aber den emotional komplexesten Marvel-Film bisher bedeutet, verrate ich in meiner Kritik.The First Avenger: Civil War

Der Plot

Unter Führung von Captain Steve Rogers (Chris Evans) ist das neue Team der Avengers weiterhin für den Erhalt des Friedens im Einsatz, als sie in einen internationalen Vorfall verwickelt werden, der erhebliche Kollateralschäden verursacht. Schnell werden Forderungen nach einem neuen Führungsgremium laut, das entscheidet, wann die Dienste der Avengers wirklich benötigt werden. Der neue politische Druck und das daraus entstehende Kräfteringen treiben das Team langsam auseinander und spalten es in zwei Lager. Das eine wird angeführt von Steve Rogers und seinem Wunsch, die Freiheit der Avengers aufrechtzuerhalten und sie in ihrer Arbeit zum Schutz der Menschheit vor jeglicher Einmischung der Regierung zu schützen. Das andere Lager folgt Tony Stark (Robert Downey Jr.) und seiner überraschenden Entscheidung, die Avengers unter staatliche Kontrolle und Verantwortung zu stellen. Unüberwindbare Gräben tun sich auf – gerade als ein neuer, ruchloser Feind auf der Bildfläche erscheint.

Kritik

Wenn man sich als Studio respektive Comicbuchverlag dazu entschließt, zwei Helden von derselben Popularität gegeneinander antreten zu lassen, dann sind in erster Linie zwei Dinge von elementarer Bedeutung, um das Gelingen des Projekts zu gewährleisten: Fingerspitzengefühl, einhergehend mit einem guten Drehbuch. Das rührt daher, dass man als Inszenator des Unterfangens keine der beiden Seiten vor den Kopf stoßen darf. Gleichwohl bedarf es trotzdem einer fokussierten Erzählung in Bezug auf die Figuren. Einen Kampf auszufechten, an dessen Ende ein Remis steht, kann unter falscher Hand in eine inszenatorische Gleichgültigkeit münden. So gesehen beim erst kürzlich rigoros gescheiterten „Batman v Superman: Dawn of Justice“, mit dem ein Vergleich zu „The First Avenger: Civil War“ so klar auf der Hand liegt, dass es eigentlich zu einfach wäre, ihn auch zu ziehen. Daher möge diese Gegenüberstellung an dieser Stelle auch die einzige bleiben. Zum Einen, weil „BvS“ die Messlatte so weit unten angelegt hat, dass das Übertreten derselben keine Leistung seitens Marvel ist. Zum Anderen aber auch deshalb, da beide Filme schlussendlich nicht mehr gemeinsam haben, als die Superhelden-treten-gegeneinander-an-Thematik. Sieht man von ihrem Dasein als Fantasyaction-Blockbuster ab, könnten Stil, Storytelling, Figurenzeichnung und Co. unterschiedlicher kaum sein. Damit ist „Civil War“ beileibe nicht frei von Schwächen, zeigt aber einmal mehr auf, weshalb Millionen von Fans weltweit die Marvel-Flagge hochhalten, während DC langsam aber sicher kämpfen muss, um Befürworter und Liebhaber zu halten.

The First Avenger: Civil War

Nach „The Avengers: Age of Ultron“ ist „Civil War“ der zweite Film aus dem Marvel Cinematic Universe, der für sich allein stehend kaum noch funktioniert. Gelang es den Regisseuren sämtlicher Marvel-Filme zuvor noch, auch Außenstehende ohne Vorwissen im weitesten Sinne in die Superhelden-Eskapaden der Vorfilme zu katapultieren, so sind die emotionalen Verwicklungen der Protagonisten hier erneut um Einiges komplexer, als es für den Gelegenheitszuschauer von Natur aus verständlich wäre. Gewiss: Rasante Action und hervorragend choreographierte Mann-gegen-Mann-Kämpfe können auch für Neulinge im Marvel-Universum der reinste Genuss sein. Und doch finden sich auch in den rein auf den visuellen Effekt ausgelegten Passagen Momente, in denen eine emotionale Bindung zu den Figuren von Vorteil ist. Dass ein mittlerweile immer schneller aus der Puste geratene Tony Starck in seiner Iron-Man-Rüstung langsam aber sicher zu alt für die Kämpfe ist, wie die Grundspannung innerhalb des Avengers-Teams von Fight zu Fight an Aggression gewinnt und wie selbst in den Hochphasen des Superheldenkrieges Gewissensbisse ob persönlicher Beziehungen zu den einzelnen Figuren auftauchen, entdeckt wohl bevorzugt der Marvel-Liebhaber, der die „Avengers“-Filme vom ersten „Iron Man“-Film an verfolgt hat.

Dass sich der nahezu epische Bombast, die visuellen Effekte sowie die spektakulären Kulissenwechsel (in „The First Avenger: Civil War“ wird so ziemlich jedes Land der Erde mindestens einmal bereist) auch für den nichtsahnenden Zuschauer genießen lassen, steht auf dem Blatt, auf dem auch geschrieben steht, dass es der Marvelkonzern unter der Dachmarke Walt Disney Pictures versteht, genrekonformes Blockbusterkino für die Massen zu inszenieren. Technisch ist der dritte Teil von „Captain America“ das Non plus Ultra in Sachen Popcornkino. Mit einer hervorragenden Tricktechnik, die sich trotz ihres spektakulären Daseins fantastisch in die plastischen Kulissen integriert, steht und fällt die visuelle Vielfalt in „Civil War“. Anstatt sich einzig und allein auf die Arbeit aus dem Computer zu verlassen, trumpft das Actionabenteuer obendrein auch mit einer großen Portion Handarbeit auf. Ob kongenial gedrehte Kampfchoreographien oder Verfolgungsjagden, aber auch echte Explosionen: Ist in „Civil War“ kein CGI notwendig, so wird es auch so lange nicht verwendet, bis man dann doch nicht mehr ohne auskommt. Dadurch gewinnt der Film sukzessive eine Seele, die sich im Kinosaal entlädt, noch bevor sich überhaupt näher mit den zwischenmenschlichen Verwicklungen unter den Figuren befasst werden kann. Das reine Entertainmentpotenzial von „Civil War“ ist also schon mal enorm.

Kommen wir nun zum gerade in einem Marvel-Film so wichtigen Faktor der Story. Trailer und Marketing haben vor allem ein Ass im Ärmel, das da lautet: Superhelden! Ganze zwölf (!) an der Zahl sind es, die in „Civil War“ in mehr oder weniger großen Rollen auftauchen – einige davon zum aller ersten Mal. Wer abseits eines unbedarft-gewitzten Spider-Man hier genau sein erstes Stelldichein feiern darf, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten, wenngleich es in den bisherigen Trailern bereits ausführlich kommuniziert wurde. Was jedoch auch ohne ärgerliche Spoiler bereits vorweggenommen werden kann, ist die Empfindung, dass jeder der Heroen zu Recht in „Civil War“ auftreten darf. Die Regisseure Anthony und Joe Russo betteln mit ihrer Ansammlung an Superheldencharakteren nicht um Aufmerksamkeit. Dafür ist die Screentime einiger Figuren auch viel zu gering. Stattdessen untermauern sie mit ihren individuellen Ansichten die Ausgangspunkte des Konflikts. Sie stärken die einzelnen Diskussionsansätze, ohne den Fokus von Captain America als Hauptfigur zu nehmen. „Civil War“ ist trotz des hohen Heldenaufgebots immer noch ein „Cap“-Film, in welchem auf der anderen Seite Iron Man und seine Ansichten als Großteil des Storymotors fungieren. Den restlichen Figuren ist dabei kaum charakterliche Entwicklung vergönnt, was in ihrer Position allerdings auch nicht sein muss. Schließlich geht es hier in erster Linie um Steve Rogers und seine Belange. Würde sich „Civil War“ hingegen direkt als „Avengers“-Film verkaufen, wäre Kritik an der beiläufigen Betrachtung der anderen Superheldenfiguren angebracht. So ist ihr Auftreten in einem Konflikt dieser Größe ebenso konsequent, wie das hier stattfindende, nur sehr zurückhaltende Streifen ihrer charakterlichen Fortentwicklung.

Bei einem solchen Staraufgebot ist es umso wichtiger, dass die Akteure sich ihrer Rollenauslegung ganz genau bewusst sind. In „The First Avenger: Civil War“ ist dies der Fall; sämtliche Schauspieler fungieren in ihren teils bekannten, teils neuen Rollen ganz so, wie man es von ihnen erwartet. Trotzdem ist eine Tendenz in eine charakterlich komplexere Erzählweise deutlich spürbar. Die Anzahl an One-Linern wurde in „Civil War“ ebenso zurückgefahren, wie die kecke Attitüde von Tony Starck oder das Berufen auf die liebevoll-naive Weltsicht eines Captain America. Hier geht es um Diplomatie, um das Ausloten von Grenzen, um den Kampf zwischen Legalität und Illegalität sowie die Frage nach dem eigentlichen Sinn einer Superheldenformierung. Dadurch gewinnt „Civil War“ von Beginn an interessante Fallhöhen innerhalb der Diskussion, die erst den Superheldenkrieg auslöste. Das führt dazu, dass die Skriptautoren Christopher Markus und Stephen McFeely (schrieben bereits zusammen „The Return of the First Avenger“) ein Szenario kreieren, das auch für den Zuschauer nicht sofort zu entschlüsseln ist. Captain America und Iron Man haben im Kern so starke, bisweilen auch persönliche geprägte Gründe für ihre Position, dass eine eindeutige Klärung des Konflikts nicht selbstverständlich ist. Es dürfte Niemanden verwundern, wenn vorab eindeutig zu „Team Cap“ gehörende Anhänger mit der Zeit mit sich selbst hadern – andersrum genauso.

Wird sich Tony Stark alias Iron Man gegen Steve Rogers alias Captain America durchsetzen können?

Wird sich Tony Stark alias Iron Man gegen Steve Rogers alias Captain America durchsetzen können?

Vollkommen frei von Schwächen ist der inszenatorisch durchaus einige Logiklücken aufweisende „The First Avenger: Civil War“ dann aber auch nicht. Das liegt in erster Linie daran, dass sich die Macher – wohl auch zugunsten eines PG-13-Ratings – erneut weigern, allzu drastische Folgen für ihre Figuren bereitzuhalten. Obwohl es dem Film der Konsequenz wegen an einigen Stellen gut tun würde, eine mutige, vielleicht auch für die Zuschauer nicht ganz bequeme Richtung einzuschlagen, fahren die Regisseure stets auf Nummer sicher. Trotz einer beeindruckend starken Performance von Marvel-Neuzugang Daniel Brühl („Colonia Dignidad“) in der Rolle eines trotz unspektakulärer Physis stets respekteinflößenden Widersachers mit schwer durchschaubarem Ziel, bleibt auch der Handlungsstrang um seine Figur immer ein wenig außen vor. Inhaltlich hält er die Fäden durchaus zusammen, doch sein Charakter offenbart interessante Ansätze, die das Skript nicht ausspielt. Wohl auch, weil die Story dann noch mehr Bandbreite besessen hätte, als sie es so ohnehin schon hat und damit die volle Aufmerksamkeit von Seiten des Zuschauers erfordert. Und auch auf technischer Ebene hat Marvel nach wie vor dazuzulernen: Stichwort: Musik. Leider ist auch die Kameraarbeit gerade in den Nahkämpfen überraschend unübersichtlich. Das sind kleine Schönheitsfehler, die das ebenso mitreißende wie erzählerisch dichte Filmerlebnis nur im Ansatz schmälern können. Gleichwohl sorgen sie aber auch dafür, dass „Civil War“ ganz knapp den Sprung an die Spitze des Marvel Cinematic Universe verfehlt. Da ist der Spionagethriller „The Return of the First Avenger“ zugegebenermaßen aber auch schwer wegzubekommen.

Fazit: Marvel weiß, wie anspruchsvolle Comicaction geht und beweist das mit „The First Avenger: Civil War“ einmal mehr. Im Detail finden sich Kleinigkeiten, die den Film davor bewahren, so etwas wie ein Quantensprung der kinematografischen Superheldenunterhaltung zu sein. Auch an der spürbaren Humorreduktion könnten sich die Liebhaber der amüsanteren Marvel-Beiträge ein wenig stören. Trotzdem bleibt am Ende eines stehen: So, und nicht anders, gehört ein derartiger Genrefilm inszeniert!

„The First Avenger: Civil War“ ist ab dem 28. April bundesweit in den Kinos zu sehen – auch in 3D!

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